sorry für off-topic
Das ist doch nicht schlimm Das Eulenforum ist ja zum diskutieren da, und du hast doch nur begründet, warum dieses Bücher für Dich eine Enttäuschung waren. Ich finde dieses Thema spannend.
sorry für off-topic
Das ist doch nicht schlimm Das Eulenforum ist ja zum diskutieren da, und du hast doch nur begründet, warum dieses Bücher für Dich eine Enttäuschung waren. Ich finde dieses Thema spannend.
Ich hab gerade schon meinen Flop für 2023 gelesen
Ich hab gerade schon meinen Flop für 2023 gelesen
Hey, neugierig machen gilt nicht. Erzähl mehr.
Hey, neugierig machen gilt nicht. Erzähl mehr.
Ich war so gespannt, der Klappentext klang richtig gut nach Wissenschaftsthriller - und dann so was.
Anfangs wars ja noch ok, aber es wurde von Seite zu Seite immer schlimmer, abstruser, langweiliger und unwissentschaftlicher. Nebenschauplätze, die ins Nirwana führten...
Also die Theorie mag ja noch angehen, aber die Umsetzung...
Ne, ich war echt enttäuscht
ASIN/ISBN: 3453440951 |
Kruger-Nationalpark, Südafrika: Von einem mysteriösen Virus befallen, mutiert ein Elefant innerhalb weniger Tage zu einer prähistorischen Spezies mit vier Stoßzähnen. Wenig später sind auch Affen, Zebras und andere Arten von der Epidemie betroffen. Während die französische Paläontologin Anna Meunier nach den Ursachen sucht, greift das Virus auf den Menschen über. Innerhalb weniger Tage wird die Zeit um Millionen Jahre zurückgedreht: Homo sapiens wird Homo erectus. Panik bricht aus in New York, Paris, Genf und bald auf der ganzen Welt angesichts dieser mit Fell überzogenen, stummen und unberechenbaren Gestalten. Meunier und ihr Team versuchen verzweifelt, die Regression der Menschheit zu stoppen. Und sie müssen sich die Frage stellen: Sind das noch Menschen oder Bestien, die es zu bekämpfen gilt?
Mein Flop des Jahres war
Der Prinz der drei Heere: Aneiryn (Inselreich-Saga 1)
von Jona Dreyer
Der Klappentext klang nach netter, etwas dramatischer Gay Romance im Fantasy Umfeld. Aber es wurde immer abstruser und trivialer... Alle 50 Seiten eine Sexszene, arg überfrachtet (schwul, lesbisch, trans, Adoption, Abhängigkeit, Vernachlässigung, ...) und statt Fantasy zu viel Romance (oder Kitsch). Ich habe dann abgebrochen.
ASIN/ISBN: B01EVAVQG6 |
sorry für off-topic, aber wir sind jetzt bewusst oder unbewusst voll in die Trauma Plot Diskussion getreten: https://www.zeit.de/kultur/lit…%3A%2F%2Fwww.google.de%2F (vielleicht eine Diskussion, die man an anderer Stelle, sollte es sich bei der nächsten fragwürdigen Buchwahl ergeben, weiterführen könnte).
(Der Artikel ist leider hinter der Paywall ...)
Dass es dazu schon eine Diskussion gab oder gibt, ist total an mir vorbeigegangen. Ich hab mir zu dem Thema auch selbst noch keine endgültige Meinung gebildet.
(Der Artikel ist leider hinter der Paywall ...)
Dass es dazu schon eine Diskussion gab oder gibt, ist total an mir vorbeigegangen. Ich hab mir zu dem Thema auch selbst noch keine endgültige Meinung gebildet.
Ich konnte ihn lesen und kann ihn auch immer noch öffnen und ich habe kein Abo.
Ich konnte ihn lesen und kann ihn auch immer noch öffnen und ich habe kein Abo.
Ich nicht. Erst kommt eine Abfrage, bei der ich Cookies akzeptieren kann und es so aussieht, als könnte ich mit Werbung weiterlesen, aber dann kommt die nächste Schranke...
Ich konnte ihn lesen und kann ihn auch immer noch öffnen und ich habe kein Abo.
ditto
Hängt wohl vom Browser ab. Bei Chrome war der Artikel bei mir auch hinter der Bezahlschranke, mit Firefox konnte ich ihn lesen.
