'Die rote Tänzerin' - Seiten 132 - Ende

  • Für mich war es auch zweitrangig, ob die beiden miteinander schlafen oder nicht. Ich habe eher überlegt, ob ich es glaubwürdig finde, dass Anita nach ihrem bewegten Leben so ein Drama daraus macht. Sollen sie doch ihren Spaß haben, wichtig ist doch (und das fand ich wieder glaubhaft), dass sie die Ehe nicht zerstören will.

    Ich finde es durchaus glaubwürdig. Nur sieht man ihre zarte oder auch zerbrechliche Seite nicht so sehr, dass man sich gar nicht oder eben nur schwer vorstellen kann, dass eine solche auch in ihr steckt. Ihre Extrovertiertheit und das Spiel mit der Lust und mit den Laster überlagert das einfach. Aber wenn man unter die Oberfläche schaut, glaube ich schon, dass auch sie ganz banale Wünsche und Sehnsüchte hat und sie sich über manche Dinge mehr Gedanken macht, weil eben ein besonderer Mensch dahinter steckt. (Ich hoffe, das klingt jetzt nicht zu verworren.)

  • Anitas innere Zerissenheit kommt wirklich sehr gut an. Es muss ja nicht mal Schizophrenie sein, sie kann ja auch in ihren verschiedenen "Rollen" - die verruchte Tänzerin, die verkannte Künstlerin, das verlassene Mädchen oder auch der unerfüllte Traum der Familienmutter - voll und ganz aufgehen. Und je nach Situation schlüpft sie in die ein oder andere Rolle und geht darin auf. Jede(r) von uns bedient doch verschiedene Rolle im Leben und je nachdem verhält man sich mehr oder weniger unterschiedlich. Bei Anita Berber war es halt extrem - aber genau das passt zu ihr.

    So ähnlich habe ich das auch empfunden.

    Ob Anita diese "Rollen" nun freiwillig gespielt oder übernommen hat oder ob sie nur so ihr Leben (so kurz es auch war) "überstanden" hat - das wissen wir nicht.

    Mir bleibt sie nach der Lektüre als schillernde und tragische Persönlichkeit in Erinnerung.


    Schön, dass wir auch einmal eine etwas andere "Schriftstellerinnen-Seite" von dir erleben durften, Joan.

    Hat mir gut gefallen. :-)