Werner Herzog - Vom Gehen im Eis: München - Paris 23.11. bis 14.Dezember 1974
Verlag: Fischer TB
Erscheinungsjahr :4.Edition 2009
Seitenzahl: 112
ISBN: 3596183472
Über den Autor:
Werner Herzog, geboren 1942 i München, ist ein deutscher Regisseur, Produzent, Schauspieler und Schriftsteller.
Das Werk Werner Herzogs, das neben zahlreichen in Englisch gedrehten Filmen auch Dokumentarfilme enthält, wurde vielfach ausgezeichnet,
u.a. mit dem Adolph-Grimme-Preis, den Academy Awards, auf der Berlinale mit dem Silbernen Bären.
Über den Inhalt (Verlagsangabe):
Der literarische Klassiker des großen Filmemachers: Im November 1974 bricht Werner Herzog zu einer Wanderung von München nach Paris auf.
Sollte er die französische Hauptstadt erreichen - das ist seine feste Überzeugung -, würde die von ihm verehrte Filmhistorikerin Lotte Eisner am Leben bleiben.
"Vom Gehen im Eis" ist eine große, zu Herzen gehende Meditation über Leben und Tod - ein Wortfilm, der neben den mehr als vierzig Spiel- und Dokumentarfilmen
von Werner Herzog eine ganz eigene Ausstrahlung und Magie besitzt.
Meine Meinung:
Als Werner Herzog im Herbst 1974 vom bevorstehenden Tod der ihm bekannten Filmkritikerin Lotte Eisner erfährt, macht er sich zu Fuß von München nach Paris auf;
fest im Glauben, dass die selbstauferlegten Strapazen einer Wanderung ihren Tod aufhalten können.
Spartanisch ausgestattet mit dem wichtigsten wie einem Matchsack, einem Kompass und nur wenig Geld beginnt er eine Tour,
die am Ende auch eine Reise zu sich selbst wird.
Was den damals jungen Filmemacher treibt, erklärt sich erst in einer Rückschau auf die damalige Filmlandschaft, Künstler und Kritiker und macht deutlich,
wie unverzichtbar Lotte Eisner für sie war.
Lotte Eisner, geboren 1896, emigriert 1933 bereits als anerkannte Filmkritikerin nach Frankreich, schreibt dort weiter Filmkritiken und
ist am Aufbau eines französischen Filmmuseums beteiligt. Zwischen Kriegsende und Werner Herzogs Schaffensbeginn fehlt es an einer Generation Filmschaffenden,
so dass Lotte Eisner zu einer festen Stütze für das kulturelle Nachkriegsdeutschland wird.
Wie besessen formuliert der junge Autor an einer Stelle, dass die Ausnahmekritikerin nicht sterben dürfe, noch nicht jetzt. Mit jedem Schritt, den er bei Eiseskälte geht,
kämpft er gegen ihren Tod an. Seine Begegnungen, Beobachtungen und die Wahrnehmung seines Körpers skizziert er knapp in Tagebuchaufzeichnungen,
die erst über 30 Jahre später, nur wenig verändert und bereinigt zur Wahrung der Privatsphäre von Beteiligten, veröffentlicht werden.
Seine Notizen erzählen in einfacher und reduzierter Sprache, wie er sich mit dem Kompass orientiert, sich verliert, mit den Kräften kämpft.
Nicht immer reicht das Geld für eine Übernachtung in einer Herberge, manchmal bricht er in Ställe ein, um zu übernachten,
immer in dem Bewusstsein wie verwahrlost er auf Außenstehende wirken muss. Werden am Anfang der Tour Naturbeschreibungen noch leichtfüßig erzählt,
jedes noch so unwichtige Detail notiert und gelegentlich das Ziel fast aus den Augen verliert, fallen die Aufzeichnungen am Ende der 22 Tage düster,
kraftlos und voller Zweifel aus.
Werner Herzogs "Gehen im Eis" ist zweifelslos eine lesenswerte autobiographische, manchmal orientierungslose und doch tiefsinnige Reise um Leben und Tod,
die auch über vierzig Jahre nach Durchführung dieser einzigartigen Unternehmung einen Blick lohnt.
ASIN/ISBN: 3596183472 |