Hanne die Leute gucken schon, Felicitas Fuchs

  • Hanne die Leute gucken schon

    Inhaltsangabe: Quelle Heyne

    Mütter Triologie Teil 2



    Minden 1951: Hanne wächst in bescheidenen Verhältnissen heran. Ihre Mutter Minna sorgt dafür, dass alles in geregelten Bahnen verläuft, sogar ein bisschen Glück scheint endlich wieder möglich. Als Hanne dem smarten, viel älteren Paul Wagner begegnet und sich zum ersten Mal verliebt, nimmt ihr Leben eine Wendung, die für immer alles verändert.

    „ Eine bewegende, sehr authentische Geschichte „


    Meine Meinung zur Autorin und Buch

    Felicitas Fuchs, hat mich mit ihrem 2. Teil der Familiengeschichte sehr begeistert, diesmal betrifft es Minna Tochter Hanne. Es beginnt 1951 und endet 1978. Das ganze Geschehen um Minna, ihre Tochter Hanne und Enkelin Romy hat mich sehr bewegt, ich habe gelacht und gleichzeitig geweint, wie unbarmherzig das Schicksal zuschlagen kann. Ich möchte mich bei der Autorin bedanken das sie uns am Schicksal ihrer Familie teilnehmen lässt. Viele ihrer Protagonisten sind real und einige fiktiv, aber es ist alles so authentisch und lebendig erzählt, das man eins wird mit der Geschichte. Ich bin 1952 geboren und konnte mich an vieles von damals erinnern. Sehr gut hat sie die damalige Zeiten , der Stand der Frauen lebendig werden lassen. Ich kann es kaum erwarten den 3. Teil zu lesen.


    Minna ist eine unheimliche starke Frau, wie sie es meistert ihre Tochter Hanne alleine groß zu ziehen. Hanne ist schon sehr ungewöhnlich, ein sehr ruhiges Kind das sich Widerstandslos fügt, seine eigenen Wünsche und Bedürfnisse unterdrückt. Doch das Schicksal schlägt hart zu erst erkrankt ihre Mutter Minna an Tuberkulose, als sie endlich als geheilt entlassen gilt, trifft es Hanne monatelang ist sie oft von zu Hause fort. Ein Leben in Kliniken und Heilanstalten beginnt. Hanne ist sehr naiv, sonst wäre sie als 18 Jährige nicht dem soviel älteren Paul Wagner auf den Leim gegangen. Es bleibt nicht ohne Folgen , den Vater von ihrer Tochter Romy gibt sie nicht preis aus lauter Scham. Die Jahre gehen ins Land, immer wieder kommt es bei Hanne zu Rückschlägen. Minna ist es die, die ersten Jahre ihre Enkelin Romy groß ziehen wird. Endlich scheint Hanne ihr Glück gefunden zu haben, sie und ihre Tochter kommen nicht klar.

    Hanne war irgendwie überfordert und Minna hatte das Kind sehr verwöhnt. Hanne fand ich oft sehr ungerecht zu ihrer Tochter, das am wahrscheinlich auch daran, das sie die ersten Jahre von Romy zu oft getrennt war um eine Bindung zu ihrem Kind aufbauen zu Können. Dann die Ehe mit Otto, ist auch nicht das gelbe vom Ei, zwei weitere Kinder kommen. Minna, ihr Bruder Karl, ihr geschiedener Mann Fritz haben heimlich einen Pakt mit Paul Wagner geschlossen. Ich hoffe das wir es bald erfahren. Das Leben von Minna, Hanne , Romy ist wie eine Achterbahnfahrt. Der einzige ruhende Pol ist Minna alte Freundin Fanny, an der auch Hanne und Romy sehr hängen.

    Hoffen wir das sich dieses Familiengeheimnis lösen wird, und es keine Folgen für die damaligen Beteiligten haben wird.


