'Schloss Liebenberg - Hinter dem hellen Schein' - Seiten 101 - 213

  • Dafür bewundert Viktor Adelheids Vater auch.

    Aber man muss bedenken, dass Adelheids Vater es nicht anders kennt. Klar, ist es besser, wenn man für Geld und das Wohl seiner Kinder nicht allzu wählerisch ist, aber gehasste Arbeit kann einen Menschen auch wirklich schaden, psychisch.

    Aber hat er überhaupt versucht etwas zu finden? Ich lese, vor allem, wenn Viktor an seinen Vater denkt, einfach unbändigen Stolz aus diesem Mann. Für mich hat er gar nichts versucht, seine Familie zu ernähren.


    Da sind wir wohl in zwei Fronten. Die, die es okay finden, dass er tatenlos zuhause sitzt und die, die ihm das vorwerfen. ;)

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Ninni Schulman - Den Tod belauscht man nicht

    Hanna Caspian - Im Takt der Freiheit


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Aber nur ganz wenig. Der Hunger, der hier an einigen Stellen beschrieben wird, hat mich sehr berührt. Und die Angst von Adelheid war nicht unbegründet. Ich suche noch nach richtigen Lichtblicken.

    Ich habe innerlich vor dem Weiterlesen "dicht" gemacht, so daß diese Szenen (und andere auch) emotional nicht an mich rankamen. Auf die Art konnte ich weiter (und wohl auch bis zu Ende) lesen; quasi wie ein Sachbuch, bei dem ich neutral den Inhalt zur Kenntnis nehme. Anders hätte ich Mühe, das auszuhalten, und hätte schon längst abgebrochen.



    Ungerechtigkeit macht mich ganz wild, da könnte ich aus der Haut fahren.

    In irgendeinem Buch, das ich einmal gelesen habe, fand sich der Satz: "Wer hat eigentlich gesagt, daß das Leben fair ist?" Der ist damals wie heute allgemeingültig.


    Edit. Sinnentstellenden Tippfehler berichtigt.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von SiCollier ()

  • Aber hat er überhaupt versucht etwas zu finden? Ich lese, vor allem, wenn Viktor an seinen Vater denkt, einfach unbändigen Stolz aus diesem Mann. Für mich hat er gar nichts versucht, seine Familie zu ernähren.


    Da sind wir wohl in zwei Fronten. Die, die es okay finden, dass er tatenlos zuhause sitzt und die, die ihm das vorwerfen. ;)

    Ja hat er. Aber er hat seine Arbeit nie lange durchhalten können.

  • War ja aber auch ein Wochenblatt, keine Tageszeitung.

    Ah, danke. :-) Ich bin von einer Tageszeitung ausgegangen. Ich besitze viele antiquarische Bücher, auch aus der Zeit, in der dieses Buch hier angesiedelt ist, und da ist hinten oft Eigenwerbung mit Preisangabe drin. Drum war ich etwas irritiert, aber im Verhältnis zu einer Wochenzeitung paßt es.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ja, das fand ich auch sehr merkwüdig von der Mamsell.

    Sie wirkte sehr verlegen, hat Hedda auch geglaubt, aber durch irgendetwas kann sie nix machen.

    Vermutlich hat Opitz sie auf irgendeine Art & Weise in der Hand, denke ich mal.

    Hmm, ich glaube eher, dass sie nichts macht, weil er ranghöher und ein Mann ist. Was soll sie denn auch machen? Schuld ist doch nachher sowieso das Mädchen.

    Ich hab Hedda bewundert, dass sie sich überhaupt traut, das Thema anzusprechen.

  • Ich bin mitten in diesem Abschnitt angelangt.

    Ja, beim Hauptmann von Köpenick musste ich natürlich auch an Heinz Rühmann denken.

    Frechheit siegt kann man da nur sagen. ;-)


    Das mit dem Schlafpulver ist natürlich der Hammer, diese Gemeinheiten zwischen den Angestellten sind schon schlimm.

    Ebenso natürlich Opitz und seine Annäherungsversuche.

    Aber wenn ich da an Erzählungen meiner Mutter oder meiner Großmutter denke: früher wurde so manches Dienstmädchen als Freiwild angesehen, gerne auch z.B. vom Hofbesitzer persönlich oder so.


    Zwischen Adelheid und Viktor deutet sich eine Romanze an.......freut mich ja schon für die Zwei.

    Aber gleichzeitig finde ich es auch sehr vorhersehbar/irgendwie schade, dass natürlich die am besten Aussehenden aller Wahrscheinlichkeit nach zusammen finden werden. ;-)

    Da würde/hätte mir eine überraschendere Lösung besser gefallen.

