Janina Ramirez - Femina: Eine neue Geschichte des Mittelalters aus Sicht der Frauen

  • Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)

    Ein großes Buch, das viel mittelalterlichen Staub aufwirbelt!

    Sie kämpften gegen Wikinger, vergifteten ihre Feinde und waren Spioninnen – die vergessenen Frauen des europäischen Mittelalters kümmerten sich beileibe nicht nur um Haus und Hof. Dennoch ist es genau dieses Bild einer patriarchalen Gesellschaft, die Frauen unterdrückte, das unsere Vorstellung vom Mittelalter prägt. Es waren Männer, die diese Geschichte schrieben und die Frauen des Mittelalters aus unserem kollektiven Gedächtnis verbannten. Janina Ramirez gibt den Frauen ihren Platz in der Geschichtsschreibung zurück: Sie erzählt von der mächtigen Königin Jadwiga von Polen, der wilden Kriegerin Æthelflæd und der außergewöhnlichen Heilerin Hildegard von Bingen und eröffnet uns so ein buntes Kaleidoskop an verschiedensten weiblichen Lebensrealitäten, die die ganze Vielfalt dieses »dunklen Zeitalters« abbilden.


    Autorin (Quelle: Verlagsseite)

    Dr. Janina Ramirez, geboren 1980, ist Kulturhistorikerin, Literatur- und Sprachwissenschaftlerin und Dozentin und Forscherin in Oxford, Winchester und Warwick. Als BBC-Sprecherin und Autorin von zahlreichen Fachartikeln und Sachbüchern vermittelt sie ihre umfangreiche Expertise und begeistert regelmäßig ein großes Publikum. Sie lebt mit ihrer Familie in Woodstock.


    Allgemeines

    Titel der Originalausgabe:“ Femina: A New History of the Middle Ages, Through the Women Written Out of It”, ins Deutsche übersetzt von Karin Schuler

    Erschienen am 14.02.2023 im Aufbau Verlag als HC mit 522 Seiten

    Gliederung: Vorwort – Einleitung – 9 Kapitel – Schlussgedanken – Danksagung – Anmerkungen – Abbildungsverzeichnis – Orts- und Personenregister


    Inhalt und Beurteilung

    In der Geschichte des Mittelalters kommen in der großen Mehrheit Männer als bedeutende Persönlichkeiten vor, im Hinblick auf die Frauen dieser Epoche herrscht im Allgemeinen Konsens darüber, dass sie in einer patriarchalen Gesellschaft außerhalb des häuslichen Bereichs größtenteils keinen Einfluss hatten und deshalb ihre Vernachlässigung in der Geschichtsschreibung nicht überraschend ist.

    Dr. Janina Ramirez hat sich in verschiedenen europäischen Ländern auf die Suche nach Spuren der „vergessenen“ Frauen gemacht und – jeweils ausgehend von neueren Forschungsprojekten und unter Nutzung modernster wissenschaftlicher Errungenschaften – interessante und teilweise sehr überraschende Fakten zusammengetragen. Jedes Kapitel ist einem bestimmten Ort und einer bestimmten Zeit gewidmet. Beginnend mit Untersuchungen an Gräbern aus dem 7. Jahrhundert in England führt die Autorin den Leser weiter ins Mercia des 8. Jahrhunderts zur Zeit Alfreds des Großen, in das Schweden der Wikinger des 10. Jahrhunderts, in die Normandie des 12. Jahrhunderts, wo der berühmte Teppich von Bayeux hergestellt wird, der von der Eroberung Englands durch die Normannen erzählt. Anschließend geht die Reise weiter nach Deutschland zur Nonne und Wissenschaftlerin Hildegard von Bingen, um sich von dort nach Südfrankreich in die Zeit der Katharer-Verfolgung des 13. Jahrhunderts zu begeben. Im 14. Jahrhundert begegnet der Leser der Königin Jadwiga von Polen, die den männlichen Titel „König“ führte. Ebenfalls im 14. Jahrhundert reist der Leser nach England zurück und lernt Margery Kempe kennen, die sich als Unternehmerin versuchte, aber auch als selbstvermarktete Mystikerin eine Art mittelalterlicher „Influencerin“ war. Im abschließenden Kapitel widmet die Autorin sich den Außenseitern der mittelalterlichen Londoner Gesellschaft, die wesentlich diverser war als man glauben könnte. Anhand von DNA-Analysen von in einem Pestgrab gefundenen Knochen lässt sich belegen, dass schon im 14. Jahrhundert ein knappes Drittel der Londoner Bevölkerung keine „Weißen“ waren. Neben den Angehörigen ethnischer Minderheiten lassen sich – in diesem Fall durch erhaltene Gerichtsprotokolle - außerdem Angehörige anderer Minderheiten nachweisen, die man heute als transsexuell bezeichnen würde.

    Die in einigen Kapiteln vorgestellten Frauenpersönlichkeiten sind dem historisch Interessierten bereits bekannt, „Femina“ kann jedoch auch mit verblüffenden Überraschungen aufwarten: Anhand von DNA-Analysen an sterblichen Überresten aus frühmittelalterlichen und Wikinger-Gräbern lässt sich belegen, dass in den „Ehrengräbern“ bedeutender Persönlichkeiten und mit ihren Waffen bestatteter Krieger nicht nur Männer, sondern auch Frauen zur Ruhe gebettet wurden, eine bis vor wenigen Jahren undenkbare Vorstellung! Hier müssen früher erstellte Hypothesen neu bewertet werden.

    Der auch für Laien gut verständliche Text ist reich mit Illustrationen bestückt und dadurch im wahrsten Sinne des Wortes sehr anschaulich.


    Fazit

    Ein verständlich verfasstes, informatives Sachbuch, das mit seinem Fokus auf den mittelalterlichen Frauen eine Lücke in der Geschichtsschreibung auffüllt – sehr lesenswert, lediglich das Gendern in der deutschen Ausgabe ist kein Gewinn für den Schreibstil!

    9 Punkte

    ASIN/ISBN: 3351041810