Vielleicht brauchst Du mehr Leute, die alles, was Du schreibst kritiklos bejubeln und sich keine weiteren Gedanken dazu machen.
Genau. Das reizt das Putineske in mir.
Schlipstritt? Oder funktioniert mein Ironiedetektor nicht?
Vielleicht brauchst Du mehr Leute, die alles, was Du schreibst kritiklos bejubeln und sich keine weiteren Gedanken dazu machen.
Genau. Das reizt das Putineske in mir.
Schlipstritt? Oder funktioniert mein Ironiedetektor nicht?
Weiß ich auch nicht.
Vielleicht bin ich nur so enttäuscht, dass dieses "Traumpaar" nichts unternimmt, um ihr "Wunder" zu retten.
Eine Scheidung sollte keine so leichtfertige Entscheidung sein.
Naja, es ist doch so:
Der Weg von einem Autor über seinen Text zu einem Leser hat wenig mit dem sinnvollen Aneinanderreihen von Wörtern zu tun, sondern eher mit Telepathie. Ok, keine reine Telepathie, schließlich gibt's tatsächlich Tinte auf Papier oder so. Aber verdammt viel mit Telepathie.
Und beim Lesen geht's eben nicht darum, den Wörtern ihren Sinn wieder zu entnehmen, sondern sich in eine andere Welt zu begeben.
Und es ist keine zielgerichtete Telepathie von einem Autor zu einem Leser, den der Autor kennt.
Da kann schon mal das ein oder andere auf dem Weg verloren gehen...
Da kann schon mal das ein oder andere auf dem Weg verloren gehen...
Und bei der Diskussion darüber einiges an (wohlwollender) Ironie ...
Weiß ich auch nicht.
Vielleicht bin ich nur so enttäuscht, dass dieses "Traumpaar" nichts unternimmt, um ihr "Wunder" zu retten.
Eine Scheidung sollte keine so leichtfertige Entscheidung sein.
Bei mir ist das ja irgendwie ähnlich angekommen..................du bist also nicht allein, Tante Li
Ich bin auch ein bissle enttäuscht, hätte ihnen ebenfalls "mehr" zugetraut.
Aber ich glaube, wir haben wirklich einen ganz anderen Blickwinkel auf die Geschichte und die Personen.
Für mich ist das ok so.
Vielleicht bin ich nur so enttäuscht, dass dieses "Traumpaar" nichts unternimmt, um ihr "Wunder" zu retten.
Aber genau darum geht es doch. Also darum, dass "retten" einen Zustand voraussetzt, bei dem schon einiges schiefgelaufen ist, bei dem perspektivisch der Untergang droht, das Versinken usw. Und darum, dass man der Auffassung sein kann (die beiden sind es), dass etwas, das man retten müsste, nach möglicherweise erfolgreicher Rettung nicht mehr dasselbe wie vorher ist. Und dass die Alternative dazu, nun, vielleicht nicht besser ist, aber anders, und dass diese Alternative nicht die guten Erinnerungen und überhaupt das Gute zerstört. Das ist eine Richtungsentscheidung, die die meisten Menschen nicht treffen würden, weil sie sich traditionell verhalten, und irrational oder meinetwegen auch viel emotionaler, und genau davon erzähle ich. Von zwei Leuten, die es anders machen als das alle anderen machen würden. Und davon, was daraus wird.
Sie stellen fest, dass sie sich nicht mehr lieben. Sie wissen das, sie haben das gemerkt, Marie spricht es aus, und Clemens widerspricht nicht. Es ist nicht üblich, dass Menschen, die in einer ansonsten funktionierenden Beziehung leben, dann alles wegwerfen, sondern es ist üblicher, dass das Arrangement gewählt wird, dass man zu Freunden wird, zu einer Lebensgemeinschaft, zu zwei Menschen, die respektvoll ihr Leben teilen, ohne sich zu lieben. Aber diese beiden eben nicht.
Mir gefällt die Aufregung darüber gut, und das meine ich rundheraus freundlich, ganz ohne Ironie.
