Die Farben der Welt - Johanna von Wild

  • ASIN/ISBN: 3839202507


    Von Amazon übernommen:

    Nürnberg, 1591. Nach dem Tod ihrer Eltern nimmt der Apotheker Basilius Besler seine Nichte Ida bei sich auf und schickt sie zur Schule. Dort findet sie in der Kaufmannstochter Luisa eine Freundin fürs Leben und entdeckt ihre Liebe zur Malerei. Doch es gibt auch Mädchen, die ihr übel mitspielen. Zum Studium geht Ida nach Florenz und erhält nach ihrer Rückkehr vom Eichstätter Fürstbischof den Auftrag, Zeichnungen für den Prachtfolianten seines Gartens anzufertigen. Aber Neid und Missgunst bestehen noch immer. Eine Intrige sorgt nicht nur für den Bruch zwischen ihr und Luisa, sondern bringt Ida in Lebensgefahr.



    Ungewöhnlich für das Jahr 1591: eine Frau geht ihren Weg...


    Und wieder bin ich aus der Welt des Mittelalters in die heutige Zeit zurückgekehrt – und wieder habe ich viel Neues erfahren... Zu verdanken habe ich dies den Romanen von Johanna von Wild, ich kenne sie mittlerweile alle und die Fähigkeit der Autorin uns in diese unbekannte Welt eintauchen zu lassen, fasziniert mich immer aufs Neue! Ich konnte mir das mittelalterliche Treiben sehr gut vorstellen, fast als ob ich dabei gewesen wäre!

    In dem Buch „Die Farben der Welt“ werden wir zuerst nach Nürnberg entführt: 1591 ist Ida Gerster zehn Jahre alt und verliert kurz hintereinander beide Elternteile. Ihr Onkel, Basilius Besler, nimmt sie bei sich auf. Bald hilft sie ihm gern in seiner Apotheke und lernt einiges über die verschiedenen Kräuter und Heilpflanzen. Ihren Wunsch, eine Schule zu besuchen, wird vom Onkel aktiv unterstützt. Dort sehen jedoch drei Klassenkameradinnen auf Ida herab, weil sie „nur“ die Tochter eines Schmieds ist und deshalb einen bedeutend niedrigeren Stand als sie selbst als Kaufmannstöchter (die Haltung und Aktionen dieser „Zicken“ würde man heutzutage als Mobbing bezeichnen), aber Ida findet auch eine Freundin, Luisa. Durch deren Mutter lernt Ida die Malerei kennen, die sie ihr Leben lang begleiten wird.

    Ida reist 1598 nach Florenz, um an der Accademia delle Arti del Diego ihre Malkunst weiterzuentwickeln. Dort dürfen tatsächlich auch Frauen studieren. Und noch ein Unterschied: in Nürnberg ist Frauen nur das Malen mit Aquarellfarben gestattet, während in Italien Frauen auch Ölfarben benutzen dürfen. Dort freundet sich Ida mit Artemisia Gentileschi an, eine „italienische Malerin des Barock. Sie gilt als bedeutendste Malerin ihrer Epoche.“ (Wikipedia) Zu ihren bekanntesten Werken gehört „Judith und ihre Magd mit dem Haupt des Holofornes“ – ein sehr eindrucksvolles Bild (was ich aber bestimmt nicht in meine Wohnung hängen möchte - abgesehen davon, dass mir das nötige „Kleingeld“ dazu fehlt!), deren Vorgeschichte wir durch Artemisia erfahren. Das schätze ich an den Büchern von Johanna von Wild: ich lerne neben der eigentlichen Handlung historische Persönlichkeiten kennen…

    Und noch etwas habe ich aus „Die Farben der Welt“ mitgenommen: die Entstehungsgeschichte des „Hortus Eystettensis“. Im Roman setzt ihm die Autorin ein Denkmal, denn der Verfasser dieses Werkes ist Idas Onkel, der (historisch belegte) Basilius Besler (ein Originalband dieses Werkes wurde übrigens im Juli 2016 für mehr als 2,2 Mill. Euro von Auktionshaus Christies versteigert – aus dem Nachwort der Autorin). Aber Frau von Wild hat ihrem Roman noch eine weitere charmante Idee hinzugefügt: „Die meisten Vorzeichnungen zum Hortus Eystettensis sind mit den Initialen ‚IG‘ versehen, die vermutlich auf den Nürnberger Maler Georg Gärtner hinweisen – der Vorname war auch als Jörg geläufig. Ich nutzte seine Initialen für Ida Gerster (J wurde früher als I geschrieben).“ (Dichtung, Wahrheit und Anmerkungen, S. 439) Mir hat diese kleine, feine Eingebung sehr gut gefallen, so hat sich für mich der Kreis perfekt geschlossen!

    Klar, natürlich gibt es auch für dieses Buch eine Leseempfehlung für geschichtsinteressierte LeserInnen, die Historie gern „hautnah“ erleben mögen!

  • Ida wird innerhalb von 2 Tagen Waise und lebt fortan bei ihrem Onkel, dem Apotheker Basilius. Er sorgt für eine gute Schulbildung und durch glückliche Umstände wird Idas Mal-Talent entdeckt und gefördert, so dass sie damit ihren Lebensunterhalt verdienen kann.


    Die Lebensumstände im Mittelalter, die Stadt Nürnberg, Bräuche, Essen, Wohnsituationen, Reisemitbringsel, Handwerk und noch vieles mehr fand ich im Buch wirklich fesselnd und toll beschrieben. Da fühlt man sich wirklich ins mittelalterliche Nürnberg versetzt. Auch Idas Lebensweg war durchaus interessant.