Alles anzeigenMein Flop des Jahres war
Der Prinz der drei Heere: Aneiryn (Inselreich-Saga 1)
von Jona Dreyer
Der Klappentext klang nach netter, etwas dramatischer Gay Romance im Fantasy Umfeld. Aber es wurde immer abstruser und trivialer... Alle 50 Seiten eine Sexszene, arg überfrachtet (schwul, lesbisch, trans, Adoption, Abhängigkeit, Vernachlässigung, ...) und statt Fantasy zu viel Romance (oder Kitsch). Ich habe dann abgebrochen.
ASIN/ISBN: B01EVAVQG6
Das habe ich vor ein paar Jahren auch abgebrochen. Die ersten Bücher von Jona Dreyer gefielen mir gut, doch dann schrieb sie immer mehr Sexszenen, so dass mir ihre Bücher verleidet sind.
Falls du mal Lust auf einen Gay-Krimi hast, kann ich dir "Bloomwell" von Sandra Busch empfehlen - spannend, humorvoll, genialer Kriminalfall mit guter Auflösung und wenige Sexszenen. (Es waren nur zwei oder drei und sie waren nicht ausführlich beschrieben.)
Für mich war es ein Highlight, das es sogar in die Jahresbesten-Liste geschafft hatte.
ASIN/ISBN: B08HNDC69F |
Hier der Bericht als Textkopie Teil 1
Eines der großen Anliegen der modernen Literatur bestand immer darin, echte Charaktere zu erschaffen, mit einem komplexen Innenleben und psychologischer Tiefe. Es gibt eine Strategie, um diese Tiefe zu erzeugen, die vor allem in unserer Gegenwart beliebt ist: Man stattet die Figur mit einer prägenden Leiderfahrung aus, einem Trauma, das im Verlauf der Handlung enthüllt wird.
Gegen diese Art von "Trauma-Plot" hat die Autorin Parul Sehgal gerade im New Yorker einen viel beachteten Essay geschrieben. Darin kritisiert sie, die repräsentative literarische Figur der Gegenwart definiere sich vor allem über ihre traumatischen Erfahrungen. Diese wirke zunächst undurchschaubar, sei umgeben von einer vagen Aura des Beschädigtseins – bis dann in plötzlichen Rückblenden oder dramatischen Geständnissen die Leidensgeschichte Stück für Stück ans Licht kommt.
Der Essay ist Ausdruck eines Überdrusses an der Allgegenwart des Trauma-Plots und damit Teil einer Debatte über die angemessene Darstellung von Leidenserfahrungen in der Gegenwartsliteratur. Als Inkarnation des Trauma-Plots wird Hanya Yanagiharas 2015 erschienener Roman Ein wenig Leben genannt – ein internationaler Bestseller, der mit Preisen ausgezeichnet und teilweise hymnisch besprochen wurde. Für Sehgal ist der Protagonist Jude, der eine endlose Reihe von Demütigungen und Gewalttaten ertragen muss, einer der am meisten verfluchten Charaktere der Literaturgeschichte, ein Beispiel für den zeitgenössischen Exzess des Trauma-Plots.
Tatsächlich lässt sich an dieser Debatte, die anlässlich der aktuellen Publikation von Yanagiharas neuem Buch Zum Paradies wieder aufgeflammt ist, das Konfliktpotenzial dieses Handlungsmodells gut ablesen. Einer der wenigen Kritiker, der sich beim Erscheinen von Ein wenig Leben alles andere als begeistert zeigte, war der Autor Daniel Mendelsohn, der in einer Rezension in der New York Review of Books kritisierte, der Roman sei schlecht geschrieben und habe die narrative Struktur eines "Striptease". Der Erfolg des Romans ließe sich möglicherweise dadurch erklären, dass ein auf Viktimisierung ausgerichteter Zeitgeist von Yanagiharas melodramatischer Opfernarration manipuliert ("duped") worden sei.
Gegen diese Kritik richtete sich ein Leserbrief des Verlegers von Ein wenig Leben, der empört darauf hinwies, dass emotionale Manipulation doch eines der Hauptgeschäfte von Literatur sein müsse. Habe nicht schon Vladimir Nabokov immer wieder angedeutet, Kunst sei eine elaborierte Form emotionalen Trickbetrugs? Mendelsohn antwortete darauf, mit dem Wort "duped" sei gemeint, dass Yanagiharas Anhäufung von Traumata letztlich eine plumpe und unkünstlerische Art darstelle, dem Leser Gefühle abzuringen. Die Effekte, die das Buch erzielt – die Tränen, die der Verleger als Zeichen der Wirksamkeit vorschieben würde – habe die Autorin auf eine "unehrliche" Art erreicht.
