Karla Fabry: Lotus Love: Mit der Ewigkeit. Roman, (Band 1 von 2), Ostfildern 2022, via tolino media, ISBN 978-3-75461823-3, Softcover, 302 Seiten, Format: 12,5 x 2,1 x 19 cm, Buch: EUR 11,99, Kindle: EUR 2,99.
„Es nahm seinen Lauf, noch bevor ich meinen Fuß ins Yogastudio setzte und seine Fangzähne aufblitzen sah.“ (Seite 8 )
Eva „Lisy“ List, 25, Zahnmedizinische Fachangestellte, steckt in einer handfesten Krise. Ihr Verlobter hat sich auf recht unfeine Weise vom Acker gemacht. Und wie das oft ist: Mit der Trennung ist auch der gemeinsame Freundeskreis futsch. Eine Herkunftsfamilie, die ihr Halt geben könnte, hat Lisy nicht (mehr). Die dunklen, kalten Herbsttage ziehen ihre Stimmung noch tiefer in den Keller und sie schrammt an einer Depression entlang.
Mit Yoga zurück ins Leben
Okay, dieser Märchenprinz war wohl ein Frosch. Trotzdem sollte Lisy sich nicht auf Dauer in ihrer Wohnung verkriechen! Ein verwittertes Plakat an einer Schaufensterscheibe weckt ihr Interesse: „Mit Yoga zurück ins Leben“ steht da.
Klingt interessant – aber nur, wenn kein Esoterik-Firlefanz im Spiel ist und auch kein Möchtegern-Guru, der es nur darauf abgesehen hat, seine Kursteilnehmerinnen flachzulegen. Noch einen „Frosch“ kann Lisy in ihrem Leben nicht gebrauchen!
Der Yogalehrer hat ein ansprechendes Äußeres, einen hochtrabenden Namen und eine freundliche Art. Mick, wie er sich der Einfachheit halber nennen lässt, hat durchaus Märchenprinz-Qualitäten. Schon bei der ersten Begegnung knistert es zwischen ihm und seiner neuen Schülerin. Trotzdem bleibt er professionell distanziert. Sehr zum Verdruss von Lisy, die jeder Yogastunde entgegenfiebert.
Seltsame Vorfälle
Irgendwann kommen sie einander doch ein bisschen näher. Aber irgendetwas stimmt nicht – entweder mit Mick oder mit Lisy selbst. Dass sie jedes Mal eine Art Stromstoß verspürt, wenn er sie berührt und dass er in manchen Situationen Fangzähne wie ein Raubtier zu haben scheint, das kann sie sich doch nur einbilden, oder? Und dann häufen sich die seltsamen Vorfälle in ihrem Umfeld.
Eine Kursteilnehmerin verunglückt unter rätselhaften Umständen, ein angeblicher Kriminalkommissar baggert sie in einem Lokal an und erzählt etwas von übernatürlichen Unfallursachen. He, wenn er wirklich Polizist wäre, würde er nicht mit wildfremden Menschen über seinen Fall tratschen!
Aus heiterem Himmel eröffnet Mick ihr, dass er das Yogastudio in Kürze schließen wird, weil er „für immer fort“ müsse. Seine Begründung klingt ausgesprochen vage. Das darf doch nicht wahr sein! Kaum hat Lisy ein bisschen Lebensfreude zurückgewonnen, ist schon wieder alles vorbei!
Fast wäre es mit Lisy ganz vorbei gewesen: Sie überlebt nur knapp einen spektakulären Autounfall. Als sie im Krankenhaus erwacht, sitzt Mick an ihrem Bett. Er ist also gar nicht abgereist!
Was wird hier gespielt?
Nach ihrer Entlassung quartiert er sie in seiner Wohnung ein. Lisy erholt sich in Rekordzeit. Wenn das schon nicht mit rechten Dingen zugehen kann, was soll sie dann erst über das Foto sagen, das sie beim heimlichen Herumstöbern findet? Das kann eigentlich gar nicht existieren! Was wird hier gespielt?
Für ausführliche Erklärungen bleibt leider keine Zeit. Mick hat gegen elementare Regeln seines „Zirkels“ verstoßen. Jetzt ist jemand – oder etwas? – hinter ihm und Lisy her und er muss dringend seinen „Meister“ aufsuchen, der irgendwo im europäischen Ausland lebt. Lisy zögert nur kurz. Sie hat zwar immer noch keine Ahnung, was Sache ist, aber sie wird Mick natürlich begleiten.
Kurz vor ihrer Abreise kommt es zu einem packenden und höchst dramatischen Showdown. Ich dachte beim Lesen die ganze Zeit: „Macht voran, Leute, in einer halben Stunde geht euer Flug!“ Ich hab’ sogar auf die Uhr gesehen!
