'Mädchen, Frau, etc.' - Seiten 269 - 376

  • Deshalb gibt es jetzt eine neue Regelung, dass die Kinder 2 Jahre Lernrückstand haben müssen, bevor externe Fördermaßnahmen greifen. Krass, oder? :fetch

    Das ist sehr krass! =O Zwei Jahre Lernrückstand aufzuholen ist ein Ding der Unmöglichkeit. Eigentlich sollte geschaut werden, dass überhaupt kein Lernrückstand entsteht und nicht Ewigkeiten gewartet werden, bis es eigentlich zu spät ist.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Winsome


    Winsome hat mich sehr überrascht. Es beginnt so harmonisch, sie blickt auf ein schwieriges, aber gemeistertes Leben zurück und freut sich, wieder zu ihren Wurzeln zurückgekehrt zu sein - und plötzlich das Verhältnis mit ihrem Schwiegersohn.8| Nicht das ich ihr ihr Glück nicht gönnen würde, aber mit dem Mann der eigenen Tochter??? Das finde ich dann doch sehr heftig.

    Auch wenn Ehrlichkeit in einer Beziehung extrem wichtig ist - hier wünsche ich mir, Shirley muss nie davon erfahren. Da weiß man ja gar nicht, welcher Vertrauensbruch schwerer wiegt, der von Lennox oder der von Winsome. Hier hätte mich auch Lennox Perspektive interessiert. Welche Gründe hatte er, sich seiner Schwiegermutter zu nähern?

    Mir ging es ähnlich. Beim Lesen habe ich mich dir ganze Zeit gefragt, warum Winsome manchmal gegen ihre Tochter stichelt. Das wurde mir dann klar, als sie sich in den Schwiegersohn verliebte.

    Ich bin ganz eurer Meinung, dass es für alle Beteiligten am besten wäre, wenn die Affäre nie ans Licht kommen würde. Offenbar hat sie beiden Beziehungen nicht geschadet und den Beteiligten gut getan.

    Erstaunlich, dass die Affäre nicht aufgeflogen ist. Sie ging ja über eine längere Zeit.

    Bei Winsome hatte ich das Gefühl, dass sie doch so einiges bedauert, was sie nicht erleben konnte, weil das in den 50ger-Jahren nicht möglich war. Es war bedrückend zu lesen, dass sie als junge Frau eigentlich nur funktioniert hat und sich permanent angepasst hat, um etwas normal behandelt zu werden. Niemand hat je gefragt, wie es ihr geht und welche Gefühle sie hat. Sie blüht ja richtig auf, als ihre Enkelin sie nach ihrer persönlichen Geschichte fragt. Irgendwie traurig.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Vielleicht. Vielleicht gehts auch darum, dass die Autorin eine Beziehung schildern wollte, die beide wollen und wohl auch beiden guttut, aber trotzdem gesellschaftlich nicht als „passend“ empfunden wird. Das ist mir eingefallen, als ich gerade deinen Satz gelesen habe, dass beide damit ihre verborgenen Wünsche ausleben.

    Ich mache mir gar keine Gedanken, warum die Autorin jetzt diese Geschichte erzählt. Ich finde die Biografien der Frauen alle lesenswert und interessant. Bei Winsome finde ich den Aspekt, dass sich die jahrzehntelange Unterdrückung genau ins Gegenteil verkehrt noch spannend. Einmal im Leben nimmt sie sich, was sie begehrt. Das finde ich erstaunlich. Gerade, weil den Schwiegersohn zu lieben quasi "verboten" ist.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Mich hat bei den Geschichten so einiges persönlich sehr betroffen gemacht. Ich bin auch noch in einer Zeit und einer Familie aufgewachsen, in der Mädchen besonders brav, kompromissbereit und anpassungsfähig zu sein hatten.

    Mir hilft es, diese Geschichten zu lesen, um mit dem eigenen Schmerz über ungelebte Möglichkeiten besser klarzukommen.

  • Mich hat bei den Geschichten so einiges persönlich sehr betroffen gemacht. Ich bin auch noch in einer Zeit und einer Familie aufgewachsen, in der Mädchen besonders brav, kompromissbereit und anpassungsfähig zu sein hatten.

    Mir hilft es, diese Geschichten zu lesen, um mit dem eigenen Schmerz über ungelebte Möglichkeiten besser klarzukommen.

    Das sind so Momente bzw. Erfahrungen, bei denen nochmals ganz klar wird, warum Lesen so ein wunderbares Hobby ist. Vor allem gemeinsam mit anderen, denn dann werden solche Momente auch geteilt und es geht nicht nur um die eigenen Erfahrungen.

  • Mich hat bei den Geschichten so einiges persönlich sehr betroffen gemacht. Ich bin auch noch in einer Zeit und einer Familie aufgewachsen, in der Mädchen besonders brav, kompromissbereit und anpassungsfähig zu sein hatten.

    Mir hilft es, diese Geschichten zu lesen, um mit dem eigenen Schmerz über ungelebte Möglichkeiten besser klarzukommen.

    Dein Post berührt mich sehr, liebes Rumpelstilzchen . :knuddel

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Penelope


    Penelopes Kapitel hat mich auch wieder positiv überrascht, weil sie so ganz anders ist als die Geschichte der anderen Frauen. Sie ist ja auf der „Gegenseite“ und den Einwanderern sehr skeptisch gegenüber eingestellt. Doch auch sie hat ihre Last zu tragen und muss sich in ihrem Leben durchschlagen. Das Ende ihrer Geschichte fand ich sehr traurig, Penelope kommt mit sehr einsam vor und wenn dann auch noch ihre Tochter und deren Familie am anderen Ende der Welt wohnt ….


    Sehr interessant und da sind wir wieder bei den verschiedenen Sichtweisen fand ich den Blick auf Shirley. Ihnen waren unterschiedliche Dinge wichtig und da sind sie (zunächst) nicht zusammengekommen. Penelope der Feminismus und Shirley die Förderung unterpriveligierter Kinder. Sehr schade, dass sie sich gerade anfangs nicht ausgetauscht und zusammengetan haben, so hätten sie sicher mehr erreichen können.

    Ich kann dem eigentlich gar nichts mehr hinzufügen. Ich habe das auch so empfunden. :wave

    Gut finde ich, dass nicht alle Biografien am Ende heiter sind.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Danke, ihr Lieben.

    Ich finde diesen Aspekt, auch mal die persönliche Betroffenheit äußern zu können, in unseren Leserunden besonders schön und wichtig.


    Nach langen Jahren habe ich gelernt, ganz genau hinzusehen, wenn mich an einem Buch etwas besonders stört oder betroffen macht. Das hat dann häufig persönliche Gründe und dann heißt es, ein Buch auch einmal abzubrechen.

  • Bei Winsome finde ich den Aspekt, dass sich die jahrzehntelange Unterdrückung genau ins Gegenteil verkehrt noch spannend. Einmal im Leben nimmt sie sich, was sie begehrt. Das finde ich erstaunlich. Gerade, weil den Schwiegersohn zu lieben quasi "verboten" ist.

    Dein Post hat mich nochmal ganz anders zum Nachdenken gebracht. Von Winsome aus gehend ist es ein Akt der Befreiung von gesellschaftlichen Normen und vor allem der Selbstachtung gegenüber sich selbst. Endlich gibt sie ihren Wünschen und Bedürfnissen Vorrang. Emanzipation! Eigentlich doch etwas sehr Positives, wenn sie nicht damit potenziell jemand anders schädigt. Aber ich möchte jetzt mehr Winsomes Seite sehen und weniger Shirleys. Und für sie war die Affäre sicher gut und wichtig (wenn auch nicht richtig). Vielen herzlichen Dank Regenfisch , dass du mir diese Seite aufgezeigt hast :knuddel1 - ich seh das Verhältnis jetzt wesentlich differenzierter als vorher.


    Unterdrückt empfand ich Winsome allerdings nicht, eher angepasst und funktionierend, wie du in deinem anderen Post geschrieben hast. Wobei das ein sehr realistisches Bild von vieler Frauenleben ist, früher und heute.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Nach langen Jahren habe ich gelernt, ganz genau hinzusehen, wenn mich an einem Buch etwas besonders stört oder betroffen macht. Das hat dann häufig persönliche Gründe und dann heißt es, ein Buch auch einmal abzubrechen.

    Gerade eben, als ich zu Winsomes Affäre mit Lennox geschrieben habe, ist mir bewusst geworden, dass man - egal um welches Thema es geht - als betroffene Person fiktive Erlebnisse nochmal ganz anders wahrnimmt und dein Post passt da ganz genau zu meinen Gedanken. :knuddel1 Es erfordert viel Selbstreflexion, um das überhaupt zu erkennen, umso schöner ist es dann doch, wenn Literatur helfen kann, unbewusste Verhaltens- und Denkmuster aufzubrechen und sich ihrer bewusst zu werden.


    Und noch schöner, wenn man diese Gedanken teilen kann :wave. Ganz allgemein möchte ich an dieser Stelle vielen vielen Dank für das gemeinsame Leseerlebnis sagen! Gerade bei diesem Buch finde ich den Austausch extrem hilfreich, um die vielen Eindrücke sortieren zu können! :*

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Und noch schöner, wenn man diese Gedanken teilen kann . Ganz allgemein möchte ich an dieser Stelle vielen vielen Dank für das gemeinsame Leseerlebnis sagen! Gerade bei diesem Buch finde ich den Austausch extrem hilfreich, um die vielen Eindrücke sortieren zu können!

    Das geht mir auch so. Und ich bin sehr erleichtert, dass ihr alle trotzdem noch mitlest und eure Meinung schreibt, obwohl ich so hinterher schnecke. :knuddel1

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Und ich bin sehr erleichtert, dass ihr alle trotzdem noch mitlest und eure Meinung schreibt, obwohl ich so hinterher schnecke. :knuddel1

    Ich schnecke mit dir, bin ja auch noch mitten im vorletzten Abschnitt. :knuddel1Aber ich schließe mich dir gerne an: toll, dass alle „fertigen“ noch so aktiv mitschreiben :thumbup:.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Mir fällt es oft ein wenig schwer, ein Buch langsam und mit Bedacht zu lesen. Deshalb freue ich mich so, dass einige von euch das so gut können und ich so auf Aspekte stoße, die mir sonst entgangen wären.

    :lesend

    Genauso geht es mir auch, ich lese hier immer noch sehr gerne mit und entdecke so auch immer wieder Details, die mir entgangen sind oder Gedanken auf die ich alleine nie gekommen wäre.