HIer kann zum Teil 3 - Seiten 430 - Ende (Kapitel 10 - Ende) geschrieben werden.
'Dunkelblum' - Seiten 430 - Ende
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Ich hatte abends Zeit zum lesen und bin deshalb fertig.
Wie schon vermutet, bleiben so manche Fragen offen, die Geschichte ist eben nicht fertig und wird es niemals sein.
Was für eine raffinierte Autorin!
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Mein Buch ist jetzt mit so vielen Klebefähnchen gespickt, dass es an einen Mettigel erinnert, und ich bin am Ende des Romans angelangt. Puh! Was ein Buch, was eine Geschichte!
Dass nicht alle Fragen beantwortet werden, finde ich sehr realistisch. Es hätte auch gar nicht zu dem Buch gepasst, wenn sich alles auflöst.
In Bezug auf die offenen Fragen finde ich, dass Lowetz fast schon ein Spiegelbild von meinem eigenen Verhalten, meinem eigenen Gefühl beim Lesen des Romans ist. Er vermutete genau wie ich zwischen allen möglichen Vorkommnissen in Dunkelblum Zusammenhänge, genau wie ich drehte er auf der Suche nach Erkenntnissen jeden Stein um, riss sogar den Boden in seinem Haus auf, und genau wie ich muss er sich am Ende damit zufrieden geben, dass so manche Antwort ausbleiben wird.
Auch irgendwie sinnbildlich für die Dunkelblumer Geschichte finde ich die neukolorierte Postkarte vom Schloss, die im ganzen Buch immer wieder an den unterschiedlichsten Stellen auftaucht: Das Schloss mag verbrannt und seine Ruine zerstört sein, aber das Schloss lässt sich nicht aus den Geschichtsbüchern und der Erinnerung streichen -- wie eben alles, das in Dunkelblum passiert ist.
Beim Karli Schurl findet sich das Skelett einer Hand. Fehlte dem Skelett, das in Dunkelblum gefunden wurde, nicht eine Hand? Oder habe ich das falsch in Erinnerung? Dem Handskelett vom Karli fehlt jedenfalls ein Fingerglied, und da musste ich gleich an den Antal Grün denken. Bei seiner Ladentür war doch die Klingel mit einem Objekt außer Gefecht gesetzt, das wie ein kleiner Knochen aussah ... Und dann musste ich wieder daran denken, wie nervös Grün wegen Inventuren war. Ich glaube, ich versuche immer noch, Verbindungen herzustellen, wo es womöglich gar keine gibt.
Gleich, nachdem ich den letzten Satz gelesen hatte, bin ich zum Anfang zurückgekehrt und habe die allererste Beschreibung von Dunkelblum noch einmal gelesen. Mit der Kenntnis des ganzen Romans ist sie noch treffender, hat sie noch mehr Wucht.
"[...] Wenn er [Gott] hineinblickt in die Puppenhäuser seines Modellstädtchens, das er zusammen mit dem Teufel gebaut hat [...]" (S. 9)
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Richtiggehend amüsiert habe ich mich darüber, dass Lowetz die so lange gesuchten Unterlagen in einem ganz einfachen gelben? Umschlag gefunden hat und sich gar nichts weiter Spektakuläres darin gefunden hat.
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Ja, da wurden die Erwartungen ganz klar überhaupt nicht erfüllt . Ich hatte mir da auch mehr Brisanz versprochen!
Ich konnte mich gestern noch nicht so recht von Dunkelblum lösen und habe die ersten paar Kapitel nochmal gelesen. Echt irre, welche Details mir jetzt aufgefallen sind, die später im Buch wieder aufgegriffen werden! Du kannst dich auf dein Hörbuch freuen!
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Richtiggehend amüsiert habe ich mich darüber, dass Lowetz die so lange gesuchten Unterlagen in einem ganz einfachen gelben? Umschlag gefunden hat und sich gar nichts weiter Spektakuläres darin gefunden hat.
Nun, die Namen dürften schon Brisanz haben für den, der sie zu deuten weiß. Nur hat er eben so gar keine Ahnung, was er damit anfangen soll. Flocke ist ihm wichtiger.
Interessant natürlich, was diese Bebauung betrifft. Wie ich vermutete habe, sind da sicher die erschossenen Zwangsarbeiter vergraben. Und der Faludibauer hört es am Ende ja flüstern, die Geschichte ist noch nicht zu Ende.
Richtig witzig fand ich ja ihre Idee mit dem neuen Doktor. Da kommt was auf die Dunkelblumer zu, oder aber auf den Arzt?
Das Buch lässt mich was die Erwartungen betrifft mehr als zufrieden zurück. Sicher hätte man sich gewünscht, die Verantwortlichen wären bestraft worden. Aber wie sollte die auch aussehen, Haftstrafen am Ende ihres Lebens? Eher Zwangsarbeit in einer Mine in Afrika. Sie hatten ja auch niemals Mitleid gehabt.
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Sidonie , das tue ich auch. Ich werde direkt in die Bib spazieren, wenn ich wieder daheim bin, vorausgesetzt, es ist dann nicht ausgeliehen.
Findus der neue Arzt hat mich auch sehr amüsiert und ich wüsste ja wirklich gerne, wie viel Kundschaft er zu Beginn haben wird.
Erinnert mich an die Kirchengemeinde meiner bayerischen Verwandtschaft, die jahrelang keinen Pfarrer hatten und dann kam ein recht junger Mann aus Afrika.Erst waren die Gesichter ein wenig lang. Dann war er bei seiner neuen Gemeinde ganz schnell geschätzt und beliebt. Vor allem bei den Jüngeren.
Sicher hätte man sich gewünscht, die Verantwortlichen wären bestraft worden. Aber wie sollte die auch aussehen, Haftstrafen am Ende ihres Lebens? Eher Zwangsarbeit in einer Mine in Afrika. Sie hatten ja auch niemals Mitleid gehabt
Einige Leute sind ja bereits bestraft worden, wofür genau ist mir nie ganz klar geworden. Die haben sogar im Gefängnis gesessen und können eher nicht noch einmal bestraft werden. Es sei denn, es geht um ganz neue Verbrechen.
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Einige Leute sind ja bereits bestraft worden, wofür genau ist mir nie ganz klar geworden. Die haben sogar im Gefängnis gesessen und können eher nicht noch einmal bestraft werden. Es sei denn, es geht um ganz neue Verbrechen.
Ja, das waren die Jugendlichen, die ins Gefängnis mussten bis auf einen, der es aber bereut, nicht auch bestraft worden zu sein. Der Name ist im Moment nicht präsent. Aber diejenigen, die das angeordnet haben, sind ja nicht dafür belangt worden, was aus diesem Horka wurde, weiß auch keiner.
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Das mit dem neuen Arzt fand ich auch witzig. Da werden die Dunkelblumer ganz schön gestaunt haben.
Einige Leute sind ja bereits bestraft worden, wofür genau ist mir nie ganz klar geworden.
So, wie ich das verstanden habe, wurden sie bestraft, weil sie bei dieser Aktion involviert waren, bei der die Menschen in den Wald und dort dann hingerichtet wurden. Ich vermute, sie wurden dann als Mittäter verurteilt. Findus , bei dem, der nicht in den Knast musste, müsste es sich um den Zierbusch handeln, wenn ich mich richtig erinnere.
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Findus , bei dem, der nicht in den Knast musste, müsste es sich um den Zierbusch handeln, wenn ich mich richtig erinnere.
Diese Namen, ob das Zierbusch war, der Name kommt mir jetzt nicht mal vertraut vor, weiß ich nicht. Ich fand ja immer schon die "Gflickten" schon genial.
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Österreich hat sich ja nie durch eine gründliche Aufarbeitung der Nazizeit hervorgetan. Man denke nur an Kurt Waldheim und an die häufig verbreitete Auffassung, Österreich sei "das erste Opfer Hitlers" gewesen.
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Diese Namen, ob das Zierbusch war, der Name kommt mir jetzt nicht mal vertraut vor, weiß ich nicht. Ich fand ja immer schon die "Gflickten" schon genial.
Jaaa Gflickter Schurl, österreichischer kann ein Name gar nicht sein!
Ich hatte beim Lesen da auch immer die entsprechende Aussprache im Kopf.
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Österreich hat sich ja nie durch eine gründliche Aufarbeitung der Nazizeit hervorgetan. Man denke nur an Kurt Waldheim und an die häufig verbreitete Auffassung, Österreich sei "das erste Opfer Hitlers" gewesen.
Ich habe vorhin in der Süddeutschen gelesen, dass es sogar ein reales "Vorbild" für Dunkelblum gab.
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Mein erster Gedanken beim Zuklappen war dann doch: "Hä, war's das jetzt?!" Ich fand es schon komisch, dass so viele Fragen unbeantwortet bleiben, aber nach kurzem Nachdenken, kann ich auch sagen, ja es passt so, sehr gut sogar.
