• Dieser Beitrag war eigentlich für den Wettbewerb "Schokolade" gedacht, aber ich hatte ihn "verlegt" und hab ihn erst gestern wiedergefunden. :wow



    Immer wieder starrte Hilde auf die Uhr, doch die Zeiger schienen auf der Stelle zu stehen. Um sich abzulenken, nahm sie ihr Strickzeug und setzte sich zu ihrem Mann auf das Sofa.
    Heinz starrte nicht auf die Uhr. Er blickte gebannt zum Fernseher. Nach einiger Zeit konnte Hilde es nicht mehr aushalten und stubste ihn an.
    „Heinz? Die Karin wollte doch noch kommen. Ha sie dir gesagt, wann?“
    Heinz schien nicht zu begreifen, was Hilde wollte. Er schaute sie stumm an, nickte dann aber.
    „Ich weiß es nicht, Hildchen.“
    Hilde schüttelte den Kopf und legte das Strickzeug auf den Tisch.
    „Das Kind arbeitet zu viel. Immer kommt sie so spät.“
    „Ich weiß.“
    „Dabei hab ich ihr noch etwas Nettes gekauft.“
    „Lieb von dir, Hildchen.“
    Er nahm ihr Hand in seine und streichelte sie sanft,
    „Ach Heinz, wann kommt sie nur?“
    „Ich weiß es nicht.“


    Heinz zog die Decke über Hilde glatt und ging in Karins altes Zimmer. Als er sah, was Hilde für ihre Tochter gekauft hatte, seufzte er.
    Er ließ sich auf den Sessel fallen und nahm die Tafel Nussschokolade vom Tisch. Vorsichtig öffnete er das Papier und nahm sich ein Stück. Während er es langsam in den Mund steckte, lief ihm eine Träne über die Wange. Nach dem zweiten Stück wickelte er den Rest ein, öffnete die Schreibtischschublade und legte die angebrochene Tafel zu den anderen.
    Wann würde Hilde begreifen, dass Karin nicht mehr wiederkommen würde?

  • Hallo Nasenbär,


    ich bin mir ehrlich gesagt nicht sicher, ob der Beitrag von mir Punkte bekommen hätte. Allerdings ist er um Einiges besser, als so manch anderer Wettbewerbstext des vergangenen Monats.


    Von der "technischen" Seite ist mMn nichts zu beanstanden (was ja auch schon mal ein nicht zu unterschätzender Pluspunkt in Bezug auf andere Schreibwettbewerb-Texte ist). Allerdings löst der Text bei mir - natürlich aufgrund seiner extremen Kürze - keinerlei emotionale Teilnahme aus. Die Protagonisten bleiben gänzlich ohne Profil und somit farblos.
    Zwar ist länger nicht immer besser, aber in diesem Fall hätten mehr als rund 240 Worte der ganzen Sache sicher wesentlich besser getan. Es ist so kurz mit der Kamera draufgehalten und noch dazu in einem so winzigen Ausschnitt, daß ich als Leser nicht mit reingezogen werden kann.


    Gruss,


    Doc

  • Hallo, Nasenbär.


    Ich trete die Gegenrede an und widerspreche damit erstmals seit langer Zeit wieder dem Arzt aus L.A. :grin


    Du hast die Geschichte auf das Wesentliche reduziert und nur genau das erzählt, was auch wirklich notwendig ist. Die Beklemmung und Trauer werden auf diese Art viel deutlicher, als sie es getan hätten, wenn noch mehr Ausschmückung (über das Strickzeug hinaus) oder überflüssige Figurenzeichnung enthalten wäre. Diese Story hätte von mir sicherlich Punkte bekommen, und mit hoher Wahrscheinlichkeit mehr als einen. Zumal sie die Themenvorgabe "nur" nutzt - und nicht, wie fast alle anderen Storys, thematisiert. Gut!

