David Mitchell - Utopia Avenue

    • Herausgeber ‏ : ‎ Rowohlt Buchverlag; 1. Edition (19. Juli 2022)
    • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
    • Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 752 Seiten
    • ISBN-10 ‏ : ‎ 3498002279
    • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3498002275
    • Originaltitel ‏ : ‎ Utopia Avenue


    ASIN/ISBN: 3498002279


    Inhaltsangabe:

    In der Londoner Psychedelic-Szene der späten Sixties finden sich Folksängerin Elf Holloway, Bluesbassist Dean Moss, der Gitarrenvirtuose Jasper de Zoet und der Jazzdrummer Griff Griffin und erschaffen zusammen einen einzigartigen Sound, mit Texten, die den Aufbruchsgeist der Zeit atmen. Nur zwei Alben produziert die Band. Doch ihr Erbe lebt fort.
    Dies ist die Geschichte von Utopia Avenues kurzer, rasanter Reise, von den kleinen Clubs in Soho und den englischen Provinzkäffern ins Land der Verheißung, Amerika – als der technicolorbunte Sommer der Liebe gerade etwas viel Dunklerem weicht. Ein greller Trip ins Land der Träume, der Drogen, des Sex, des Wahnsinns und der Trauer, ein Buch über einen faustischen Pakt für Ruhm und Erfolg, über den Zusammenprall von jugendlichem Aufbruch und trister Spießigkeit.
    Doch vor allem ist dies ein gewaltiger Liebesbrief an die Musik der Sixties, an deren Kraft, uns über alle Grenzen hinweg zu verbinden. David Mitchells «Utopia Avenue» ruft eine Zeit voller Träume und Verheißungen zurück, die immer noch nachwirken.



    Über den Autor und weitere Mitwirkende:

    David Mitchell, geboren 1969 in Southport, Lancashire, studierte Literatur an der University of Kent, lebte danach in Sizilien und Japan. Er gehört zu jenen polyglotten britischen Autoren, deren Thema nichts weniger als die ganze Welt ist. Für sein Werk wurde er u.a. mit dem John-Llewellyn-Rhys-Preis ausgezeichnet, zweimal stand er auf der Booker-Shortlist. 2011 erhielt er den Commonwealth Writers’ Prize für «Die tausend Herbste des Jacob de Zoet», 2015 den World Fantasy Award für «Die Knochenuhren». Sein Weltbestseller «Der Wolkenatlas» wurde von Tom Tykwer und den Wachowski-Geschwistern verfilmt. David Mitchell lebt mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in Clonakilty, Irland. Times, Guardian und Sunday Express wählten «Utopia Avenue» (dt. 2022) zum «Book of the Year».

    Volker Oldenburg lebt in Hamburg. Er übersetzte unter anderem Colum McCann, Oscar Wilde, T Cooper und Dinaw Mengestu. Für seine Arbeiten wurde er mehrfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Übersetzerpreis.



    Meine Kritik:

    Die Zeit 1967/1968 war nicht nur musikalisch eine höchst interessante Epoche. Damals war London der musikalische Nabel der Welt und jeden Künstler, der etwas auf sich hielt, zog es in die britische Hauptstadt. So auch den Bassist Dean Moss, der zunächst pleite, ohne Job und Unterkunft dasteht. Der Musikmanager Levon Frankland stellt ihm den Gitarristen Jasper de Zoet and den Jazzdrummer Griff Griffin vor. Wenig später stößt die Folksängerin Elf Holloway zu ihnen. Gemeinsam beginnen sie, Musik zu machen. Mit ihrer neugegründeten Band Utopia Avenue schaffen sie es nach ersten Rückschlägen, den Nerv der Zeit zu treffen. Ihr Debütalbum „Paradise is the Road to Paradise“ wird zum Achtungserfolg und auch ihre Singles steigen stetig höher in den Charts ein. Auftritte bei Top of the Pops sind ebenso die Folge, wie die berühmten ausufernden Partys jener Zeit. Dabei treffen Dean und seine Bandkollegen auf so illustre Künstler wie David Bowie und Brian Jones von den Rolling Stones. Überhaupt ist der Roman ein Fest für alle Fans der Beatles und der Stones, die bei etlichen Gelegenheiten erwähnt werden. Ebenso wie die Kinks und Pink Floyd. Im Laufe der Handlung säumen weitere Berühmtheiten ihren Weg und viele bekannte Orte werden besucht. Dies alles ergänzt sich auf wunderbare Weise. Dank der intensiven Recherchen von David Mitchell hat man in der Geschichte das Gefühl, tatsächlich dabei zu sein, in jener denkwürdigen Zeit.

