Volker C. Dützer – Die blinde Zeugin

  • Nicht immer glaubwürdig, aber hochspannend mit interessanten Figuren


    Buchmeinung zu Volker C. Dützer – Die blinde Zeugin


    „Die blinde Zeugin“ ist ein Kriminalroman von Volker C. Dützer, der 2022 im dp Verlag erschienen ist.


    Zum Autor:

    Volker C. Dützer, geb. 1964, lebt und arbeitet im Westerwald. Die Bandbreite seiner Romane reicht vom Science-Thriller bis zum lupenreinen Kriminalroman.

    Klappentext:

    Als die junge Trickdiebin Samatha Baring Zeugin eines Mordes wird, weiß sie sofort, dass auch ihr eigenes Leben in Gefahr ist. Zur Polizei kann sie nicht gehen, denn ihre Gegner sind mächtige Männer, die selbst die Gesetzeshüter in der Hand haben. Deshalb sucht sie Hilfe beim abgebrannten Privatdetektiv Jan Stettner, der ebenfalls schon Erfahrung mit der Korruption der Mordkommision gesammelt hat. Dieser nimmt den Fall erst nur widerwillig an. Doch schon bald stößt der erfahrene Ermittler auf mehr als nur eine Leiche und das geballte Schweigen einer eingeschworenen Dorfgemeinschaft. Können er und Sammy die dunklen Geheimnisse lüften, bevor sie noch mehr Opfer fordern?


    Meine Meinung:

    Dieses Buch hat mich in vielerlei Hinsicht überrascht. Die beiden Hauptfiguren Jan Stettner und Samantha Baring sind vor allem zu Beginn nur sehr bedingt sympathisch. Stettner lässt sich nach seinem Ausscheiden aus dem Polizeidienst ziemlich gehen, während Samantha Baring eine überzeugte Trickdiebin ist. Ihre Gegenspieler sind der Polizeichef und der örtliche Hauptarbeitgeber, deren Sympathiewerte aber noch deutlich niedriger liegen. Alle zusammen haben es mit einer Dorfgemeinschaft zu tun, die sehr dunkle Geheimnisse hütet und bereit ist, diese Geheimnisse mit allen Mitteln zu bewahren.

    Die Grundidee mit gefährdeter Schönheit und hartem Privatdetektiv ist altbekannt, wird hier aber in einer eigenständigen Variante präsentiert. Dazu kommen zwei Vermisstenfälle, eine Romanze und interessante (Neben-)Figuren. Die Handlung wirkt zeitweilig wenig glaubwürdig, aber spannend ist sie auf alle Fälle. Einige Nebenfiguren kochen ihr eigenes Süppchen und sorgen für zusätzliche Verwirrung. Auch Wettereskapaden spielen eine Rolle und bringen die Protagonisten in zusätzliche Gefahr. Jan Stettner erweist sich als hartnäckiger Ermittler, der seine Kontakte geschickt einzusetzen weiß.

    Das Tempo ist hoch und diverse Perspektivwechsel unterstützen dies. Die Spannung ist meist auf hohem Niveau und nur selten werden entspannende Momente eingestreut. Der Schreibstil ist intensiv und das Buch lässt sich locker herunter lesen.

    Am Ende sind nahezu alle Fragen beantwortet und manche Sympathiewerte gestiegen, vor allem die Stettners. Dieser raue Kerl hat mich am Ende überzeugt.

    Auch das Attribut Thriller hätte sich das Buch verdient. Mir hat das Werk sehr gut gefallen und bei einem weiteren Fall für Jan Stettner wäre ich dabei.


    Fazit:

    In diesem Buch wird eine bekannte Grundidee neu interpretiert und in eine überaus wilde Handlung eingebettet. Die Geschichte zeichnet sich durch hohes Tempo und reichlich Spannung aus. Deshalb bewerte ich den Titel mit vier von fünf Sternen (80 von 100 Punkten) und spreche eine Leseempfehlung aus.


    ASIN/ISBN: B0BB234D4N

    :lesend Hanna Caspian - Im Takt der Freiheit, Agatha Christie - Miss Marple (Kurzgeschichten von 12 erfolgreichen Autorinnen der Jetztzeit mit Miss Marple), Michael Peinkofer - Die steinerne Krone

  • In den tiefen Abgründen von Gräbersberg...


