Ich wusste nicht so recht, in welche Rubrik ich dieses Buch packen soll. Wenn es jemand der Verantwortlichen hier in anderen Rubrik haben will, dann bitte umbetten.
Jette Jorjan: Schneegeglitzer, Schlittenflitzer, jingle bell. Kurzgeschichten und Gedichte, Ahrensburg 2022, Tredition, ISBN 978-3-34771242-3, Softcover, 130 Seiten mit s/w-Fotos und Illustrationen, Taschenbuch: EUR 13,00, Hardcover: EUR 22,00, Kindle: EUR 9,99.
Jette Jorjans Weihnachtsmann-Geschichten wurden zum Vorlesen geschrieben. Das merkt man – sie rufen geradezu nach einem gespannt lauschenden Publikum. Eine der Stories habe ich mal von einem professionellen Rundfunksprecher vorgetragen gehört (SCHLITTEN KAPUTT, Seite 98), und das war wirklich ein Erlebnis!
Besonders traditionell sind die Geschichten ja nicht. Die Autorin nutzt das vor allem aus den USA bekannte Personal wie Weihnachtsmann, Wichtel, Weihnachtsengel, Rentiere & Co und interpretiert sie neu. Da bekommen die magischen Wesen auf einmal ganz moderne Ansichten und eine menschlich-humorvolle Seite. Sogar die Tiere. Hier ist nichts, wie man es gewohnt ist. Vielleicht stehen deshalb die Weihnachtsbäume auf dem Buchcover auch Kopf. 😊
Rudolf unterwegs
Das berühmte Rentier Rudolf hat es satt, wegen seiner roten Nase gemobbt zu werden. Das b l ö d e Geschwätz eines Wichtels ist der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Statt sich zum Dienst zu melden und, wie immer, den Schlitten des Weihnachtsmanns zu ziehen, schwingt Rudolf sich auf eine Wolke und flüchtet zur Erde. Dort trifft er auf Artgenossen, die sich nicht an seiner Nase stören, und ist begeistert. Bei denen ist es noch himmlischer als im Himmel! Rudolf beschließt zu bleiben. Aber was machen „die da oben“ jetzt ohne ihn? (Seite 9)
Rudolf retour
Der Weihnachtsmann und seine Truppe bemerken recht schnell, dass Rudolf verschwunden ist. Nun stehen sie d u m m da. Wie soll ohne ihn der Schlitten am Weihnachtsabend auf die Erde kommen? Den Wichtel, der Rudolf noch kurz vor dessen Flucht gemobbt hat, plagt jetzt das schlechte Gewissen. Und was macht er? Er verpetzt die Wolke, die das Rentier zur Erde gebracht hat. Die ist sich keiner Schuld bewusst – sie kannte ja die Vorgeschichte nicht – soll jetzt aber den Schlamassel ausbaden und den abtrünnigen Rudolf zurückbringen …! (Seite 22)
Weihnachten in Gefahr
Das ist eine eigenständige Geschichte, die nicht auf die beiden vorigen aufbaut: Der Weihnachtsmann hat keinen Bock mehr auf seine Aufgabe. Er findet, die Menschen hätten dieses Jahr keine Geschenke verdient:
„Kümmert sich irgendjemand auf der Erde darum, dass es der Erde gutgeht? Nein, keiner! Jeder nimmt und nimmt und gibt nichts zurück! Deshalb gibt es dieses Jahr nichts. Rein gar nichts!“ (Seite 39)
Seine Mitarbeiter:innen sind schockiert: Was ist jetzt mit all denen, die auf der Welt gar nichts zu sagen haben? Die Kinder, die Tiere, die Natur selbst … sollen die auch kein Weihnachten bekommen? Das ist doch nicht fair! Einer der Engel pfeift auf alle Anordnungen und ergreift die Initiative … (Seite 37)
Mi, Mau & Papa Noel
Hier erfahren wir, warum Rudolf neuerdings von zwei Katzen begleitet wird und weshalb der Weihnachtsmann davon nichts wissen soll. (Seite 48)
Verregnete Weihnacht
Wie soll man mit dem Schlitten Geschenke ausfahren, wenn es nirgendwo auf der Welt mehr schneit? Und jetzt hat der Weihnachtsmann auch noch die Grippe! Das heißt, es gibt auch keinen Fahrer. Fällt Weihnachten nun aus? Nur Erdmutter Demeter könnte jetzt noch einen Rat wissen. Aber die darf man nur im äußersten Notfall stören. Ist das einer? Mutter Demeter hat zu dem Thema eine recht spezielle Meinung … (Seite 58)
Weiße Pfoten frieren nicht?
Erst spät auf ihrer Weihnachtstour fällt Rudolfs Begleitkatzen auf, dass dieses Jahr alle Päckchen auf dem Schlitten gleich aussehen und sich verdächtig leicht anfühlen. Vorher waren die zwei mit wichtigen Katzenfragen beschäftigt: Wärmen weiße „Stiefelchen“ besser als andersfarbige? (Seite 65)
Die wahre Geschichte über den Weihnachtsmann
Hier enthüllt die Autorin, wie der Weihnachtsmann zu seinem Job gekommen ist. Eigentlich hatte er ja ganz andere Pläne … (Seite 75)
Schlitten kaputt
Der Weihnachtsmann-Schlitten hat schon etliche Jahre auf dem Buckel und ist nun endgültig hinüber. Seltsamerweise macht „der Chef“ keine Anstalten, sich ein Ersatzfahrzeug zu besorgen. Rudolf wird nervös. Wenn sein Boss nicht bald in die Pötte kommt und einen neuen Schlitten kauft, wird er zum nächsten Fest auf Rudolf reiten müssen. Dafür ist sein traditionelles Weihnachtsmann-Outfit aber denkbar ungeeignet. Und wie will er all die Geschenke transportieren, wenn er kein Fahrzeug mehr hat? Sollte er nicht bald mit einer zündenden Idee um die Ecke kommen, sieht Rudolf fürs kommende Weihnachtsfest schwarz … (Seite 98)
Auf der Suche nach dem Weihnachtsmann
Erst denkt die Belegschaft ja, der Weihnachtsmann habe sich nach dem letzten Fest eine Auszeit genommen und sei zu Erholungszwecken noch eine Weile auf der Erde geblieben. Doch jetzt naht das nächste Fest und „der Chef“ ist noch immer nicht zurück. Rudolf ist in Sorge und macht sich auf die Suche … (Seite 111)
Die Tanne
Wie finden es eigentlich die Tannen, dass man sie als Weihnachtsbäume schlägt und sie zu Dekorationszwecken sterben müssen? Na, wir können es uns denken! Diese Geschichte hier wächst sich zu einer ziemlich unweihnachtlichen Horror-Story aus. Das ist schon eher jingle hell als jingle bell. Wenn man das richtige Publikum hat, ist DIE TANNE bestimmt der Brüller (Seite 124)
Die Gedichte
Zwischen die einzelnen Kurzgeschichten sind immer wieder Bilder und Gedichte zu winterlichen und weihnachtlichen Themen eingestreut. Die kürzeren Gedichte sind ebenfalls vorlesegeeignet, die längeren sind eher was zum selbst Genießen. Ich fand’s zum Beispiel faszinierend, was man alles über Schneeflocken in Verse gießen kann, aber ich fürchte, beim Vorlesen verlangt das Publikum nach Handlung und „Action“ und würde hier die Geduld verlieren. Und das wäre ja schade.
Sollte ich mir aus diesen unkonventionellen Beiträgen eine Lieblingsgeschichte aussuchen, fiele mir die Wahl schwer. Der gemobbte Rudolf aus der ersten Story ist klasse, die Horrorstory von der Tanne ist wunderbar makaber und bei SCHLITTEN KAPUTT habe ich immer die Stimme des professionellen Sprechers im Ohr. Hier wird sicher jeder seine Favoriten finden!
Die Autorin
Jette Jorjan, geboren 1951 nahe der ostfriesischen Nordseeküste, nach Stationen in Berlin, England, Frankreich, USA, ist ihr Lebensmittelpunkt mit Mann und fünf Katzen im Sauerland. Als Sekretärin und techn. Übersetzerin (engl., franz.) arbeitete sie bei einem Maschinenhersteller. Bei der Einführung des Euro gewann ihre Kurzgeschichte: „Hommage an die Mark“ zwei erste Preise, bei der Westfalenpost und beim ZDF.