Leider war meine Hauptlesezeit in der letzten Woche eine halbe Stunde früh morgens, wenn der Große aus dem haus ist und der Kleine noch Zeit hat, dass hat dem Buch überhaupt nicht gut getan.
Ich werde das Buch auf jeden Fall noch einmal lesen, wenn ich weiß, dass ich ganz viel Lesezeit am Stück haben werde, ich habe bestimmt, trotz Leserunde, unheimlich viel nicht richtig mitbekommen.
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Mein erster Gedanken beim Zuklappen war dann doch: "Hä, war's das jetzt?!" Ich fand es schon komisch, dass so viele Fragen unbeantwortet bleiben, aber nach kurzem Nachdenken, kann ich auch sagen, ja es passt so, sehr gut sogar.
Man hofft halt immer, dass am Ende alles aufgeklärt wird und die Schuldigen ihre gerechte Strafe bekommen ...
Mich hat es echt erschüttert, von dem wahren Fall zu lesen. Dass man auf einer Party mal eben 200 Menschen massakriert und danach fröhlich weiterfeiert, als wäre nichts geschehen, geht mir nicht in den Kopf. Das ist so unmenschlich und krank, ein Wahnsinn!
Schade, dass du nicht so viel Lesezeit für das Buch hattest. Da ist es bei so einem dicht gepackten Roman echt nicht leicht, alles mitzubekommen. Ich hoffe, du kannst das Buch irgendwann tatsächlich noch mal mit mehr Ruhe lesen; es lohnt sich!
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Mich hat es echt erschüttert, von dem wahren Fall zu lesen. Dass man auf einer Party mal eben 200 Menschen massakriert und danach fröhlich weiterfeiert, als wäre nichts geschehen, geht mir nicht in den Kopf. Das ist so unmenschlich und krank, ein Wahnsinn!
Das ist wirklich kaum vorstellbar.
Trotzdem, wenn man sich auf der Welt so umschaut, bekommt man vorgeführt, wie viel Brutalität und Grausamkeit es gibt.
Da kann jemand ein hingebungsvoller Familienvater sein und ein Massenmörder, wenn er zur Tür hinausgeht.
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Trotzdem, wenn man sich auf der Welt so umschaut, bekommt man vorgeführt, wie viel Brutalität und Grausamkeit es gibt.
Stimmt, das ist leider kein Einzelfall. Mir ist auch bewusst, wie viel schlimme Dinge auf der Welt passieren und dass der Mensch zu den undenkbarsten Taten imstande ist. Wenn ich von solchen spezifischen Vorkommnissen höre, bin ich trotzdem immer wieder aufs Neue geschockt – das ist irgendwie noch erschreckender, wenn man ein konkretes Beispiel vor Augen geführt bekommt.
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Nun, die Namen dürften schon Brisanz haben für den, der sie zu deuten weiß. Nur hat er eben so gar keine Ahnung, was er damit anfangen soll. Flocke ist ihm wichtiger.
Interessant natürlich, was diese Bebauung betrifft. Wie ich vermutete habe, sind da sicher die erschossenen Zwangsarbeiter vergraben. Und der Faludibauer hört es am Ende ja flüstern, die Geschichte ist noch nicht zu Ende.
Richtig witzig fand ich ja ihre Idee mit dem neuen Doktor. Da kommt was auf die Dunkelblumer zu, oder aber auf den Arzt?
Ich denke, die Dokumente von Eszter haben schon Brisanz, denn wenn ich richtig vermute, ist die Liste eine solche der jüdischen Bürger von Dunkelblum oder sogar noch darumherum. Damit haben wir wieder einen Hinweis auf das ungeheure Verbrechen an den Juden auch dort, zunächst die Vertreibung, dann Hohn und Ekel gegenüber den Zwangsarbeitern (das finde ich ganz besonders grauslig: Man nimmt den Menschen jede Möglichkeit, sich angemessen zu versorgen und zu pflegen und dann ekelt man sich deshalb vor ihnen, verhöhnt und kriminalisiert sie) bis hin zur Ermordung nach dem gräflichen Ball.
Die anderen Dokumente könnten entscheidend für Gellért sein, da sowohl der Rehbergsche Stammbaum als auch die ungarischen Briefwechsel, die vermutlich das waren, was der kleine Rehberg als Kind immer aus Ungarn geholt hat, beweisen würden, dass Alexander/Sascha der Sohn von Rehbergs Tante Elli ist und damit ein integraler Bestandteil der Dunkelblumer Kernbevölkerung.
