Türkei-Beitritt: Ja oder Nein?

  • Demosthenes :


    Zitat

    Was heißt hier Scheinargument? Willst du etwa leugnen, daß es das gibt?


    Ein Scheinargument heißt nicht, dass es das betreffene Problem nicht gibt.


    Für mich sind jedenfalls Ehrenmorde kein Hindernis für ein Land, der Eu beizutreten.


    1. Wenn es danach gehen würde, könnte die EU gar nicht bestehen, soviele Morde hat es in der Geschichte Europas schon gegeben, wo sich ein Mann seiner Ehre verletzt fühlte und Rache übte ...


    2. Probleme dazu da, gelöst zu werden. Und wie will man ein Problem lösen, wenn man nicht darauf zugeht, stattdessen sogar das Problem ausschließt, es verdrängt, aber es aus der Kiste zaubernd, wenn man es mal als "Argument" für eine Diskussion benötigt. ;-)


    Zitat

    Ersteres ist in D strikt von Staat, Gesellschaft und Religion verpöhnt oder verboten und zweiteres ist eine kulturell-religiös bedingte "ehrenwerte" Handlung. Zumindest in islamischem Kulturbereich.


    In vielen islamischen Ländern gibt es keinen Ehrenmord !!!


    Es gibt Ehrenmorde sowohl in manchen islamischen Ländern, als auch in westlichen Ländern.


    Ehrenmorde haben nichts mit Religion zu tun, außer, die Religion wird dazu missbraucht, einen Ehrenmord zu rechtfertigen.


    Zitat

    Hast du mitgezählt? Dann mir mal die genauen Zahlen.


    Laut UNO werden jedes Jahr 5000 Ehrenmorde begangen.


    Gehe mal in die nächste Polizeistation und frage, was das häufigste Mordmotiv ist: Eifersucht.


    Eifersucht aufs Geld, Eifersucht auf Macht, Eifersucht auf die Frau, und, und, und.


    Dagegen sind 5000 Ehrenmorde nur ein kleiner Mosaikstein ...


    Zitat

    mmerhin ist es Beispiel, wie lange es dauert, bis Vernunft irgendwo Einzug hält.


    Gutes Argument für den Beitritt der Türkei. ;-)

    Die Geschichte lehrt die Menschen, daß die Geschichte die Menschen nichts lehrt.


    Mahatma Gandhi, indischer Freiheitskämpfer

  • Zitat

    Original von Tom


    Aber "Türkei" ist pauschal immer richtig, oder? :rofl


    Ja, weil damit die "Türkei" gemeint ist, nicht Kurdistan oder sonstige einverleibten Gebiete.

    Demosthenes :write
    Aus dem Klang eines Gefäßes kann man entnehmen, ob es einen Riß hat oder nicht. Genauso erweist sich aus den Reden der Menschen, ob sie weise oder dumm sind.

  • Zitat

    Original von Perseus
    Für mich ist Mord Mord, Tod ist für mich Tod.


    Genau. Aber scheinbar ist die Akzeptanz eines "Ehrenmordes" in der anderen Kultur grösser als eines "Eifersuchtmords" hier. Ich kenne jedenfalls niemanden in meinem Umkreis, der einen Eifersuchtmord als tolerierbar oder akzeptabel erachtet.


    Zitat

    In vielen islamischen Ländern gibt es keinen Ehrenmord !!!


    Es geht hier aber auch nicht um islamische Länder im allgemeinen, sondern ganz konkret um die Türkei

  • Zitat

    Das alles in einen Topf zu werfen, ist gar nicht möglich.


    Und wer will oder verlangt das, von Dir abgesehen? :wow


    Um bei Deinem originellen Beispiel zu bleiben - weder die Föderation, noch die Klingonen haben je versucht, sich gegenseitig zu assimilieren (das waren wieder andere :grin), die kulturellen Unterschiede zu beseitigen, um gemeinsames Agieren zu ermöglichen. Respekt vor der jeweils anderen "Kultur" genügte. Und nicht mehr oder weniger erwarte ich - von mir selbst und von meinen Landsleuten -, wenn es darum geht, das ignorante "Wir bleiben, wie wir sind, koste es, was es wolle" abzuwerfen und sich mit der Tatsache auseinanderzusetzen, daß die Welt im Wandel ist, und kleinkariertes Dörflerdenken der Vergangenheit angehört - oder angehören wird, früher oder später. :fetch

  • Gut, dass Du es nun genauer definiert hast. Schließlich war da oben in einem Atemzug von Bundesrepublik und jener Kultur die Rede.

  • Zitat

    Original von Tom
    Um bei Deinem originellen Beispiel zu bleiben - weder die Föderation, noch die Klingonen haben je versucht, sich gegenseitig zu assimilieren


    Hier geht es doch nicht um eine Assimilierung, sondern einfach ums Anpassen in den wesentlichen bereichen. Niemand erwartet eine Religionskonvertierung oder die Aufgabe der kulturellen Traditionen - aber eben nur soweit sie mit unseren Gesetzen harmonieren.


    Es geht rein nur darum, dass unsere grundlegenden gesellschaftlichen Regeln akzeptiert werden - und wenn diese im Widerspruch zur fremden Kultur stehen, dann gibt es da eben Probleme, wenn die Anpassung nicht erfolgt.



    Wenn man in ein fremdes Land einwandert, dann muss man sich halt einfach ein bisschen anpassen. Das hat nichts mit Assimilierung oder "Dörflerdenken" zu tun. Der Respekt, der von uns gegenüber diesen fremden Kulturen gefordert wird, darf durchaus auch von der Gegenseite verlangt werden.

  • Zitat

    Original von Tom



    "Unsere Kultur"? Was, verdammtnocheins, ist denn "unsere Kultur"? GZSZ oder doch Goethe? Dieter Bohlen oder lieber nur Grönemeyer? Polizisten, die Demonstranten verdreschen, oder der fröhliche Schutzmann, der die Kiddies über die Straße vor der Schule führt?


    Lieber Tom, an sich schätze ich ja deine Beiträge sehr (deine Bücher sowieso) - aber dieses Ding (ich meine jetzt dein Beitrag) hat mich dann doch vom Sofa gehauen.
    Natürlich ist das, was du dort aufzählst, ein Teil unserer Kultur. Kultur ist doch ein Begriff, der nicht nur positiv besetzt ist. Kultur hat doch auch sehr viele negative Aspekte und Facetten.
    Und insofern sind auch GZSZ und Goethe ein Teil unserer Kultur, auch wenn sich mir die Zähnägel aufrollen, wenn ich beides in einem Satz nenne.
    Und ich bin naiverweise immer der Ansicht, dass wenn ich in ein fremdes Land komme, ich mich den dortigen Gegebenheiten anzupassen habe - nicht umgekehrt. Und ich erwarte dieses auch von den türkischen Mitbewohnern dieses Landes. Ohne Wenn und Aber. Wer dazu nicht bereit ist, hat in diesem Lande nichts verloren.
    Selbstverständlich habe ich in einem fremden Land nichts verloren, wenn ich die dortigen Gesetze, die dortigen Sitten und Gebräuche nicht anerkenne. Diese peinliche deutsche "Ballermann-6-Mentalität" ist insofern nichts anderes, als genaugenommen auch eine deutsche Gettosierung im Ausland.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Tom


    Zweifelsohne gibt es Kultur (aber nicht "eine") in Deutschland, und es gibt eine Kulturgeschichte. Aber ein kulturelles Erbe, das von allen Deutschen verinnerlicht wird, auch von denen, die gerne wortgewaltig davon plaudern (und damit meine ich nicht Dich), das gibt es in dieser Form meiner Meinung nach nicht. Wobei ich jetzt explizit Kultur im Sinne von kultureller Betätigung meine. Es gibt darüberhinaus eine Kultur des Zusammenlebens, kulturelle Einflüsse auf die Sozialstrukturen, die sich durchaus so darstellen, wie sie sind, weil sie auf diesen Einflüssen fußen. Anders gesagt: Unsere Gesellschaftsstruktur hat durchaus ihr Fundament in der Geschichte dieser Struktur. Es ist fast unmöglich, sich dieser Struktur zu entziehen, sie macht das Bild der Gesellschaft aus. Aber dieses Bild ist einerseits im Wandel, und zwar in einem fortwährenden, ganz massiven Wandel - und außerdem erproben sehr viele Menschen immer wieder andere Formen des Zusammenlebens - und verneinen explizit ein historisches Dogma, dem sie sich unterwerfen müssen.


    Danke für die Munition. :lache
    Natürlich ist unsere Kultur, damit es für dich auch verständlich wird: Gesellschaftsstruktur einem ständigen Wandel unterworfen und das ist auch gut so. Bisher verlief der Wandel in überschaubarem Rahmen und bewegte sich trotz aller "Neuerungen" immer noch auf den althergebrachten Grundlagen.
    Die islamische Kultur aber ist, ähnlich wie der Vatican mit einem Katholizismus, eine in sich selbst starre Struktur, die geringfügige Veränderungen nur über extrem lange Zeiträume zuläßt.
    Wie du da auf eine gemeinsame Basis gelangen willst, ist mir echt ein Rätsel. Die türkische Regierung kämpft bereits jetzt, nachdem sie einige Reformen angekündigt hat, um ihr Überleben. Wenn sie in diesem kurzen Zeitrahmen von nur 15 Jahren noch weitere althergebrachten Überzeugungen über Bord wirft und sich noch weiter mit dem Klerus anlegt, dürfte sie über Nacht verschwunden sein.

    Demosthenes :write
    Aus dem Klang eines Gefäßes kann man entnehmen, ob es einen Riß hat oder nicht. Genauso erweist sich aus den Reden der Menschen, ob sie weise oder dumm sind.

  • Zitat

    Original von Demosthenes
    Hier im Kernland von Europa kann man bekanntlich nur von einer europäisch-deutschen Kultur sprechen. Immerhin ist unser Kulturkreis aus dem keltisch-römisch-germanischen erwachsen, mit gelegentlichen durch Fremdeinwirkung bestimmten asiatischen und afrikanischen Elementen, die aber insgesamt in ihrer Auswirkung recht mager blieben. Selbst die Amerikaner haben unsere Kultur mit beeinflusst. Die Grundlagen blieben aber immer die gleichen und die zählen noch heute in hohem Maße.


    Mal ganz im Ernst: Die islamische Kultur mithin auch die türkische, die du hier als inkompatibel mit der europäischen abtust, speist sich interessanterweise aus denselben Hauptquellen wie die europäische: das römische Imperium und durch dessen Vermittlung (wie später auch durch die Byzanz') die griechisch-hellenistische Kultur.
    Den keltisch-germanischen Anteil kannste vernachlässigen, der hat vor der Entwicklung der Nationalismen nur eine sehr untergeordnete Rolle gespielt. Europa ist kulturell vor allem durch die Tradition der Latinität geprägt worden -- von Caesar bis zum Absolutismus. Über diese Tradition drang ganz nebenbei die griechische Kultur in Europa ein.
    Der islamische Raum speist sich kulturell aus dem Ostteil des römischen Imperiums (der stärker griechisch geprägt war) und Byzanz. Dazu gehört -- nebenbei bemerkt -- die gesamte Rechtskultur, die Bildung politischer Systeme. Daß in islamischen Raum Staat und Religion weniger scharf geschieden sind wie in Mitteleuropa nach den Buchstaben des Gesetzes (die Realität sieht faktisch etwas anders aus) hat interessanterweise genau die Wurzeln, die du, Demosthenes, für Kerneuropa in Anspruch nimmst. :grin


    Es gibt Unterschiede im romanischen und germanischen Sprachraum, aber die sind einerseits vor allem sprachlicher Natur, was kulturell erst nach der Durchsetzung der Nationalsprachen als Kultursprachen eine tragende Rolle spielt. Erst diese Entwicklung führte zur Bildung von Unterschieden in der politischen Kultur: Im romanischen Raum blieb man bei der tw. gewaltsamen Bildung großer Systeme, im germanischen Raum entwickelte sich aus dem mittelalterlichen Föderalsystem zunehmend eine verwirrende, destabilisierende Kleinstaaterei. Auch hier verabschiedet sich ausgerechnet der für Kerneuropa in Anspruch genommene Kultur von den gemeinsamen Wurzeln.
    Von der Reformation mal ganz zu schweigen ...


    Der romanisch-europäische Raum und der islamische Raum unterscheiden sich kulturell nur in wenigen Punkte wirklich. Der kulturelle Austausch im gesamten erweiterten Mittelmeerraum war und ist extrem rege. Zudem waren diese Regionen über mehr als ein Jahrtausend (!) hinweg die wissenschaftlich un kulturell maßgeblichen Regionen. Die Auswirkungen dieses Austausches erreichten Mittel-, Nord- und Osteuropa stets erst mit jahrzehntelanger Verspätung, aber sie erreichten auch unsere Region (vgl. die allmähliche Übernahme der ursprünglich griechischen Naturwissenschaften, Philosophie und Theologie über die islamischen Wissenschaften an die europäischen Gelehrtenschulen und Universitäten des Mittelalters sowie die Entwicklung der andalusischen Liebesdichtung über die okzitanischen Trobadores zur deutschen Minnedichtung u.a.).


    Es gab keinen Eisernen Vorhang zwischen Orient und Okzident!


    Dieses Denken ist ein Konstrukt der neuzeitlichen Auseinandersetzung mit dem Osmanischen Reich, einer durch Propaganda erzeugten Panik, die entstand, als die Türken vor Wien standen, weil die k.u.k.-Monarchie die Osmanen schlicht und einfach für ebenso doof gehalten hat wie Resteuropa, denen sie was von einem zweiten Mongolensturm erzählte!


    Nebenbei bemerkt haben die genannten soziokulturellen Exzesse ("Ehrenmord" u.a.) nichts mit dem kulturellen Hintergrund zu tun, sondern sind -- das ich wissenschaftlich längst nachgewiesen -- Ausdruck des "lower class pride": In unterprivilegierte Schichten herrscht in allen Gesellschaften ein eher rüder Ton, man setzt sich mittels Gewalt durch, die Regularien des Miteinanders sind extrem streng (und für "Außenstehende" komplett unlogisch), und wer gesellschaftlich nichts zu melden hat, hat wenigstens noch Weib und Kind, vor denen er (mitunter auch gewalttätig) großtun kann.


    Gewalt als Lebensform ist ein allgemeinmenschlich-soziales Problem unterprivilegierter Gesellschaftsschichten und absolut überall auf dem Globus zu finden.


  • Ich weiß, daß der Umgang mit der ersten und zweiten Migrantengeneration problematisch war. Auf der anderen Seite solltest du berücksichtigen, daß die damalige westdeutsche Gesellschaft keine multikulturellen Erfahrungen gemacht hatte und der Umgang mit Menschen fremder Herkunft und völlig fremder Kultur anscheinend unvertraut und unbehaglich war. Den historischen Appendix lasse ich bewusst außen vor.


    Das Sozialisationskonzept ist letztlich nicht nur an der vermeintlich deutschen Engstirnigkeit gescheitert. Wenn ich mir deine Beiträge durchlese, frage ich mich, ob Zuwanderer überhaupt einen Beitrag zu dieser Gesellschaft leisten müssen? Ist die Integration eine einseitige Angelegenheit? Dein Beitrag signalisiert doch, daß es ernstzunehmende deutsche Integrationsbemühungen gibt. Es liegt an den Türken diese Hand zu ergreifen und sich den geltenden Regeln anzupassen.


    Anbei: der Hinweis auf festgefahrene Strukturen einer Parallelgesellschaft trübt meines Erachtens nur den Blick auf die Mitverantwortung der Türken im misslungenen Integrationsprozess. Wenn ich von Verantwortung schreibe, meine ich nichts anderes als die Verantwortung der türkischen Reflexion deutscher Integrationsbemühungen, die Verantwortung für Integrationsbereitschaft und -bemühung.


    Deine wiederholten Hinweise auf deutsche Versäumnisse in der jüngeren Geschichte tragen trotz ihrer Richtigkeit nichts zum eigentlichen Problem bei.

  • Iris :


    Grandioser Beitrag - und eine Bestätigung meiner These, dass mehr Geschichtswissen allen Menschen gut tun würde ...


    :write :write :write


    Leider hat die Propaganda gesiegt - und überall hört man von unterschiedlichen Kulturen ... :fetch

    Die Geschichte lehrt die Menschen, daß die Geschichte die Menschen nichts lehrt.


    Mahatma Gandhi, indischer Freiheitskämpfer

  • Zitat

    Original von Grizzly
    Dein Beitrag signalisiert doch, daß es ernstzunehmende deutsche Integrationsbemühungen gibt.


    Welche? :wow
    Wo sind sie denn, die ausgestreckten Hände?


    Jetzt mal abgesehen von den Forderungen, die hier gestellt werden, würde es mich schon interessieren, welche "Integrationsbemühungen" denn nun hier gemeint sind.
    Wer geht denn hier ernsthaft auf seine nicht-deutsch/europäisch/christlich-aussehenden Mitbürger/innen zu? Es wird doch schlicht und einfach "Integration" als Vorableistung erwartet, ehe überhaupt der Gedanke erwägt wird, die "anderen" als gleichwertig anzusehen.
    Wobei nicht einmal "Integration" gemeint ist, sondern das Abschwören von den eigenen kulturellen Wurzeln bis hin zum Identitätsverlust.


    Deine Hände, Grizzly, sind jedenfalls nicht ausgestreckt -- die stecken so tief in den Hosentaschen, wie 's nur irgend geht. :grin

  • Hallo, Grizzly.


    Vielleicht habe ich mich falsch ausgedrückt. Migration kann man nicht konzipieren oder per Verordnung durchsetzen. Migration findet in den Köpfen der Menschen statt, in ihren Herzen und manchmal leider auch (oder gerade nicht) in den Bäuchen. Die Züge, die in diesem Zusammenhang abgefahren sind, werden mittelfristig nicht mehr einzuholen sein (beiderseits). Aber wir vermischen - davon abgesehen - hier ständig die Situation der in Deutschland lebenden Ausländer mit dem eigentlichen Topic des Threads, das damit nur am Rande zu tun hat. Beziehungsweise in Verbindung gebracht wird, weil die latente Angst vor einer türkischen Einwanderungswelle geschürt wird und wurde.


    Kaum einer der Mitmenschen, die einen durchschnittlichen Großstädter umgeben, erfüllt das Bild von archetypischen Deutschen. Wir sind fast nur mit"Abweichlern" konfrontiert, ob sie nun aus Istanbul oder aus dem Schwabenländle stammen - beides stellt gesellschaftskulturell so manche Herausforderung dar. :grin Aber vorzugsweise bei den Türken wird es problematisiert, weil ihre Menge so groß scheint und weil sie - vor allem - optisch aus der Rolle fallen (dem Schwaben hört man es erst an :grin). Sie verändern das Stadtbild, nicht nur durch ihre physische Anwesenheit, sondern auch durch wirtschaftliche und kulturelle Präsenz. Das damit offensichtlich verbundene Unwohlsein wird noch gesteigert durch das Verhalten einzelner und durch Medienkolportage. Wirklich schlechte Erfahrungen z.B. mit Türken haben die wenigsten gemacht, aber sie haben "davon gehört", das genügt ihnen.


    Und auch der vermeintliche kulturelle Bruch tritt im Alltagsleben kaum zutage, da sich die "Kulturen" gemütlich aus dem Weg gehen. Den Döner futtert man trotzdem, und nicht einmal zähneknirschend.


    Die Hauptangst, die in diesem Zusammenhang geschürt wird, ist die des Identitätsverlustes, und diese Angst ist nur eine Verlängerung der Angst vor dem "Überranntwerden". Genaugenommen scheren sich nur wenige um die Situation der türkischen Frau in der Zwangsehe. Ich bleibe dabei, hinter all dem steckt oft - nicht bei allen - ein ganz anderes Gefühl, und bei einem Teil von diesen Leuten ist und bleibt es schlicht Fremdenhaß.

  • Zitat

    Original von Tom
    Wirklich schlechte Erfahrungen z.B. mit Türken haben die wenigsten gemacht, aber sie haben "davon gehört", das genügt ihnen. .


    Das ist ein grosser Irrtum. Es kommt ganz darauf an, in welchen Kreisen man sich bewegt, wie alt man ist, wo man am Wochenende anzutreffen ist.


    Wer Ende 80er/Anfang 90er in den Teenager-Jahren war, nicht der Alternativen Szene angehört hat und in grösseren Städten in Diskotheken anzutreffen war, hat - zumindest was die Schweiz betrifft - mit grosser Sicherheit Konflikte mit Türken, Albanern und Leuten aus Ex-Jugoslawien gehabt.


    Seit ich ein paar Jahre älter geworden bin, habe ich auch absolut keine Probleme mehr. Als Teenager habe ich aber diese ganzen "Was guckst Du so dumm?"-Situationen zu genüge erlebt! Und die Leute in meinem Umkreis genauso.

  • Zitat

    Original von Iris


    Welche? :wow
    Wo sind sie denn, die ausgestreckten Hände?


    HOLLA... :-(


    Zitat

    Jetzt mal abgesehen von den Forderungen, die hier gestellt werden, würde es mich schon interessieren, welche "Integrationsbemühungen" denn nun hier gemeint sind.


    Und wie bitte würdest Du den ganz normalen Umgang unter benachbarten Familien bezeichnen?


    Ist das dann eine Nichtintegration, oder was?