Nun gut So war es also gemeint. Schade, dass wir von dem Gespräch mit den Zwillingen so wenig mitbekommen haben. Sie haben sicher eine Erklärung haben wollen und so lange nachgefragt bis sie es auch kapiert haben.
Kommen wir zum anderen Thema dieses Romans: Cancel-Culture
Wie das mit dem "sozialen" Netzwerken und der Meinungsmache im Kulturbetrieb funktioniert, fand ich gut und nachvollziehbar dargestellt. Satiriker und Kabarrettisten leben eben von der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit. Und die kommentiert teilweise ohne Hemmungen vorzugsweise was ihr nicht gefällt.
Künstler wie Clemens müssen leider damit rechnen, dass nicht alle über ihre Darstellung lachen können. Dass nur einmal in der ganzen Zeit so eine Störung wie mit der Rassismus-Vorwerferin passiert, ist wohl untertrieben. Die perfide Manipulation des PFUND-Vorsitzenden hätte es nicht unbedingt gebraucht. Aber hier zeigt sich deutlich die Korruption durch Macht, die es leider auch in so einer ökologischen Partei gibt.
Eine Scheidung sollte keine so leichtfertige Entscheidung sein.
Dann hat du dir nie Gedanken darüber gemacht wieviele Ehen die Verpackungsindustrie gerettet hat. Früher begann das Ende der Ehe oft mit dem Frust über die Zahnpastatube. Die war entweder — typisch für dich— ordentlich, kleinteilig aufgedreht oder einfach irgendwie zusammengedrückt, beides nervt den jeweils anderen und damit ging es los. Ich habe auch Scheidungen erlebt, bei denen die Eheleute vor dem Gerichtssaal sagten wenn wir vor anderthalb Jahren gewusst hätten, was wir heute wissen hätten wir uns nicht getrennt. Da ist der Reiz des Neuen weg- und nach einem halben Jahr bringt der Neue auch den Müll nur runter wenn man ihn dreimal dazu aufgefordert hat. Aber früher, als Scheidung noch teuer und gesellschaftlich geächtet war wurde intensiver an der Beziehung gearbeitet. Da gab es dann auch viel toxisches, aber die Zahl der Femizide hat eher zugenommen. Daran kann es also nicht liegen.
Aufgrund meiner Berufserfahrung behaupte ich sagen zu können, es gab in den letzten dreißig Jahren Zeiten, da wurden viele Ehem leichtfertig geschieden, aus einer Laune heraus, nach einem Fehltritt, der schlimmer gemacht wurde als er war. Heute ist Scheidung oft wieder viel rationaler. Doch diese beiden lassen sich nicht leichtfertig scheiden. Sie lassen sich scheiden in dem Bewusstsein dass da etwas war, dass so kostbar war, dass man es nicht zusätzlich zu dem Nichtmehr sein durch falsches Handeln im Nachhinein beschmutzen darf. Es wird immer in der Erinnerung gut bleiben um nicht wie bei vielen Trennungen nur der Hass überleben. Was hier nicht thematisiert wird, aber tatsächlich das Schlimmste in meinem Berufsstand ist, wenn die Eltern aus Rache und Hass aufeinander das Umgangsrecht und das Sorgerecht der Kinder als Waffe benutzen. Die Zwillinge dürften dazu zu alt sein. Aber Auswirkungen auf ihr Leben wird die Trennung der Eltern haben.
Künstler wie Clemens müssen leider damit rechnen, dass nicht alle über ihre Darstellung lachen können.
Jeder Künstler und jede Künstlerin auf der Welt und in der Weltgeschichte musste und muss jederzeit damit rechnen, dass (einigen, vielen, allen) Leuten nicht gefällt, was sie tun. Das ist Teil der Jobbeschreibung, es gehört zur Kunst dazu, das ist implizit, und schlicht eine Binsenweisheit. Man kann es nie allen recht machen, und man will das auch überhaupt nicht, oft sogar ganz im Gegenteil - man möchte provozieren, zum Nachdenken anregen, Strukturen aufbrechen, mit der Kunst die Gesellschaft hinterfragen, möglicherweise sogar substantiell. Es ist in Ordnung, wenn Leute nicht über etwas lachen können oder wollen, völlig unabhängig davon, wie harmlos und/oder unpolitisch der Gag, die Show, das Programm ist, das ist immer schon so. Ich verspüre eher das Bedürfnis, Magensekrete oral abzusondern, wenn ich Leute wie Mario Barth sehe, oder Dieter Bohlen oder Florian Silbereisen. Schon dass ich die Namen überhaupt kenne, macht mich ein bisschen fertig.