    Etwas gewöhnungsbedürftig sind die vielen Zeitsprünge vor und zurück. Außerdem ufern im zweiten Teil die surrealen Erlebnisse etwas aus. Insbesondere die mit dem Wesen „Klopf-Klopf“. Diese bremsen die ansonsten großartige Geschichte unnötig aus. Schade fand ich zudem, dass es keine konkrete Hauptperson gab, sondern die Handlung aus zig Perspektiven erzählt wird. Abgesehen von diesen leichten Kritikpunkten ist die Story top. Ich habe die Zeit mit Elf, Dean, Jasper und Griff sehr genossen.

  • Episch. Fulminant. Spannend. Spektakulär.


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    London, gegen Ende der Sechzigerjahre. Der Talentscout und Manager Levon Frankland sammelt in den diversen Clubs, in denen Bands wie Pink Floyd (damals noch mit Syd Barrett als Kopf) auftreten, ein paar Musiker ein, die ihm so auffallen. Da ist die Folksängerin Elf Holloway, die unter ihrem missgünstigen Liebhaber und Duettpartner leidet, der sich aber gerade nach Paris verabschiedet hat. Da ist der überaus talentierte Bluesrock-Bassist Dean Moss, ein Womanizer, der ständig pleite ist und mit seiner Herkunft hadert. Da ist der Holländer Jasper de Zoet, ein Gott an der Gitarre, der allerdings unter einer Schizophrenie litt. Oder noch leidet. Und schließlich Griff Griffin, der lakonische, eher wortkarge Typ, der am Schlagzeug Wunder vollbringen kann. Aus diesen vier derzeit joblosen Musikern formt Levon Frankland „Utopia Avenue“ – und David Mitchell lässt die Band eine typische Sechzigerjahrekarriere durchleben. Am Ende der (zeitlich gesehen) nicht sehr langen, aber wahnwitzig intensiven Odyssee werden drei Alben und internationale Erfolge stehen, allerdings auch erhebliche Verluste. Wir Leser erleben jedes Detail mit.


    Ich hatte tatsächlich nicht auf dem Schirm, dass der Autor dieses – übrigens großartig von Volker Oldenburg übersetzten – 700-Seiten-Ziegels jener David Mitchell ist, der den Weltbestseller „Der Wolkenatlas“ zu verantworten hat, um den ich bislang einen Bogen gemacht habe, was sich nun ändern wird. Denn „Utopia Avenue“ ist ein wahrhaft schillerndes, spektakuläres, spannendes, fantastisch erzähltes Buch, eine vielschichtig aufgebaute, enorm wissensreiche und empathische Geschichte, die sich jeder der drei Hauptfiguren (Dean, Elf und Jasper, die sich auch in der Band als Songschreiber und Sänger abwechseln) ausgiebig widmet, aber vor allem mit detaillierten Kenntnissen rund um die Musik und die Musikgeschichte aufwartet. Außerdem lässt Mitchell quasi das gesamte Who-is-who jener Zeit auftreten, von Brian Jones über Joni Mitchell bis zu Jackson Browne. „Utopia Avenue“ liest sich wie eine furiose Symbiose aus drei Tagebüchern, einer Wagenladung „Rolling Stone“-Magazine und den Heftbeilagen einiger Doppel-LPs. Es wirkt echt, zeitlich nahe, und besonderen Spaß macht es, der Entstehungsgeschichte der „Utopia Avenue“-Songs beizuwohnen, oder mitzuerleben, wie beim zwanzigsten Take im viel zu teuren und für viel zu wenig Zeit gebuchten Studio daraus etwas Erhabenes wird.


    Im letzten Drittel wird das Buch allerdings ein wenig esoterisch, ohne dass hierfür eine Begründung geliefert wird, was ungefähr zwei, drei Dutzend der mehr als 700 Seiten etwas schwergängiger werden lässt, aber hiervon abgesehen ist „Utopia Avenue“ neben „Lost in Music“ von Giles Smith das beste und unterhaltsamste Buch über Popmusik der letzten Jahrzehnte.