'Der Himmel über Amerika - Leahs Traum' - Seiten 001 - 091

  • Schade finde ich nur, daß es doch ein wenig intolerant ist - sprich, entweder ganz oder gar nicht. Also, daß die Kinder, die nicht getauft werden möchten, dann ausgestoßen werden.

    Toleranz wird sicher nicht groß geschrieben bei den Amish. Also zumindest bei denen, die alles sehr streng auslegen. Aber das ist ja in jeder Glaubensgemeinschaft ähnlich. Das mit dem Rumspringa ist echt zweischneidig. Einerseits sollen die jungen Leute sich umgucken, aber am liebsten (wenn es nach den Älteren geht) nur so wenig wie möglich. So dass eigentlich gar keine "Gefahr" besteht, dass sie sich anders als für die Gemeinschaft entscheiden könnten. Das ist schon irgendwie verlogen, finde ich. Ich frage mich, wie viele Amish im Laufe ihres Lebens das Gefühl haben, etwas verpasst oder sich vielleicht doch falsch entschieden zu haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass bei denen alles immer eitel Sonnenschein ist. Eine Insel er Glückseligkeit gibt es nicht, wo es Menschen gibt. Ich habe schon das Gefühl, dass in wenig hier jeder jeden kontrolliert. Also in dem Sinne, dass jedes Aufmucken oder Ausbrechen sofort bemerkt und vor der Gemeinde ausgebreitet wird.


    Ebenso finde ich es schwierig, wenn man sich seinen Mann unter den wenigen aussuchen muss, die in der Gemeinde leben. Das kann doch gar nicht immer funktionieren. Und mathematisch aufgehen sowieso nicht, denn es werden ja bekanntlich mehr Mädels wie Jungs geboren. :/

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Heumahd - Susanne Betz


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Heute endlich habe ich auch begonnen, bin allerdings noch nicht sehr weit gekommen. Nur ein paar kurze Anmerkungen, mehr dann, wenn ich im Abschnitt weiter bin (lesemäßig komme ich heute Abend hoffentlich deutlich weiter).


    Schon nach wenigen Sätzen war ich wieder in der Welt der Amisch bzw. der Hochleitners angekommen, auch wenn es jetzt schon wieder zweit Generationen weiter ist. Erst auf den zweiten Blick wurde ich gewahr, daß es schon mitten im 1. Weltkrieg ist. Ich weiß nicht genau, wann die USA in den Krieg eingetreten sind, das wird aber sicher noch eine Rolle spielen.


    Gewundert habe ich mich, daß es sogar Amischfamilien gab, die kurz nach der Erfindung Telefone im Haus hatten. Aber vielleicht war damals noch nicht alles so fest eingefahren wie später im Jahrhundert.


    Nun bin ich gespannt, wie es weiter geht und wie Leah ihre „Rumspringazeit“ verbringen wird - vor allem, mit welchem Ergebnis.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Toleranz wird sicher nicht groß geschrieben bei den Amish. Also zumindest bei denen, die alles sehr streng auslegen. Aber das ist ja in jeder Glaubensgemeinschaft ähnlich. Das mit dem Rumspringa ist echt zweischneidig. Einerseits sollen die jungen Leute sich umgucken, aber am liebsten (wenn es nach den Älteren geht) nur so wenig wie möglich. So dass eigentlich gar keine "Gefahr" besteht, dass sie sich anders als für die Gemeinschaft entscheiden könnten. Das ist schon irgendwie verlogen, finde ich. Ich frage mich, wie viele Amish im Laufe ihres Lebens das Gefühl haben, etwas verpasst oder sich vielleicht doch falsch entschieden zu haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass bei denen alles immer eitel Sonnenschein ist. Eine Insel er Glückseligkeit gibt es nicht, wo es Menschen gibt. Ich habe schon das Gefühl, dass in wenig hier jeder jeden kontrolliert. Also in dem Sinne, dass jedes Aufmucken oder Ausbrechen sofort bemerkt und vor der Gemeinde ausgebreitet wird.


    Ebenso finde ich es schwierig, wenn man sich seinen Mann unter den wenigen aussuchen muss, die in der Gemeinde leben. Das kann doch gar nicht immer funktionieren. Und mathematisch aufgehen sowieso nicht, denn es werden ja bekanntlich mehr Mädels wie Jungs geboren. :/

    So sehe ich das auch. Es ist sozusagen an der langen Leine laufen, aber wehe, wenn sie sich los machen von der Leine.

    Ich finde es nicht sehr menschlich, dass man sich von seiner Familie los sagen muss, nur weil man sich für ein anderes Leben entscheidet. Ebenso bleibt ja auch der Glaube verankert.

    Die Partnersuche ist sicher sehr eingeschränkt, aber es gibt doch die Möglichkeit aus anderen Gemeinschaften Partner zu finden. Also wenn so gar nichts auf dem Markt ist. Ob es da nicht auch zu Inzucht kommt? Erwähnt wird es ja nicht.

  • Ob es da nicht auch zu Inzucht kommt? Erwähnt wird es ja nicht.

    Hatten wir das nicht in einer der vorhergehenden Runden, diese Frage? :gruebel Dass es durchaus solche Probleme gibt. Bin jetzt unsicher.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Heumahd - Susanne Betz


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Ich weiß nicht genau, wann die USA in den Krieg eingetreten sind, das wird aber sicher noch eine Rolle spielen.

    Die USA haben am 6. 4. 1917 Deutschland den Krieg erklärt. Und ja. das spielt noch eine große Rolle, denn das hatte gravierende Folgen für alle deutschstämmigen Einwohner der USA.

    Zitat aus einem Artikel darüber:


    Zitat

    Im Herbst 1917 wurde der Kampf gegen Deutsche in Europa auf ihre Kultur in den USA ausgedehnt . Dieser Kampf gegen alles Deutsche beinhaltete ein Verbot des Gebrauchs der deutschen Sprache in Schulen, Universitäten, Bibliotheken und Gottesdiensten. Darüber hinaus wurden deutsche Gesellschaften, Musikorganisationen und Theater geschlossen und die deutschsprachige Presse in Amerika gezwungen, zu schließen


    Quelle:

    https://www.immigrantentrepren…icans-during-world-war-i/

    Das hat ganz wilde Ausmaße angenommen. Es wurde das Committee on Public Information (CPI), geschaffen, das (Zitat)

    "die Aufgabe hatte, die Kriegsanstrengungen zu verstärken, indem es die Öffentlichkeit durch Reden, Plakate, Filme und Tür-zu-Tür-Kampagnen hinter der Regierung versammelte. Das CPI arbeitete auch eng mit Einwandererorganisationen zusammen, um die Botschaft der Regierung in jeden Haushalt zu tragen. Die Angst vor Spionen wuchs, als die Amerikaner gewarnt wurden, auf ihre deutschstämmigen Nachbarn zu achten und jede verdächtige Person den Behörden zu melden. Es wurde gemunkelt, dass Spione Lebensmittel vergifteten und dass Deutsch-Amerikaner heimlich Waffen horteten. Die Situation wurde durch Zeitungen und Regierungsbeamte noch verschlimmert, die beide die Paranoia der Öffentlichkeit schürten. Fast neun Millionen potenzielle deutsch-amerikanische Spione waren für die meisten Bürger ein beängstigender Gedanke. Viele Amerikaner begannen, bei ihren Kollegen und Nachbarn zweimal hinzusehen. Patriotismus und Loyalität konnten nur noch durch die Zeichnung von Freiheitsanleihen, Spenden für das Rote Kreuz, die Teilnahme an Paraden und den Beitritt zu den Streitkräften bewiesen werden. Jede Form der Ablehnung wurde fortan als pro-deutsch und damit unpatriotisch angesehen. "


    Es gab Lynchmorde, Läden von Deutschstämmigen wurden zerstört, Kirchen von Deutschen Gemeinden gelb angestrichen. Es gab Propaganda Filme wie "Der Kaiser, die Bestie von Berlin" oder "In den Klauen der Hunnen".






    Zitat

    Gewundert habe ich mich, daß es sogar Amischfamilien gab, die kurz nach der Erfindung Telefone im Haus hatten. Aber vielleicht war damals noch nicht alles so fest eingefahren wie später im Jahrhundert.