Aber darum geht es nicht.
Es ist eine Verniedlichung, wenn man es in Sätzen wie dem von Dir zitierten zusammenfasst. Was wir seit einigen Jahren erleben (hinter den Kulissen bebt die Kunstwelt), geht über Nichtlachenkönnen weit hinaus. Auch niemand anderes soll darüber lachen dürfen. Die, die nicht lachen können oder wollen, erwarten und fordern nicht nur, dass sich andere ihnen anschließen, sondern sie erwarten, dass es die Kunst nicht mehr gibt, die sie aburteilen, aus welchen Gründen auch immer. Der damit verbundene Standpunkt geht von einer moralisch völlig unzweifelhaften, absoluten Richtigkeit der eigenen Position aus, also vom Wissen um die reine Wahrheit. Wer dem widerspricht, soll nicht mehr sprechen, und das ist existentiell bedrohlich für die Kulturschaffenden und die Kultur selbst. Ich skizziere im Roman höchstens die Spitze dieses Eisbergs, und dabei geht es nicht darum, dafür einzutreten, dass gestrige Positionen weiterhin um jeden Preis salonfähig sein müssen. Es geht auch nicht um die Forderung, dass Künstler und -innen und ihre Programme nicht kritisiert werden sollen. Sondern es geht um alles. Um die Freiheit der Kunst, um die Meinungsfreiheit. Es geht um das Recht, auch Scheißkunst zu machen und eine Scheißmeinung vertreten zu dürfen, keineswegs unwidersprochen, aber ohne den Versuch, daran mehr oder weniger gewaltsam gehindert zu werden. Wobei solche Störungen in Liveprogrammen noch zum weniger subtilen Arsenal gehören. Wie erwähnt, die Kunstszene bebt hinter den Kulissen. Verlage, Veranstalter, Booker, Agenturen, Filmproduktionen, Sender usw. usf. - sie alle beugen sich derzeit zu einem Großteil diesem Druck. Ich bin sicher, dass es auch wieder eine Gegenbewegung geben wird, eine Befreiung von diesem eigenartigen Diktat, aber derzeit ist es wirklich ... schwierig. Und, noch einmal. Es geht nicht um Leute, die nicht lachen können oder wollen.
Obwohl es seit dem „verlieren“ vorhersehbar war, macht mich das Ende traurig. Ich habe irgendwie kein neues „Lieben“ gefunden. Jedenfalls kein Lieben für jemanden anderen bei den beiden, das ähnlich hätte sein können. Natürlich hatten Sie Beziehungen, aber niemals wieder etwas gefunden, was an „Clemens und Marie“ heranreichte. Warum gibt es das letzte „lieben“ und „warum ist es rot“?
Ich finde, dass beide in Bezug auf die Liebe nicht glücklicher geworden sind, aber sie hatten immerhin das große Glück, wirklich und tatsächliche eine wirklich und wahrhaftige Liebe gelebt zu haben. Das kann nicht jeder von sich behaupten.Und keiner wusste beim "Schluss", was auf ihn zukommen würde. Ob es vielleicht doch noch eine neue Liebe geben könnte. Neu und anders.
IHRE große Liebe wurde zum Alltagstrott, es war immer wieder das gleiche und nichts änderte sich, aber auch so etwas kann nerven. Am Anfang schmunzelt man über die Dinge, die der andere macht und die man selbst nie so machen würde. Schmunzelt und akzeptiert es, aber irgendwann nervt es dann vielleicht doch. Und an diesem Punkt sind beide angelangt. Gefühlsmäßig gab es keine Steigerung mehr.
