Dagegen die Elefanten – Dagmar Leupold

  • Jung und Jung, 2022

    272 Seiten


    Kurzbeschreibung:

    Herr Harald ist der Mann in der Garderobe. Er gehört zum Theater wie der Vorhang, aber niemand kommt seinetwegen, das Rampenlicht ist für andere. Er nimmt den Menschen die Mäntel ab, die Taschen, was immer sie ihm anvertrauen, um für kurze Zeit unbeschwert zu sein, und wartet bis zum Schlussapplaus, das ist sein Einsatz. Doch eines Abends bleibt ein Mantel zurück, und in dem Mantel findet sich eine Pistole. Herr Harald trägt sie nach Hause, nur: Was will er damit tun? Er kann sich schlecht gegen alles zur Wehr setzen, was ihm an der Welt und den Mitmenschen als Zumutung erscheint. Aber vielleicht kann er ihre Aufmerksamkeit auf jemanden lenken, der wie er ein Schattendasein führt: die Frau, die für einen anderen die Noten umblättert und die er aus der Ferne verehrt. Der tragische wie komische Protagonist dieser hinreißend erzählten Geschichte ist ein Held des Alltags, ein Mann in Dienstkleidung, einer, dem es niemand dankt. Und gäbe es die Literatur nicht – und Autorinnen wie Dagmar Leupold –, wie sollten wir wissen, was für ein Reichtum an Gedanken und Gefühlen, wie viel waches Leben und wehe Sehnsucht sich dahinter verbirgt.


    Über die Autorin:

    Dagmar Leupold, geboren 1955 in Niederlahnstein, Rheinland-Pfalz, studierte Germanistik, Philosophie und Klassische Philologie in Marburg, Tübingen und New York, lebt als Autorin und Übersetzerin in München. Ihr Werk umfasst Romane, Erzählungen, Gedichte und Essays. Für die Romane »Unter der Hand« (2013) und »Die Witwen« (2016) war sie für den Deutschen Buchpreis nominiert.


    Mein Eindruck:

    Dagmar Leupold hat einen unspektakulären Roman mit ungewöhnlichen Titel geschrieben. Doch der Titel erklärt sich innerhalb der Handlung.

    Dagegen die Elefanten steht auf der Longlist des Deutschen Buchpreises. So bin ich auf den Titel gekommen.

    Das Buch ist ganz und gar seinem Protagonisten Herr Harald gewidmet. Er ist ein Mann, der in einer Garderobe arbeitet, immerhin in einer Oper, gelegentlich auch im Staatstheater.

    Er lebt ein einfaches, zurückgezogenes Leben. Er ist ein Mann, der meistens übersehen wird.

    Er lebt alleine, bis auf eine Katze, die ihm im letzten Romandrittel zuläuft.

    Wie die Figur des Herr Harald in das Buch eingeführt wird, halte ich sehr gelungen.


    Herr Harald seinerseits bewundert eine Frau, die bei Liederabenden den Pianisten die Seiten umblättert. Auch diese Frau ist eine, die für die meisten unsichtbar bleibt, obwohl sie eine wichtige Funktion erfüllt.

    Herr Harald weiß nicht, wie sie heißt und er wird sie auch nicht ansprechen. Aber in sein Notizbuch vermerkt er seine Gedanken und Vorstellungen.

    Einen Moment der Irritation gibt es, als Herr Harald in einem hängengelassenen Mantel eine Pistole findet, die er mitnimmt.


    Ich mag Bücher über alltägliche, unauffällige Menschen, die ihre eigenen Gedanken haben. Eine Spur von Wilhelm Genazino empfand ich beim Lesen.



    ASIN/ISBN: 3990272624