Michael Wolffsohn - Wem gehört das Heilige Land?

  • Michael Wolffsohn - Wem gehört das Heilige Land?

    ASIN/ISBN: 349223495X


    Der Konflikt um Palästina oder das "Heilige Land" ist mit seiner über viertausendjährigen Geschichte einer der ältesten der Menschheit.


    Die historischen und religiösen Ansprüche waren dabei immer nur für die jeweils eigene Seite wirklich überzeugend. Stets stießen verschiedene Konfliktfelder aufeinander.

    Nationale Rechte, religiös motivierte Ansprüche, regionale- und Großmachtinteressen.

    Sowohl Juden als auch Araber waren zu verschiedenen Zeiten Besitzer Palästinas gewesen, nicht aber Eigentümer. Rechtsnachfolger im völkerrechtlichen Sinne der Kanaaniter, der ursprünglichen Eigentümer, sind nicht mehr zu ermitteln. Seit dem Altertum war das Heilige Land Durchzugsgebiet unzähliger Heerzüge.

    63 v.Chr. besetzten es die Römer, nach 70 n. Chr. (Masada) war Palästina Provinz des römischen Imperiums. Der jüdische Tempel in Jerusalem wurde zerstört und die Masse der jüdischen Bevölkerung in alle Teile der damals bekannten Welt zerstreut. (Diaspora)

    Mohammed starb 632 n. Chr., fünf Jahre später wurde Palästina Schauplatz blutiger Schlachten. Auf dem Boden, der Moslems und Christen heilig war, tobte ein erbitterter Krieg zwischen der neuen Weltmacht Islam und der alten Weltmacht Byzanz.

    Das islamische Heer siegte und besetzte Jerusalem im Jahre 638.

    Von 1517 bis 1917 war der Landstrich Palästina dann später Teil des Osmanischen Reiches.


    Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert kam es dort zu ersten Artikulationen eines arabischen Nationalismus, der in den Folgejahren mit dem sich ebenfalls entwickelnden Zionismus in immer schärferen Konflikt geriet. Die an den Zusammenbruch des Osmanischen Reiches nach dem ersten Weltkrieg geknüpften Hoffnungen der Araber auf Unabhängigkeit und Selbstbestimung erfüllten sich jedoch nicht.

    Die beiden Großmächte Frankreich und Großbritannien teilten Palästina 1916 im zunächst geheimen Sykes - Picot - Abkommen unter sich auf.

    Großbritannien hatte im Anschluss Palästina als Mandatsmacht von 1920 - 1948 unter seiner Verwaltung.

    In der Balfour - Erklärung von 1917 versprach die britische Regierung den Juden die Errichtung einer "Nationalen Heimstatt" in Palästina, was nach der Gründung des "Zionistischen Weltkongresses" durch den Wiener Theodor Herzl 1896, zu verstärkter jüdischer Einwanderung führte.

    Der Staat Israel wurde schließlich 1948 gegründet, Fluchtpunkt für die Überlebenden des Holocaust und für alle übrigen in der Welt verstreut lebenden Juden.

    Schon am Tag nach der Staatsgründung kam es zu bewaffneten Konflikten zwischen proarabischen und israelischen Kampfverbänden. Es war der Beginn des Nahost - Konfliktes in seiner heute bekannten Form.

    Die aus Israel geflüchteten Araber, nun Palästinenser genannt, wurden in großen Flüchtlingslagern in den arabischen Nachbarstaaten aufgefangen. Das führte zu zunehmenden Konflikten Israels mit seinen Nachbarn und führte zu zahlreichen Kriegen.

    1967, der Sechs - Tage - Krieg bringt Israel in den Besitz des Westjordanlandes, der Halbinsel Sinai und des Gaza- Streifens, Konfliktfelder der Zukunft.

    Es folgten der 1973 erst der Yom - Kippur - Krieg, dann der Konflikt um den Libanon, die Quellen am Golan und um Jerusalem. Erst mit der massiven Intervention beider damaliger Supermächte, die den Nahost - Konflikt bis dahin als Stellvertreterkrieg genutzt hatten, gelang nach 1973 ein Waffenstillstand.

    Es gab durchaus Hoffnung auf Entspannung. So hatte der einseitige Vorstoß des ägyptischen Präsidenten Sadat in Richtung eines Separatfriedens mit Israel 1978 im Abkommen von Camp - David Erfolg. Allerdings lehnten die anderen arabischen Staaten die Friedensinitiative ab.

    Statt mit den arabischen Nachbarstaaten, stellte sich nach 1978 zunehmen ein anderer Konflikt ein, der zwischen Israel und den palästinensischen Organisationen PLO, Hamas, Jihad und anderen kleinen und kleinsten Splittergruppen.

    Erst nach langen Jahren eines "Intifada" genannten, zivilen Streikkampfes in den besetzten Gebieten und dem zermürbenden alltäglichen terroristischen Kleinkrieg auf Israels Straßen, bewegte sich die PLO als größte Organisation unter ihrem charismatischen Anführer Jassir Arafat 1993 in Richtung eines Friedens mit Israel.

    Die Gaza-Jericho-Abkommen von 1993-1996 waren ein unumkehrbarer Schritt in die Richtung eines friedlichen Zusammenlebens zwischen Israelis und Arabern in Palästina.

    Ein Frieden, der allerdings unvollkommen, gefährdet und noch nicht in allen Punkten implementiert ist, der unfertig bleibt, bis auf den heutigen Tag.



    Beurteilung:


    Michael Wolffsohn redet Tacheles, er zeigt klar auf, worum es sich bei dem Konflikt dreht:


    Frieden für Israels Grenzen, Anerkennung des Staates Israel in gesicherten Verhältnissen.

    Auf der anderen Seite ein souveräner palästinensischer Staat, Freiheit und Selbstbestimmung des Palästinensischen Volkes


    Das ist die 'conditio sine qua non', ohne diese Einigung kann es keinen dauerhaften Frieden geben.

    Aber ohne Beilegung des arabisch-israelischen Konfliktes wird es zu einer Gestaltung des arabischen Raumes in gesicherten Grenzen nicht kommen. Gleiche Rechte für Israelis und Palästinenser sind die Grundbedingung dafür.

    Die Wasserfrage am Jordan und Golan, die Jerusalemfrage, alles verhandelbar, die Frage nach der Freiheit aber nicht!

    Wolffsohns Verdienst ist es in seinem Buch, das ihm in Anbetracht der schwierigen Materie eine nüchterne und ausgewogene Einschätzung gelingt.

    Als deutschem Juden liegt ihm das Wohl Israels am Herzen, daran läßt er keinen Zweifel. Aber er ist weder blind noch einäugig, Wolffsohn sieht auch immer die selbstverständlichen Rechte des palästinensischen Volkes.

    Die Detailkenntnis des Autors steht außer Zweifel, die klare und völlig unprätentiöse Sprache macht es jedem interessierten Leser (m/w/d) leicht, in die wahrlich schwer zu überschauende Problematik einzusteigen.

    Wolffsohn richtet sich mit voller Absicht nicht an die Fachwissenschaftler, sondern an alle Leserinnen und Leser, die die Problematik der Konflikte im Nahen Osten nicht unberührt läßt.

    Dazu gehört auch ein ordentlicher Anhang, der zumindest die wichtigsten Publikationen der kaum noch überschaubaren Flut zu diesem Thema umfasst.

    Also eine klare Leseempfehlung von mir für dieses Buch.