Amor Towles - Lincoln Highway

Die tiefgreifenden System-Arbeiten sind soweit abgeschlossen. Weitere Arbeiten können - wie bisher - am laufenden System erfolgen und werden bis auf weiteres zu keinen Einschränkungen im Forenbetrieb führen.
    • Herausgeber ‏ : ‎ Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG; 1. Edition (25. Juli 2022)
    • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
    • Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 576 Seiten
    • ISBN-10 ‏ : ‎ 3446274006
    • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3446274006
    • Originaltitel ‏ : ‎ The Lincoln Highway


    ASIN/ISBN: 3446274006



    Über den Autor:

    Amor Towles, geboren 1964 in Boston, Massachusetts, hat in Yale und Stanford studiert. Sein Debüt "Eine Frage der Höflichkeit" erschien 2011. Sein zweiter Roman "Ein Gentleman in Moskau" (2016) stand zwei Jahre auf der Bestsellerliste der New York Times, war 2016 Finalist des Kirkus Prize in Fiction & Literature und wurde 2018 für den International Dublin Literary Award nominiert. Seine Werke wurden bislang in über dreißig Sprachen übersetzt. Towles lebt in Manhattan. Bei Hanser erschien zuletzt sein dritter Roman Lincoln Highway (2022).



    Inhaltsangabe:

    Nach „Ein Gentleman in Moskau“ der neue Roman von Bestsellerautor Amor Towles: „Eine ausgelassene Road Novel quer durch Amerika.“ Time
    Im Juni 1954 wird der achtzehnjährige Emmett aus dem Gefängnis entlassen. Zuhause in Nebraska wartet sein kleiner Bruder Billy auf ihn. Nach dem Tod des Vaters möchten sie einen Neuanfang in Kalifornien wagen, wo sie ihre verschwundene Mutter vermuten. Alles ist bereit für die Fahrt mit dem 48 Studebaker, doch plötzlich tauchen zwei Freunde aus dem Gefängnis auf. Sie haben allerdings ein anderes Ziel, New York City. So beginnt eine Reise mit den witzigsten und unglaublichsten Begegnungen – Clowns, Landstreicher, arbeitslose Schauspieler, Bettler und besonders gefährliche Pastoren. ‚Lincoln Highway‘ erzählt die ergreifende Odyssee von vier vaterlosen Jungen entlang der ersten Autobahn Amerikas.



    Meine Kritik:

    Frisch aus der Jugendhaft entlassen, möchte der 18-jährige Emmett eigentlich nur seinen achtjährigen Bruder Billy abholen und mit ihm das ländliche Nebraska verlassen. Als plötzlich seine zwei Freunde Duchess und Woolly aus dem Jugendgefängnis auftauchen, beschließen die vier gemeinsam durchzubrennen. Doch schon bei der erstbesten Gelegenheit klauen Duchess und Woolly den Brüdern das Auto, um eigenmächtig nach New York zu reisen. Emmett und Billy bleibt nichts anderes übrig, als ihnen per Zug hinterher zu reisen. Unterwegs treffen sowohl sie als auch die zwei Diebe zahlreiche skurrile Gestalten und werden in bizarre Situationen verstrickt.

    Der Roman begann recht vielversprechend mit Emmetts schicksalhafter Herkunftsgeschichte, spätestens ab der Hälfte, als immer mehr aus Duchess‘ und Woollys Sicht geschildert wird, geht der Story leider ein bisschen die Puste aus. Die Handlung verfängt sich in ihren vielen Nebenhandlungen und bremst sich dadurch aus. Erst kurz vor dem versöhnlichen Ende nimmt die Geschichte wieder etwas Fahrt auf.

  • Dieses Buch hat mich postiviv überrascht um nicht zu sagen umgehauen. Es ist mir mehr zufällig in die Hände gefallen und ich hatte keine großen Erwartungen. Und wer mich kennt weiß, dass ich meistens große Probleme habe mit Romanen, die durch die Geschehnisse mäandern. Und das tut der Autor hier immer wieder. Aber der Reihe nach.


    Der Roman beginnt mit der Entlassung des 18jährigen Emmett aus der Jugenderziehungsanstalt in der er wegen einer schlecht ausgehenden Schlägerei gelandet war. Gerade ist sein Vater verstorben und hat so viele Schulden hinterlassen, dass Emmett und seinem 8jährigen Bruder Billy nur ein altes Auto und die Idee bleibt, nach einer langen Autofahrt quer durch die USA auf dem Lincoln-Highway am Ende in Californien die verschwundene Mutter wiederfinden zu können. Zwei Jungs, die sich unerlaubt aus der Anstalt entfernt haben, machen den Brüdern erst mal einen Strich durch die Rechnung.


    Der Erzählstil ist sehr empathisch und man schließt die beiden Brüder sofort ins Herz. In kurzen Kapiteln wird immer aus der Sicht eines anderen Protagonisten erzählt. Erst mal geht die Reise in die falsche Richtung nach New York. Es ist eine Art Road-Movie, die hier aufgeblättert wird. Der Plot schlägt wilde Kapriolen und ganz nebenbei werden die unterschiedlichen Schicksale der Darsteller liebevoll und eindringlich erzählt, also auch mal in die Vergangenheit ein Blick geworfen oder auf die sehr unterschiedlichen Lebenswege und Charaktere und Familien der jugendlichen Helden.


    Ja, dadurch bremst die Handlung durchaus immer wieder mal. Aber der Autor macht das sehr klug, denn zum einen sind die Kapitel und Rückblenden kurz und er findet stets zügig zum Hauptstrang zurück. Und zweitens liegt in den einzelnen Episoden und Abschnitten so viel Tiefe und Poesie und Charme, dass ich jeder Abschweifung gerne und aufmerksam gefolgt bin. Und das will wirklich was heißen.


    Mein Fazit: Ich vergebe 10 Sterne für Sprache, Erzählstil, Charaterbuilding und Tiefgang. Ich würde wahnsinnig gerne eine Fortsetzung lesen um zu erfahren, wie es den jungen Leuten weiter ergangen ist.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Ninni Schulman - Den Tod belauscht man nicht

    Hanna Caspian - Im Takt der Freiheit


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Meine Meinung zum Buch:


    Titel: Wenn alles anders kommt als gedacht...


    Ehrlich gesagt kann ich kaum in Worte fassen wie sehr ich dieses Buch genossen habe, weil es einfach komplett anders war als das was ich erwartet hatte.


    In der Geschichte geht es um die Brüder Emmett und Billy, die nach dem Tod ihres Vaters einen Neuanfang wagen wollen. Es soll nach Kalifornien gehen, doch als unverhoffter Besuch kommt und das Auto plötzlich fehlt, müssen die Geschwister umplanen. Wohin wird sie das Schicksal führen?


    Von der dargestellten Zeit 1954 bekommt man recht wenig mit, da der Fokus auf den zahlreichen agierenden Figuren liegt. Spürbar ist die Zeit eher durch die Art der Autos, die Wege der Kommunikation und Schilderungen von Umgebung und Ereignissen.


    Die aufgezeigten Figuren sind so zahlreich, dass wohl jeder Leser jemanden finden wird, in dem er sich widererkennt. Meine beiden Lieblinge waren eindeutig der 8 jährige Billy und Ulysses. Billy mag ich so sehr, weil er den Menschen in seiner Umgebung durch seine Art und sein cleveres Verhalten wieder neuen Lebensmut gibt und dass die Erwachsenen nicht alles so verbissen sehen, sondern sich an alte Tage erinnern. Er ist einfach ein gewitztes Kerlchen, den ich gern zum Freund hätte.


    Bei Ulysses mag ich den Vergleich zwischen dem Protagonisten im Buch und der Figur aus Homers Irrfahrten des Odysseus, da die Geschichte neue Hoffnung gibt. Zudem ist Ulysses ein Sinnbild dafür, dass nicht alles so ist wie es auf den ersten Blick erscheint.


    Die Irrungen und Wirrungen im Roman sind einfach nur herrlich, denn glaubt man endlich zu wissen welche Richtung die Handlung einschlägt, kommt es wieder einmal ganz anders.


    Die Geschehnisse erleben wir aus den unterschiedlichsten Perspektiven und wir begleiten zahlreiche Figuren, deren Kapitel jeweils mit ihrem Namen überschrieben sind.


    Ich kann dieses Buch nur als Lesehighlight ansehen, da es Figuren hat, deren Schicksal einen als Leser enorm ergreift. Zudem kann man trotz der vielen Wendungen immer folgen und alles Erzählte ist enorm schlüssig und nachvollziehbar. Zudem bietet der Roman Einblicke in unterschiedliche Charaktere, die je nach ihrem Handeln ihr Leben und das von anderen beeinflussen.


    Fazit: Ein kraftvoller Roman mit tollen Figuren, den ich so schnell nicht vergessen werde. Klare Leseempfehlung, ein Must- Read!


    Bewertung: 10/ 10 Eulenpunkte

  • Roadtrip der Hoffnungen

    Es gibt Bücher, die möchte man eigentlich gar nicht zu Ende lesen, weil sie einfach so gut sind und der Blick auf den immer dünner werdenden Teil bis zur letzten Seite den Abschnitt vom Buch bedeutet. "Lincoln Highway" von Amor Towles war für mich so ein Buch. Ein Leseerlebnis wie ein Road Trip durch die amerikanische Weite, wenn auch ein wenig anders als ursprüngich erwartet. Zugleich ist es eine Coming of Age-Geschichte und das sensibel gezeichnete Porträt von vier Jungen bzw jungen Männern, die bei all ihren Unterschieden eines eint: Sie sind Söhne ohne Väter, versuchen auf unterschiedliche Weise mit dieser Leerstelle in ihrem Leben umzugehen, während sie ihre Träume verfolgen.

    Das Buch startet im Mittleren Westen in Nebraska, als der 18-jährige Emmett nach Verbüßung seiner Zeit in einer Jugendstrafanstalt wegen Totschlags zurück auf die Farm der Familie zurückkehrt. Ein unglücklicher Sturz bei einer Schlägerei hat einen Kontrahenten das Leben gekostet - für Emmett ein Anlass, sich mit seinem Jähzorn auseinanderzusetzen. Wer ihn nun erlebt, traut ihm die Gewalt gar nicht zu, so besonnen, überlegt, reif weit über sein Alter hinaus wirkt er. Denn auch viel Verantwortung lastet auf dem jungen Mann: Für seinen achtjährigen kleinen Bruder Billy,einen aufgeweckten, lebhaften und sehr intelligenten Jungen, muss er nun Vater und Mutter sein. Die Mutter hat die Familie verlassen, als Billy ein Baby war, der Vater ist nach langer Krankheit gestorben und die Farm, so erfahrt Emmett gleich bei seiner Ankunft, gehört der Bank. Alles was den Brüdern geblieben ist, ist Emmetts Studebaker.

    Doch bei Emmett läuft nichts ohne Plan: Er will nach Texas, ein baufälliges Haus kaufen, renovieren, wieder verkaufern und in zwei weitere Häuser investieren - und immer so weiter, bis er irgendwann andere für sich arbeiten lassen kann. Doch er hat die Rechnung ohne Billy gemacht, der ihm erklärt, sie müssten nach Kalifornien. Denn in den Unterlagen des Vaters hat der Kleine Postkarten der Mutter getroffen, die offenbar den Lincoln Highway entlang nach Kalifornien gezogen ist - die letzte Postkarte kam aus San Francisco.

    Und noch andere Störmanöver gibt es mit dem Auftauchen von Duchess und Woolie, zwei Freunden Emmetts aus der Strafanstalt. Duchess, streetwise und mit allen Wassern gewaschen, Sohn eines fahrenden Schauspielers und Kleinkriminellen, und der ein bißchen langsame Woolie, der aus bester Ostküstenfamilie stammt, gewissermaßen Ostküstenadel, aber psychisch krank ist. Während Duchess als Kind von seinem Vater im Waisenhaus abgegeben wurde, weil er einer Romanze im Weg war, hat Woolie nie den Tod seines Vaters als Offizier im Zweiten Weltkrieg verwunden.

    Die Handlung von "Lincoln Highway" spielt in den frühen 60-er Jahrem, es ist ein langsameres, leiseres, monochromeres Amerika, die Trennung der Menschen in Schwarz und Weiß wird noch akzeptiert, das Frauenbild ist sehr traditionell, aber eigentlich wabert dieses gesellschaftliche Umfeld am Rand des Blickfelds, denn Duchess und Woolie torpedieren die Reise in den Westen, weil sie Woolies Erbe aus dem Safe seines Urgroßvaters aus dem Ferienanwesen in Neu England holen wollen. Zu welchen Komplikationen das führt, soll hier gar nicht erörtert werden.

    Towles lässt seine Leser den Abenteuern der vier Jungen folgen, immer wieder werden dabei die Perspektiven gewechselt, Wege trennen sich und führen wieder zusammen. Und wenn Emmett und Billy wie die Hobos in Güterzügen unterwegs sind, treffen sie auf Menschen wie Ulysses, in dem Billy mit seiner Begeisterung für Helden und Entdecker einen wiedergeborenen Odysseus zu erkennen bleibt. Lincoln Highway hat seine großen und kleinen Tragödien, steckt voller Träume und Hoffnungen. Die ruhige, bildhafte Erzählweise trägt zum Lesegenuss bei und viel zu schnell endet die Lesereise auch trotz der 575 Buchseiten. Mit Emmett, Billy und ihren Freunden unterwegs zu sein, macht Spaß und nachdenklich gleichermaßen.