'Mehr als die Gerechtigkeit' - Seiten 179 - 266

  • Friederikes Besuch bei Ingrid fand ich interessant. Da merkt man schon sehr, dass Ingrid nicht wirklich selbst nachdenkt sondern sich von den Männern in der Familie sagen lässt wie die Welt zu sein hat.

    Und Herrmann scheint mir ja noch sehr überzeugt von seinen Nazi-Idealen....

    Von der HIAG hab ich bis jetzt noch nicht gehört, aber es erscheint mir logisch, dass so auch ein Netzwerk aufgebaut wurde um sich gegenseitig zu helfen. Wobei ich es schon dreist finde, dass die Mitglieder sich auf das "ehemalige" berufen, so als hätten sie mit Auflösung der SS auch die Ideologie abgelegt. Und als ob die Waffen SS nicht genauso an Gräueln beteiligt gewesen wäre, wie andere Teile der Truppe....


    Jetzt wissen wir auch endlich, warum sich Fritz so vehement wehrt Thomas die Ausbildung von Harri zahlen zu lassen. Und Charlotte kann da gleich mal ihr Wissen als Anwältin und noch viel mehr ihr wohl ererbtes Talent für außergewöhnliche Lösungen einbringen. Und vielleicht kann sie auch als Mediator zwischen Thomas und seiner Mutter wirken. Der erste Schritt scheint ja getan, als sie bei Helen im Arbeitszimmer sitzen.


    Ich bin mal gespannt, ob Charlottes Plan so aufgehen wird. Auf jeden Fall treffen wir dann mal Luise Janssen wieder :-)

  • Dann hast du ja jetzt auch schon Brunos kurzen Telefonauftritt gehabt und die kurze Anmerkung der Persienreise (über die ja im Sommer ein ganzes Buch kommt), und außerdem hat Friederike das angewandt, was sie in Band 3 von Fräulein Wermut über das Ausfragen von Kneipiers gelernt hat.


    Die HIAG ist historisch belegt, ihre Zeitung ist bis 2014 erschienen.

    Dass die SS durchaus heterogen war, was es schwierig machte, den Einzelfall zu beurteilen, wisst ihr ja schon aus Band 3. Es war ein Unterschied, ob jemand wie Brehm oder Hermann agierte, oder ein Mitläufer wie Markmann war, der "nur" die Dienstrangangleichung aus Karrieregründen mitgemacht hat. Gerade diese Unterschiede führten dazu, dass sich später alle immer auf die "harmlose" Variante beriefen. Die Tatsache, dass jemand bei der SS war, besagt allein noch nicht, dass er persönlich auch an Verbrechen beteiligt war, das kann man immer nur aus dem Kontext erkennen. Das war ja auch jahrelang der Grund, warum die ehemaligen SS-Leute darum kämpften, als normale Soldaten angesehen zu werden.

  • Ja, also Brunos Auftritt kam dachte ich mir gleich: Ah der Teaser auf das neue Buch! :lache


    Das mit der SS ist tatsächlich schwierig und vermutlich sind da ganz viele davongekommen. Aber wie hätte man auch dem einzelnen nachweisen können, was er tatsächlich so getrieben hat. Die Zeugen haben es ja meistens nicht überlebt.

    Aber einfache Soldaten waren sie ja trotzdem nicht....


    Das mit der Dienstrangangleichung ist eh interessant. So was ähnliches gab es später ja auch noch. Mein Vater war Beamter im gehobenen Dienst und auch in der zivilen Verteidigung involviert. In den Achtzigern hat er dann mal bei einem Militärmanöver mit den Amerikanern und Kanadiern teilgenommen (Flinker Igel) da ist er eben mal ein Oberst gewesen, obwohl er selbst nie bei der Bundeswehr war, weil er ein weißer Jahrgang ist. Da ist sein Beamtenrang einfach umgerechnet worden....


    Ich finde ja auch, dass Fräulein Wermut's Art auch bei Charlotte und ihrem Plan bezüglich der unliebsamen Verwandtschaft durchblitzt....