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Der Streit um Ein wenig Leben verweist auf zentrale ethische und ästhetische Fragen, die in der Debatte um den Trauma-Plot aufgeworfen werden: Welche Funktion hat die Darstellung menschlichen Leids in der Literatur? Wann ist sie angemessen, wann manipulativ? In einem Essay über den neuen Roman Zum Paradies findet Andrea Long Chu ein ziemlich dunkles Bild für Yanagiharas Faszination mit Leidensgeschichten. Der Autorin gehe es vor allem darum, sich selbst als eine sinistre Pflegerin in ihre Geschichten einzuschreiben, die ihre Figuren vergiftet, um sie dann im Vorgang des Erzählens liebevoll wieder gesund zu päppeln. Damit ist ein grundsätzliches Problem im Verhältnis einer Autorin und ihrer Figuren angesprochen, nämlich, dass die Art, wie die Schöpferin ihre Geschöpfe behandelt, den ästhetischen Genuss an der Erzählung beeinflusst.
Was den bereits erwähnten Nabokov trotz aller ästhetischer Brillanz bisweilen unerträglich zu lesen macht, ist der Eindruck, dass er seine Figuren auslacht, verachtet, regelrecht mobbt. In seinem Roman Pnin wird diese Tendenz sogar zum Teil der Handlung, wenn die geschundene Figur dem feindseligen Erzähler am Ende abhandenkommt. Bei Yanagihara – so zumindest die Unterstellung der Kritik – verhält es sich umgekehrt: Die Figuren werden in den sentimentalen Folterkeller einer übergriffigen Sympathie gesperrt. Das sei kein Sadismus, sondern Stellvertreter-Münchhausen-Syndrom. Ähnlich wie Daniel Mendelsohn wird auch hier die erzählerische Konzentration auf schwule Männer bei Yanagihara kritisiert, die vor allem eine "touristische" Form der Zuneigung zum Ausdruck bringe. Indem sie deren Verletzlichkeit übertreibe, könne sie die mütterliche Pose eines exzessiven Beschützerinstinkts legitimieren.
Es erscheint vor diesem Hintergrund kaum verwunderlich, dass Sehgal Ein wenig Leben als Inbegriff des Trauma-Plots ins Feld führt. Allerdings sei der Roman nur ein Beispiel für die zeitgenössische "Tyrannei der Hintergrundgeschichte", die auch dazu führe, dass die Figuren in Neuauflagen von Klassikern mit der notwendig verheerenden Vorgeschichte ausgestattet würden. Bei diesem Übermaß an enthüllbarer Vergangenheit handele es sich um eine relativ neue Entwicklung. Die Romane von Jane Austen etwa seien Beispiele, wie Charaktere lebendig werden könnten ohne unheilvolle Flashbacks, in denen sich alte Leiderfahrungen offenbaren.
Sehgal hat die Geduld für modische Traumabewältigungshandlungen verloren. Der Trauma-Plot öffne keine blutigen Kammern mehr, sondern eher generische Motelzimmer, die alle Anzeichen von heftiger Fluktuation aufwiesen. Selbst die konventionellsten Formen populärer Unterhaltung kommen inzwischen nicht mehr ohne eine erschütternde Vergangenheit aus – kaum ein Superheldenfilm ohne Vaterkomplex. Der Trauma-Plot in seiner aktuellen Omnipräsenz stelle vor allem eine Form der anthropologischen Vereinfachung dar, die – in ihrem Bedürfnis, alle Aspekte einer Persönlichkeit auszuleuchten – mit großen ästhetischen Kosten verbunden sei. Denn diese Art von Handlung verflache Charaktere auf ein Symptom und beanspruche eine unterkomplexe Form moralischer Autorität.
Diese Kritik ist nicht von der Hand zu weisen. Gerade im Bereich des populären Erzählens erscheint der Fokus auf erfahrenes Leid in einer Unzahl an düsteren Neuauflagen inzwischen uninspiriert und zynisch. Das Bedürfnis, populäre Stoffe neu, aber diesmal mit komplexeren Charakteren zu erzählen, hat teilweise absurde Ideen hervorgebracht. So wird der campy Schurkenfigur Cruella de Vil in der Neuverfilmung des Disney-Klassikers 101 Dalmatiner etwa eine Hintergrundgeschichte angedichtet, die ihren Hass auf Hunde dadurch erklärt, dass ihre Mutter von Dalmatinern umgebracht wurde.