  • Mir gefällt es weiterhin sehr, dass nur aus Sicht der Bediensteten erzählt wird! Und da sie ja überall sind und konsequent ignoriert werden, bekommen sie doch allerhand mit.


    Ich finde auch die ganzen Details um die Arbeiten / Arbeitsbedingungen sehr interessant, z.B.die Schuhe, den Kronleuchter, wer was macht, usw.


    Ich war anfangs überrascht, dass die Fürstentöchter schon so alt sind. Hatte zu Beginn des Buches gedacht, die wären alle Teenager.

  • Das mit dem Schlafpulver ist natürlich der Hammer, diese Gemeinheiten zwischen den Angestellten sind schon schlimm.

    Ja, das fand ich auch so richtig heftig.

    Das geht ja schon in Richtung Körperverletzung in ganz hinterhältiger Weise.


    Wenn Opitz nicht selber so ein mieser Kerl wäre, müßte er eigentlich Abhilfe schaffen und Lydia zur Räson bringen.
    Aber von dem ist ja wohl leider nix zu erwarten, da er nicht vielbesser ist.

  • Ich bin gestern noch gut voran gekommen und habe den ersten und zweiten Abschnitt beendet und auch schon ein wenig in den dritten gelinst.

    Die beschriebenen Arbeiten, die verschiedenen Putzmittel usw. sind wieder sehr authentisch beschrieben und man merkt an allen Ecken und Enden die enorme Recherchearbeit.

    Krass finde ich, wie spürbar die Gesellschaftsschichten hier beschrieben sind. Die Tagelöhner, die sich entscheiden müssen, ob sie hungern oder frieren wollen, die Bediensteten im Schloss, die immer reichlich zu essen haben, nicht frieren, aber dafür auch sehr hart arbeiten müssen und eben die Obrigkeiten, die im Luxus schwelgen und ihre Augen nicht durch die Anwesenheit ihrer Bediensteten beleidigt wissen wollen.

    Dass Adelheid wegen dem miesen Trick von Budde degradiert wird und dieser wiederum ohne Strafe davon kommt (was mich irgendwie doch sehr gewundert hat?), hat mich sehr wütend gemacht.

    Adelheid tut mir da sehr Leid...

    Viktor gefällt mit immer mehr, genauso wie Hedda und Constanze. Die Mamsell finde ich sehr schwer einschätzbar und Opitz ist echt ein richtiges A....

  • Ich bin tatsächlich erst heute wirklich fertig geworden mit diesem Abschnitt, aber freue mich gleich schon aufs Weiterlesen.


    Es ist echt bitter für Adelheid, wie sie aus eigentlich (aus unserer heutigen Sicht) nichtigen Gründen degradiert wird. Und besonders ungerecht finde ich, dass Budde offenbar keine ernsten Sanktionen erwarten muss, obwohl er ja der Drahtzieher in dem Ganzen war. Aber nichtsdestotrotz hat Adelheid gegen die erste Regel verstoßen, so bitter das ist. Es ist furchtbar hart, wenn man absolut niemandem trauen kann in seiner Umgebung... Ich hoffe, sie erhält trotzdem noch mal eine Chance, sich nach oben arbeiten zu können.


    Viktor Novak scheint ihr jedenfalls nicht wirklich abgeneigt zu sein. Zumindest schmeichelt ihm, dass sie ihn verstohlen betrachtet und auch, dass sie Benehmen hat (auch wenn oder gerade weil ihr das niemand zutraut). Vielleicht nähern die beiden sich ja doch noch im weiteren Verlauf an, wer weiß.


    Hedda und der Stallbursche werden sich wohl nicht mehr annähern. Zumal er die von den Pferden (!) verschmähten Pralinen weiterreicht. :rofl


    Zum Schluss geht ja ein Donnerschlag durchs Haus, so aufgeregt, wie alle sind. Und die Eulenburg-Affäre nimmt erstmals Gestalt an. Ich bin schon sehr gespannt.

    Politisch bin ich in dieser Zeit nicht allzu sehr bewandert. Aber ich hab mir beim Lesen schon gedacht, wo sich doch alle so über die undiplomatische Verhaltensweisen des Kaisers aufregen: Wie soll er Diplomatie überhaupt gelernt haben? Seine direkten Vertrauten trauen sich doch gar nicht, ihn auf Fehlbarkeiten hinzuweisen, jeder muss damit rechnen, entlassen zu werden, wenn er sich vielleicht negativ äußert. Also werden ihm alle nach dem Mund sprechen und er lebt sozusagen in einer Blase, in der er es ihm unmöglich ist, die Außenwelt oder die Realität wahrzunehmen.

