ASIN/ISBN: 3608986405 |
Klappentext:
Mehr Antike wagen! Eine spannende und unterhaltsame Reise zu den Grundlagen der modernen Welt
Vom Kampf um Troia bis zum Ende des römischen Imperiums: In seinem fesselnden Parforceritt durch die Antike entfaltet Michael Sommer anderthalb Jahrtausende Menschheitsgeschichte. Mit vielen Rückbezügen auf die heutige Zeit schärft seine pointierte Erzählung unser Bewusstsein für die großen Bögen des historischen Dramas, das sich um das antike Mittelmeer ereignete. Ein hochaktuelles Buch, das zeigt, wie stark unsere eigene Gegenwart mit der antiken Welt der Griechen und Römer verflochten ist.
Von wem stammt die Idee, dass wir alle Bürger sind und keine Untertanen? Wieso sehnen sich freie Menschen in Krisenzeiten nach der Autorität eines einzelnen Mannes? Was macht Jerusalem bis heute zum Zankapfel zwischen den Völkern und Religionen? Michael Sommer entführt seine Leser auf eine ebenso unterhaltsame wie instruktive Reise zu den Anfängen Europas. Eindrucksvoll stellt er unter Beweis, dass die Beschäftigung mit 2000 oder mehr Jahre zurückliegenden Ereignissen ein großes intellektuelles Vergnügen bereitet. Dabei nimmt er den Leser nicht nur mit in die Ewige Stadt, sondern führt ihn an die alles entscheidenden Schauplätze der antiken Geschichte: mitten hinein in den Trojanischen Krieg und auf die Agora des demokratischen Athen; nach Karthago und in die prächtige Oasenstadt Palmyra; in die Schluchten des Balkan und die spätantike Auvergne, wo die letzten Römer gegen die Goten kämpften. Und auf diesem Weg macht der Leser fast beiläufig die Erfahrung, dass die Auseinandersetzung mit der Antike nicht nur die Augen öffnet für das Werden seiner eigenen Gegenwart, sondern nebenbei auch ganz viel Spaß macht
Mein Lese-Eindruck:
Der Untertitel verspricht „Die kürzeste Geschichte der Antike“, und so begibt sich der Leser in 8 Kapiteln auf eine Reise durch die Jahrhunderte zurück in die Antike. Eines ist unbestritten: der Reiseführer ist ein begeisterter Althistoriker, seine Liebe zur Antike steckt an, er unterhält sein Klientel angenehm und, last not least, er ist kundig und weiß genau, wovon er spricht.
Dem Autor geht es ganz allgemein um den Brückenschlag von der Antike zur Gegenwart. Sein Argument der nahen Fremdheit ist nicht neu, aber einleuchtend. Die „toten“ Sprachen und die Geschichte der Antike sind für ihn kein nutzloses Wissen, sondern sie sind eng verknüpft mit unserer Gegenwart und den Problemen, denen sich die Gegenwart zu stellen hat. Das Bewusstsein der gemeinsamen Geschichte bietet seiner Meinung nach ein stabiles und allgemein akzeptiertes Fundament eines geeinten Europas.
Die Lektüre ähnelt durchaus einem Parforceritt, wie es im Klappentext heißt. Sommer holt weit aus und startet mit der ILIAS, die er liebevoll zusammenfasst, um von dort auf das Verschwinden der bronzezeitlichen Königreiche zu kommen. Nun wird der Parforceritt zum Zeitraffer-Ritt durch die Jahrhunderte. Sommer setzt deutliche und durchaus aktuelle Schwerpunkte. Damit garantiert er, dass der Leser nicht den Überblick verliert. So vertieft er sich z. B. sowohl in der römischen als auch in der griechischen Geschichte in die Entwicklung der Bürgerrechte und die Frage, wie die Partizipation der Bevölkerung am politischen Leben gestaltet wurde . Es wird deutlich, wie immer wieder aufs Neue um einen Ausgleich der Bevölkerungsgruppen gerungen wurde und wie Alternativen ausprobiert und evtl. wieder verworfen wurden.. Manches mutet tatsächlich sehr zeitgenössisch an wie die Überlegungen zur (mangelnden) politischen Qualifikation und zur Verführbarkeit der Massen, zur Frage der Autorität, zur Demagogie, zum Umgang mit Fremden, zur Kontrolle der Eliten und so fort.
Gelegentlich, so scheint es, verliert der Autor jedoch bei dem Parforceritt das Ziel aus den Augen und verweilt zu lange bei Nebenschauplätzen. Zugegeben: das sind interessante Schauplätze wie z. B. die ausführliche Würdigung Palmyras, die Reformversuche und Legitimierungsbestrebungen der Soldatenkaiser, oder die Regionalisierung des riesigen Reichs, aber es bleibt unklar, wieso er z. B. den Judäischen Kriegen oder dem Sasanidenkönig Schapur I. so viel Raum widmet. Und auch die langwierige Beschreibung des Massakers von Srebrenica und seine Einordnung in antike Verwerfungslinien wirken aufgesetzt.
Das erste und letzte Kapitel sind der humanistischen Bildung gewidmet. Sommer bejammert langatmig den Zustand des deutschen Bildungswesens und beglückwünscht sich selber zum Besuch eines humanistischen Gymnasiums. Ob das Kapitel aus einer Festrede zum Abitur entstanden ist? Natürlich ist es legitim, wenn ein Autor verschiedene Veröffentlichungen miteinander verschränkt, aber es sollte doch eine angemessene Gewichtung vorhanden sein. Das letzte Kapitel greift das 1. Kapitel wieder auf und liefert Argumente für den Beibehalt der klassischen Bildung. Vielleicht auch eine Abiturrede? Oder eine Vorlesung? Sommer kritisiert die Lehrpläne – und man möchte ihn einladen, seinen universitären Rapunzelturm zu verlassen und an den Sitzungen einer Lehrplankommission teilzunehmen...Man kann nur hoffen, dass er seinen Lehramtsstudenten seine Begeisterung für die Antike vermitteln kann und diese sich tatsächlich - so seine Vision - „am Pool unter Iberiens Sonne“ mit Briten über die Gerichtsreden Senecas austauschen.