Kinder des Aufbruchs, von Claire Winter

  • Kinder des Aufbruchs, von Claire Winter


    Cover:

    Ein schönes Cover, das uns gleich ins richtige Setting versetzt. Und ein hoher Erkennungswert zu „Kinder ihrer Zeit“ (das Vorgängerbuch). Beide Bücher können aber auch unabhängig voneinander gelesen werden.


    Inhalt und meine Meinung:

    Wir befinden uns 1968, in Westberlin. Die Mauer gehört schon zum alltäglichen Bild. Die Fronten des Kalter Kriegs verhärten sich, die Geheimdienste auf beiden Seiten sind äußerst aktiv.

    Die beiden Zwillingsschwestern Emma und Alice werden ungewollt in die Aktivitäten der beiden Geheimdienste (also von Ost und West) hineingezogen.

    Es wird sogar lebensgefährlich.


    Ich bin wieder total begeistert. Viele Höhen und Tiefen, emotional ist immer was los. Die Spannung steigert sich kontinuierlich, so dass ich am Ende das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte.

    Einfach brillant sind sehr spanende Verwicklungen und Querverbindungen eingebaut. Immer wieder komme4n neue Erkenntnisse die mich dann den Atem anhalten lassen.


    Die vier Hauptprotagonisten Emma und Alice, sowie ihre Männer Julius und Max sind rundum sympathisch, aber da jeder so seine Vorgeschichte und sein Geheimnis hat, müssen wir mehr als einmal mit ihnen bangen und zittern.


    Der Schreibstil ist sehr flüssig, bildgewaltig und emotional. In meinem Kopf läuft das beste Kopfkino ab. Deshalb könnte ich mir das Buch auch super gut als Film vorstellen.

    Das ausführliche und überaus wertvolle Nachwort zeigt was Wahrheit und Fiktion ist. Und macht bewusst wie nahe „Kinder des Aufbruchs“ an der historischen Realität ist. Hier wird auch die akribische Recherche der Autorin sichtbar. So werden viele bewegende Ereignisse der 1968er Jahre eingebaut.


    Autorin:

    Claire Winter studierte Literaturwissenschaften und arbeitete als Journalistin, bevor sie entschied, sich ganz dem Schreiben zu widmen. Sie liebt es, in fremde Welten einzutauchen, historische Fakten genau zu recherchieren, um sie mit ihren Geschichten zu verweben, und ihrer Fantasie dann freien Lauf zu lassen. . Die Autorin lebt in Berlin.

    Für mich ist die Autorin ein Garant für ergreifende, spannende und menschlich erzählte Romane.


    Mein Fazit:

    Wieder ein Roman der Autorin, der mich total geflasht hat und den ich regelrecht Seite für Seite verschlungen habe.

    Von mir eine klare Lese-und Kaufempfehlung und volle 5 Sterne (wenn es ginge mehr).

    ASIN/ISBN: 3453292669

  • Kinder des Aufbruchs

    Inhaltsangabe: Quelle

    Sechs Jahre nach dem Mauerbau lernt die erfolgreiche Dolmetscherin Emma in West-Berlin die aus dem Ostteil der Stadt geflohene Sängerin Irma Assmann kennen. Als sie ihrer Zwillingsschwester Alice davon erzählt, reagiert diese beunruhigt. Alice schreibt als Journalistin über die Studentenbewegung und steht in Kontakt mit verschiedenen Fluchthilfe-Organisationen. Ist Irma mit ihren ehemaligen Beziehungen zum KGB als Informantin im Westen? Oder sind die Schwestern und deren Männer Julius und Max durch ihre Verbindungen zur DDR zu Zielscheiben geworden? Kurz darauf wird die Sängerin ermordet, und die vier geraten inmitten der Studentenunruhen zwischen die Fronten der Geheimdienste.


    Meine Meinung zur Autorin und Buch

    Claire Winter, hat mich wieder aufs neue begeistert mit ihrem neusten Buch , der Fortsetzung von Band 1 ,Die geliehene Schuld. Man merkt beim lesen das sie eine studierte Literaturwissenschaftlerin und Journalistin ist, alles ist Akribisch detailliert recherchiert. Ihr Schreibstil ist sehr flüssig, kraftvoll, bildlich und klar, sie versteht es einem an der Hand zu nehmen um mit ihr gemeinsam in die Vergangenheit des kalten Krieges und Fluchthilfe einzutauchen. Ihre Protagonisten wirken sehr Authentisch und real, auch wenn sie fiktiv sind, dafür sind die Politiker und Agenten alle real. Sie rief bei mir Erinnerungen, an Benno Ohnesorg und Rudi Dutschke wach. Ich war 1967 gerade mal 15 Jahre und kann mich noch sehr gut erinnern. Mir wurde beim lesen mal wieder bewusst, wie gut es uns im Westen ging. Man erlebt alles noch einmal, und es wird mir regelrecht bewusst, das ich vieles gar nicht wusste, was hinter den Türen der Geheimdienste , dem BND und der Regierung so wirklich lief.


    Es war mir eine große Freude am Leben von Emma, Alice und ihren Ehemännern Max , Julius und der Tochter von Alice und Max der kleinen Lisa teilzunehmen. Die politischen Ereignisse, in die Alice und Emma ungewollt verwickelt wurden , waren aufregend, spannend und hielten mich in Atem. Ganz im Visier der DDR sind Emma und Alice denen die Flucht in den Westen geglückt ist , sie haben immer noch ein Auge auf die beiden. Auslöser ist Fritz der aus der DDR freigekauft wurde, und der Alice um Hilfe bittet, seine Schwester Lore in der DDR mit einer Flucht in die Freiheit zu verhelfen. Alice die ja als Journalistin arbeitet und über die Studentenbewegung schreibt, steht auch mit einigen Fluchthilfe Organisationen in Verbindung. Sie ist für Fritz der einzige Rettungsanker.

    Auch Emma ist nicht untätig, sie arbeitet als Dolmetscherin für die Bundesregierung. In deren Ehe kriselt es, nach ihrer Fehlgeburt, als sie in einem Waisenhaus für die Amerikaner Dolmetscht, findet sie in ihrem Auto den völlig verschreckten Luca . Emma, der das keine Ruhe lässt, kümmert sich sehr um Luca und versucht sein Vertrauen zu gewinnen. Ob es ihr gelingt steht in den Sternen. Was für eine Rolle spielt die geflohene Sängerin Irma Assmann, eine ehemaliges Heimkind mit der Alice zusammen in einen DDR Heim war. Emma, Max und Julius beunruhigt es, als Alice es ihnen erzählt, als sie, sie zufällig Irma traf, oder war es kein Zufall? Es wird mehr als spannend, Alice und Emma geraten ungewollt in die Studentenunruhen, bei der Benno Ohnesorg erschossen wird, Dutschke den man auf der Straße versucht zu töten. Wir geraten mit Ihnen zwischen die Fronten der Geheimdienste, werden Zeuge beim Bau eines Tunnelbaus und Fluchthilfe. Ein Roman über vier junge Menschen die zwischen die Fronten von Spionage, Verrat , und den Kampf um unsere Demokratie geraten.

  • Claire Winter, hat mich wieder aufs neue begeistert mit ihrem neusten Buch , der Fortsetzung von Band 1 ,Die geliehene Schuld.

    Arietta es ist die Fortsetzung von "Kinder ihrer Zeit".

    ASIN/ISBN: 3453291956
    ;)

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Ninni Schulman - Den Tod belauscht man nicht

    Hanna Caspian - Im Takt der Freiheit


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Berlin im Jahr 1967. Alice und Emma haben sich nach dem Mauerbau ihr Leben im Westen der Stadt eingerichtet. Emma arbeitet als Dolmetscherin, Alice als Journalistin. Alice gerät in die Studentenunruhen zum Besuch des Schahs von Persien und trifft einen alten Bekannten aus dem Osten wieder. Um ihm zu helfen nutz sie ihre Verbindungen zu Fluchthilfe Organisationen. Doch die Geheimdienste sind noch immer an Alice und ihrer Familie interessiert und so geraten sie wieder ins Visier der Dienste.


    Claire Winter gelingt es mit diesem Buch die Zeit rund um den Schah Besuch in Berlin und den darauffolgenden Studentenunruhen, sowie dem Tod von Benno Ohnesorg und dem Anschlag auf Rudi Dutschke wieder lebendig werden zu lassen. Die Stimmung in der Stadt ist aufgeheizt und Alice ist sozusagen mittendrin. Dem Leser wird so richtig klar wie damals schon mit Hilfe der Presse Stimmung gegen die jungen Leute gemacht wurde und welche Vorbehalte es gegen die Studenten und ihre Forderungen gegeben hat.


    Die beiden Paare, die wir begleiten sind durchweg sympathisch und man kann ihre Beweggründe gut nachvollziehen. Auch wenn man sie gerne einmal treten möchte, damit sie alle miteinander reden. Die vier werden auf die eine oder andere Art und Weise von ihrer Vergangenheit eingeholt und gerade das macht das Buch so spannend.


    Den Leser erwartet hier eine Familiengeschichte, ein gelungenes Zeitbild und ein spannender Krimi. Gerade gegen Ende fällt es schwer da Buch aus der Hand zu legen, da die Autorin einen furiosen Schluss bietet. Ich habe das Buch sehr gerne gelesen und dabei wieder einiges über die damalige Zeit gelernt. Daher kann ich das Buch auf jeden Fall nur empfehlen!


    9 von 10 Punkte

  • "Kinder des Aufbruchs spielt Ende der 1960er Jahre in Berlin. Zwei Ehepaare stehen im Zentrums des Geschehens. Wer wollte, konnte die vier schon im Vorgängerbuch "Kinder ihrer Zeit" kennenlernen aber es ist auch ohne großes Vorwissen möglich, dem Geschehen zu folgen.


    Die Berliner leben in einer seltsamen Welt, umschlossen von den Grenzen der DDR mitten in Zeiten des kalten Krieges. Alice ist als Journalistin oft mitten drin in den Studendenunruhen, die durch den Tod von Benno Ohnesorg befeuert werden. Als ehemalige DDR-Bürgerin interessiert sie sich auch für Menschen, die Republikflucht begehen wollen und steht noch immer bei der Stasi auf der Beobachtungsliste. Ihr Mann Max versucht als Anwalt denen zu helfen, die durch Enteignung im Zweiten Weltkrieg unrechtmäßig um ihr Hab und Gut gebracht wurden.


    Zwillingsschwester Emma freundet sich derweilen mit dem elfjährigen Luca an, der elternlos in einem Heim lebt, ohne zu ahnen, dass der Junge ein gefährliches Geheimnis mit sich trägt. Ihr Mann Julius ist anfangs wenig begeistert von Emmas wachsende Fürsorge für den Halbwüchsigen.


    Claire Winter schafft es mal wieder aufs Trefflichste, Fakten und Fiktion engmaschig miteinader zu verweben. Die politische Lage in der BRD war damals angespannt und Berlin mit seiner Teilung ein Brennpunkt für gesellschaftliche Unruhen jeder Art. Viele Ereignisse sind dem Leser sicherlich namentlich bekannt aber die genauen Hergänge nicht wirklich präsent. Man kann also hier durchaus noch etwas Lernen. Allerdings ist es beileibe kein dröges Geschichtsbuch sondern vielmehr die spannende Geschichte lebensechter Menschen, die so oder so ähnlich damals gelebt und geliebt haben. Um die man sich sorgt und mit denen man mitfühlen kann. Einige Nebenfiguren geben dem Geschehen wichtige Wendungen, beschreiben wichtige Geschehnisse. Das Schicksal aller regt sehr zum Nachdenken an und man kann auch wunderbar die Gegenwart reflektieren. Man merkt, dass hier genau und mit Enthusiasmus recherchiert wurde.


    Mein Fazit: Claire Winter gehört für mich zu den deutschen Autorinnen, die die nahe deutsche Geschichte und die damalige Stimmung besonders gut einfangen können. Und dabei nie aus dem Auge verliert, dass die Leser gerne auch gut und glaubhaft unterhalten werden wollen. Wie immer ein Lesefest.


    Meine Rezension steht so auch bei amazon, weltbild u.a. Foren.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Ninni Schulman - Den Tod belauscht man nicht

    Hanna Caspian - Im Takt der Freiheit


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Meine Meinung zum Buch:


    Titel: die Geschichte der Zwillinge geht weiter...


    Nachdem ich den ersten Band "Kinder ihrer Zeit" mit großer Begeisterung gelesen hatte, freute ich mich, dass es mit Emma und Alice weiter geht und so begann ich gebannt zu lesen.


    Die Geschichte spielt nun Mitte der 60er Jahre und die beiden Schwestern nennen West- Berlin ihre Heimat. Als eine alte Bekannte aus der DDR auftaucht und wenig später stirbt, sind die Schwestern voller Angst. Ist jemand hinter ihnen her?


    Das Besondere an dem Buch war für mich, dass ich so viel geschichtliches Wissen auffrischen und auch teils dazu gewinnen konnte. Die Studentenaufstände, die Fluchten von Ost nach West und die politischen Umbrüche sind sehr realistisch geschildert und man bekommt während der Lektüre Lust mehr dazu zu recherchieren.


    Auch tauchen wir wieder in das Privatleben von Alice und Emma ab. Alice versucht eine alte Schuld zu begleichen und bringt sich dabei wohl in Gefahr und Emma entdeckt Muttergefühle nach einem schweren Verlust. Mich hat das emotional jeweils sehr berührt.


    Es handelt sich zwar um einen Roman mit historischem Setting und dennoch liest er sich spannend wie ein Krimi. Die steten Perspektivwechsel sorgen für Abwechslung und immer wieder gibt es eine unerwartete Wende, die mich als Leser staunen ließ. Und auch die ein oder andere falsche Fährte gibt es.


    Fazit: Eine tolle Fortsetzung, die ich nur zu gern gelesen habe. Klasse!


    Bewertung: 10/ 10 Eulenpunkten

  • Eigentlich kann ich die Meinung meiner Vorschreiberinnen nur bestätigen. Dieses großartige Buch um die Zwilllingsschwestern Alice und Emma, das in "Kinder ihrer Zeit" seinen Anfang nahm, geht hier genau so spannend, herzerwärmend in manchen Szenen, und Nerven raubend weiter.


    Inzwischen leben beide mit ihren Partnern Max und Julius in West-Berlin. In den späten 60er Jahren ein brenzliges Pflaster, nicht nur was die Geheimdienste betrifft sondern auch die Umbruchstimmung der aufgeweckten, rebellierenden Jugend und Studenten.

    Viel geschichtliches lässt Claire Winter einfließen, was dem Leser, der in diesen Jahre schon gelebt hat viele Erinnerungen zurück bringt.

    Aber auch für später Geborene ist es ein spannendes Stück Zeitgeschichte, leicht überprüfbar, die Autorin spart im Anhang auch nicht mit Quellen und Fakten, was zeigt, dass sie hervorragend recherchiert hat.


    Auch die Begleitung der Leserunde war vorbildlich, das muss und will ich hervorheben.

    Es kommt mir ein bisschen vor, als würde ich wieder mal Zeugnisse schreiben. :grin


    Herzlichen Dank an alle, die diese Runde möglich gemacht haben und auch allen Mitleserinnen für viele Gedanken und Einwürfe, so wird lesen lebendig.

    "Leute die Bücher lesen, sind einfach unberechenbar." Spruch aus "Wilsberg "
    smilie_winke_039.gif

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Findus ()

  • “Kinder ihrer Zeit“ war vor zwei Jahren mein erster Roman von Claire Winter und durch diesen hatte ich meine erste Buch-Begegnung mit dem Thema Spionage. Das war neu, der Roman sehr spannend und interessant für mich. Durch diese Lektüre war ich dann angefixt, meinen ersten Roman von Titus Müller zu lesen „Die fremde Spionin“ (sehr empfehlenswert). Vor einigen Monaten habe ich „Die geliehene Schuld“ gelesen und auch dieses Buch hat mir hervorragend gefallen. „Schwestern von Sherwood“ und „Die verbotene Zeit“ sind noch auf dem SUB.



    Unter dem Titel „Kinder des Aufbruchs“ hat Claire Winter eine Fortsetzung geschrieben. Glücklicherweise und für mich auch unverzichtbar ist das Personenverzeichnis hinten im Buch und ich war auch sehr zufrieden, dass die Autorin ihre Leser neben Danksagung auch informiert zu „Wahrheit und Fiktion“.


    Das Buch behandelt politische Ereignisse vor meiner Geburt, die ich durch andere hist. Romane teilweise auch bereits beschrieben bekommen habe, die mich aber weiter sehr beschäftigen und einen auch lehren, warum in den letzten 50 Jahren manches so und nicht anders gelaufen ist. Man lernt ein Verständnis und das Lesen von hist. Romanen ist eine lebendige Geschichtsstunde.



    Neben den Zwillingsschwestern und ihren Ehemännern wird eine neue junge Figur eingeführt: Luca, ein Waisenjunge mit ital. Wurzeln, der im Waisenheim lebt und Vertrauen zu Emma fasst. So erfahren wir viel vom Leben im Waisenhaus in West-Berlin, dem unfairen Umgang der Betreuer mit ihren Schutzbefohlenen und ich war froh, dass Luca durch Emma Zutrauen lernt und Vertrauen kennen lernt.

    Es war schön zu erfahren, wie das Leben für die vier weitergegangen ist, bzw. was Leben nun an Herausforderungen an sie stellt.


    Zitat

    Zitat Claire Winter: Ich fand es schon immer sehr faszinierend, dass die Stadt trotz der Mauer unter der Erde durch ihre Kanalisation, ihre Verkehrswege, Kellergewölbe und alten Bunkeranlagen miteinander verbunden blieb.

    Über diese Ost-/West-Verbindungen habe ich mir nie Gedanken gemacht, erst jetzt durch den Roman. Das unterirdische Kanalsystem spielt im Roman eine wichtige Rolle und das hat mir sehr gut gefallen.



    Während des Lesens hat mich zugegebenermaßen beschäftigt, man kann auch sagen geärgert, dass ich gerne noch mehr detailverliebte Erinnerung an „Kinder ihrer Zeit“ in meinem Hirn gehabt hätte. Dazu hatte ich zu viele andere Bücher in der Zwischenzeit gelesen, dass ich mich nicht so intensiv mehr erinnern konnte, wie ich gern gewollt hätte. Die Autorin streut hilfsbereit die wichtigsten Infos zum ersten Buch ein und eigentlich reicht das auch. Meine Ansprüche an meine Erinnerung waren zu hoch.


    Für mich steht daher fest, da „Kinder ihrer Zeit“ mich so begeistert hat, ich freue mich darauf, beide Bände in einigen Jahren nacheinander zu lesen.


    Die Fortsetzung hat es nicht geschafft, mich gleichermaßen zu überbegeistern, wie ich es empfunden habe, nach meinem ersten Claire Winter. Das war wohl auch fast unmöglich. Mit der ersten Lektüre hatte ich einfach das persönliche Gefühl, eine neue Autorin für mich entdeckt zu haben und das bestätigte sich mit „Die geliehene Schuld“. Bei „Kinder des Aufbruchs“ bin ich mit einer positiven Erwartungshaltung ans Lesen gegangen und ja, sie wurde erfüllt. Aber, es war nicht die Überraschung wie vor zwei Jahren.

    „Kinder ihrer Zeit“ habe ich über den ganzen Roman spannungsreicher/ temporeicher und beängstigender in Erinnerung, wobei es bei „Kinder des Aufbruchs“ auch besonders zum Ende sehr spannend und überraschend wird. Natürlich empfehle ich beide Bücher nacheinander zu lesen. Bringt Euch nicht um den ersten Band!


    Claire Winter ist sehr geschickt im Fährten legen und uns Leser während der Handlung zu beeinflussen. Ich wurde überrascht und das ist ja gut, dass manches nur vermeintlich voraussehbar ist.

    Das Buch ist ein Pageturner, ich habe es gern gelesen und ungern eine Lesepause eingelegt.



    Kritik gibt es für den Umschlagtext, dort wird Handlung verraten, die erst nach ca. 2/3 des Romanes passiert. So etwas ärgert mich sehr, lieber Verlag! Das war unnötig.


    Lob und großen Dank möchte ich Claire Winter aussprechen. Sie hat die Leserunde so engagiert begleitet, kommentiert und intensiv, wie auch sympathisch auf alles reagiert. Mir bereiten solche Leserunden sehr viel Freude und dadurch war das gemeinsame Lesen ein tolles Erlebnis. Danke an alle Teilnehmer an der Leserunde für den tollen Austausch!


    Ich freue mich auf meine Claire Winter-Bücher im Regal und jedes neue Werk aus ihrer Feder.

    Manche Bücher müssen gekostet werden, manche verschlingt man, und nur einige wenige kaut man und verdaut sie ganz.
    (Tintenherz - Cornelia Funke)

  • Mitten hinein in die 1960-er Jahre...


    Ich hatte von Claire Winter bereits den Vorgängerband dieses Buches („Kinder ihrer Zeit“) sehr gern gelesen und freute mich nun darauf, zu erfahren, wie es mit den Zwillingsschwestern Emma und Alice weitergehen würde. Es ist zwar eine Fortsetzung, aber ich bin mir sicher, dass man „Kinder des Aufbruchs“ auch ohne Vorkenntnisse lesen kann, da die Autorin immer wieder kleine Rückspiegelungen vornimmt...

    Und Claire Winter „schubst“ uns sofort in das Jahr 1967, in das quirlige und hochpolitische Berlin: Studenten sind nicht mehr gewillt, den „Muff von 1.000 Jahren unter den Talaren“ zu akzeptieren, sie stellen „das Establishment“ in Frage...In dieser schon aufgeheizten Stimmung besucht Shah Reza Pahlavi am 2.6.1967 Berlin (Wikipedia bezeichnet es als ein einschneidendes Ereignis in der bundesdeutschen Geschichte).

    Emma und Alice leben jetzt mit ihren Ehemännern Julius und Max in West-Berlin (Alice und Max mit der gemeinsamen Tochter Lisa). Alice ist als Journalistin für eine Tageszeitung mitten im Geschehen, sie hat über die Unruhen während des Schah-Besuchs geschrieben und berichtet auch über den Tod von Benno Ohnesorg. Emma arbeitet weiterhin als Dolmetscherin und übersetzt häufiger auch vertrauliche Gespräche zwischen hochrangigen Politikern. Julius ist Professor und Max hat sich als Anwalt auf die Entschädigung von jüdischen Opfern des Nationalsozialismus spezialisiert.

    Also: durch die Protagonisten erleben wir diese Zeit hautnah mit, manchmal hatte ich das Gefühl, selbst dabei zu sein...

    Aber so richtig „rund“ läuft es gerade nicht im Privatleben unserer Hauptfiguren: Emma leidet stark unter den Folgen einer Fehlgeburt und fühlt sich von Julius nicht verstanden, Alice und Max leben eigentlich nur wegen ihrer gemeinsamen Tochter „pro forma“ als Familie zusammen, so richtig glücklich sind aber beide über das „Arrangement“ nicht... Als Alice dann ihre Jugendfreundin Irma in West-Berlin wieder trifft, regt sich sofort ihr Misstrauen: hat Irma bei der Stasi unterschrieben, um sie, Alice, auszuspionieren oder gar schlimmer: will sie Stasi sie erneut entführen? Aber Alice ist bereits längst im Visier der Stasi... Und wegen eines „Freundschaftsdienstes“ gerät Max in das Getriebe zwischen BND und Stasi... Aber auch Alice und Julius habe ihre – nicht ungefährlichen – Geheimnisse! Teilweise konnte ich das Buch vor lauter Spannung kaum aus der Hand legen und musste schnell „nur noch ein Kapitel“ weiterlesen... Mein Schönheitsschlaf hat erheblich gelitten…

    Dies ist dem großartigen und mitreißenden Schreibstil der Autorin zu verdanken, ihrer authentischen Beschreibung der einzelnen Personen, deren Gedanken und Handlungen ich meist nachvollziehen konnte (klar, mit der „Gnade der späten Geburt“ ahnte ich an manchen Stellen das Ergebnis...). Aber fasziniert hat mich auch immer wieder, wie geschickt Frau Winter die historisch belegten Ereignisse mit ihren fiktiven Personen zusammenbringt: so werden z.B. Emma und Alice durch Zufall Augenzeuginnen des Attentats auf Rudi Dutschke im April 1968... Denn eine weitere hervorragende Leistung ist die umfang- und kenntnisreiche Recherchearbeit, die von der Autorin geleistet wurde. Ein Nachwort ergänzt das Buch perfekt.

    Alles in Allem: ein fesselndes, mitreißendes und facettenreiches Buch, dass ich ohne irgendeine Einschränkung einfach weiterempfehlen muss – ich selbst habe es bereits als Weihnachtsgesteck eingeplant!

  • Es ist schon eine Weile her, dass ich den ersten Teil gelesen habe und so kämpfte ich zu Beginn mit meinen Erinnerungslücken, doch die waren schnell überwunden.


    Die einzelnen Erzählstränge aus Sicht von Emma und Alice fügten sich zu einem super spannenden Roman. Es macht einfach Spaß, den Personen durch Berlin zu folgen, sei es bei Begegnungen mit Ost-Bekanntschaften, die nun im Westen sind, aber die Vergangenheit mit sich führen, aber auch die aktuellen Widrigkeiten, mit denen die Frauen samt ihrer Ehemänner zu kämpfen haben.


    Wir erleben die Zustände in einem Kinderheim, Fluchtgeschichten, aber vor allem auch das brodelnde Berlin zur Zeit des Schah-Besuchs samt Studentenprotesten, die gewaltsam niedergeschlagen werden und sogar Tote wie Benno Ohnesorg fordern. Auch der Springer-Verlag mit der Bild-Zeitung heizt die Stimmung weiter auf.


    Die 60er Jahre waren auch immer noch geprägt vom Misstrauen, ob man nicht doch ausspioniert wurde, man wusste nicht, wem man vertrauen konnte, vor allem, wenn man aus dem Osten kam. Die Geheimdienste der DDR und auch der westdeutsche BND nehmen sich nichts, das Thema Gefangenenaustausch gegen Devisenzahlung wurde ebenfalls durchleuchtet.


    Ich habe das Buch nur so verschlungen und habe die Protagonisten äußerst ungern ziehen lassen müssen. Sehr spannende Unterhaltung, absolut empfehlenswert. 10 Punkte von mir.