Schrödingers Kätzchen und die Suche nach der Wirklichkeit - John Gribbin

  • Ein Buch, das versucht die neuesten Erkenntnisse und Interpretationsversuche der Quantenphysik verständlich darzustellen und zu erklären. Der Autor, John Gribbin, setzt dabei aber Grundwissen über das Themengebiet voraus, was bereits im Vorwort deutlich gemacht wird.


    Gribbin räumt der persönlichen Entwicklung der einzelnen Wissenschaftler, die auf die eine oder andere Weise mit dem Themengebiet zu tun haben/hatten erfreulicherweise auch etwas Raum ein. So lesen sich einige Abschnitte im ersten Drittel des Buches, wie Kurzbiographien, die immer wieder mit interessanten Details gespickt sind. Der Leser lernt also nicht nur die Quantenphysik, sondern auch die Menschen, die maßgeblich an der
    Entwicklung dieses Wissenschaftszweig beteiligt waren/sind, besser kennen und kann deren Leistungen viel besser einschätzen.


    Den weitaus größten Platz gibt Gribbin allerdings den verschiedenen Interpretationen eines Quantenphysik-Weltmodells. Ausführlich werden die wichtigsten Denkansätze der unterschiedlichen wissenschaftlichen Herangehensweisen erläutert, z. B. das "Vielweltenmodell" oder die "Kopenhagener Interpretation". Wobei gerade die "Kopenhagener Interpretation" unter Federführung von Nils Bohr mittlerweile im realen Versuch in wichtigen Teilen widerlegt werden konnte.
    Auch Irrtümer der Wissenschaft, und die geradezu erschreckende Naivität, die eine ganze Generation von Physikern einem Rechenfehler (Stichwort: von Neumann) blind vertrauen ließ, werden detailliert und spannend geschildert. Klar, daß gelegentliche Ausflüge in die Philosophie fast nicht zu umgehen sind, was dem Thema aber durchaus angemessen ist, da doch viele Aspekte der Quantenphysik grundsätzliche Fragen des Daseins direkt und indirekt betreffen.


    Manche sehr wissenschaftliche Ausführung bleibt allerdings für den Laien leider schwer verdaulich, auch wenn sich der Autor bemerkenswert viel Mühe gibt verständlich und anschaulich zu bleiben. Gribbin bezieht Stellung, behält aber stets Pro und Contra des jeweiligen Erklärungsansatzes im Auge.


    "Wie immer wir das Geschehen beschreiben, es ist nicht daran zu rütteln, daß etwas sehr Seltsames in dieser kosmologischen Version des Experiments der verzögerten Entscheidung abläuft. Das ganze Universum scheint im voraus zu wissen, welches Experiment irgend jemand irgendwann in den nächsten Jahren möglicherweise auf einer chilenischen Bergspitze durchführen wird. Wheeler ist nicht einmal vor der Behauptung zurückgeschreckt, daß gesamte Universum existiere nur deshalb, weil es jemand [von außerhalb] beobachte."


    Faszinierend lesen sich die Abschnitte des Buches, in denen über die reale Umsetzung von ursprünglich nur als Gedankenexperimente geborene Ideen berichtet wird. Hier wirft Gribbin auch einen kurzen Blick in die Zukunft und stellt heutige Gedankenexperimente vor, die technisch (noch) nicht real umsetzbar sind. Gegen Ende wird noch einmal der Bogen zum Anfang geschlagen und über die aktuellen Physiker und Mathematiker und ihren faszinierenden Ideen berichtet, was es mit dem Universum in dem wir
    leben auf sich haben könnte und ein Erklärungsmodell der Quantenphysik näher beleuchtet, daß nach Gribbins Meinung zu den z. Zt. wohl überzeugendsten gehört.


    Zusammenfassend ist anzumerken, daß es ein Buch voller Haken und Ösen ist, die einmal durchgefädelt allerdings Seite um Seite faszinierender werden. Der Einstieg (Thema Lichtteilchen/-wellen) gestaltet sich etwas zäh, wird dann aber durch einen kurzen Spaziergang durch die Quantenphysik-Historie aufgelockert. Der Mittelteil gehört den verschiedenen Erklärungsmodellen und erstaunlichen Experimenten (sowohl real durchgeführte, wie auch gedanklicher Natur) zum Thema. Der Schlußteil rundet das Ganze mit einem Ausflug in die Kosmologie und einer Momentaufnahme einer möglichen Interpretation ab.
    Keine wirklich leichte populärwissenschaftliche Lesekost, aber für Leser, die bereits das eine oder andere Werk über Quantenphysik kennen sicherlich eine empfehlenswerte Bereicherung der Wissenschaftsecke ihres Regals.


    Und jetzt frage ich mich, ob "meine" Photonen das alles vorher schon gewusst haben, was ich zu dem Buch zu sagen hatte. ;-)


    Gruss,


    Doc

  • Nun ... ich werde mir dieses Universum besorgen und mal aus dem gemütlichen Kissenwust heaus (d.h. von außerhalb! :grin) beobachten, was darin vor sich geht -- mal schaun, ob meine Erwartungen erfüllt werden. :lache


    (komische Erklärung für ein teleologisches Weltbild ... :gruebel)

  • Zitat

    Original von hinterwäldlerin
    Ist "Schrödingers Kätzchen" eine Anspielung auf die Schrödinger Gleichung?


    Nein, sondern eine Anspielung auf das durchaus berühmte Gedankenexperiment Schrödingers mit dem er eigentlich die Quantentheorie kritisieren wollte, der er (wie Einstein übrigens auch) äußerst skeptisch gegenüberstand.
    Tja, der Rest ist eigentlich Wissenschaftsgeschichte. Gerade durch Schrödingers Katze wurde die Quantentheorie so richtig bekannt.


    Gruss,


    Doc

  • Du solltest vielleicht fairerweise (trotz der Katzenfreundeübermacht hier im Forum) dazu sagen, doc, dass es in Schröders Quantenuniversum vor allem darum geht, ob der kleine Stubentiger hopps geht oder nicht ... :grin

  • Zitat

    Original von columbo
    Du solltest vielleicht fairerweise (trotz der Katzenfreundeübermacht hier im Forum) dazu sagen, doc, dass es in Schröders Quantenuniversum vor allem darum geht, ob der kleine Stubentiger hopps geht oder nicht ... :grin



    hopps geht. Eine Katze!!


    :cry :cry :cry :cry :cry :cry

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus