Geschafft! Ich bin auch endlich am Ende angekommen.
Auch ich bin froh, dass ich das Buch gelesen habe, trotzdem war mein Leseprozess zäh. Mit "Vienna" ging es mir genauso. Auch dort wurde ein wichtiges Thema, nämlich die Kinderverschickung jüdischer Kinder, erzählt. Klug, vielschichtig, witzig und spannend zugleich. Letztendlich wurde ich bis zuletzt mit dem Schreibstil Menasses nicht warm.
Um so mehr freut es mich, wie begeistert ihr seid!
Nach dem Lesen beider Bücher schließt sich für mich aber auch irgendwie ein Kreis. "Vienna" bringt die Familiengeschichte einer jüdischen Familie zu Gehör, in "Dunkelblum" stehen die Täter und deren Verfolger im Mittelpunkt. Die Frage nach den Tätern ist wirklich ein wichtiger Forschungsaspekt. Äußerst interessant die Frage nach der kollektiven Schuld. Mir ging der Roman an dieser Stelle jedoch nicht genug in die Tiefe. Ich hätte gerne mehr von dem Umgang mit der Vertuschung erfahren, wäre gerne tiefer in die Gedanken einzelner Figuren eingetaucht. Ich verstehe aber auch, dass Menasse ein ganzes Dorf exemplarisch zu Wort kommen lassen wollte.
Auch die scheinbar herzliche Aufnahme der Ostdeutschen zeigt die oben angeführten Merkmale des Egoismus und der Bequemlichkeit: Wir nehmen die Ostdeutschen auf und machen dabei noch ein gutes Geschäft, aber bei uns bleiben sollen sie dann lieber doch nicht, das könnte ja den gewohnten Lebensgang verändern, da bleibt man lieber unter sich. Die gute Idee des alten Doktors, die Geflohenen im Burgenland anzusiedeln, wird aus diesem Grund abgeschmettert Mauscheln und sich in seiner Selbstgerechtigkeit suhlen kann man sich halt am besten unter seinesgleichen.
Menasse ist eine gute Beobachterin. Mich erinnerte die Stelle auch an die bereitwillige Aufnahme von ukrainischen Flüchtlingen. Natürlich ist es absolut lobenswert, den Frauen und Kindern ein sicheres Zuhause zu ermöglichen und das ist wirklich toll. Das Wohngeld wird aber auch sehr gerne genommen für die meist lange leerstehenden Einliegerwohnungen. Und natürlich nimmt man lieber katholische Frauen auf als afghanische oder syrische junge Männer. Da weiß man ja nie... In den letzten Monaten habe ich viele solcher Äußerungen gehört und darüber diskutiert.
Leider war ich eine lausige Leserunden-Teilnehmerin. Das nächste Buch packt mich bestimmt mehr. Vielen Dank, dass ihr eure Gedanken geteilt habt.