Du erwähnst, dass der Roman sprachlich manchmal ein wenig zu schlicht und fast banal in seinen Motiven sei. Diesem Eindruck kann ich mich nach der Leseprobe völlig anschließen, doch dachte ich gleichzeitig nicht an T.C. Boyle sondern eher daran, dass die familiären Fußstapfen für die Autorin etwas zu groß sind und sie ihren eigenen Ansprüchen nicht gerecht wird. Im letzteren Punkt beziehe ich mich nur auf das sprachliche Vermögen, denn die Leseprobe gibt letztlich nicht mehr her.
Du sprichst darüberhinaus die Tech-Branche an. Ist sie tatsächlich testosterongesteuert oder ist die Presse nicht insgesamt zu fokussiert auf Elon Musk? Die Antwort auf diese Frage kann offen bleiben; jedenfalls taugt die literarische Verarbeitung dieses Typ Manns mit Sicherheit für einen utopischen Roman.
Ingesamt finde ich den Roman natürlich nicht wirklich gelungen und die Frage des Stammbaums der Autorin mag naheliegend sein. Sie wird es mit Sicherheit einfacher gehabt haben, einen Verlag zu finden, aber ich finde den literarischen Vergleich mit ihrem Vater irgendwie müßig und außerliterarisch. Ich sehe da literarisch keinerlei Zusammenhänge. T.C. Boyle erwähnte ich zum einen weil ich an Romane wie Die Terranauten denken musste und zum anderen weil ich die Autorin viel eher in dieses Genre einordnen würde. Das Genre des auf Unterhaltung geschriebenen Konzeptromans zu einem aktuellen Thema mit teilweise sehr holzschnittartigen Figuren.
Wieso sie also in einen literarischen Topf schmeißen, in dem sie einfach nicht gehört?
Was die Tech-Branche angeht. Ich arbeite in dieser Branche und das ist ein Aspekt der vor allem in späteren Teilen des Romans behandelt wird und da habe ich so einiges aus meinem Arbeitsleben wiedererkannt. Diese gediegene Ästhetik, die schockfarbenen Einrichtungen, diese politisch komische Mischung aus progressiv und libertär. Solche Figuren wie Elon Musk finde ich übrigens für die Branche nicht nur als dominante Einzelfiguren interessant. Auf der Ebene der "Individual Contributors", der einzelnen Entwickler, wird seine Philosophie komplett idealisiert. Das sind dann die Leute die man dann gerne als "Tech-Bros" bezeichnet. Und umso mehr eine Arbeitskultur der Silicon Valley-Arbeitskultur nachempfunden ist, desto wahrscheinlicher ist es auf solche toxische Strukturen zu treffen. Ich empfehle da auch Bücher wie Anna Wieners Uncanny Valley.
Und zumindest in diesem Aspekt, dem Gespür für diese Kultur und der Frage welche Art von Utopien aus so einer Kultur entstehen können, fand ich den Roman gelungen.
Literarisch... darüber brauchen wir nicht reden... ist der Roman natürlich ein Leichtgewicht und hat somit eigentlich auch nichts auf so einer Longlist zu suchen.