Beide waren dann bereit zu sagen: Schluss. Keiner von beiden hat versucht zu kämpfen. Es war eine beiderseitige Entscheidung mit ganz viel Trauer, aber auch Neugier auf Neues. Sie wussten an dem Punkt beide, dass es nicht mehr besser werden konnte und hofften auf das Neue. Egal, ob in der Liebe oder auch an Gewohnheiten, auf Neues im Leben. Wie Clemens, der auf einmal Freitags auftreten konnte und Marie, die in ihrer Partei durchstartete, weil sie jetzt einfach die Zeit dafür hatte. Sie finden neues im Leben, erfinden sich teilweise neu. Chancen wahrnehmen, wie sie es vorher nicht konnten oder wollten.
Sie leben, daten, lieben anders (deswegen rot?), aber am Schluss habe ich das Gefühl, dass es für die beiden richtig so war. Dieses andere Leben nach „Clemens und Marie“ hätten sie niemals so gelebt. Und so war die Zeit, die sie zusammen hatten etwas wunderbares, einmaliges, was sich einfach nicht wiederholen lässt. Weder miteinander noch mit jemand anderem. Clemens und Marie gab es nur einmal.
Und im Nachhinein sehe ich es auch, dass es für DIE beiden besser so war. Wären sie zusammen geblieben hätte sich nichts geändert, Routine und Alltragstrott trotz tiefer Gefühle, aber sie wären immer genervter geworden. Ob es am Ende der Beziehung noch Liebe war, weiß ich nicht. Aber der Respekt ist bis zu Ende des Romans geblieben, trotz Trennung und das ist auch etwas sehr seltenes.
So richtig fassen und schreiben, was in mir vorgeht, ist schwer. Zuviel Gedanken. Zuviel „Für“, zuviel „Wider“ und doch ist der Roman sooo stimmig und das Ende das einzig richtige. Chapeau mein lieber Tom.
Also, ich kann dazu sagen, dass die Entscheidung der beiden, sich zu trennen, obwohl sie sich vermissen, total gut zu den Charakteren passt. Ich habe zwar die ganze Zeit gehofft, dass sie es sich noch mal überlegen, aber ich bin jetzt nicht enttäuscht, dass es nichts wurde.
Ich glaube auch zu verstehen, was sie dazu bringt. Denn eine Beziehung, in der man nur noch wie Bruder und Schwester zusammenlebt, erfordert solche Maßnahmen. Dass die Liebe bei den beiden weg ist, habe ich nicht gesehen, bzw. ist es eine andere Art Liebe. Davon gibt es ja viele.
So, ich werde mal gucken, wie und wann ich meine Rezi endlich zusammenbekomme, da wird sich ggf. das eine oder andere Wort von mir wiederholen, aber erstmal hier. Länger her, aber ich hab ja noch meine Notizen, kann mich an einiges erinnern und irgendwie ist es evtl. auch ganz gut, dass in der Zwischenzeit einiges sacken konnte.
Mich hat das Buch und der Schluss bzw. der zweite Teil leider etwas unbefriedigt und irgendwie nicht so "erfüllt" zurückgelassen. Ich kann nur zum Teil greifen, woran es liegt, vieles ist mir selbst noch nicht so ganz klar und ob es je klarer wird, wer weiß... Es ist so ein diffuses Gefühl, dass etwas nicht passt.
Wie Rosenstolz schrieb - auch mir war der Grund dieser schnellen, so klaren Trennung nicht ganz klar. Es hat irgendwie nicht so ganz zu dem Rest gepasst.
Sicher, wenn man darüber nachdenkt, vielleicht schon. Sie waren ein perfektes Paar, sie haben diese Perfektion gelebt, geliebt, genossen und irgendwann war es nicht mehr perfekt, sondern einfach nur "gut" und das lohnt sich nicht. Bevor es noch schlimmer wird, lieber Schlussstrich ziehen und das Perfekte so perfekt in Erinnerung behalten, wie es war. Und außerdem war es evtl. gar nicht mehr gut, sie haben sich ja anscheinend nicht mehr geliebt. Aber das Ganze will einfach nicht in meinen Kopf.