Solche Ideen entstehen im Kontext einer erschöpften Form des populären Erzählens, die die Errungenschaften des psychologischen Realismus nutzt, um für uninspirierte Handlungen die Dignität hochkultureller Tiefe zu erschleichen. Gleichzeitig dient diese Struktur dazu, einen Plot voranzutreiben, der darauf abzielt, das Trauma nach und nach offenzulegen. Ein Instrument der Spannungserzeugung, das in gewisser Hinsicht dem "Whodunit" der klassischen Krimihandlung gleicht und ähnlich effektiv erscheint.
Das zeigt sich nirgendwo so deutlich wie im neuesten Film aus der James-Bond-Reihe, Keine Zeit zu sterben, in dem sich die Handlung komplett im Aufarbeiten der inneren Dämonen von 007 verliert, der sich sauertöpfisch und leidend durch die Handlung schießt. Leidenserfahrungen erscheinen in solchen Fällen nur noch als das narrative Salz in einer dünnen Thriller-Suppe – eine ritualisierte und faule Art, aus einer flachen Figur einen runden Charakter zu machen.
Wenn ein Trauma auf diese Art Tiefe für eine nicht sonderlich tiefgründige Erzählung erschwindeln soll, dann ist das nicht nur ein ästhetisches, sondern auch ein moralisches Problem. Die Komplexität und Intensität der Leidenserfahrungen, die eine traumatische Störung auslösen, werden verwässert und in den Dienst einer Erzählung gestellt, die ohne großen künstlerischen Aufwand schnelle emotionale Effekte erzeugen möchte. Ein naheliegender Einwand gegen die Allgegenwärtigkeit des Trauma-Plots wäre, dass sich das Erzählen der Gegenwart den Umgang mit Traumata durch besondere Behutsamkeit und künstlerische Qualität verdienen muss – nicht jedes Sujet kann mit der gleichen ausbeuterischen Trampeligkeit behandelt werden.
Diese ethische Kritik des Trauma-Plots schwingt auch in dem Vorwurf mit, die Leidensexzesse in Yanagiharas Ein wenig Leben hätten etwas Pornografisches an sich. Begriffe wie "Trauma Porn" oder "Torture Porn" kursierten von Anfang an in der Diskussion um das Buch. Auch Mendelsohns "Striptease"-Vergleich ging in diese Richtung. Dem liegt die grundsätzliche Unterstellung zugrunde, eine bestimmte Form der Darstellung von menschlichem Leid diene vor allem dazu, den Rezipientinnen ein eigennütziges Gefühl emotionaler Erregung zu verschaffen. Darin spiegelt sich die traditionsreiche kulturgeschichtliche Paranoia, dass Menschen Kunst "nur" für den Zweck sexueller oder emotionaler Erregung konsumieren könnten – ohne moralischen oder intellektuellen Gewinn.
Teil 2
Verkompliziert wird die Diskussion über Trauma Porn, wenn man sich vor Augen hält, dass Pornografie ein ausgesprochen nachfrageorientiertes Genre ist. Die Tatsache, dass Bücher wie Ein wenig Leben Bestseller werden, verschiebt die Frage nach der Verantwortung der Autorin auch auf ein Publikum, das das Buch mit Begeisterung gelesen hat. In einem aktuellen Porträt der Autorin im New Yorker wird die teilweise extreme Reaktion ihrer Fans beschrieben: Menschen hätten sich auf TikTok in der weinenden Reaktion auf das Buch gefilmt. Bloggerinnen würden immer wieder die wegen des Protagonisten Jude vergossenen Tränen beschwören – eine Figur, mit der viele Leserinnen eine tiefe Sympathie zu verbinden scheint.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die Kritik am Trauma-Plot und insbesondere an Yanagiharas Romanen nicht an den Bedürfnissen der Rezipientinnen vorbeiargumentiert. Eine Rezension von Zum Paradies in Slate beschreibt Yanagihara scherzhaft als eine Art Dominatrix, die ihren Leserinnen im neuen Buch, ein historisch-dystopischer New-York-Roman auf drei Zeitebenen, die narrative Erfüllung verweigert, die sie seit Ein wenig Leben erwarten. Auch hier wird also wieder das Bildfeld des Erotischen bedient, allerdings mit einer zur Schau gestellten Gelassenheit. Der Fetischcharakter des Szenarios würde eben einige Leserinnen anziehen, andere abschrecken, möglicherweise moralische Empörung hervorrufen. Allerdings sei Literatur nun einmal voll von Fetischisierungen der einen oder anderen Art.