    Zitat

    Wer geht denn hier ernsthaft auf seine nicht-deutsch/europäisch/christlich-aussehenden Mitbürger/innen zu? Es wird doch schlicht und einfach "Integration" als Vorableistung erwartet, ehe überhaupt der Gedanke erwägt wird, die "anderen" als gleichwertig anzusehen.


    siehe oben


    Zitat

    Wobei nicht einmal "Integration" gemeint ist, sondern das Abschwören von den eigenen kulturellen Wurzeln bis hin zum Identitätsverlust.


    Unter Kultur versteht man laut Definition, die ich gerade nachgeschlagen habe, nicht nur die Wurzeln, sondern auch eine Weiterentwicklung, Iris.


    Zitat

    Deine Hände, Grizzly, sind jedenfalls nicht ausgestreckt -- die stecken so tief in den Hosentaschen, wie 's nur irgend geht. :grin


    ...nochmal HOLLA...:-(

  • Zitat

    Original von Trugbild
    Als Teenager habe ich aber diese ganzen "Was guckst Du so dumm?"-Situationen zu genüge erlebt! Und die Leute in meinem Umkreis genauso.


    Diese Situationen kriegst du auch in Diskotheken mit, die deutsche "young male lower class people" frequentieren. Bei denen sind Faust (mit oder ohne Schlagring) und schwere Stiefel ebenso Attribut der Männlichkeit wie bei den unterprivilegierten Nicht-Deutschen, gleichgültig woher sie stammen.
    Dieses Verhalten hat nichts mit kulturellen Wurzeln, sondern mit sozialen Mißständen zu tun.


    Mir haben ein paar eindeutig deutsche Proleten mal das Auto demoliert und wollten mich aus dem Wagen zerren, um mich einzuschüchtern, nur weil ich durch ihre Straße gefahren bin. Gott sei Dank gab 's damals schon Zentralverriegelungen!

  • Zitat

    Original von Ikarus
    HOLLA... :-(


    Das ist keine Antwort.


    Zitat

    Und wie bitte würdest Du den ganz normalen Umgang unter benachbarten Familien bezeichnen?


    Du hast in einem früheren Beitrag unumwunden deine Befangenheit gegenüber "anderen" ausgedrückt. Das bedeutet, du selbst bist zurückhaltend in diesem Umgang. Wenn es den "anderen" ähnlich geht, wird das dann nichts mit der Integration, weil die Hände in den Kittelschürzen bleiben und man bestenfalls einen leisen Gruß murmelt, während man mit gesenktem Kopf aneinander vorbeihuscht.


    Glaub mir, ich beobachte das unentwegt -- auch bei mir! --, wenn neue Nachbarn einziehen, ist man befangen, um so mehr, wenn die "anders" sind. Dann umschleicht man sich wie schnuppernde Hunde. Und wenn einer nicht den Anfang macht und die Hand aus der Tasche nimmt und dem anderen ins Gesicht blickt, dann wird das nichts.
    Seltsamerweise erwartet das jedermann ganz selbstverständlich vom anderen.


    Zitat

    Unter Kultur versteht man laut Definition, die ich gerade nachgeschlagen habe, nicht nur die Wurzeln, sondern auch eine Weiterentwicklung, Iris.


    Sorry, aber grundsätzlich bleibt dieses Geschwätz vom Eisernen Vorhang zwischen Orient und Okzident Mumpitz aus der Zeit der k.u.k.-Monarchie.



    Die (ernstgemeinte!) Frage bleibt bestehen: Wo sind sie denn, die ausgestreckten Hände?

  • Zitat

    Original von Iris
    Diese Situationen kriegst du auch in Diskotheken mit, die deutsche "young male lower class people" frequentieren. Bei denen sind Faust (mit oder ohne Schlagring) und schwere Stiefel ebenso Attribut der Männlichkeit wie bei den unterprivilegierten Nicht-Deutschen, gleichgültig woher sie stammen.


    Theoretisch ja. Praktisch nein. Ist nämlich einfach nie vorgekommen. Und wenn man sich die Klamotten und Autos dieser jungen Leute anschaut, dann fällt es mir schwer, von unterprivilegiert zu sprechen.

  • Zitat

    Original von Iris
    Die (ernstgemeinte!) Frage bleibt bestehen: Wo sind sie denn, die ausgestreckten Hände?


    Ich kann ja nur für die Schweiz sprechen. Aber hier sind die Fördergelder für Asylanten und die Unterstützungshilfen für Einwanderer wirklich enorm. Ich habe kein schlechtes Gewissen, hierbei von ausgestreckten Händen zu sprechen.