    Ich hatte es weiter oben schon geschrieben, es waren zunächst auch Autos und Telefone erlaubt, die wurden dan später wieder verboten. Dieselbetriebene landwirtschaftliche Maschinen waren wohl bis in die 1920er Jahre erlaubt.

  • Das ist schon so viele Bücher und Leserunden her. Ich weiß es nicht mehr.

    :-)


    Ja, es gab und gibt ein Problem mit "Inzucht", weil der Gen-Pool der Gemeinden sehr klein ist. Es gibt eine Reihe seltener Krankheiten die hauptsächlich bei den Amisch auftreten. (In den Kate Burkholder Romanen wird das auch immer wieder thematisiert.)

    Die Amischen fördern auch Hochzeiten zwischen Menschen aus unterschiedlichen Gemeinden, um da gegenzusteuern.

  • So, nun bin ich auch dabei.


    Leah weiß genau, was sie nicht will. Sie möchte herausfinden, welches ihr Weg ist. Dafür ist das "Rumspringa" genau die richtige Zeit. Dort können sich die jungen Menschen Eindrücke verschaffen, die ihnen die Entscheidung für oder gegen die Taufe ermöglichen sollen. Man spürt hier wieder einmal, dass obwohl viel Zeit seit dem ersten Band vergangen ist, dass manche Amish aufgeschlossener sind und andere eigentlich in die Vergangenheit zurückfallen und oft engstirnig sind. Leahs Vater ist eher nicht aufgeschlossen. Umso schöner finde ich es, dass er Leah die Erlaubnis gegeben hat, einige Zeit in der Stadt zu verbringen.


    Richard bemüht sich um Leah und das gefällt ihr. Doch es war eigentlich von vorneherein klar, dass die beiden zu unterschiedliche Lebensweisen haben für eine dauerhafte Beziehung. Ein Kompromiss ist kaum möglich, einer müsste immer alles aufgeben. Ich denke, dass Joshua für Leah genau der Richtige wäre.


    Für Grace und Antonio sehe ich dagegen eine Chance, auch wenn sie mit einigen Widerständen kämpfen müssen.

  • Hallo :-)


    Endlich schaffe ich es auch.


    Ich bin wunderbar in der Geschichte angekommen. Es liest sich einfach sehr schön. Ich genieße jede Seite. :-]
    Ich bin schon ganz gespannt, wie es weitergeht.


    Ich musste kurz auflachen bei dem Satz "Ihren [Leahs] Vater würde der heilige Zorn packen, wenn sie ihre Beine zeigte." (Seite 41).

    Erst empfand ich das Wort 'heilig' etwas übertrieben. Aber dann fand ich es doch gut, da es die Art seinens Zorns beschreibt.


    Ich kann mir Leah und Richard als Paar absolut nicht vorstellen.

    Leah schlägt sich da ja ganz tapfer, finde ich. Wäre ich an Leahs Stelle gewesen, während Richard zu ihr sagte: "Ich tue Ihnen nichts", wäre ich wohl gedanklich schreiend weggelaufen. Aber als er meinte, dass er es wohl weiter bei ihr versuchen wird, hat er bei mir dann doch einen Pluspunkt bekommen. Leah wird ihre Erfahrungen hoffenlich gut meistern können.


    Aber Leah und Joshua kann ich mir absolut gut vorstellen.

    Joshua wirkt auf mich richtig gefestigt und selbstsicher. Er steht mit beiden Füßen fest auf dem Boden. (Sagt man das so?) Jetzt fehlt ihm nur noch eine gute Frau. :-) Ich habe regelrecht Mitleid mit ihm bekommen, da er noch keine in Aussicht hat.


    In diesem Buch bzw. in diesem Zeitalter merkt man jetzt richtig, wie anders Amishe eigentlich leben. Plötzlich waren da diese lauten Autos. Also, was ich damit sagen will, ist, ich finde, ich konnte gut nachempfinden, wie anders die Welt doch jetzt außerhalb Leahs Welt geworden ist.

    Aber ich merke auch, dass sie ein bisschen zu Vorurteile gegenüber den Englischen Frauen neigen könnte. So, wie sie über ihre Kleidung, Schuhe und Make-Up denkt. Mir kommt es so vor, als ob sie nur auf das äußere achtet und nicht den Menschen sieht. :gruebel Die Menschen sind nun mal so, wie sie sind, weil sie so aufgewachsen und erzogen wurden. Das scheint ihr nicht bewusst zu sein. Ob ihr wohl versteht, was ich meine?

