Claudia List, Wilhelm Blum - Buchkunst des Mittelalters (Bildband)
ASIN/ISBN: 3763023100 |
Wie kann ein Zeitalter finster gewesen sein, wenn es solche Farben hervorbrachte? Wie kann es grau gewesen sein, wenn seine Zeugnisse uns in so bunter Vielfalt vorliegen?
Die Autoren (m/w) spüren der Buchkunst mit einer eintausendjähriger Geschichte nach, die aus dem europäischen Mittelalter erhalten blieb, trotz der zahlreichen Verluste.
Von den byzantinischen Eremitenklausen bis zu den mächtigen und berühmten abendländischen Abteien, war die Buchherstellung die vorherrschende mittelalterliche Ausdrucksform der Kunst neben der Wandmalerei, der Plastik und der Ikonographie.
Diese Kunst war zum größten Teil religiös motiviert und von einer adligen Elite in Auftrag gegeben, ein wohlhabendes und selbstbewußtes Bürgertum als Auftraggeber erlangte erst im Spätmittelalter Bedeutung.
Es waren die geistlichen und weltlichen aristokratischen Stifter/innen, welche sich ein so teures Mäzenatentum leisten konnten, zur höheren Ehre des Geschlechts und für das eigene Seelenheil.
In unserer Zeit der rasanten Fortschritte der Medientechnik mutet es exotisch an, wieviel Zeit Nonnen und Mönche in den Skriptorien zur Anfertigung nur eines einzigen Exemplars benötigten. So zum Beispiel für das berühmte Itinerar (Reisebuch) Heinrichs des Löwen (1129-1195), das bis zur Auslieferung zehn Jahre brauchte.
Auch die wenigen weltlichen Autoren, wie etwa Kaiser Friedrich II. von Stauffen (1194-1250) mit seinem reichbebilderten Buch "De arte venandi cum avibus" über die Falkenjagd, bedienten sich gerne der erfahrenen und begabten klösterlichen Illustratoren.
Die Herstellung der Farben aus naturgegebenen Ingredentien, erforderte vom Sammeln der Pflanzen und tierischen Produkte bis zum Mischen der Farben ein ganzes Team von Spezialisten und dauerte oft Wochen. Auch die mühsame Präparation der Tierhäute war zeitaufwendig.
In den für die Buchgestaltung berühmten und beispielhaften irischen Klöstern gab es eigene "Schulen" der Herstellung, so beim oft kopierten "Book of Kells".
Die Motive der Darstellung blieben dabei meist biblischen Ursprungs, die dargestellte Technik, Kleidung und Architektur waren aber in der Regel zeitgenössisch. So geben die Illustrationen den Historikern bis heute wertvolle Aufschlüsse über das Alltagsleben der Menschen zu der Zeit, in der das Werk entstand.
Fazit:
Der hier vorliegende Bildband ist logisch und nachvollziehbar aufgebaut und führt chronologisch typische Beispiele der Buchkunst von der Spätantike über das frühe- und Hochmittelalter bis zu den Anfängen des Buchdrucks. (Inkunabeln)
Die Farben sind in diesem Buch erstaunlich echt wiedergegeben, ich habe viele der hier bestimmten Exemplare schon im Original sehen dürfen. Die Tiefe und Komplexität der Darstellungen ist so befriedigend nachvollziehbar.
Der Text ist etwas kursorisch gehalten, aber als Introduktion für einen Bildband ausreichend. Über jedes gezeigte Beispiel gibt es zudem eine eigene Literatur.
Das entscheidende ist aber vermittelt worden:
Es liegt ein sinnliches Vergnügen in der Betrachtung der Phantasie und der suggestiven Kraft der Darstellungen und Farben, die uns einen einmaligen Blick in die Lebens- und Gedankenwelt der Menschen des Mittelalters erlauben.