    Dass sie nun auch noch extrem gutaussehend und der Schwarm aller Männer war, war für meinen Geschmack zu viel. Das alleine hätte ich vermutlich trotzdem ignoriert, dass aber eigentlich alle Figuren alle entweder strahlend-weiß oder tief-schwarz gezeichnet waren fand ich ziemlich öde. Entweder sind die Figuren herzensgut und liebenswürdig oder absolut unerträglich. Das fand ich auf Dauer so nervig, dass ich das Buch irgendwann nur noch quergelesen habe.


    Außerdem fand ich störend, dass der Klappentext eigentlich schon die gesamte Geschichte verrät.

  • Im Wesentlichen kann ich Chiclana nur zustimmen, allerdings hat mich neben der eintönigen Sprache auch die nicht sehr überzeugende Verwendung von bestimmten Worten genervt. Die Dialoge krankten richtig daran, dass dauernd geschwollene, stereotype Formulierungen vorkommen. Sollte damit historisches Kolorit entstehen?
    Dann wäre es besser gewesen, dieses Unnatürliche und Gestelzte gleich sinnvoll mit einzubeziehen. (Beispiel: "Seid bedankt", sagte Ida. Sie hatte inzwischen gelernt, Formulierungen zu verwenden, die als höflich galten.) oder das Ganze ohne Worte stattfinden zu lassen (Ida dankte) und stattdessen eventuell Idas Gefühle, warum sie jemanden dankt, zu beschreiben.

    Völlig unpassend fand ich zum Beispiel auch, dass Ida mehrmals lobt, wodurch sie herablassend und arrogant wirkt, was mit Blick auf den Kontext sicher nicht so rüberkommen sollte. Lob bedeutet Anerkennung von jemanden, der oder die aufgrund der Position oder ihrer Fertigkeit überlegen ist. Wenn Ida zum Beispiel ein Garten von Höhergestellten gefällt, wird sie vielleicht begeistert sein und das auch vermitteln, aber diese sicher nicht dafür loben,


    Und wenn Ida in Tränen aufgelöst ist, nachdem jemand, der ihr viel bedeutet hat, völlig grundlos getötet wurde, ist das zwar eine nachvollziehbare Reaktion, aber sie gleichzeitig reden und weinen zu lassen, indem es bei Verwendung der direkten Rede heißt: <<"Sie haben XY ermordet", weinte Ida>>, ist einfach nur schlechter Stil.

    Ich kann mich nicht erinnern, dass mich ein schlechter Schreibstil bei den beiden anderen Büchern der Autorin, die ich bisher gelesen habe, so genervt hat. Lag es daran, dass mir die eigentlich "farbige" Schilderung von Ida als Pflanzenmalerin recht gut gefallen hat, weswegen mir die sprachlichen Defizite hier besonders aufgefallen sind. Oder Ist dieses Buch sprachlich einfach schlechter, als die Bücher, die ich bisher von Johanna von Wild gelesen habe. Oder ist mir das bei den anderen beiden Büchern nicht aufgefallen, weil sie mich trotz anderer Mängel, mit Abstrichen inhaltlich teilweise fesseln konnten?


    Artemisia Gentileschi war zwar eine bedeutende Malerin und sicher eine interessante Persönlichkeit, aber anders als Julius Echter von Mespelbrunn und auch Herzog Ulrich, der immerhin einige starke Szenen hat und zudem mit seinem Erstauftritt vielleicht die plastischste Szene, die Johanna von Wild bisher geschrieben hat, fand ich die Darstellung von Artemisia bei Johanna von Wild ziemlich uninteressant. Ob Johanna von Wild einfach mit historischen weiblichen Persönlichkeiten schwerer tut, kann ich nicht beurteilen, da ich ihre "Die Erleuchtung der Welt" mit Mechthild von der Pfalz bisher nicht gelesen habe.


    Anders als bei den beiden männlichen Akteuren fand ich auch die Beziehung zwischen der historischen wichtigsten Figur und der "Heldenfigur" nicht wirklich interessant. Da wäre mehr möglich gewesen, allerdings dürfte Idas Aufenthalt in Florenz auch der schwächste und einfallsloseste Teil des Romans sein.

    Das Mobbing der drei bösen Bürgertöchter dagegen wirkten auf mich leider sehr authentisch. Allerdings hätte es nicht geschadet, sie als Charaktere etwas differenzierter zu gestalten und ihnen auch ein wenig Tiefe zu geben, aber an diesem Problem krankte bereits "Der Pfeiler der Gerechtigkeit", wo die Familiengeschichte der Heldenfigur mit bösem Stiefvater, bösem Stiefbruder und einer zum Bösen verführten Schwester auch die entscheidende Schwäche des Buches war.

    Nachdem mir "Der Getreue des Herzogs" (vermutlich ihr bestes Buch, einerseits weil es da ein überzeugendes Ende, aber eben kein Happyend gibt und weil Johannes mich als Figur und mit seiner Geschichte im Vergleich zu Simon und von Ida am meisten überzeugt hat) und "Der Pfeiler der Gerechtigkeit (trotz Simons klischeelastiger Familiengeschichte) ganz gut gefallen haben, werde ich einem weiteren Buch von ihr noch eine Chance geben.

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    Die gefährlichsten Unwahrheiten sind Wahrheiten, mäßig entstellt. (Georg Christoph Lichtenberg)

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