Julia und Satine-Daniela Schenk

  • Inselferien. Sonnenstrand. Hier entspannt Julia, die sich vom Rechtsstreit mit ihrem Exgatten erholt, soweit ihre zwei Töchter und die exzentrische Herzensfreudin Berthe das zulassen. Und dort ruht Satine, deren Geliebte soeben einen Mann geheiratet hat Julias Orientierungssinn ist ein Witz, ihre Leidenschaft für Kinderkunst groß und ihr Interesse an Sex auf dem Nullpunkt. Satines Politisieren in romantischen Momenten ist legendär und ihre Schwäche für Heteras fatal, vor allem wenn eine rotblonde, heterosexuelle Julia über ihre Füße fällt. Eine Fischvergiftung, eine Fotositzung und einen Reifenwechsel später sind die Frauen sich trotzdem näher gekommen, wofür nicht zuletzt das gewitzte Töchtergespann und Berthe gesorgt haben. Dann tut Julia etwas, was sie gewiss nicht vorhatte und was eine Menge delikater Fragen aufwirbelt...



    Meine Meinung:
    Ich habe das Buch so gut wie an einem Stück durchgelesen, und das kann ich wirklich nur bei ganz wenigen Büchern. Ich muss schon wirklich gefesselt sein, damit das geht.
    Und dieses Buch hat mich gefesselt. Ich war so begeistert von der Beschreibung der zwei Frauen; so ganz ohne Klischees und Vorurteile. Die Geschichte hat mich am Anfang etwas an Amiee und Jaguar erinnert, aber dieses Gefühl war sehr schnell verflogen und dann habe ich einfach nur noch mitgefiebert und war am ende richtig traurig das das Buch nur 300 Seiten hat!!
    Danke für diesen Roman!!!

  • Das seh ich ja jetzt erst! :-)
    Da muss ich natürlich auch meinen Senf dazu abgeben. (Auch wen ich mit meiner Meinung anscheinend ziemlich alleine dastehe...)



    Satine ist es gewohnt, dass man sie auf ihren ungewöhnlichen Vornamen anspricht. Ihr Vater war seinerzeit Stoffhändler, sein Auto voll mit Stoffballen, als auf dem Weg ins Krankenhaus die Geburt bei ihrer Mutter einsetzte. So kam die kleine Tochter auf wallenden Lagen glutroten Satins zur Welt und erhielt seinen Namen.


    Satine hat sich geschworen, nie wieder etwas mit einer Hetera anzufangen. Denn ihre letzte Erfahrung schmerzt noch immer, und das Buchcover zeigt anschaulich, was Heteras für Satine sind: Haie, die mit scharfen Zähnen nach ihren attraktiven Beinen schnappen.


    Julia ist geschieden und hat zwei süße Töchter. An Männern ist sie derzeit nicht interessiert und an Frauen schon gar nicht. Dennoch kommt es, wie es kommen muss: Im Urlaub lernen sich Satine und Julia kennen und kommen sich näher.
    Vor dem Happyend muss Julia zuerst ihre internalisierte Homophobie, Satine ihre Heteraphobie bewältigen. Doch am Ende kriegen sie sich. Das darf verraten werden, denn das Buch ist nicht tiefgründig genug, um einen anderen Schluss zuzulassen.


    Bis es so weit ist, finden sich einige nette Einfälle, die aber leider für einen Spannungsbogen über 300 Seiten nicht ausreichen. Julia liebt Kinderzeichnungen und verläuft sich dauernd; Satine redet, wenn sie nervös ist, nur noch über Politik, obwohl sie nicht viel davon versteht. Julias Töchter sorgen für erfrischenden Kindermund und lauschen begeistert Satines Gute-Nacht-Geschichten; Julias beste Freundin Berthe ist für esoterische Eskapaden gut.


    Ein paar Dinge heben das Buch zum Glück dennoch vom Einheitsbrei à la Hera Lind ab. Die Erzählperspektive wechselt von Kapitel zu Kapitel zwischen Satine als Ich-Erzählerin und Julia in der dritten Person. Das tut dem Spannungsbogen zwar nicht gut, sorgt aber inhaltlich wie sprachlich für Abwechslung. Allerdings wäre es nicht nötig gewesen, den einzelnen Kapitel den Namen der jeweiligen Hauptperson voranzustellen; so viel Intelligenz wäre der Leserin zuzutrauen gewesen. Die aufmerksame Leserin freut sich schließlich auch an den mit großer Sorgfalt ausgesuchten Aphorismen oder kleinen Gedichten, die jedes Kapitel thematisch einleiten, von Rilke über Ingeborg Bachmann zu Rose Ausländer.


    Erfreulich ist letztlich auch, dass hier eine Berner Autorin zu Wort kommt, deren Sprache selbst im hessischen Ulrike Helmer Verlag schweizerisch bleiben darf. Einige im deutschsprachigen Ausland allzu fremd tönenden Helvetismen wurden ansatzweise neutralisiert, aber Lesben gehen in den "Ausgang", und Schränke bleiben "Kästen".


    Da wäre es nur logisch gewesen, auch der Welschschweizerin Satine einige sprachliche Eigenarten zu belassen. Doch da 'at es sich die Autorin zu leicht gemacht - dank ihrer Berliner Mutter spricht Satine perfektes Deutsch, und das fehlende "h" ist ihr einziges 'andicap, das in ihren ansonsten 'öchst korrekt gebildeten Sätzen aufgesetzt wirkt.


    Insgesamt ist "Julia und Satine" ein Schmöker, der sich im Urlaub oder in der U-Bahn locker weglesen lässt. Nicht gerade Zeitverschwendung, aber sicher auch keine neue Offenbarung der Lesbenliteratur. Schade. Die Schweizer Lesbenszene hat bestimmt noch Besseres zu bieten.

    Surround yourself with human beings, my dear James. They are easier to fight for than principles. (Ian Fleming, Casino Royale)