  • Alsso ich finde auch, das der Text auf das Wichtigste beschränkt ist. Ich konnte mir die Szene gut vorstellen, auch wenn nicht viel über die Personen geschrieben wurde.
    Vom Aufbau und Ablauf war es absolut korrekt. Ich hätte der Geschichte der drei Punkte gegeben.


    Zofie :wave

  • Hm, der Text ist nicht schlecht, hat aber mMn einige Schwachpunkte.


    Es wird keine emotionale Bindung zu den Personen hergestellt. Der Mann und die Frau bleiben dem Leser etwas fern. Man fühlt mit ihnen nicht mit, weil man sie nur beobachtet.


    Auch die Verbindung zwischen Karin und der Schokolade ist unklar. Mochte sie Schokolade ganz besonders? Ist sie deswegen gestorben?
    Auch die Verzweiflung, diese geistige Verwirrung der Frau wird sehr schwach dargestellt. Wobei es so viel in dieser Geschichte steckt!
    Die Story ist auf Wesentliche beschränkt, ok, aber sie ist nicht intensiv genug, um den Leser zu fesseln.


    Auch einige Wortwiederholungen sind mir aufgefallen. Besonders in so einem kurzen Text sollen sie vermieden werden.


    Also, ich denke, der Text ist es wert, überarbeitet zu werden. Treibe die Gefühle auf die Spitze, spiele damit, stürze den Leser in Verzweiflung.


    Liebe Grüße,
    Ira
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  • Hallo ihr alle,


    ich schwanke zwischen "Gut, dass ich die Geschichte doch eingestellt habe und dafür soviel Lob bekommen habe" und "Mist, warum hab ich die Geschichte nicht rechtzeitig wiedergefunden" :grin


    Auf jeden Fall freue ich mich über das Lob von Tom, Ines und Zofie (und auch von Doc, wenn auch mit Einschränkungen) :anbet
    Dieser Text ist im Nachtdienst gegen drei Uhr entstanden und ich habe ihn fast unüberarbeitet eingestellt.
    Klar hätte man die Figuren von Heinz und Hilde noch detailierter beschreiben können, aber ich wollte die beiden aber bewusst nicht so genau darstellen.


    @Ira
    Welche Wortwiederholen meinst du? Heinz, der sich nicht anders auszudrücken weiß? Wenn ja, das war absolut beabsichtigt!
    Die Schokolade und Karin haben in sofern nur einen Bezug, dass Hilde ihrer Tochter etwas Gutes tun möchte und sie ihr mitbringt. Sonst nichts.

  • Zum Bespiel:
    "Immer wieder starrte Hilde auf die Uhr, doch die Zeiger schienen auf der Stelle zu stehen. Um sich abzulenken, nahm sie ihr Strickzeug und setzte sich zu ihrem Mann auf das Sofa.
    Heinz starrte nicht auf die Uhr. "


    Vielleicht ist das beabsichtigt, aber man stolpert darüber.


    Auch würde ich dir empfehlen, aktive Beschreibungen zu benutzten, statt passive:
    "Heinz schien nicht zu begreifen,"
    Besser: Heinz begriff im ersten Augenblick nicht, was Hilde wollte.


    Was mir noch aufgefallen ist:
    Sie fragt:
    Ha sie dir gesagt, wann?“
    Er antwortet:
    „Ich weiß es nicht, Hildchen.“
    Weiß er nicht, ob sie es gesagt hat, oder wann sie kommt? Über solche Kleinigkeiten stolpert man beim Lesen.


    Gruss,
    Ira
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  • Hallo, Ira.


    Zitat

    Es wird keine emotionale Bindung zu den Personen hergestellt. Der Mann und die Frau bleiben dem Leser etwas fern. Man fühlt mit ihnen nicht mit, weil man sie nur beobachtet.


    Interessant. Und wie sollte das bitte genau aussehen, die "Herstellung einer emotionalen Bindung zu den Personen"? :wow


    Nasenbär zeigt - auktorial erzählt - eine Situation, zwei Figuren, von denen die eine - Hilda - nervös auf etwas zu warten scheint, während die andere - Heinz - eher etwas teilnahmslos wirkt, aber keinesfalls unbeteiligt (!). Der folgende Dialog erklärt, daß Hilda auf Karin wartet, ihr ein Geschenk gekauft hat, sich auf sie freut. Heinz' Reaktion hat etwas Krankenpflegermäßiges, und es wird deutlich, worauf die Geschichte hinausläuft. Wir wissen alles, was wir wissen müssen: Hilda wartet, weil Hilda nicht wahrhaben will (oder kann), daß Karin für immer fort ist, sehr wahrscheinlich tot. Ich brauche nicht mehr, um mich in diese Situation einzufühlen, und im Gegensatz zu Dir bin ich der Meinung, daß weitere Ausschmückung der Geschichte schaden würde.


    Zitat

    Auch die Verbindung zwischen Karin und der Schokolade ist unklar.


    Huch. Die Schokolade ist das Präsent, das Hilda kauft, immer und immer wieder. Es ist doch offensichtlich, daß Karin Schokolade sehr gemocht haben muß oder Hilda das zumindest glaubte. Welche Verbindung sollte da noch klarer gestaltet werden?


    Die Geschichte zeigt meines Erachtens ziemlich exemplarisch, wie wenig man Gefühle "verdeutlichen" muß, etwa durch ausschweifende Erklärungen, Schluchzer, zittern und dergleichen - die eine Träne von Heinz genügt völlig, um allen Schmerz der beiden zu zeigen. Das Minimalistische ist es, das die Empathie erzeugt, die Reduktion. Klar, man könnte das noch ein bißchen feinschleifen, aber an und für sich hat Nasenbär das ziemlich bravourös gelöst.

  • Zitat

    Über solche Kleinigkeiten stolpert man beim Lesen.


    Gerade diese beiden Beispiele bewirken bei mir das genaue Gegenteil. "Heinz starrte nicht auf die Uhr" (während Hilda gestarrt hat), das zeigt mit wenigen Worten die unterschiedliche Wahrnehmung der Situation durch die beiden, und hier ist die Wiederholung nötig. Auch das diffuse "Ich weiß es nicht", das keine klare Antwort auf ihre Frage darstellt - darstellen kann, denn Karin wird nicht mehr kommen - dient diesem Zweck. Heinz antwortet nicht wirklich, er redet mit einem virtuellen Dritten, möglicherweise sich selbst, denn aus seiner Sicht sind Hildas Fragen rhetorisch. Es gibt keine Antwort, die sie verstehen würde.


    Mit Verlaub, es sind die Textflachschleifer, die solche Elemente kritisieren, die Autorenratgeberverinnerlicher, die nach Doppelungen, Wiederholungen, vordergründig widersprüchlichen Aussagen suchen. Solche Stilmittel haben ihren Zweck, und Nasenbär hat sie zweckentsprechend eingesetzt.

  • Hallo Tom!


    Du brauchst gar nicht so "bissig" zu werden. Das war nur meine Meinung. Was mir persönlich beim Lesen aufgefallen ist. Was Nasenbär mit meinem Kommentar anfängt, ist ihm überlassen.
    Wenn man nur "super gemacht, toll geschrieben" sagt, bringt das eher wenig. Und aus Kleinigkeiten kann man vieles lernen. Ich habe auch nicht gesagt, dass der Text schlecht ist. Sondern nur aufgeschrieben, was vielleicht verbesserungsfähig ist.
    Auch ich musste am Anfang vieles Lernen (tue es immer noch). Und gerade die Kleinigkeiten haben mir geholfen, mich zu verbessern.


    Gruss,
    Ira
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  • Liebe Ira unregistriert,


    stell dir vor, du hast ziemlich üble Zahnschmerzen. Es klopft und hämmert im Kiefer, du kannst überhaupt nicht mehr richtig beißen.
    Da triffst du eine unbekannte Frau in der Metro. Du erzählst ihr deine Pein und sie sagt dir ihre Meinung dazu. "Wird schon wieder, hatte ich auch schon mal, kann ja eine Zyste sein oder eine Entzündung der Backentaschen."
    Anschließend gehst du zum Zahnarzt. Dieser teilt dir sehr genau mit, woran du leidest. Er nimmt dir die Schmerzen, gibt dir Tabletten für zu Hause und Ratschläge, wie du in Zukunft solche Schmerzen vermeiden kannst.


    Wenn du dann das nächste Mal Zahnschmerzen hast, würdest du dann eher bei jemanden, den du nicht kennst, der also in deinem Telefonbüchlein nicht registriert ist, Rat suchen oder würdest du lieber gleich zum Zahnarzt gehen?

  • Hallo, Ira.


    Sorry, wenn ich bissig gewirkt habe. :-)


    Jeder schreibt hier nur seine Meinung, und wenn sich die Deine aus einschlägigen Erfahrungen speist, wird das für den besprochenen Autor/Text hilfreich sein. Möglicherweise. Denn wie ich schrub, selbstverständlich unter Berücksichtigung meiner Erfahrungen, halte ich die von Dir angemerkten "Stolperer" nicht für solche. Selbstverständlich sollte man normalerweise Wiederholungen vermeiden, etwa:


    Horst fuhr zur Universitätsklinik. Danach fuhr er zu Ina.


    Das einfache Verb "fahren" skizziert seine Tätigkeit, und er macht zweimal nacheinander dasselbe, nämlich irgendwohin fahren. Das ist recht armselig geschildert, und obwohl ein von mir recht verehrter Autor behauptet, daß es tatsächlich keine Synonyme gibt, könnte man hier alternieren. Die Wiederholung wirkt nämlich langweilig. Die Kritik wäre angebracht.


    Anders zum Beispiel beim "Starren auf die Uhr". Starren ist eine andere Tätigkeit als hinsehen, auf etwas blicken, oder einfach "die Zeit ablesen". Ein Starrer fixiert etwas, sehr wahrscheinlich, ohne es wahrzunehmen. Dieses Verb charakterisiert mehr als nur die Tätigkeit. Es läßt Rückschlüsse auf die Person zu, auf die Situation. Und daß die andere Person eben nicht starrt, das zeigt den deutlichen Unterschied zwischen den beiden. "Heinz sah nicht zur Uhr" hat eine andere Bedeutung als "Heinz starrte nicht zur Uhr". Denn Hilda sieht nicht zur Uhr, sie starrt sie an - beziehungsweise in ihre Richtung. Die Wiederholung hat stilistische, dramaturgische Bedeutung - und ist deshalb imvvvvvvho kein Fehler, auch wenn alle Schreibschulen, -seminare und -workshops das (in einem anderen Kontext?) behaupten.

  • Hallo Ines!
    Ich bin mir nicht sicher, dass ich versthe, was du jetzt meinst.


    Hallo Tom!
    Ich habe ja geschrieben: vielleicht war das vom Autor so gewollt. Aber ich bin beim Lesen darüber gestolpert. Deshalb wollte ich Nasenbär darauf aufmerksam machen.


    Es stimmt, ich kommentiere aus meiner eigenen Erfahrung. Als ich gerade mal angefangen habe, Geschichten zu schreiben, dachte ich, ich wäre unfehlbar. Meine Stories wären toll, nahezu genial. Denn meine Freunde haben mir da immer zugestimmt.
    Eine habe ich dann ins Forum gestellt. Und sie wurde regelrecht in der Luft zerrissen. Für mich gab es 2 Möglichkeiten: ich schmolle und schreibe weiterhin für mich und meine Freunde, die keine Kritik üben. Oder ich nehme die Anmerkungen zu Herzen. Denn das war wirklich konstruktive Kritik, nicht gegen mich oder die Story gerichtet.
    Ich habe mich für den zweiten Weg entschieden. Es war nicht einfach. Denn ich musste unglaublich viel Lernen. Schreiben besteht auch aus Tricks und aus dem Handwerk, das man zuerst beherrschen muss.
    Manchmal war ich frustriert. Und verzweifelt. Denn immer wieder machte ich Fehler: Wortwiederholungen, passive Beschreibungen, zu lahme Emotionen, zu schlaffe Handlung.
    Aber ich gab nicht auf. Und meine Texte wurden besser. Die Kritik nicht mehr so lang und den anderen machte es scheinbar Spass, meine Texte zu lesen.
    Nun habe ich meinen Mut zusammengefasst und eine der Geschichten in eine Zeitschrift eingeschickt. Sie wurde angenommen. Aber... dann begnn die Arbeit mit dem Lektor. Das war eine ganz andere Erfahrung. Ich habe eine Menge daraus gelernt. Seltsam, auf was die Lektoren manchmal achten. Zb. mögen sie keine "dass"-Sätze. Oder passive Konstruktionen. Oder Adjektive wie "schön", "nervös", "verzweifelt" usw.


    Da ich glaube, dass jeder Autor davon träumt, veröffentlicht zu werden, kommentiere ich Geschichten so, wie es bei mir war, versuche dem Autor zu helfen, ihn auf "klitzekleine Kelinigkeiten" aufmerksam zu machen.
    Und wie gesagt: es ist nur meine Meinung, meine Erfahrung. Ich sage nicht, dass ich 100% richtig liege.


    Gruss,
    Ira
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  • Hallo, Ira.


    Wir haben teilweise ganz ähnliche Erfahrungen gemacht - und ich bin seit langen Jahren (immer noch) in einer Textbesprechungsgruppe aktiv, die wöchentlich einen Text "auseinandernimmt". Gerade in der vergangenen Woche gab es ein gutes Beispiel für jemanden, der von seinem Text vollkommen überzeugt war (es meiner Meinung sogar immer noch ist), aber harsche Kritik eingefangen hat, handwerklich, dramaturgisch, inhaltlich. Es hat zwar niemand den Begriff "Tonne" benutzt, aber im Kontext trat er dutzendfach auf. :grin (Manch einen Text muß man einfach wegschmeißen.)


    Aber. Handwerk ist nicht alles. Und Handwerk ist kein Dogma - es darf sogar keines sein! Man muß es beherrschen, und danach alles wieder vergessen (bzw. ignorieren) und seinen eigenen Stil entwickeln. Sich den Regeln verweigern - wenn man beherrscht, so zu schreiben. Ich mag jetzt nicht das Wörtchen "Talent" benutzen. Aber mir fällt kein anderes ein.

    Deine Erfahrungen mit Lektoren teile ich z.B. nicht. Es mag Lektoren geben, die derartige Präferenzen haben, aber das gilt ganz sicher nicht für alle. Keinesfalls sollte man sich - meiner Meinung nach - von der Konstruktion von "daß"-Sätzen trennen, oder von Adjektiven wie "schön", "nervös", "verzweifelt". Es mag hilfreich sein, zum Beispiel anhand solcher "Regeln" Texte zu prüfen, neu zu verfassen, tonnenweise Adjektive zu streichen. Aber jede Regel hat ihre Ausnahmen, und manchmal ist etwas einfach "schön" - oder es ist notwendig, daß eine Figur irgendwas macht, das einen "daß"-Satz rechtfertigt. Wenn die Komposition, die Sprachmelodie usw. das hergeben, möglicherweise sogar benötigen, dann ist es auch richtig.

  • Hallo Tom!


    Da stimme ich dir zu. Ich persönlich mag harte Kritik, denn dadurch lerne ich immer etwas. Auch wenn ein Text in die "Tonne" gehört, war das Tippen nicht umsonst, denn dadurch lerne ich etwas. So weiß ich, wie man es beim nächsten Mal besser macht.
    Man darf auch nicht blind nur die Regeln des Handwerkes benutzten. Vor allem muss man eigenem Gefühl vertrauen können. Und genau das ist dem Autor überlassen. Er entscheidet, was er aus dem Kommentar macht. Meine Sache ist, ihn darauf aufmerksam zu machen.
    Was Lektoren angeht: so viele es gibt, so viele unterschiedliche Meinungen werden vorgelegt. Schließlich liest man vor allem mit Gefühl, und jeder empfinden den Text anders.
    Und natürlich gibt es Stellen, wo "dass"-Konstruktionen vom Vorteil sind oder das Wort "schön" richtig schön reinpasst :)
    Trotzdem ist es viel intensiver, wenn ich beschreibe, wie Herr Brutzel die Zunge am Kaffee verbrennt, statt zu sagen "Der Kaffee war heiß".
    Und natürlich muss man auch etwas mehr als nur Handwerk haben, um eine gute Geschcihte zu schreiben. Ich möchte hier auch kein Wort "Talent" benutzten, denn keiner kann beantworten, ob einer diesen Talent hat oder nicht. Am besten ist es, darüber überhaupt nicht nachzudenken. Aber was man wirklich haben muss ist Fantasie. Ohne entsteht keine Geschichte.


    Gruss,
    Ira
    _________________________________
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  • Ähem...wie Ihr alle wißt, bin ich weder Autor noch ein besonders guter Rezensent, Sprachgewaltiger oder sonstwas...sondern ganz billiger, unmaßgeblicher, subjektiver Leser...und ich muß Tom recht geben.


    Genau diese wenigen Sätze plus die Träne, das kleine Stückchen Schokolade, das der Protagonist sich gönnt und auch die Kürze der Story an sich - jeder überflüssige Schnörkel ist weggelassen - stellen bei mir jedenfalls eine viel dichtere emotionale Nähe her als irgend etwas sonst.


    Mir gefällt sie sehr gut...und ich mußte hart schlucken :-)


    :wave
    Ikarus


    Edit:...mal eine interessierte Frage an alle Hobbyautoren und schon gestandenen Autoren:


    Habt Ihr eigentlich nicht manchmal so ein kleines, klitzekleines Bisschen das Gefühl, dass man - wenn man so splitting hairs über bessere Konstrukte von Sätzen usw.usf. betreibt - doch einiges an schlichtem flair verloren geht?


    Müßt nicht antworten, wenn ihr nicht mögt ... aber einfach so eine Geschichte lesen, auf sich wirken lassen usw. ... was würdet ihr sagen? Geht das bei Euch noch so richtig?

  • Hallo Ira,


    ich habe hier auch schon ein paar Kurzgeschichten eingestellt, die mit Kritik überhäuft wurde :grin
    Wie du siehst, sitze ich nicht schmollend in der Ecke, sondern schreibe immer wieder neu. Ich werd gleich mal meine vorherige Geschichte noch einmal hochschubsen. Vielleicht kannst du zwischen den beiden Geschichten eine Entwicklung feststellen. Würde mich freuen.
    Außerdem hab ich noch versucht ein paar von Toms Anregungen umzusetzen, die er noch nicht kommentiert hat :-) (muss er auch nicht, wenn er nicht will)
    Aber nun wieder zu dieser Geschichte.
    Sie gefällt mir so wie sie ist (und das hat nichts mit dem Lob zu tun, das ich bekommen. Aber es hat mich natürlich ein bisschen bestärkt). Aber ich bin - weiß Gott - nicht der Meinung, alles was ich schreibe ist perfekt. Man sollte schließlich auch nicht den Blick für die Realität verlieren. :grin
    Für konstruktive Kritik bin ich immer dankbar und ich versuche sie auch umzusetzen. (Meist allerdings in der nächsten Geschichte und nicht in einer Überarbeitung. Zu faul?! :wow)