    Sasaornifee :eiskristall

    _______________________
    "Ich habe nicht mehr Ambitionen zum Fliegen als ein verdammter Strandlöper!" - Die Insel der Tausend Leuchttürme - Walter Moers

  • Die Menschen sind nun mal so, wie sie sind, weil sie so aufgewachsen und erzogen wurden. Das scheint ihr nicht bewusst zu sein. Ob ihr wohl versteht, was ich meine?

    Ja, so wie sie jeweils sozialisiert wurden, so leben sie eben.

    Die Amish auf ihre Art, die Englischen auf eine andere.


    Wenn beide Seiten sich offener der anderen "Welt" gegenüber zeigen würden, wären die Unterschiede und vor allem Vorurteile wohl auch weit aus geringer, denke ich.

  • In diesem Buch bzw. in diesem Zeitalter merkt man jetzt richtig, wie anders Amishe eigentlich leben. Plötzlich waren da diese lauten Autos. Also, was ich damit sagen will, ist, ich finde, ich konnte gut nachempfinden, wie anders die Welt doch jetzt außerhalb Leahs Welt geworden ist.

    Aber ich merke auch, dass sie ein bisschen zu Vorurteile gegenüber den Englischen Frauen neigen könnte. So, wie sie über ihre Kleidung, Schuhe und Make-Up denkt. Mir kommt es so vor, als ob sie nur auf das äußere achtet und nicht den Menschen sieht. :gruebel Die Menschen sind nun mal so, wie sie sind, weil sie so aufgewachsen und erzogen wurden. Das scheint ihr nicht bewusst zu sein. Ob ihr wohl versteht, was ich meine?

    Ja, die Kluft zwischen Amisch und Englischen ist jetzt sehr viel größer, weil die Technik so große Fortschritte macht. In den Jahrhunderten davor haben sich die Gebrauchsgegenstände und Arbeitsgeräte ja gar nicht sehr unterschieden.


    Leah ist natürlich schockiert über Lillians Erscheinung, wie Johanna schreibt, ist sie ganz anders sozialisiert. Das sich jemand schminkt und so kleidet, ist für sie ein Tabu-Bruch. Und dann hat sie auch noch kurze Haare ...

    Aber da ändert sich noch ein bisschen was . ;-)

  • Ich schreibe jetzt, ohne zuvor die bisherigen Posts gelesen zu haben. Sollte ich also Fragen aufwerfen, die schon beantwortet wurden, bitte ich um Nachsicht - diese Antworten sehe ich erst nachher.


    Was mir immer wieder aufgefallen ist, ist der Hinweis, daß bei der und der Handlung Leah zurückbeordert werden würde. Mir war nicht bewußt, daß die Jugendlichen auch beim Rumspringa dermaßen unter Kontrolle standen bzw. stehen. Ist das heute auch noch so? Ich hatte es so im Kopf, daß die da mehr oder weniger (mit Einschränkungen) tun und lassen können, was sie wollen, und sich dann eben für eine Lebensform entscheiden müssen. Gleichfalls war ich irritiert, daß sie die Genehmigung der Eltern fürs Rumspringa benötigte. Ist das heute auch noch so? Immerhin äußert sich der Bischof sehr vernünftig dazu (vgl. S. 28).


    Wie ein „Rumspringa“ schief gehen kann, sieht man sehr „schön“ im Film „Saving Sarah Cain / Die Erlösung der Sarah Cain“, eine Verfilmung des gleichnamigen Buches von Beverly Lewis (wobei Buch und Film sich in der Handlung, nicht in der Aussage gundlegend unterscheiden). Da gibt es eine eher unschöne Szene mit einem ehemaligen Amisch, der in der englischen Welt letztlich gescheitert ist.


    Dann mußte ich doch fast schon mehr als nur etwas Grinsen (S. 37):

    Die jungen Leute heutzutage wissen gar nicht mehr, was das ist. Keine Manieren. Aber ich sage Ihnen, das liegt an den Eltern. Die verwöhnen ihre Kinder zu sehr. Ich musste noch jeden Tag auf dem Feld arbeiten. Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Und heute? Gucken Sie sich die jungen Menschen an. Die wissen gar nicht mehr, was Arbeit ist. Finden Sie nicht auch?

    :grin :chen


    S. 52, die Erwähnung der Lusitania. Ja, das war ein Wendepunkt, wenn ich das recht im Kopf behalten habe.


    S. 77, Automotor ankurbeln. Da kommen Erinnerungen hoch - das habe ich vor langer Zeit auch noch gemacht. Zwar nicht richtig angekurbelt, doch mit einer Kurbel den Motor mehrere Mal gedreht, bis überall hin das Öl verteilt war und der Anlasser dann gleich den Motor anwerfen konnte. In den frühen 80er Jahren fuhr ich einen Citroen Ami 8 Kombi - 2 Zylinder Boxer Motor mit Möglichkeit zum Kurbeln. Was im Winter auch dringend empfohlen wurde. Danach zwei Citroen GSAs - 4 Zylinder Boxer Motoren und ebenfalls mit der Möglichkeit zum Kurbeln. Das hat so manches Mal geholfen (damals gab es noch richtige Winter). Manches Mal vermisse ich heute diese robuste Primitivität. Wie habe ich mal zu meinem KFZ-Meister gesagt: „Alles, was an einem Auto nicht dran ist, kann auch nicht kaputt gehen.“ Schade, daß man solche einfachen Grundsätze dermaßen über Bord geworfen hat.


    In dem Zusammenhang konnte ich Joshuas Äußerungen nach seiner Rückkehr, was man braucht und was nicht, gut nachvollziehen. Ein Nachdenken genau darüber wäre heute mehr als sinnvoll; vielleicht (und ich hätte vor dem 24. Februar 2022 nie im Leben gedacht, daß ich so etwas einmal von mir geben würde) wird so ein Denken bald noch überlebenswichtig.


    Am Ende des Abschnitts sind nun die Pflöcke eingeschlagen: es wird wohl auf eine Entscheidung Richard (und „englisch“ leben) oder Joshua (und zurück zu den Amisch) hinauslaufen. Wobei im ersteren Fall wohl mit erheblichen Problemen mit Richards Eltern zu rechnen wäre, und ich mir kaum vorstellen kann, daß Leah sich in Richards Welt würde einfügen und eingewöhnen können. - Joshua scheint sich schon beim ersten richtigen Aufeinandertreffen der beiden für sie entschieden zu haben (vgl. S. 64). Und er scheint ziemlich überzeugt davon zu sein, daß Leah zurück kehren wird.


    Insgesamt war ich recht schnell in der Geschichte drin und konnte mir alles gut vorstellen. Die Tante Rachel kann ich noch nicht so richtig einschätzen, durch ihren Laden dürfte sie aber eher "mit beiden Beinen auf dem Boden" stehen und das nötige Verständnis für Leah aufbringen. Grace scheint eine richtig gute Freunding zu sein, bei Richard bin ich mir über seinen Charakter noch nicht so sicher, bei seiner Schwester schon eher. Mal sehen, wie sich das entwickelt. Wenn ich dann noch Dave (Leah Vater) mit Daniel vergleiche - da tun sich anscheinend Welten auf.


    Ein paar Mal mußte ich aber dann doch nachdenken bzw. habe gestutzt. Eli Weaver. Lebt der immer noch? War der nicht schon im ersten Band als Miesepeter dabei? Aber das geht doch nicht - seither ist zu viel Zeit vergangen. Oder hieß der damals anders? Oder heißt ein späterer Mensch wieder so (was bei den Amisch mit den begrenzten „Namensvorräten“ ja auch möglich ist). - Es ist lange her, daß Daniel und Rebekka ihren gemeinsamen Weg begonnen haben. So lange, daß ich nicht mehr alles direkt parat habe. Das haben die Figuren dieses Bandes (wenngleich aus anderen Gründen) auch nicht, insofern paßt das schon. Jedenfalls ist das ein Grund, die Bücher später nochmals direkt hintereinander zu lesen.


