Yael Inokai - Ein simpler Eingriff

  • Kurzbeschreibung: (Amazon)


    Ein neuartiger Eingriff soll Frauen von ihren psychischen Leiden befreien. Doch ist das menschenwürdig? Eine Geschichte von Emanzipation, Liebe und Empathie. - Auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis 2022

    Meret ist Krankenschwester. Die Klinik ist ihr Zuhause, ihre Uniform trägt sie mit Stolz, schließlich kennt die Menschen in ihrem Leiden niemand so gut wie sie. Bis eines Tages ein neuartiger Eingriff entwickelt wird, der vor allem Frauen von psychischen Leiden befreien soll. Die Nachwirkungen des Eingriffs können schmerzhaft sein, aber danach fängt die Heilung an. Daran hält Meret fest, auch wenn ihr langsam erste Zweifel kommen.

    „Ein simpler Eingriff“ ist nicht nur die Geschichte einer jungen Frau, die in einer Welt starrer Hierarchien und entmenschlichter Patientinnen ihren Glauben an die Macht der Medizin verliert. Es ist auch die intensive Heraufbeschwörung einer Liebe mit ganz eigenen Gesetzen. Denn Meret verliebt sich in eine andere Krankenschwester. Und überschreitet damit eine unsichtbare Grenze.

    Meine Meinung:


    Yail Inokai bietet in diesem schmalen Buch, das nur knapp 200 Seiten hat, eine komplexe, gesellschafts- und menschlich wichtigen Plot. Da bin ich auch schon gleich bei dem ersten Punkt, den ich mir anders wünschen würde. Der Roman hätte umfangreicher sein können, um auf alle Aspekte, Fragen, Figuren, Entwicklungen besser eingehen zu können. Allerdings muss ich zum Lob der Autorin sagen, es ist kein Muss, denn sie hat die Thematik wunderbar auch auf 200 Seiten beleuchtet. Den Rest sollte der Leser sich selbst denken oder auch bei passenden Gelegenheit mit Gleichgesinnten ausdiskutieren.


    Meret ist die Hauptprotagonistin des Romans, vom Charakter her mir sehr sympathisch: folgsam, fleißig, empathisch, nachdenklich, intelligent, sehr gut bei ihren Aufgaben als Krankenschwester. In der Psychiatrie, wo sie arbeitet, wird eine Hirnoperation praktiziert, um das störende Verhalten von Frauen in der Gesellschaft, zu eliminieren. Vermutlich ist die Lobotomie gemeint. Erschreckende Vorstellung, doch emotional lässt die Autorin für den Leser einen Spielraum. Die Gefühle werden nicht vorgegeben. Und dennoch kochte ich als Leserin vor Wut, dass es so war, wie es war.


    Eine zarte Liebesgeschichte zwischen zwei Krankenschwestern, die ein Zimmer gemeinsam bewohnen, findet auch statt. Und es ist deutlich, dass es zu dieser Zeit noch keine Selbstverständlichkeit war, wenn zwei Frauen sich liebten. Eine zarte, vorsichtige Beziehung, die zum Nachdenken bringt.


    Mit großem Feingefühl spricht die Autorin über Dinge, die der damaligen (was zum Teil auch heute noch ein Thema ist) Gesellschaft nicht passen, über Charaktereigenschaften der Frauen, die eliminiert werden müssen. Sehr behutsam behandelt sie die großen wichtigen Themen, ohne große Emotionalität, doch der Leser erlebt die ganze Palette der Gefühle. Wut, Ungerechtigkeit, Hoffnung. Eine sehr bewegende und nachdenklich stimmende Geschichte. Unbedingt lesenswert. Ich würde es gern empfehlen.

    Von mir gibt es 4 Sterne.

    ASIN/ISBN: 3446272313

    Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen,

    der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig. :lesend
    Ernst R. Hauschka

    Liebe Grüße von Estha :blume

  • Ein simpler Eingriff – Yael Inokai


    Hanser Berlin, 2022

    192 Seiten


    Kurzbeschreibung:

    Meret ist Krankenschwester. Die Klinik ist ihr Zuhause, ihre Uniform trägt sie mit Stolz, schließlich kennt die Menschen in ihrem Leiden niemand so gut wie sie. Bis eines Tages ein neuartiger Eingriff entwickelt wird, der vor allem Frauen von psychischen Leiden befreien soll. Die Nachwirkungen des Eingriffs können schmerzhaft sein, aber danach fängt die Heilung an. Daran hält Meret fest, auch wenn ihr langsam erste Zweifel kommen.

    „Ein simpler Eingriff“ ist nicht nur die Geschichte einer jungen Frau, die in einer Welt starrer Hierarchien und entmenschlichter Patientinnen ihren Glauben an die Macht der Medizin verliert. Es ist auch die intensive Heraufbeschwörung einer Liebe mit ganz eigenen Gesetzen. Denn Meret verliebt sich in eine andere Krankenschwester. Und überschreitet damit eine unsichtbare Grenze.


    Über die Autorin:

    Yael Inokai, geboren 1989 in Basel, lebt in Berlin. 2012 erschien ihr Debütroman Storchenbiss. Für ihren zweiten Roman Mahlstrom wurde sie mit dem Schweizer Literaturpreis 2018 ausgezeichnet. Sie ist Redaktionsmitglied der Zeitschrift PS: Politisch Schreiben. Für ihren Roman Ein simpler Eingriff (2022) erhielt sie den Anna Seghers-Preis.



    Mein Eindruck:

    Ein simpler Eingriff ist ein Roman, der auf der Longlist des deutschen Buchpreis stand.


    Schauplatz ist ein Spital für Patienten, die an Auffälligkeiten außerhalb der gesellschaftlichen Norm leiden, z.B. Wutausbrüche oder andere emotionale Stimmungen wie Depressionen. Es sind überwiegend Frauen.

    Ein simpler Eingriff durch eine Hirnoperation soll Abhilfe schaffen.


    Dies Geschichte wird von der Krankenschwester Meret erzählt, die bei den Operationen hilft. Sie glaubt fest an den autoritären Arzt, der die Operationen durchführt.

    Dann kommt mit Marianne eine neue Patientin, die Meret betreut. Doch die Lobotomie an Marianne geht schief.


    Und Meret beginnt an diese simple Eingriff-Technik zu zweifeln und verliert ihre Autoritätsgläubigkeit. Sie erkennt, dass der simple in Wirklichkeit ein einschneidender Eingriff ist.


    Ich habe das Gefühl, dass es eine glaubhafte Darstellung einer Krankenschwester in den fünfziger Jahren ist.

    Hinzu kommt die Liebesgeschichten zwischen Meret und der neuen Krankenschwester Sarah, die ebenfalls an der Sinnhaftigkeit dieser Operationen zweifelt.


    Neben der Thematik beeindruckt der Stil von Yael Inokai, der auf mich relativ knapp, aber genau wirkt.


    Meine Wertung: 7 von 10 Punkte!

  • Mir haben Geschichte und Schreibstil auch gut gefallen.
    Das nächste Buch der Autorin darf dann gern dicker sein. Hier war allerdings die Geschichte auch tatsächlich nach den bummelig 190 Seiten gut aus-erzählt.

    Vom Gefühl her hätte ich die Zeitebene in den frühen 60ern angesiedelt, aber letztendlich ist das nicht so wichtig.


    Kann man auf jeden Fall zwischendurch mal weglesen. 8 Punkte.

    „An solchen Tagen legt man natürlich das Stück Torte auf die Sahneseite — neben den Teller.“

  • Meret ist Krankenschwester. Sie lebt in einem Schwesternwohnheim und teilt ihr Zimmer mit Sarah. Sie ist stolz auf ihre Schwesterntracht und arbeitet gern. Auf ihrer Station werden Patientinnen behandelt, die mit einem kleinen Eingriff bestimmte Wesensmerkmale wie Hysterie oder Wutanfälle verlieren sollen. Da Meret ein besonderes Talent hat, diese Patientinnen zu beruhigen und zu beschäftigen, wird sie von dem Arzt, der den Eingriff durchführt, speziell zu ihrer Betreuung eingesetzt. Eines Tages wird Marianne eingeliefert, eine Patientin aus einer reichen und bekannten Familie und Meret kümmert sich um sie, doch ausgerechnet bei ihr Misslingt der Eingriff und sie wacht nicht mehr richtig auf…


    Eigentlich habe ich mich auf dieses Buch gefreut, denn die Beschreibung klang nach einem interessanten Thema, doch je mehr ich las, desto enttäuschter wurde ich. Die ganze Geschichte um Meret und die anderen Personen, die in ihrem Leben eine Rolle spielen, ist irgendwie unkonkret. Immer wieder bekommt man kurze Rückblicke in die Kindheit von Meret und auch dort; nichts, was konkret geschildert wird. Auch bei der Arbeit auf der Station und mit den Patientinnen, alles bleibt verwaschen.


    Äußere Einflüsse werden so gut wie gar nicht geschildert. Keine Nachrichten, keine Gespräche mit anderen Menschen, sie lebt in einer Blase und auch das lässt sie weltfremd wirken. Ihre Gedanken und Gefühle behält sie für sich und auf diese Weise ausgeschlossen, konnte ich keine Beziehung zu ihr und zu dieser Geschichte aufbauen. Am Ende habe ich mich gefragt, warum das Ganze geschrieben wurde und war froh, dass das Buch nur so wenige Seiten hat.


    4/10