    Ich kenne von Volker Dützer bereits seine historischen Romane „Die Unwerten“, „Die Ungerächten“ und seinen Krimi „Morgen bist Du tot“, die mir alle sehr gut gefallen haben. So habe ich relativ bedenkenlos zu „Die blinde Zeugin“ (überarbeitete Neuauflage des Buches „Treibsand“) gegriffen.

    Samantha Baring (Sammy) ist eine junge Trickdiebin, die wohlhabenden Männern die Kreditkarten stiehlt, nachdem sie ihnen durch „Cool Reading“ die zugehörigen Geheimzahlen entlockt hat. Um an potenzielle Opfer zu kommen, arbeitet sie bei einem Catering-Service, der exquisite Feste ausrichtet. Sammys „Geschäft“ läuft so einigermaßen, sie hat schon einige Karten „eingesammelt“ - aber da beobachtet sie einen Mord in dieser illustren Gesellschaft... Zur Polizei kann sie aufgrund ihrer Vorgeschichte nicht so einfach, also sinnt sie auf andere Lösungen – nicht gerade „kluge“ Lösungen, wie ich fand... Es kommt zu einer wilden Verfolgungsjagd und durch einen Unfall erblindet Sammy. Sie wird vom Polizeiassistenten Mario Moretti gefunden, der in ihr eine wichtige Zeugin vermutet und sie seinem früheren Kollegen und neuerdings Privatdetektiv, Jan Stettner zur Betreuung (oder Bewachung?) übergibt.

    Moretti und Stettner beginnen nun, den Mord zu recherchieren, Moretti mit den polizeilichen Hilfsmöglichkeiten und Stettner mit seinem großen Erfahrungsschatz. Es stellt sich heraus, dass wohl fast die gesamten Honoratioren der Ortes Gräberssberg in irgendeiner Weise in den „Sumpf der illegalen Machenschaften“ verwickelt sind / waren, wahre Abgründe erscheinen uns Leser*innen – nicht mal vor Morden wird zurückgeschreckt, die dann auch noch vom Leiter der Mordkommission und Stettners ehemaligen Chef und Widersachers gedeckt werden (könnten?)… Aber weitere Informationen werden hier nicht von mir verraten...

    Der Schreibstil war – wie ich es von Volker Dützer gewohnt bin – flüssig und bildhalft, die teils sehr frauen- und menschenverachtende Sprache war wohl den handelnden Protagonisten aus Gräbersberg geschuldet. Die Ereignisse wurden aus unterschiedlicher Sicht geschildert, so dass der Spannungsbogen meist erhalten blieb.

    Über einen längeren Zeitraum fand ich das Buch spannend, zwar teilweise etwas unrealistisch (konnte Sammy tatsächlich so blöd sein? Gab es in diesem Ort nur die eingeschworene Gemeinschaft? Musste es immer an den spannendsten Stellen ein Gewitter geben? Und was sollten die immer wieder erwähnten Raben bedeuten?), aber zum Teil auch amüsant (z.B. die Dialoge zwischen Stettner und Sammy). Aber den großen „Show-Down“ am Ende empfand ich nur noch ekelerregend, blutig und abstoßend und hatte wirklich große Schwierigkeiten, das Buch zu beenden. Ich glaube, da war ich nicht die richtige Zielgruppe für dieses Buch, die Geschmäcker sind ja bekanntlich unterschiedlich und andere Leser*innen werden sicherlich nicht meine Probleme haben. Mich hat dann zwar wieder der allerletzte Abschluss (realistisch!) und ein kluges Nachwort des Autors etwas versöhnt – aber ich und das Buch passten eben nicht zusammen...

    Deshalb von mir an dieser Stelle nur eine eingeschränkte Leseempfehlung: für Fans starker und harter Thriller bestimmt ein Leseerlebnis, „Sensibelchen“ wie ich sollten eher lieber die Finger davonlassen!

    Aus diesen Gründen bewerte ich dieses Buch mit 3 1/2 von 5 Sternen.