    Ich bin jedenfalls sehr gespannt, wie sich das politische Geschehen nun entwickeln wird - und wie es die Dienstboten erleben werden.

  • und Lydia zur Räson bringen.

    Ich fürchte ja, das schafft keine/r. Jedenfalls hat sie jetzt die Stelle, die sie ja vorher schon haben wollte. Ich frage mich, ob die Sticheleien gegen Adelheid nun auch besser werden? (Aufhören wird sie sicherlich nicht damit...) Und auch, ob Gerda Adelheid gegenüber nun etwas zutraulicher wird, jetzt, wo sie vielleicht nicht mehr so sehr unter Lydias Einfluss steht.


    Die Mamsell finde ich sehr schwer einschätzbar

    Das geht mir ähnlich. Einerseits lässt sie Hedda mit ihrem Anliegen abblitzen, andererseits sagt sie zu Adelheid, dass sie zu ihre kommen solle, wenn irgendwas sei. Aber gut, gegen Opitz kann sie wohl auch nichts machen. Wahrscheinlich muss sie selber um ihren Posten bangen, wenn sie sich gegen ihn auflehnt.

  • früher wurde so manches Dienstmädchen als Freiwild angesehen, gerne auch z.B. vom Hofbesitzer persönlich oder so.

    Vor Jahren ist mir in einem süddeutschen Freilichtmuseum in einer Ausstellung, in der es ums Gesinde auf dem Land ging, der Satz begegnet (aus dem Gedächtnis zitiert): "Wenn die Bäuerin im Salz liegt, ist die Magd dran." Heißt übersetzt: wenn die Bäuerin wegen Schwangerschaft nicht "kann" oder im Kindbett liegt, hat die Magd den Bauern zu befriedigen. Wenn was passierte war - wir hier im Buch - die Magd alleine Schuld und wurde oft davon gejagt.


    Edit. Tippfehler berichtigt

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von SiCollier ()

  • Ich habe gestern Abend den zweiten Teil beendet. Er hat mir auch wieder gut gefallen.

    Die Entscheidung zwischen Hunger und Frieren können wir uns nicht vorstellen, mir tun den Leute einfach leid. Und die Oberen machen sich überhaupt keine Gedanken wie es ihren Angestellten geht, die den ganzen Tag für sie arbeiten.

    Adelheid wird übel mitgespielt. Ich hoffe sehr für sie, dass sie sich wieder Achtung in der Gruppe verschaffen kann. Victor wird sein Geheimnis nicht ewig bewahren können, ich bin gespannt wie das ausgeht.

    Den Opitz kann ich überhaupt nicht leide, ein unsäglicher Kerl. Die Mamsell ist in Bezug auf ihn auch ein wenig schwach, aber vielleicht erfahren wir noch ihre Gründe.

    Nun bin ich gespannt wie sich die Affäre weiter ausbreitet und welchen Einfluss sie auf das Leben der "kleinen" Leute hat :-)

  • So, mich gibt es auch noch - diesmal hinke ich ja wirklich hinterher - aber macht nichts, eine muss ja die Letzte sein... Aber es liegt keineswegs am Buch, dass zieht mich immer wieder in seinen Bann...

    Ich bin froh, dass wir nun die "Gründe für die Degradierung" wissen - ich hatte ja immer befürchtet, dass es mit Heddas Diebstählen (bei aller Sympathie für Hedda - das kann doch nicht gutgehen!!!) zu tun haben könnte... Aber sehr bitter für Adelheid - und einfach ungerecht, dass Budde nichts passiert... Mir hat gut gefallen (im Sinn von sehr interessant), wie Adelheid die fehlenden 3,60 Mark gleich in Lebensmittel umsetzt, so habe ich einen Überblick über die damaligen Preise bekommen - und Viktor zahlt für eine Zeitung 50 Pfennig, wohl eine Wochenzeitung?

    Insgesamt wird anhand dieses Buches sehr, sehr deutlich, dass das Leben damals kein "Zuckerschlecken" war, zumindest nicht bei der arbeitenden Bevölkerung (ich habe mal vor längerer Zeit ein Buch über Fabrikarbeiterinnen gelesen, die waren ja auch ihrem Vorarbeiter vollkommen hilflos ausgeliefert "Friss oder stirb"). Die Schilderung der Arbeit im Waschhaus fand ich beeindruckend und dachte bei mir: "Und ich stelle einfach die Waschmaschine an..." und Adelheid wünscht sich, dass ihre Mutter dort Arbeit fände...