Auch irgendwie sinnbildlich für die Dunkelblumer Geschichte finde ich die neukolorierte Postkarte vom Schloss, die im ganzen Buch immer wieder an den unterschiedlichsten Stellen auftaucht: Das Schloss mag verbrannt und seine Ruine zerstört sein, aber das Schloss lässt sich nicht aus den Geschichtsbüchern und der Erinnerung streichen -- wie eben alles, das in Dunkelblum passiert ist.
Gleich, nachdem ich den letzten Satz gelesen hatte, bin ich zum Anfang zurückgekehrt und habe die allererste Beschreibung von Dunkelblum noch einmal gelesen. Mit der Kenntnis des ganzen Romans ist sie noch treffender, hat sie noch mehr Wucht.
"[...] Wenn er [Gott] hineinblickt in die Puppenhäuser seines Modellstädtchens, das er zusammen mit dem Teufel gebaut hat [...]" (S. 9)
Ich denke auch, dass die Ansichtskarten vom Schloss als Leitmotiv dienen, aber insbesondere auf das allem zugrunde liegende Hauptverbrechen der Ermordung der jüdischen Zwangsarbeiter nach dem Ball verweisen.
Genial ist auch Menasses Verquickung der verschiedenen Erzählebenen, die alle desilluisionierend auf die egoistische und bequeme Denkweise der Menschen hinweist, und da ist das österreichische Dunkelblum - auch wenn es sich auf das wahre Rechnitz bezieht - nur ein Paradigma für das Verhalten der meisten. Ich finde das Buch sehr gut, weil es uns auch gerade immer wieder deutlich macht, wie menschlich allzumenschlich das Verhalten der Dunkelblumer ist. Und nun nochmal zur Haupterzählebene. Auch die scheinbar herzliche Aufnahme der Ostdeutschen zeigt die oben angeführten Merkmale des Egoismus und der Bequemlichkeit: Wir nehmen die Ostdeutschen auf und machen dabei noch ein gutes Geschäft, aber bei uns bleiben sollen sie dann lieber doch nicht, das könnte ja den gewohnten Lebensgang verändern, da bleibt man lieber unter sich. Die gute Idee des alten Doktors, die Geflohenen im Burgenland anzusiedeln, wird aus diesem Grund abgeschmettert Mauscheln und sich in seiner Selbstgerechtigkeit suhlen kann man sich halt am besten unter seinesgleichen.Und genau das wird deutlich in der Einleitung und dem Schluss, auf den du, Sidonie , oben verweist, denn die kleinen Teufelchen sind genau diese oben genannten EIngenschaften.
In einem Überblick über die
Rezensionen zum Roman bei perlentaucher habe ich eine Wendung der Rezensentin Hannah Engelmeier gefunden, die Menasse "sprachlich-psychologische Kollaboration" unterstellt und darüber empört ist, dass Menasse in ihrem Roman die realen Ereignisse in Rechnitz verschlüsselt und deren Aufklärung offen lässt. Das aber finde ich - neben der sprachlichen Gestaltung - gerade das Großartige an diesem Roman, denn darum geht es ja, dass wir Menschen aufgrund von Bequemlichkeit, Egoismus und Verstrickung weder die Vergangenheit wirklich aufklären, noch bewältigen und erst recht keine nachhaltigen Schlüsse für die Gegenwart und Zukunft ziehen. Dass diese Einsicht nur durch Ironie zu ertragen ist, macht wiederum einen großen Teil des sprachlichen und kompositorischen Glanzes dieses Romans auch.
Ich fand die Lektüre nicht einfach, und vieles hat mich erschüttert, aber ich bin dankbar dafür, dieses Buch gelesen zu haben und über unseren Austausch darüber. -
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Ein schönes Fazit, finsbury !
Die Meinung von Rezensentin Engelmeier kann ich auch nicht nachvollziehen. Ihre Besprechung wirkt auf mich auch ein bisschen so, als hätte sie eine bestimmte Vorstellung, wie man dieses Thema zu behandeln hat, und wäre enttäuscht, dass Eva Menasse ihre Erwartung nicht erfüllt hat. Seltsame Rezension!
Ansonsten schließe ich mich dir, finsbury, an: Der Austausch hier mit euch in der LR war und ist sehr bereichernd für mich!