Jürgen Kaiser- Macht und Herrlichkeit
ASIN/ISBN: 3774309191 |
Die Kathedralen am Rhein
Das Wort "Kathedrale" erinnert an das griechische Erbe im Christentum. Ursprünglich bedeutete griechisch 'kathedra' einfach Sitz, gelegentlich auch Lehrstuhl, im oströmisch-spätantiken Reich aber Thron des Herrschers. In der Kirchensprache bedeutet 'cathedra' bis heute den bischöflichen Thron, die Autorität des Lehr- und Hirtenamts verdeutlichend.
Die Kathedralen am Rhein waren neben Gottesburgen immer auch Sinnbilder von Macht und Herrschaft, steingewordene Symbole der herrscherlichen Selbstdarstellung.
Die ältesten von ihnen, etwa Speyer oder Worms, bildeten in ihrem Erscheinungsbild noch die Herrschaftsform ab. Ihre Bauart glich einer Königsburg, mit kleinen Fenstern wie zur Verteidigung, romanischen Bögen, wuchtig in der Bauweise mit blockartigen Kapitellen und gewaltigen Steinwänden. Sie bildeten die 'Burg Gottes' getreu nach dem Bild der Burgen und Pfalzen der jeweiligen Herrscher ab.
Verschiedene Könige und Kaiser hatten die von ihnen gebauten Burgen auch gleich als Grablege geplant und somit auch den Alleinanspruch darauf manifestiert. So ist der Dom in Speyer Grablege der meisten mittelalterlichen Herrscher von Konrad II.,1039; über Heinrich III.,IV,V., Philipp von Schwaben, Rudolf I., Adolf von Nassau, bis hin zu Albrecht von Österreich, 1308)
Das späte Mittelalter brachte die "bürgerliche Emanzipation" vor allem in den Städten. Der prosperierende Handel seit der Stauferzeit spürte Geld in die Städte. Der Geldhandel ersetzte zunehmend den Tauschhandel, eine selbstbewusste und einflussreiche Kaufmann- und Handwerkerschaft wollte als Zeichen ihrer gewachsenen Bedeutung nun ebenfalls Kathedralen erbauen. So entstanden in Freiburg, Straßburg und Köln gleichsam als steinerne Monumente des gesellschaftlichen Wandels gotische Kathedralen, Pfeilerbasiliken mit Pilastern, Fialen, riesigen Glasfenstern und hohen Türmen.
"Alles strebt hin zum Licht", war gleichsam die Formel der gotischen Kathedralbauweise. Zeichen der Macht eines selbstbewussten städtischen Bürgertums.
Beurteilung:
Dieser Bildband zeigt in nachvollziehbarem Zusammenhang, was die Kathedralen am Rhein ausmacht.
Die enge Verbindung von Fluss und Großkirchen spiegelt sich in fast allen Texten und Bildern wieder. Der Fluss bedeutete seit der römischen Zeit Innovation und Reichtum. Er brachte Künstler, Handwerker, Ingenieure und Baumeister in die rheinischen Städte, die hier ihr Können vervollkommnen konnten.
Sie bekamen von machtbewussten Herrschern und Bürgern die Mittel zur Verwirklichung ihrer kühnen Ideen. Das ist die Essenz, die man aus Kaisers aufwendig gestalteten Buch ziehen kann. Auch wenn die Vorstellungen oft das technisch- und finanziell Machbare überforderten, wie in Köln, wo der Dombau 600 Jahre bis zur Vollendung brauchte.
Die Fotographie von Florian Monheim , geb.1963, ist reif und eindrucksvoll und gibt das Sujet gekonnt wieder.
Dr. Jürgen Kaiser, geb.1967, ist Historiker und Kulturreiseleiter mit Schwerpunkt Mittelalter in Köln.