Dämonische Gegner, alte Rituale
Dafür, dass Lisy ursprünglich nur nach einer Möglichkeit gesucht hat, aus ihrem Stimmungstief herauszukommen und Yoga ohne großes Brimborium zu machen, ist sie nun ganz schön tief in uralte Rituale involviert. Auf einmal muss sich die bodenständige junge Frau mit Siddhas (oder heißt es Siddhi?) auseinandersetzen: mit Yogi-Meistern, die durch spirituelle Praxis übernatürliche Kräfte und Fähigkeiten erlangt haben ... mit einem ebenso mächtigen wie geheimen Zirkel und mit ein paar aggressiven Dämonen. So viel lebensverändernde – und lebensgefährliche! – Action hatte sie garantiert nicht auf dem Schirm, als sie sich für den Yogakurs angemeldet hat. Und die Geschichte geht ja jetzt erst richtig los!
Selbst wenn die beiden ihren Verfolgern entkommen und es zu Micks „Meister“ schaffen, bleibt noch die Frage, wer sie aus welchen Gründen verfolgt und was man dagegen tun kann. So oder so: Lisy hat sicher recht mit der Vermutung, dass ihr „normales Leben“ ein für allemal vorbei ist. Es gibt keine Rückkehr ins Nichtwissen.
Übernatürliche Parallelgesellschaft
Es gibt (Urban)Fantasy-Welten, in denen das Paranormale von Anfang an Bestandteil der Geschichte ist. In LOTUS LOVE bricht es völlig unerwartet über eine ahnungslose Normalbürgerin herein, die diese Informationen nun erst einmal verarbeiten muss. Das hat für uns Leser:innen zwei Vorteile: 1. Wir können uns mit der verblüfften und verstörten Heldin wunderbar identifizieren. 2. Wir dürfen mit ihr zusammen Schritt für Schritt die Gesetzmäßigkeiten der übernatürlichen Parallelgesellschaft entdecken. Wir müssen uns nicht gleich zu Beginn der Geschichte durch umfangreiche Erklärungen kämpfen um zu lernen, wie diese spezielle Welt aufgebaut ist.
So gesehen funktioniert LOTUS LOVE ähnlich wie Karla Fabrys Jugendbuch-Trilogie SCHATTENBLAU: Eine junge Skeptikerin geht eine Beziehung mit einem Mann aus einer übernatürlichen Gesellschaft ein, von deren Existenz sie bislang nichts gewusst hat, und ihr ganzes Leben wird auf den Kopf gestellt. Die Fantasy-Welten der beiden Reihen sind jedoch grundverschieden, und im vorliegenden Band wird auch eine ältere Zielgruppe angesprochen (Young Adults/junge Erwachsene). Das heißt schon mal, dass hier mehr Erotik „erlaubt“ ist als in einem Jugendbuch.
Jede Menge Überraschungen
Wenn Lilli LeBon aus SCHATTENBLAU es mit machtgierigen Unterwasserwesen aufnehmen konnte, bin ich zuversichtlich, dass Lisy List aus LOTUS LOVE mit dem Siddha-Zirkel und ein paar gewalttätigen Dämonen fertig wird. In puncto Eigenständigkeit, Entschlossenheit und Mut steht sie Lilli nämlich in nichts nach. Was immer getan werden muss: Lisy wird es tun. Im nächsten Band dürfte sie – und wir Leser:innen – noch so manche Überraschung erleben. Und ihre Gegner:innen wahrscheinlich auch.
Auch wenn ich nicht viel von Yoga verstehe – was auch nicht unbedingt Voraussetzung ist –: Jetzt will ich wissen, was das für Kerle sind, denen Lisy in die Quere gekommen ist und was die überhaupt auf ihrer Agenda haben. Mick ist diesbezüglich nicht besonders mitteilsam. Da gibt uns das Glossar im Anhang schon mehr Anhaltspunkte. Demnach können wir uns noch auf einiges gefasst machen!
Die Autorin
Karla Fabry ist gegen Ende des 20. Jahrhunderts in einem von Veilchenduft durchströmten März geboren und lebt seit Anfang des 21. Jahrhunderts bei Stuttgart. Die eigene Fantasie aufs Papier zu bringen, war schon früh ihr großer Wunsch. "Ich finde das Genre Fantasy toll, denn da kann ich meine Welten zum Leben erwecken. Eigentlich wollte ich Fotografin werden, kam aber immer wieder zur Sprache zurück, zu den Wortbildern", sagt sie über sich. Bisher noch erschienen: die "Schattenblau"-Trilogie. http://www.karla-fabry.de
ASIN/ISBN: 3754618237 |