    ASIN/ISBN: 3453426207

  • Felicitas Fuchs: Hanne. Die Leute gucken schon, Band 2 der Mütter-Trilogie, Roman, München 2023, Wilhelm Heyne Verlag, ISBN 978-3-453-42620-7, Klappenbroschur, 599 Seiten, Format: 13,7 x 4,6 x 20,6 cm, Buch: EUR 15,00 (D), EUR 15,50 (A), Kindle: EUR 9,99, auch als Hörbuch lieferbar.


    „[Hanne] war in Ruinen aufgewachsen […]. Sie hatte Flammenhöllen gesehen […], Angst, Hunger und Kälte hinter sich. All das war in ihr. Vielleicht war sie deshalb oft so hartherzig ihren Kindern gegenüber. […] Sie hatte nie gelernt, tiefe Bindungen zu Menschen aufzubauen. Wie auch? In den Lungenheilstätten hatte sie immer nur für ein paar Monate dieselben Leute um sich gehabt, und wenn sie wieder nach Hause gekommen war, war sie unter den anderen Kindern eine Fremde gewesen.“ (Seite 504/505)


    Minden 1951: Endlich! Der Krieg ist nur noch eine verdrängte Erinnerung. „Nach vorne schauen“ heißt die Devise, auch für Minna Volkening, Mitte 40, und ihre Tochter Hanne. Von Männern hat die zweifach geschiedene Schneiderin Minna erst einmal die Nase voll. Wenn es für ihre Tochter und sie wieder aufwärts gehen soll, wird sie mit ihrer Hände Arbeit dafür sorgen müssen.


    Wirtschaftswunder – doch nicht für alle


    Minna fängt nicht das erste Mal von vorne an. Wenn ich richtig mitgezählt habe, ist das jetzt das dritte Mal. Eine bescheidene Mietwohnung und eine kleine Änderungsschneiderei müssen für den Anfang reichen. Wer Band 1 gelesen hat, weiß, was die Schneiderin auf dem Kasten hat und welche Erfolge sie einst bei Düsseldorfs Reichen und Schönen gefeiert hat.


    Ganz allein steht Minna zum Glück nicht da. Sie hat ihren Bruder Karl Wolf, den dichtenden Arbeiter, und ihre Freundin Fannie Winter, eine Sinteza, die im KZ ihre gesamte Familie verloren hat. Fannie verbietet sich, zurückzublicken und steckt all ihre Kraft in ihren beruflichen Erfolg. Und den hat sie – als Schaustellerin auf Jahrmärkten mit immer größeren und spektakuläreren Fahrgeschäften. Doch nie wird sie vergessen, wie Minna ihr in der Nazizeit geholfen hat. Wenn bei den zwei Volkening-Damen Not an der Frau ist, können sie stets auf Fannie zählen.


    Jetzt müsste es eigentlich für Minna bergauf gehen. Die Leute haben wieder ein bisschen Geld und einen enormen Nachholbedarf in allen Lebensbereichen. Doch es kommt anders.


    Eine Krankheit mit weitreichenden Folgen


    Hanne, die ohnehin nie besonders kontaktfreudig war und seit dem Tod ihrer Schwester Luise geradezu unnatürlich brav und angepasst ist, um niemandem Kummer zu bereiten, verliert durch die ständigen Klinikaufenthalte den Anschluss in der Schule und versäumt in ihrer Jugend entscheidende Entwicklungen. Freundschaften? Ausgehen? Spaß haben? Flirten? Gegen die Mutter rebellieren? Alles Fehlanzeige! Für ihr Alter wirkt sie sehr bieder und naiv.


    1960: Das verklemmte Getue der damaligen Zeit ist da auch nicht hilfreich. Da kann die lebenserfahrene Fannie sagen, was sie will: Mehr Aufklärung als die Drohung: „Komm mir bloß nicht mit einem Kind nach Hause!“ lässt Minna ihrer Tochter nicht angedeihen. Mit dem verklausulierten Geschwurbel in den Bibliotheksbüchern kann das Mädchen nichts anfangen. Freundinnen, die sie fragen könnte, hat Hanne nicht und „Tante“ Fannie wird sich hüten, sich einzumischen. So ist es kein großes Wunder, dass Hanne dem erstbesten Kerl auf den Leim geht, der sich für sie interessiert.