  • Einige erste, noch nicht sortierte Gedanken zu diesem Abschnitt:

    Friederikes Besuch bei Ingrid fand ich interessant. Da merkt man schon sehr, dass Ingrid nicht wirklich selbst nachdenkt sondern sich von den Männern in der Familie sagen lässt wie die Welt zu sein hat.

    Oh ja, sie erinnert mich da an gewisse weibliche Mitglieder meiner Familie, die die Denkweise ihres Mannes ungefragt übernehmen - und es irgendwie schaffen, sich selbst davon zu überzeugen, dass das ihre persönliche und ohne Zweifel die richtige Sichtweise ist. Sehr anstrengend.


    Dann hast du ja jetzt auch schon Brunos kurzen Telefonauftritt gehabt und die kurze Anmerkung der Persienreise (über die ja im Sommer ein ganzes Buch kommt), und außerdem hat Friederike das angewandt, was sie in Band 3 von Fräulein Wermut über das Ausfragen von Kneipiers gelernt hat.


    Ja, das ist mir auch aufgefallen - irgendwie war Fräulein Wermut so doch Teil der Geschichte.


    Mir hat an dem Abschnitt wieder einmal besonders gut gefallen, wie du auf der einen Seite mit Kleinigkeiten ein Bild der Zeit hervorrufst (hier denke ich speziell an die Kaffeemaschine und die Sekretärin, die sich darüber auslässt, dass Kaffeeduft doch viel netter ist als die Rauchschwaden aus den anderen Büros), aber auf der anderen Seite richtig schwere Themen behandelst (Helens Depressionen und ihre Beziehung zu Thomas; die Situation der Frauen in Deutschland und England).


    Gerade Helen ist eine interessante Figur, ich habe in Die verstummte Liebe sehr mit ihr gelitten. Auf der einen Seite möchte man ihr helfen, ihre Depressionen zu überwinden, auf der anderen Seite möchte man sie aber schütteln, wenn man liest, wie sie Thomas behandelt. Wobei mir scheint, dass sie eigentlich auch darunter leidet, keine wirkliche Beziehung zu ihm aufbauen zu können.


    Spannend finde ich in dem Abschnitt auch die Aussage, dass ihre drei Kinder sie völlig unterschiedlich beschreiben würden. Eigentlich ist es ja immer so, dass man einen anderen Menschen durch die Brille der eigenen Beziehung mit ihm wahrnimmt und die sich zwangsläufig von der Wahrnehmung anderer Menschen unterscheiden muss. Aber Helen ist da ein Extrembeispiel, da sie innerhalb ihrer zweiten Ehe die fast schon klassische Kombination Lieblingskind - abgelehntes Kind hat und Fritz als zusätzlicher Sohn, den sie verloren hat, glorifiziert, aber gleichzeitig auch verheimlicht wird.


    Übrigens kenne ich Wigomat-Kaffeemaschinen. Meine Stiefoma hatte eine im Küchenschrank, allerdings hat sie ihren Kaffee immer von Hand aufgebrüht. Aber die Maschine war ein Geschenk von einem Familienmitglied und musste insofern behalten werden. Sie stand somit etwa 40 Jahre ungenutzt im Schrank herum. Die Erinnerung hat mich gestern Abend beim Lesen doch zum Grinsen gebracht.

  • Ich melde mich jetzt erst, weil ich heute den ganzen Tag neben meiner Arbeit mit meinen Reisevorbereitungen morgen nach Stuttgart und den Rückflug befasst war. Der Hinflug klappt, der Rückflug wurde wegen des Streiks gecancelt. Der Sender hat mir noch eine Bahnfahrkarte besorgt, sodass ich Freitag doch noch nach Hause komme. Schlimmstenfalls hätte ich eine Nacht länger bleiben müssen. Immerhin habe ich für die mehr als fünf Stunden lange Bahnfahrt eine Sitzplatzreservierung. Zum Vergleich - mit dem Flieger wäre ich nur 75 min unterwegs gewesen. Na ja, klappt wenigstens mit dem Hinweg. Ich mag den Rückflug noch nicht stornieren, das mache ich erst in Stuttgart, weil beide zusammengehören, nicht dass die mir mit ihren Online-Problemen auch noch den Hinflug canceln ...

    Ich finde ja auch, dass Fräulein Wermut's Art auch bei Charlotte und ihrem Plan bezüglich der unliebsamen Verwandtschaft durchblitzt....

    Ja, Fräulein Wermut hat alle inspiriert ;-)

    Mir hat an dem Abschnitt wieder einmal besonders gut gefallen, wie du auf der einen Seite mit Kleinigkeiten ein Bild der Zeit hervorrufst (hier denke ich speziell an die Kaffeemaschine und die Sekretärin, die sich darüber auslässt, dass Kaffeeduft doch viel netter ist als die Rauchschwaden aus den anderen Büros), aber auf der anderen Seite richtig schwere Themen behandelst (Helens Depressionen und ihre Beziehung zu Thomas; die Situation der Frauen in Deutschland und England).

    Mir machte das auch Spaß, die Schauplätze so abzuwechseln - es ist ja nur eine Woche, aber sie erleben in dieser einen Woche unheimlich viel.

    Gerade Helen ist eine interessante Figur, ich habe in Die verstummte Liebe sehr mit ihr gelitten. Auf der einen Seite möchte man ihr helfen, ihre Depressionen zu überwinden, auf der anderen Seite möchte man sie aber schütteln, wenn man liest, wie sie Thomas behandelt. Wobei mir scheint, dass sie eigentlich auch darunter leidet, keine wirkliche Beziehung zu ihm aufbauen zu können.

    Helen fehlte noch ein Abschluss, ebenso wie Thomas. Die beiden haben noch ein großes Beziehungsproblem offen. Mit Fritz hat Helen sich ja versöhnt, aber Thomas ist unversöhnlich. Und darunter leidet Helen, die sich langsam wieder - auch durch den Kontakt zu Fritz - in die alte Leni Ellerweg verwandelt, die sie mal war, auch wenn immer wieder die garstige Helen Mitchell durchschimmert.

    Spannend finde ich in dem Abschnitt auch die Aussage, dass ihre drei Kinder sie völlig unterschiedlich beschreiben würden. Eigentlich ist es ja immer so, dass man einen anderen Menschen durch die Brille der eigenen Beziehung mit ihm wahrnimmt und die sich zwangsläufig von der Wahrnehmung anderer Menschen unterscheiden muss. Aber Helen ist da ein Extrembeispiel, da sie innerhalb ihrer zweiten Ehe die fast schon klassische Kombination Lieblingskind - abgelehntes Kind hat und Fritz als zusätzlicher Sohn, den sie verloren hat, glorifiziert, aber gleichzeitig auch verheimlicht wird.

    Genau das ist das Problem in dieser Familie. Und es ist auch Thomas' Problem, der immer noch das Gefühl hat, dass seine Mutter ihm was Böses will, auch wenn er vom Verstand her weiß, dass das nicht stimmt.

    Übrigens kenne ich Wigomat-Kaffeemaschinen. Meine Stiefoma hatte eine im Küchenschrank, allerdings hat sie ihren Kaffee immer von Hand aufgebrüht. Aber die Maschine war ein Geschenk von einem Familienmitglied und musste insofern behalten werden. Sie stand somit etwa 40 Jahre ungenutzt im Schrank herum. Die Erinnerung hat mich gestern Abend beim Lesen doch zum Grinsen gebracht.

    Das ist ja spannend. Ich habe - weil Fredi ja schon immer Kaffeetrinker und Nichtraucher war - nach dem damals modernsten Kaffeemaschinensystem gesucht und bin deshalb auf den Wigomaten gekommen.

  • So, heute habe ich mir den 3. Leseabschnitt "gegönnt"...

    Ich finde es wunderbar, wie bei diesem Cross-Over manchmal die Puzzleteile - klack. klack - an die richtige Stelle fallen: also Luise werden wir sicherlich noch treffen und Bruno habe ich jetzt auch schon kennengelernt - und auch schon etwas über die Persien-Reise gehört, die er zusammen mit Eddy unternommen hat (auf das Buch freue ich mich auch schon!)

    Friederike und Fredi - ein "Traumpaar" der Ermittlungen... Er kann Friederike wirklich gut einschätzen und sie erfüllt ihre "Aufgabe" auch mit Bravour, allerdings hatte sie mit Bruno auch einen guten Berater über die geschickteste Herangehensweise. Geschickt, wie sie bei Herrn Pahlke etwas mit dessen Angst spielt (Abschussliste"), so dass er den Namen Gerd Malthus fallen lässt.

    Mit Ingrid hatte ich teilweise etwas Mitleid (ich betone: etwas), sie ist so abhängig von ihrem Mann, dass sie anscheinend überhaupt keine eigene Meinung mehr hat... Aber warum wird Ingrid auf einmal so "fahrig und zittrig" (S. 218) und bekommt auf einmal Kopfschmerzen? Übrigens fand ich es ein etwas gewagtes Spiel von Friederike, nicht zu erwähnen, dass sie den Schwiegervater ebenfalls besucht hat... das Personal wird es Ingrid sicherlich erzählen... Von der HIAG hatte ich übrigens schon gehört, war es nicht auch die Organisation, die SS-Angehörigen (die Unterscheidung zwischen den einzelnen Gattungen habe ich erst durch die Mohlenberg-Bücher kennengelernt) über die sog. "Rattenlinie" geholfen hat, im Ausland (z.B. Südamerika) unterzutauchen? Aber die Deutsche Reichspartei (DRP) kannte ich nicht - und sie war 1957 noch frei wählbar? Interessant...

    Ich kenne ja "Die verstummte Liebe" noch nicht und habe deshalb jetzt auch Helen kennengelernt, oh ja, die Beziehung wischen ihr und Thomas ist ja wirklich sehr schwierig und kompliziert, aber ich habe so etwas wie eine kleine Hoffnung, dass ihr gemeinsamer Kampf gegen Charles sie etwas annähern wird - mit Charlotte als Vermittlerin? Ich bin jetzt jedenfalls ganz gespannt auf Luise, hoffentlich klappt es, dass Thomas und Charlotte sie in Hannover treffen...

    Noch kurz erwähnen möchte ich, dass mir die Beschreibung des Wigomats gut gefallen hat, an den kann ich mich gar nicht mehr erinnern, aber für Kaffeemaschinen interessiert man sich als Kleinkind auch nicht so sehr...

  • Jetzt wissen wir auch endlich, warum sich Fritz so vehement wehrt Thomas die Ausbildung von Harri zahlen zu lassen.

    Und ich muss sagen, ich kann es etwas nachvollziehen... Aber ich finde, Fritz hätte gleich Thomas von dem Brief erzählen müssen, bisschen "schwafelig" kann er mir schon mit seiner Argumentation vor, er habe ihn "schützen" wollen...

    und noch viel mehr ihr wohl ererbtes Talent für außergewöhnliche Lösungen einbringen

    Ja, die Idee fand ich auch großartig - und sie bleiben alle schön draußen vor...

  • und außerdem hat Friederike das angewandt, was sie in Band 3 von Fräulein Wermut über das Ausfragen von Kneipiers gelernt hat.

    So ist zumindest Fräulein Wermuts Geist erhalten geblieben...

    ihre Zeitung ist bis 2014 erschienen.

    Bis 2014? Unfassbar!!!

    Das war ja auch jahrelang der Grund, warum die ehemaligen SS-Leute darum kämpften, als normale Soldaten angesehen zu werden.

    War das nicht auch der Skandal um Günter Grass?

  • Mir hat an dem Abschnitt wieder einmal besonders gut gefallen, wie du auf der einen Seite mit Kleinigkeiten ein Bild der Zeit hervorrufst (hier denke ich speziell an die Kaffeemaschine und die Sekretärin, die sich darüber auslässt, dass Kaffeeduft doch viel netter ist als die Rauchschwaden aus den anderen Büros), aber auf der anderen Seite richtig schwere Themen behandelst (Helens Depressionen und ihre Beziehung zu Thomas; die Situation der Frauen in Deutschland und England).

    Ja, diese Kombination finde ich auch wunderbar! Oder auch die Suche nach einer freien Telefonzelle...

  • Na ja, klappt wenigstens mit dem Hinweg. Ich mag den Rückflug noch nicht stornieren, das mache ich erst in Stuttgart, weil beide zusammengehören, nicht dass die mir mit ihren Online-Problemen auch noch den Hinflug canceln ...

    Ich hoffe, Du bist mittlerweile wohlbehalten zu Hause angekommen...

    Die beiden haben noch ein großes Beziehungsproblem offen.

    Oh ja... Wie gesagt, vielleicht wird es mit dem "gemeinsamen Feind" jetzt geklärt?

  • So, ich bin wieder online, musste erst noch mal was einkaufen, weil ich das gestern nicht mehr geschafft habe.

    Ich finde es wunderbar, wie bei diesem Cross-Over manchmal die Puzzleteile - klack. klack - an die richtige Stelle fallen: also Luise werden wir sicherlich noch treffen und Bruno habe ich jetzt auch schon kennengelernt - und auch schon etwas über die Persien-Reise gehört, die er zusammen mit Eddy unternommen hat (auf das Buch freue ich mich auch schon!)

    Das freut wiederum mich sehr. Dieses Cross-Over hat mir auch den allergrößten Spaß gemacht.

    Friederike und Fredi - ein "Traumpaar" der Ermittlungen... Er kann Friederike wirklich gut einschätzen und sie erfüllt ihre "Aufgabe" auch mit Bravour, allerdings hatte sie mit Bruno auch einen guten Berater über die geschickteste Herangehensweise. Geschickt, wie sie bei Herrn Pahlke etwas mit dessen Angst spielt (Abschussliste"), so dass er den Namen Gerd Malthus fallen lässt.

    Ja, Fredi und Friederike sind ja beide Personen, die sich die Butter nicht vom Brot nehmen lassen, wobei Friederike eher die mit der Spitzen Zunge ist und Fredi immer eher abwartet, wie er Paroli bieten kann. Das hat er ja in seinem 18 Jahre währenden doppelten Spiel mit Werner Rohrbeck perfektioniert. Interessant wäre auch, wie Friederike mit seinem großmäuligen Bruder Rudi klar gekommen wäre. Aber der ist ja in Amerika und scheffelt als Anwalt Geld wie Heu ;-)

    Mit Ingrid hatte ich teilweise etwas Mitleid (ich betone: etwas), sie ist so abhängig von ihrem Mann, dass sie anscheinend überhaupt keine eigene Meinung mehr hat...

    Ingrid ist zu feige, etwas an ihrem Leben zu ändern.

    Von der HIAG hatte ich übrigens schon gehört, war es nicht auch die Organisation, die SS-Angehörigen (die Unterscheidung zwischen den einzelnen Gattungen habe ich erst durch die Mohlenberg-Bücher kennengelernt) über die sog. "Rattenlinie" geholfen hat, im Ausland (z.B. Südamerika) unterzutauchen? Aber die Deutsche Reichspartei (DRP) kannte ich nicht - und sie war 1957 noch frei wählbar? Interessant...

    Für die Rattenlinie war die "Stille Hilfe" zuständig, die arbeitete manchmal mit der HIAG zusammen, hatte aber andere Ziele. Die wollten direkt Kriegsverbrecher unterstützen und schützen oder zur Flucht verhelfen. Die HIAG hingegen wollte, dass die SS-Leute als normale Soldaten und Elitekrieger und nicht als Verbrecherische Organisation wahrgenommen werden sollte. Und da die SS so heterogen war, und nicht jeder, der dort Mitglied war, selbst automatisch ein Verbrecher war - wenn man mal davon absieht, dass er sich der Mitgliedschaft in einer verbrecherischen Organisation schuldig machte, was aber zum Zeitpunkt des Eintritts noch nicht der Fall war -hatten sie durchaus Unterstützer. Es ist ja auch ein großer Unterschied, ob ein 17-jähriger voller Stolz und Idealismus 1944 in die SS aufgenommen wird, der wirklich glaubt, es sei eine Eliteeinheit, oder ob jemand wie Hermann Ströbel überall aus Karrieregründen mitmischt und über Leichen geht. Oder ob jemand wie Gustav Brehm Menschenversuche plant und Kranke und Behinderte euthanasieren will. Man muss das differenziert betrachten, wenn man die Geschichte wirklich verstehen will, um aus ihr zu lernen. Die einfache Formel, jeder der in der SS war, war ein Massenmörder, funktioniert nicht. Und gerade deshalb bekam die HIAG Unterstützung. Es waren insgesamt über 900.000 ehemalige SS-Mitglieder nach dem Krieg übrig geblieben. Aber viele waren zu feige, ihre Gründe zu benennen. Wie Günther Grass. Er spielte lieber Moralapostel, anstatt zu erklären, warum er mit 19 Jahren verführbar war. Und das raubte ihm dann die Integrität am Ende seines Lebens. Oder es werden in der ARD keine Derrick-Folgen mehr ausgestrahlt, weil Horst Tappert in der Waffen-SS war - dabei sollte doch eigentlich die Resozialisierung im Fokus stehen, wenn einer erkennt, dass er einen Fehler gemacht hat. Stattdessen werden selbst Tote jetzt vom Bildschirm verbannt, deren Rollen nichts mit der SS zu tun haben. Wäre es nicht besser, lieber darüber zu diskutieren? Vor allem, da wir gerade jetzt durch den Ukraine-Krieg wieder mit Propaganda und Kriegsgetrommel von allen Seiten konfrontiert werden? Ich sehe da leider gerade viele Parallelen - die letzte Generation, die noch im Krieg war, ist tot. Die Nachkommen haben ihn nicht erlebt und glauben, man könnte Probleme mit Kriegen lösen ... Natürlich gibt es keine einfachen Lösungen, aber ich finde es erschreckend, wenn jetzt von einigen, die ständig im Medieninteresse stehen, gleich alle Russen zu Orks erklärt werden. Insofern war es gut, dass auch eine russische Menschenrechtsorganisation, die selbst vom Regime verfolgt wird, zusammen mit einer ukrainischen Organisation den Friedensnobelpreis bekommen hat. Aber Ex-Botschafter Melnyk hat darüber ja gewettert, weil er lieber alle Russen als Orks sieht, anstatt dass man erkennt, dass jedes Volk heterogen ist.

    Noch kurz erwähnen möchte ich, dass mir die Beschreibung des Wigomats gut gefallen hat, an den kann ich mich gar nicht mehr erinnern, aber für Kaffeemaschinen interessiert man sich als Kleinkind auch nicht so sehr...

    Das freut mich.

    Ich kenne ja "Die verstummte Liebe" noch nicht und habe deshalb jetzt auch Helen kennengelernt, oh ja, die Beziehung wischen ihr und Thomas ist ja wirklich sehr schwierig und kompliziert, aber ich habe so etwas wie eine kleine Hoffnung, dass ihr gemeinsamer Kampf gegen Charles sie etwas annähern wird - mit Charlotte als Vermittlerin? Ich bin jetzt jedenfalls ganz gespannt auf Luise, hoffentlich klappt es, dass Thomas und Charlotte sie in Hannover treffen...

    Die Kindheit von Thomas ist eines der großen Themen in "Die verstummte Liebe" - daran zeigt sich, wie sehr Helen sich verändert. In "Die Stimmlosen" tauchen sie und Thomas ja das erste Mal auf.

    Aber ich finde, Fritz hätte gleich Thomas von dem Brief erzählen müssen, bisschen "schwafelig" kann er mir schon mit seiner Argumentation vor, er habe ihn "schützen" wollen...

    Fritz kennt Thomas. Wenn der sich ärgert, trinkt er zu viel Alkohol und macht dann manchmal dumme Sachen.

  • Natürlich gibt es keine einfachen Lösungen, aber ich finde es erschreckend, wenn jetzt von einigen, die ständig im Medieninteresse stehen, gleich alle Russen zu Orks erklärt werden. Insofern war es gut, dass auch eine russische Menschenrechtsorganisation, die selbst vom Regime verfolgt wird, zusammen mit einer ukrainischen Organisation den Friedensnobelpreis bekommen hat. Aber Ex-Botschafter Melnyk hat darüber ja gewettert, weil er lieber alle Russen als Orks sieht, anstatt dass man erkennt, dass jedes Volk heterogen ist.

    Das finde ich auch sehr schwierig und so sehr ich die Ukrainer verstehen kann, kann ich das Gerede darüber, dass alle Russen am besten Tot sein sollten, nicht aushalten.

    Wir hatten das auf der Eröffnungsfeier der Modellbau WM im letzten Sommer in Polen auch, da konnten die Ukrainer mit Unterstützung des Weltverbands teilnehmen. Der Sprecher hat dann auch eine lange Rede halten dürfen bei der Feier. Ich verstehe ja nichts von dieser Sprache, aber so oft wie dort das Wort Nazis drin vorkam und zusammen mit der Übersetzung war es mir zu viel. Der Hass der da ein Gesicht bekommen hat hat für mich die eigentlich fröhliche Eröffnung eingetrübt. Und davon abgesehen fand ich es auch ein wenig heftig, dass wir da aufgefordert wurden auf unsere Regierungen einzuwirken, dass sie Waffen zur Verfügung stellen sollen. Als ob Herrn Scholz meine Meinung dazu interessieren würde....

  • Das finde ich auch sehr schwierig und so sehr ich die Ukrainer verstehen kann, kann ich das Gerede darüber, dass alle Russen am besten Tot sein sollten, nicht aushalten.

    Wir hatten das auf der Eröffnungsfeier der Modellbau WM im letzten Sommer in Polen auch, da konnten die Ukrainer mit Unterstützung des Weltverbands teilnehmen. Der Sprecher hat dann auch eine lange Rede halten dürfen bei der Feier. Ich verstehe ja nichts von dieser Sprache, aber so oft wie dort das Wort Nazis drin vorkam und zusammen mit der Übersetzung war es mir zu viel. Der Hass der da ein Gesicht bekommen hat hat für mich die eigentlich fröhliche Eröffnung eingetrübt. Und davon abgesehen fand ich es auch ein wenig heftig, dass wir da aufgefordert wurden auf unsere Regierungen einzuwirken, dass sie Waffen zur Verfügung stellen sollen. Als ob Herrn Scholz meine Meinung dazu interessieren würde....

    Das geht mir ähnlich. Mich störte vor allem, dass Melnyk sogar noch behauptete, die ukrainischen Flüchtlinge, die hier wirklich mit offenen Armen aufgenommen wurden und mehr Rechte haben als alle anderen Flüchtlinge, da sie auch arbeiten dürfen, würden sich in Deutschland nicht aufgenommen fühlen und Deutschland verlassen, weil wir zu wenig Waffen schicken. Das hat dann selbst Ukrainer in Deutschland erschüttert, als ihr Botschafter so tat, als wäre Deutschland der Feind und nicht Russland. Zum Glück ist der neue ukrainische Botschafter diplomatischer und bedankt sich auch und erkennt, wie viel die Zivilbevölkerung für die Flüchtlinge tut.


    Natürlich ist es verständlich, wenn der Hass auf die Russen groß ist. Aber mit solchen Verteufelungen eines ganzen Volkes und Aussagen von Melnyk, ganz Russland müsse besetzt werden, erreicht man eher das Gegenteil. Jeder weiß, dass man den 2. WK damit nicht vergleichen kann. Russland ist eine Atommacht. Hitler hatte keine Atombombe. Hätte er sie gehabt, hätte er sie eingesetzt. Ich befürchte, dieser Krieg wird die Ukraine zerstören und sich über Jahre hinziehen, so wie in Afghanistan. Als die UdSSR in den 1980er Jahren in Afghanistan war, unterstützte der Westen die Taliban mit Waffen. Irgendwann zog sich Sowjetarmee zurück. Das Land war dann destabilisiert. Ich befürchte, das wird auch das Schicksal der Ukraine werden, und das ist sehr bitter. Hoffentlich irre ich mich.

  • Hier ist das Interview - ist aber recht lang. https://www.ardmediathek.de/vi…N3ci5kZS9hZXgvbzE4MTAzNjE

    Es ist in der Tat ziemlich lang - aber sehr lohnenswert und interessant!!! :respekt hat mir sehr gut gefallen und so wunderbar "frei" gesprochen, keine verschachtelten Sätze, in keiner Weise angespannt (wirkte zumindest so)... Gut gemacht!!!

    Von den Büchern hatte ich noch nie gehört und ich weiß - ehrlich gesagt - auch nicht, ob ich sie mir in der Buchhandlung näher angeschaut hätte... Nee, ich glaube, mir gefallen die historischen Romane besser...

  • r. Es ist ja auch ein großer Unterschied, ob ein 17-jähriger voller Stolz und Idealismus 1944 in die SS aufgenommen wird, der wirklich glaubt, es sei eine Eliteeinheit, oder ob jemand wie Hermann Ströbel überall aus Karrieregründen mitmischt und über Leichen geht. Oder ob jemand wie Gustav Brehm Menschenversuche plant und Kranke und Behinderte euthanasieren will

    Diese wichtige Unterscheidung habe ich tatsächlich erst durch die Mohlenberg-Bücher und die Diskussion hier im Forum kennengelernt

    Aber viele waren zu feige, ihre Gründe zu benennen. Wie Günther Grass. Er spielte lieber Moralapostel, anstatt zu erklären, warum er mit 19 Jahren verführbar war. Und das raubte ihm dann die Integrität am Ende seines Lebens

    Stimmt, so war es , ich hatte es nur noch etwas nebulös im Kopf...

    Und noch ein kleiner Einwurf: dank des Interviews weiß ich jetzt die Definition von "Moralapostel", das Beispiel mit den Eltern und dem Zoo fand ich sehr bildhaft!

    Oder es werden in der ARD keine Derrick-Folgen mehr ausgestrahlt, weil Horst Tappert in der Waffen-SS war

    Ach nee, das habe ich gar nicht mitbekommen...

    Vor allem, da wir gerade jetzt durch den Ukraine-Krieg wieder mit Propaganda und Kriegsgetrommel von allen Seiten konfrontiert werden? Ich sehe da leider gerade viele Parallelen -

    Ja, ich finde die Situation auch sehr erschreckend und bin wirklich ratlos, wie es beendet werden könnte...

  • dass sie Waffen zur Verfügung stellen sollen. Als ob Herrn Scholz meine Meinung dazu interessieren würde....

    Und fast schon grotesk fand ich, dass ganz viele Staaten Deutschland zuerst als "Bremser" darstellten (in dieser Panzer-Frage), als Deutschland dann welche liefern will, sagen alle "ähhh, sorry, wir müssen noch überlegen, so war es nicht gemeint..." Dass sich Scholz von seinen Kollegen vera.... fühlt, kann ich nachvollziehen, denn ich konnte auch seine Bedenken verstehen, deutsche Panzer in der Ukraine herumrollen zu lassen - bei allem Verständnis für die Ukrainer....