Die Autorin der Rezension vergleicht die Erzählweise von Ein wenig Leben mit einem Genre der Fan-Fiction, das als "hurt/comfort" bezeichnet wird. In diesem weit verbreiteten erzählerischen Handlungsmuster werden von Fans eigene Geschichten geschrieben, zumeist über Figuren aus populären, fiktionalen Universen wie Harry Potter, in denen diese schlimme Dinge erleben ("hurt"), um dann wieder aufgebaut und getröstet zu werden ("comfort"). Das narrative Bedürfnis nach starken emotionalen Effekten wird hier transparent gemacht, als Teil einer erzählerischen Konvention. Ein wenig Leben wäre dann eine Form von hochliterarischer Fan-Fiction, die für die Bedürfnisse eines Publikums geschrieben ist.
Yanagihara scheint sich dieser Probleme bewusst zu sein. Der barocke Exzess, die erzählerische Anhäufung von Leiden, das Melodrama – all das soll, wie sie behauptet, auch Teil einer vorsätzlichen Poetik gewesen sein. Das deutet sich auch in der Wahl des berühmten Covers von Ein wenig Leben an, das einen Mann zeigt, der scheinbar in tiefer Trauer und Schmerz versunken ist. Tatsächlich handelt es sich um ein Bild des Fotografen Peter Hujar, das den Titel Orgasmic Man trägt und einen Mann im Moment größter sexueller Erregung zeigt. Es fällt schwer, in diesem etwas kruden Scherz keine Anspielung darauf zu sehen, dass Leid und Erregung nah beieinanderliegen können.
Für die vielen begeisterten Leserinnen von Ein wenig Leben war die Lektüre des Romans eine zutiefst kathartische Erfahrung und es erscheint zumindest problematisch, diesen Umstand in einer Kritik des Trauma-Plots nicht mitzubedenken. Zumal man mit dieser Kritik schnell ins Fahrwasser einer Debatte um die angeblich verhätschelte Jugend gerät, die sich in von Triggerwarnungen geschützte Safespaces zurückzieht, um ihre Traumata zu pflegen. In diese Richtung ging auch die Kritik von Mendelsohn, der im Erfolg des Buches ein Zeichen für den von Verletztheit geprägten Empfindsamkeitsdiskurs seiner Millennialstudierenden zu erkennen glaubte.
Der Siegeszug des Trauma-Plots sei, schreibt Sehgal in ihrem Essay, kaum verwunderlich vor dem Hintergrund, dass das Konzept auch gesellschaftlich und kulturell allgegenwärtig erscheine. Ihre Kritik ist jedoch eine ästhetische und sie weigert sich bewusst, in den mühseligen Debatten um die politische Dimension des zeitgenössischen Traumabegriffs Stellung zu beziehen. Allerdings wird auch immer wieder deutlich suggeriert, dass eine wahllose Ausweitung dieses Begriffs ein Teil des Problems sein könnte.
Eine naheliegende Gefahr der Debatte um den Trauma-Plot besteht darin, dass durch die legitime Kritik an einer erschöpften ästhetischen Form der ganze Trauma-Diskurs ins Zwielicht gerückt wird, der in therapeutischer und – wo er gelingt – auch in künstlerischer Hinsicht ausgesprochen produktiv erscheint. Müsste man nicht eher die Frage beantworten, unter welchen Voraussetzungen das Handlungsgerüst gelingen kann? Es ist deshalb unbedingt notwendig, die Debatte um die moralischen und künstlerischen Schwierigkeiten, die mit der Verarbeitung von Traumata einhergehen, weiter zu führen. Das beginnt damit, dass auch die Bedürfnisse und Stimmen nicht professioneller Leserinnen in die Diskussion miteinbezogen werden. Diese Stimmen hört man auf Blogs oder Social-Reading-Plattformen. Bei Goodreads etwa finden sich zahlreiche Berichte darüber, wie die Lektüre Leserinnen zum Weinen gebracht hat – eine Erfahrung, die bei aller Kritik am Exzess der Traumadarstellung durchaus ein Recht darauf hat, ernst genommen zu werden.
sorry für off-topic, aber wir sind jetzt bewusst oder unbewusst voll in die Trauma Plot Diskussion getreten: https://www.zeit.de/kultur/lit…%3A%2F%2Fwww.google.de%2F (vielleicht eine Diskussion, die man an anderer Stelle, sollte es sich bei der nächsten fragwürdigen Buchwahl ergeben, weiterführen könnte).
Danke für den Link, sehr spannender Artikel.
Jenya Welche Reihe mir gut gefällt und seeeehr langsam anfängt, ist Thorn & Finster von Susann Julieva. Die habe ich mit KU gelesen.
Susann Julieva schreibt immer tolle Bücher, ich mag alle von ihr sehr gerne.