    Minna lässt sich nichts gefallen


    Was soll ich drumherum reden? Wir haben ja im ersten Band schon erfahren, dass es Romy gibt, Hannes Tochter. Deren Erzeuger macht sich nach vollbrachter Tat aus dem Staub und Hanne verschweigt aus Scham seinen Namen. Das bedeutet, das Kind muss ohne väterliche Unterhaltszahlung auskommen, das Geld wird knapp und die Volkenings haben permanent das Jugendamt im Nacken. Aber nicht mit Minna! Mit detektivischem Spürsinn begibt sie sich auf die Suche nach dem Kindsvater …



    Ein brisantes Familiengeheimnis


    Was wird erst los sein, wenn eines Tages herauskommt, wer Romys leiblicher Vater ist? Hanne wird den Teufel tun und ihr das sagen. Minna nimmt zwar immer wieder Anlauf, traut sich dann aber doch nicht. Doch auf Dauer wird sich dieses Familiengeheimnis nicht bewahren lassen.


    Das ist kein Thriller, hier gibt’s keine Mordfälle aufzuklären – hier passiert „nur“ das pralle Leben. Doch die Story um die Volkening-Frauen entwickelt einen derartigen Sog, dass man einfach nicht aufhören kann zu lesen.


    Felicitas Fuchs macht kein Geheimnis daraus, dass die Mütter-Trilogie auf der Geschichte ihrer eigenen Familie basiert. Und weil hier mehrheitlich real existierende Menschen agieren, treffen die auch mal zweifelhafte bis haarsträubende Entscheidungen, die sich aber stets durch ihre Vorgeschichte erklären lassen. Als Leser:in möchte man oft schreien: „Nein, tu‘s nicht!“ Doch für die handelnde Person fühlt es sich gut und richtig an, genau das zu machen, was wir für bekl*ppt halten. Ja, und dann macht sie’s halt. So ist das Leben. Da ist die Autorin nicht schuld.


    Eine Zeitreise mit enormer Sogwirkung


    Wie wird es nun weitergehen mit Romy und Hanne? Ich bin gespannt! Vor allem wüsste ich gerne, was noch hinter dem „Pakt“ steckt, den Minna mit einer anderen Person geschlossen hat. Ihr Bruder Karl wird ja nicht müde zu betonen, dass sie sich damit strafbar gemacht hat. Ich sehe nur ein bisschen Gemauschel aber keinen Gesetzesverstoß, vermute jedoch, dass wir Leser:innen nicht alles darüber wissen. Was da wohl noch ans Licht kommt …?


    Die Autorin hat intensiv recherchiert – familiengeschichtlich und zeitgeschichtlich – und großen Wert auf kleine Details gelegt. Für mich, die ich im selben Alter bin wie Romy und die Autorin, war das eine tolle Zeitreise zurück in die 1960er und 1970er-Jahre. Ob das jetzt die Trockenhaube war, die Mode, das Fernsehprogramm, die Einrichtung oder die Haartönung, ständig dachte ich: „Ja, genau! So war das bei uns daheim auch!“


    Das wird im nächsten Band, wenn wir Romy auf ihrem weiteren Lebensweg begleiten, vermutlich genauso sein. Das will ich erleben! Und natürlich will ich dabei sein, wenn Hanne & Co. das Familiengeheimnis krachend um die Ohren fliegt.


    Die Autorin


    Felicitas Fuchs ist das Pseudonym der Erfolgsautorin Carla Berling, die sich mit Krimis, Komödien und temperamentvollen Lesungen ein großes Publikum erobert hat. Schon bevor sie sich ganz dem Schreiben widmete, war sie als Reporterin und Pressefotografin immer sehr nah an den Menschen und ihren Schicksalen. In ihrer dramatischen Familiengeschichte verarbeitet sie autobiografische Elemente zu einer packenden Trilogie über drei starke Frauen.


    ASIN/ISBN: 3453426207

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner