Die letzte Tür vor der Nacht – Antonio Lobo Antunes

  • Luchterhand Literaturverlag, München 2022.

    560 Seiten, 28,00 EUR.

    ISBN-13: 9783630876283


    OT: A Última Porta Antes Da Noite

    Aus dem Portugiesischen von Maralde Meyer-Minnemann.


    Kurzbeschreibung:

    Ein Geschäftsmann wurde ermordet und sein Körper in Schwefelsäure aufgelöst, um jeden Beweis zu eliminieren. Zu ihrer Verteidigung wiederholen die fünf Angeklagten immer wieder: »Keine Leiche, kein Verbrechen.« Der Autor dringt ins intimste Innere der Verdächtigen vor, er öffnet die Türen zu ihren Kindheitserinnerungen und Traumata, schält allmählich ihre Persönlichkeiten heraus und enthüllt, wie und warum das Verbrechen geschah. Inspiriert von einer wahren Begebenheit, entwirft Lobo Antunes mit seiner unvergleichlichen Sprachkunst die Stimmen von fünf menschlichen Monstern.


    Über den Autor:

    António Lobo Antunes wurde 1942 in Lissabon geboren. Er studierte Medizin, war während des Kolonialkrieges 27 Monate lang Militärarzt in Angola und arbeitete danach als Psychiater in einem Lissabonner Krankenhaus. Heute lebt er als Schriftsteller in seiner Heimatstadt. Lobo Antunes zählt zu den wichtigsten Autoren der europäischen Gegenwartsliteratur. In seinem Werk, das mittlerweile mehr als zwanzig Titel umfasst und in vierzig Sprachen übersetzt worden ist, setzt er sich intensiv und kritisch mit der portugiesischen Gesellschaft auseinander. Er erhielt zahlreiche Preise, darunter den »Großen Romanpreis des Portugiesischen Schriftstellerverbandes«, den »Jerusalem-Preis für die Freiheit des Individuums in der Gesellschaft« und den Camões-Preis.


    Über die Übersetzerin:

    Maralde Meyer-Minnemann, geboren 1943 in Hamburg, erhielt 1992 den "Hamburger Förderpreis für literarische Übersetzungen", 1997 den Preis "Portugal-Frankfurt", 1998 den "Helmut-M.-Braem-Preis" und wurde 2005 für den "Preis der Leipziger Buchmesse" nominiert.


    Mein Eindruck:

    Ein neues Buch von Antunes kann ein faszinierendes Lesefest werden, es kann einen auch überfordern. Manchmal beides gleichzeitig.

    Jedenfalls strahlt schon das gelb-rötlich gefärbte Cover eine eigentümliche Atmosphäre aus.


    Der Romanplot ist fast schon ein Krimi. Ein Mann wurde brutal ermordet und seine Leiche in Schwefelsäure aufgelöst.

    Das Credo der Mörder: Ohne Körper kein Verbrechen!

    Die Kapitel wechseln zwischen den Perspektiven der fünf Täter:

    Ein Doktor (Rechtsanwalt), sein Bruder, ein Kräuterhändler und zwei Geldeintreiber.

    Sie sind Komplizen, aber doch sehr unterschiedlich.

    Während der Doktor der Drahtzieher ist, sind andere die Ausführenden. Sie haben ihre verschiedenen Rollen, zum Teil sind sie von schwierigen Kindheiten geprägt.


    Die Herausforderung für den Leser ist es, die individuellen Stimmen zu erkennen.

    Der Doktor ist nachdenklich und überlegen. Sein Bruder ist ein Schwächling, unsicher und nervös. Der Kräuthändler ist planerisch stark beteiligt.

    Der Geldeintreiber aus dem Billardcafé ist skrupellos und entschlossen.

    Auch der zweite Geldeintreiber ist brutal und verroht.


    Leitsätze durchziehen das Buch. Sie tauchen immer wieder in den Gedanken der Täter auf, z.B. „Tut meiner Tochter nichts“, der letzte Satz des Opfers.

    Diese Tochter, ca. 6 Jahre alt, ist die einzige Zeugin.


    Einige Redundanzen sind auch vorhanden.


    Antunes geht es darum, die Psyche dieser Täter zu erforschen.

    Auf eine positiv besetzte Figur verzichtet Antunes. Dadurch wird es zu einem düsteren Werk, dem man sich aber dennoch kaum entziehen kann.


    Es ist im Gesamtwerk Antunes gesehen inhaltlich eher ein kleineres Buch, dafür aber sehr gelungen.


    ASIN/ISBN: 3630876285