Dass sie sich nicht lieben sollen, kam für mich sehr überraschend am Schluss des dritten Abschnitts. Vorher waren da kleine Genervtheiten zu sehen, ein wenig Ungeduld hier und da. Aber fehlende Liebe? Wann und wie kam die abhanden? Das hat mich doch sehr verwirrt.
Ich kann das so schwer erklären - auch wenn mich die Arroganz und Überheblichkeit der beiden ab und zu nervte, die Entwicklung ihrer Liebe gefiel mir. Die Art und Weise, wie Tom das ge- und beschrieben hat. Diese "Zeitraffer-Perspektive", dieses Dabei-Sein im Leben der beiden und in ihrer Liebe. Und dann - zack. Fast von 100 auf Null Schluss, der sich zwar irgendwie eingedeutet hat, aber für mich nicht in dieser Radikalität. Den zweiten Teil des Buches mochte ich leider fast gar nicht. Das war mir alles ein wenig zu nüchtern, auch die Sicht von Clemens und Marie auf die Dinge.
Ich habe natürlich auch darüber nachgedacht hat, ob das damit zu tun hat, dass mir ein Happy End mehr gefallen hätte. Aber das denke ich nicht. Es ging mir nicht um ein Happy End - das würde irgendwie zu Tom und auch zu der Geschichte nicht so passen, das kann ich mir nicht so gut vorstellen. Und ich weiß, dass zwei meiner Lieblingsbücher, die eine Liebesgeschichte beinhalten (oder gar "Liebesromane" sind, wer weiß), nicht unbedingt ein Happy End haben. An dem fehlenden Happy End (wenn man "wieder zusammen kommen" als so ein Happy End definiert) kann es nicht liegen. Für mich persönlich liegt es vermutlich wirklich daran, dass ich das Ganze schwer nachvollziehen kann.
Tom hat irgendwo in diesem Abschnitt geschrieben, dass er evtl. was falsch gemacht haben muss, wenn man es erklären muss. Kann sein. Aber vielleicht auch nicht. Gut möglich, dass mir ein paar Sachen im Buch fehlen, die das Verhalten und die Entscheidung der beiden für mich nachvollziehbarer gemacht hätten. Aber es ist auch möglich, dass ich dies niemals würde nachvollziehen können, da kann der Autor schreiben, was er möchte. Ich weiß es nicht.
Ja, Marie und Clemens sind ein ganz besonderes, in ihrer Art ein einzigartiges Paar. Und ja, diese Trennung mag zu ihnen passen. Ich, mit meiner Persönlichkeit, meinen Erfahrungen im Leben und in der Liebe und in zwischenmenschlichen Beziehungen überhaupt kann so etwas nicht wirklich nachvollziehen. Im Kopf erscheint mir ihr Verhalten irgendwie logisch, aber im Herzen nicht. Es wirkt sogar, wenn ich länger drüber nachdenke, genauso arrogant wie sie manchmal auf mich gewirkt haben. "Wir haben die beste aller Lieben gekostet, besser wird es nicht. Ihr armen Würtschen könnt ja weiter in eurer durschschnittlichen Beziehung bleiben, wir tun es nicht."
Wer weiß, vielleicht bin auch nur neidisch auf so viel Perfektion und Glück?
Ich weiß es nicht. Ich werde aus den beiden nicht schlau und aus mir in Verbindung mit dem Buch und meinen Gefühlen dazu auch nicht so richtig. Aber es wird leider nicht mein Lieblingsbuch von Tom werden.
Ich danke Dir, lieber Tom, dass Du die LR begleitet hast und auch bei den späten, sehr späten Beiträgen noch was postest. Und ich glaube, ich kann es nicht nachvollziehen, wie es Dir als Autor gehen muss, wenn Du vielleicht einige Posts liest und Dir denkst "Wieso versteht ihr nicht, was ich meine?". Aber manche Dinge kann der eine oder andere offenbar sehr schwer verstehen. Wie ich schon schrieb - vielleicht hättest Du es auf 100 andere Arten schreiben können und ich hätte die Beweggründe von Marie und Clemens dennoch nicht (be-)greifen können.
Oh je, das wurde lang. Fast schon ein Roman. Hoffentlich geht das in ein Post, sonst teile ich es auf. (Keine Angst, Tom, ich will Dir als Romanautor keine Konkurrenz machen. )
Ausgelesen. Jetzt kommt der schwierige Teil: meine Gedanken und das, was mir durch den Kopf geht, in Worte zu fassen.
Am Ende ist diese Geschichte auserzählt. Sehr löblich (das sollte bei Autoren Schule machen) ist der Ausblick, was mit den Figuren später noch passiert bzw. wie es ihnen ergeht. Auch hat mir das Buch ausnehmend gut gefallen, obwohl (?) es außerhalb meines üblichen Lesehorizontes liegt. Insofern alles gut.
Und dennoch hat es mich unzufrieden zurück gelassen. Ich habe inzwischen ehrlicherweise die Posts hier schon gelesen (und auch die von Tom früher erwähnte Lovelybooks-Leserunde), einfach weil ich noch Gedankenanstöße brauchte, um meine eigenen sortieren und vor allem in Worte fassen zu können.
Kurzfassung/Kurzmeinung: ich denke, Marie hatte mit ihrem Gedanken „Vielleicht hätten wir uns nicht trennen sollen.“ (S. 401) recht. Trotz allem, was nach der Trennung passiert ist.
Es sei vorausgeschickt,
daß ich im November 1985 selbst eine sehr schmerzvolle Trennung und anschließende - allerdings dann einvernehmliche - Scheidung erlebt habe. Aus dem schwarzen Loch, das der Trennung folgte, weiß ich nur noch sehr wenig. Jener Heiligabend des Jahres 1985 war der seltsamste, den ich je erlebt habe. Wann genau ich wieder aus diesem schwarzen Loch aufgetaucht bin, weiß ich nicht mehr so genau. Im Nachhinein war es gut so, denn sonst hätte ich meine heutige Frau, mit der ich nun seit über dreißig Jahren glücklich verheiratet bin, nie kennengelernt. Aber das ist ein anderes Thema.
Das war auch einer der Gründe, weshalb ich mit einem gewissen Unbehagen an eine Trennungsgeschichte herangegangen bin (was im Nachhinein jedoch unbegründet war).
Auf Handlungseinzelheiten will ich jetzt nicht mehr eingehen. Für mich hat das Buch zwei Grundfragen aufgeworfen und behandelt:
a) Das Eheverständnis (Ehe jetzt als Synonym für eine eigentlich lebenslang gedachte Verbindung gemeint)
b) Sogenannte „political correctness“ (extra Post).
Vieles, was bei uns mit der Ehe verbunden wird, ist in unserem Kulturkreis von der Bibel geprägt (nein, ich will keine Religionsdebatte entfachen!). Als die geschrieben wurde, war die Lebenserwartung deutlich geringer als heute. „Lebenslang“ bedeutete damals oft wohl um die zwanzig (wie hier im Buch) oder vielleicht dreißig Jahre. Es ist noch gar nicht so lange her, daß das so war. Heute bedeutet „lebenslang“ mitunter 50 Jahre und mehr. Damit gewinnt „für immer“ ist eine andere Dimension.
Und hier liegt meines Erachtens das Problem. Ein „rosaroter“ Zustand wie bei Clemens und Marie kann nicht „auf ewig“ anhalten. Irgendwann schleift es sich ein und der Alltag gewinnt die Oberhand. Und dann reicht die „rosarote“ Brille nicht mehr. Aber was dann? Dann braucht man ein Fundament jenseits von „rosarot“.
Und genau das ist, soweit ich es verstanden habe, die Grundthematik des Romans. Die beiden Hauptfiguren gründen ihre Beziehung auf „dauernde rosarote Weltsicht“ (um bei dem Begriff zu bleiben) und/oder fortdauernde körperliche Anziehungskraft. Wenn die Brille klarer oder gar ganz klar wird und das körperliche zurück tritt, ist die Basis der Beziehung entfallen und sie wird beendet. Daß eine Beziehung jedoch viel mehr beinhaltet (oder jedenfalls sollte), blenden die beiden völlig aus (und liegen damit meiner Meinung nach im Trend der Zeit).
Die noch tiefer gehende Frage, die sich für mich also stellt, ist, daß in der Gesellschaft das grundsätzliche Eheverständnis verhandelt und geklärt werden müßte. Ist die Ehe eine lebenslange Verbindung (wie es auch im standesamtlichen Eheversprechen heißt) oder eine solche auf Zeit („Lebensabschnittsgefährte“). Die beiden Figuren gingen offensichtlich von Letzterem aus.
Mit der Einführung der „Ehe für alle“ wurde zwar einer laut schreienden Minderheit nachgegeben, aber am Grundsätzlichen nichts verändert. Aber dieses dem Grundsätzlichen grundsätzlich aus dem Weg gehen ist ein typisches Kennzeichen unserer Zeit. Man will keine Kraftwerke, keine Überlandleitungen - aber dennoch Strom zu jeder Zeit und für alles. Zudem sollen die Autos elektrisch fahren, was noch mehr Strom erfordert. Aber wehe, es sollen Windräder gebaut werden. Wozu eigentlich? Der Strom kommt doch aus der Steckdose. Niemand geht an die Grundthematik: wenn wir Geräte (welcher Art auch immer) mit Strom betreiben wollen, muß der irgendwoher kommen. Für dieses „irgendwoher“ bedarf es einer Infrastruktur.
So ist es auch mit der Ehe. Ein bißchen „Herumdoktorn“ reicht nicht, man müßte sich grundsätzlich verständigen.
Aber mit Grundsätzlichem lassen sich keine Wahlen gewinnen, vor allem dauert es mehr als eine Legislaturperiode. Und also doktort man weiter herum.
Ich habe jetzt gerade nochmals Seite 400f gelesen. Ich denke, ich bin so unzufrieden, weil ich persönlich letztlich der Meinung bin, daß Clemens und Marie eine falsche Entscheidung getroffen haben und nun mit Gewalt versuchen, die vor sich zu rechtfertigen und als die richtige darzustellen. Sie haben sich mit der Grundlage ihrer Beziehung eigentlich nie richtig beschäftigt, so daß diese auf Sand gebaut war. Und der erste Sturm sie weggeblasen hat. Schade eigentlich.
Das zweite große Thema des Buches ist die sogenannte „political correctness“ und die seuchenartig um sich greifende Cancel-Culture. Tom hat das im Buch so gut beschrieben, daß ich mich hier nicht wiederholen muß. Es hat mich allerdings erstaunt, daß der Verlag sich getraut hat, das so offen im Buch stehen zu lassen - Respekt. (Allerdings hat mich Aufbau auch schon damit überrascht, daß die besten Amisch-Bücher, die ich je gelesen habe, in diesem Verlag erschienen sind.)
Was das bereits alles für Auswüchse angenommen hat, war mir allerdings nicht bewußt. Ich gehöre zu denen in diesem Lande, die schon seit Jahren sagen, daß man nicht mehr alles äußern darf, weil es eine „Meinungszensur“ gibt. Es gibt eine von Eliten (bzw. solchen, die sich dafür halten) und Minderheiten laut verkündete „absolute Wahrheit“, der man sich gefälligst anzuschließen hat. Hat man aber eine andere (oder am Ende sogar eigene!) Meinung, sollte man besser den Mund halten. Sonst geht es einem wie Clemens mit seinem „Scheißsturm“. Eines der Ergebnisse davon ist meiner Meinung nach übrigens bei Wahlen am Stimmenanteil der AfD.
Hier wären „Freitag-Gesetze“ eher heute denn morgen vonnöten. Aber das gehört - leider - heute wie künftig wohl in den Bereich „Fantastische Literatur“. Oder anders: ich glaube nicht an eine Wende in der Hinsicht, ich sehe da ziemlich schwarz.
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Hallo Tom ,
seit etwa Oktober hatte ich eine manchmal weniger, meist mehr starke Leseflaute. Die konnten auch drei bewußt für Januar ausgewählte Bücher nicht brechen. Deshalb habe ich dann dieses begonnen, nach dem Motto „wenn ich eh keine Lust zum Lesen habe, dann dieses, weil es mich durch die Diskussion im Fragen-Thread so interessiert hat, daß ich es auf jeden Fall lesen möchte. Warum dann nicht jetzt“. Und was soll ich sagen - was ich absolut nicht erwartet habe, trat ein. „Freitags bei Paolo“ hat zu meiner völligen Überraschung die Leseflaute beendet. Ich tat mich schwer, das Buch aus der Hand zu legen und habe es gestern noch auslesen „müssen“. Dies ist seit langer Zeit das erste Mal, daß ich an einem Wochenende ein Buch ge- bzw. ausgelesen habe (normalerweise komme ich an Wochenenden nicht zum Bücherlesen, da steht anderes auf dem Programm). Und es ist mit ziemlicher Sicherheit das erste Mal seit Jahren, daß mich ein Buch dermaßen beschäftigt hat, daß ich am Wochenende meine Gedanken dazu niederschreiben „mußte“. Und ich werde sicherlich noch eine ganze Weile darüber nachdenken.
Der Roman als Ganzes ist in sich „rund und geschlossen“ und auch, wenn ich in Bezug auf die Entscheidung von Clemens und Marie letztlich anderer Meinung bin, in sich stimmig. (Das war mein vorletztes - ein Januar-Buch - nicht, „The Snow Child / Das Schneemädchen“ hatte einen Widerspruch im gedanklichen Aufbau des Buches, der mich sehr gestört hat.)
„Sommerhit“ habe ich seinerzeit mit großem Vergnügen gelesen, „Landeier“ steht noch ungelesen im Bücherregal (das „ungelesen“ sollte ich wohl in absehbarer Zeit ändern), und ich sollte wohl mal Deine anderen Bücher einer näheren Betrachtung unterziehen.
Das Jahr ist noch jung, aber „Freitags bei Paolo“ hat eine reelle Chance auf einen Platz bei der Wahl zum Jahreshighlight.
Die „Freitags“ müssen erst noch etwas sacken, ehe ich an eine Rezi denken kann. Danke, daß Du auch auf meine „Nachzügler-Posts“ noch eingegangen bist.
Hallo, SiCollier.
Da hast Du an einem Wochenende ein immerhin fast 420 Seiten langes Buch gelesen und trotzdem noch Zeit gefunden, hier fast selbst eins zu schreiben. Danke für diese wirklich interessanten und tiefgehenden Anmerkungen! Und danke auch für diese Zweiteilung der Antwort - denn es sind ja tatsächlich zwei Geschichten in einer.
Das Jahr ist noch jung, aber „Freitags bei Paolo“ hat eine reelle Chance auf einen Platz bei der Wahl zum Jahreshighlight.
Das freut das Autorenherz und wärmt mich für die Woche vor. Danke sehr!
Ich habe jetzt gerade nochmals Seite 400f gelesen. Ich denke, ich bin so unzufrieden, weil ich persönlich letztlich der Meinung bin, daß Clemens und Marie eine falsche Entscheidung getroffen haben und nun mit Gewalt versuchen, die vor sich zu rechtfertigen und als die richtige darzustellen. Sie haben sich mit der Grundlage ihrer Beziehung eigentlich nie richtig beschäftigt, so daß diese auf Sand gebaut war. Und der erste Sturm sie weggeblasen hat. Schade eigentlich.
Das kann ich absolut nachvollziehen. Ich hätte es so nicht geschrieben, aber ich habe es so ähnlich empfunden. Vielen Dank für diese Worte.
Schön, dass Dir das Buch aus Deiner Leseflaute helfen konnte und Dich so positiv überrascht hat. Und schön auch für die LR, dass Dich eben die Diskussionen hier dazu motiviert haben, das Buch zu lesen.
Das kann ich absolut nachvollziehen. Ich hätte es so nicht geschrieben, aber ich habe es so ähnlich empfunden. Vielen Dank für diese Worte.