    Der Hauptmann von Köpenick: seitdem ich vor vielen Jahren mal eine Stadtführung in Köpenick gemacht habe, wusste ich, dass es ihn - und genau die geschilderte Situation - tatsächlich gegeben hat, vielleicht mit kleinen Abweichungen zum Film mit Heinz Rühmann, an den ich sofort denken muss...Aber was ich nicht wusste: dass die "Affäre" tatsächlich im ganzen "Reich" bekannt geworden ist...

    Der "Eulenburg-Harden-Skandal" beginnt, so ganz klar ist mir aber noch nicht, wer gegen wen und warum intrigiert hat... Klar, die Fakten liegen auf der Hand (und Adelheid hat ja selbst gesehen, dass irgendjemand (der Fürst?) nachts ein Zimmer verlassen hat, wo er nicht hätte sein dürfen...Und klar, damals ein "175-er" zu sein gehörte wohl damals zu den schwersten Vorwürfen, die man als Mann erleiden konnte - na, auch da ist es gut, dass sich die Zeiten verändert haben...

    Zu den Personen: ich habe mich gefragt, womit Opitz die Mamsell so unter Druck setzen kann, dass sie zwar Hedda versteht, aber ihr keinerlei Hilfe anbietet? Denn die gleiche Mamsell ist ja Adelheid gegenüber bedeutend zugänglicher - na ja, aber Budde (der ja wohl in Opitz Ressort fällt,) erhält keine Degradierung - Grund?). Aber trotzdem hat die Mamsell bei mir einige Pluspunkte erworben...

    Hedda mag ich immer noch (obwohl ich ihren Diebstählen sehr kritisch gegenüber stehe), aber aus der Liaison mit dem Stallburschen wird es wohl nichts, nachdem sie von der Herkunft der Pralinen gehört hat - aber sie war ja auch schon vorher skeptisch...

    Constanze ist mir auch sympathisch, ich habe so etwas den Verdacht, dass ihr Verlobter evtl. mit dem Herrn Harden (dem Auslöser des Skandals) zu tun haben könnte, aber vielleicht ist das nur "Spökenkiekerei" - wie wir Norddeutsche sagen...

    So, jetzt ist es arg spät geworden: ich gehe ins Bett, Eure Beiträge lese ich morgen!

  • Sonnenschein12 Zum Glück bin ich nicht die Einzige, die hinterherhängt mit lesen. :knuddel1Mir fehlte die anderen Tage einfach die Zeit für's Lesen von mehreren Seiten am Stück. Den einen Tag war ich erst 21:45 Uhr von morgens 07:45 Uhr an (Arbeitsbeginn) Zuhause. :sleep


    Mich fasziniert die Geschichte mit Viktor und seiner Familie noch sehr. Ich mag ihn einfach. :)

    Das kann ich alles verstehen. Dennoch. Ich habe nicht das Gefühl, dass er erkennt, was er seiner Familie angetan hat mit seinem Stolz. Und ich sehe auch nicht, dass er sich schämt oder irgendwie versucht, etwas zu verbessern. Er kommt halt bei mir so an, dass ich ihn und sein Verhalten nicht verstehen kann. Muss ich ja auch nicht. Hat man im realen Leben auch.

    Das kann ich so unterschreiben. Einen Mann an seiner Seite zu wissen, der - sorry für die Wortwahl - die Familie durch seinen Starrsinn und seinen Stolz im Stich lässt, geht gar nicht.

    Und wie dann die Mamsell reagiert und wirklich grausig. Hat Opitz was gegen sie in der Hand? Wieso kann sie da nichts tun?

    Anfangs hatte ich den Verdacht, dass er sich auch schon (eventuell in jüngeren Jahren) auch an ihr vergriffen hat. Und sie in dem Sinn dann ein wenig "gelähmt" und gehemmt ist, um den anderen jungen Frauen zu helfen, weil sie selbst weiß, dass ihr von höherer Stelle niemand helfen wird und keine Unterstützung kommt. Hedda kann einem da schon leidtun - so ein Blödmann dieser Opitz.


    Adelheid kann ich noch immer nicht so richtig einordnen - mir fehlt das gewisse Etwas, um sie ins Herz zu schließen. Vielleicht ist sie mir in manchen Situationen einfach zu naiv!? Ich kann es nicht so richtig benennen.