    Die Verfilmung

    ASIN/ISBN: B00HW4ZJOY


    Die Buchvorlage

    ASIN/ISBN: 3868272186

    (Beverly Lewis schreibt sehr christlich geprägte und den Amisch wohlwollende Bücher, also eher etwas verklärt, zumindest soweit ich Bücher von ihr gelesen habe.)

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ich kann mir nicht vorstellen, dass Richard es ernst meint, Leah ist für ihn eine Abwechslung, sie schmachtet ihn nicht an, ist bodenständig, nicht affektiert, alles Neuland für ihn.

    :write


    Aber vielleicht wird sich das ja auch noch irgendwann mal ändern.

    Warum soll es nicht möglich sein, beide lebensweisen miteinander zu verbinden.

    Das denke ich eher nicht. So weit wird die Toleranz am Ende dann doch nicht gehen.




    Eine Insel er Glückseligkeit gibt es nicht, wo es Menschen gibt. Ich habe schon das Gefühl, dass in wenig hier jeder jeden kontrolliert. Also in dem Sinne, dass jedes Aufmucken oder Ausbrechen sofort bemerkt und vor der Gemeinde ausgebreitet wird.

    Deswegen gefallen mir diese Amisch-Bücher so gut: genau das kommt hier immer wieder durch.



    Ich finde es nicht sehr menschlich, dass man sich von seiner Familie los sagen muss, nur weil man sich für ein anderes Leben entscheidet. Ebenso bleibt ja auch der Glaube verankert.

    Ich habe jetzt nicht alle Bibelstellen parat, auf die die Amisch sich beziehen, ich vermute die Paulusbriefe. Teilweise habe ich die gelesen - das ist (nach meiner persönlichen Meinung) eher eigene Theologie denn die Botschaft Jesu. Wenn man sich aber danach richtet...



    Es gab Lynchmorde, Läden von Deutschstämmigen wurden zerstört, Kirchen von Deutschen Gemeinden gelb angestrichen. Es gab Propaganda Filme wie "Der Kaiser, die Bestie von Berlin" oder "In den Klauen der Hunnen".

    Mit solchen Dingen scheinen die Amerikaner im Zweifel recht schnell bei der Hand zu sein. Man denke an die Maßnahmen gegen die Japanischstämmigen im 2. Weltkrieg, auch ein sehr düsteres Kapitel der US-Geschichte.


    In der ersten Hälfte der 80er Jahre lebte ich in Hanau und besuchte dort etliche Geschichtskurse der VHS. In Erinnerung ist mir geblieben, daß es bis zum 1. Weltkrieg nicht sicher war, welche Sprache letztlich die offizielle in USA würde: Deutsch oder Englisch. Durch den 1. WK ist das gekippt und Deutsch wurde verboten.



    Für Grace und Antonio sehe ich dagegen eine Chance, auch wenn sie mit einigen Widerständen kämpfen müssen.

    Hm, ich bin mir für etliche der Figuren nicht sicher. Wir schreiben das Jahr 1917, im folgenden Jahr begann die sogenannte Spanische Grippe. Da starben vor allem junge Menschen daran...

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • In der ersten Hälfte der 80er Jahre lebte ich in Hanau und besuchte dort etliche Geschichtskurse der VHS. In Erinnerung ist mir geblieben, daß es bis zum 1. Weltkrieg nicht sicher war, welche Sprache letztlich die offizielle in USA würde: Deutsch oder Englisch. Durch den 1. WK ist das gekippt und Deutsch wurde verboten.

    Das überrascht mich jetzt. Waren es USA-weit so viele Deutsche? Oder war das nicht nur in einigen Bundesstaaten so. Gab ja auch Irische und Italienische Enklaven. Interessant.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Heumahd - Susanne Betz


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Ich hatte m Kopf, dass es deutlich früher mal eine Abstimmung gab und deutsch nur ganz knapp hinter englisch geblieben ist.

    Scheint aber ne Urban Legend zu sein ;-)

    Zwiebelfisch: Deutsch als Amtssprache der USA - DER SPIEGEL

  • Das überrascht mich jetzt. Waren es USA-weit so viele Deutsche?

    Weiß ich nicht, vielleicht bezog sich der Referent ja auch auf die von streifi verlinkte "Legende", was ich mir allerdings nicht so recht vorstellen kann, denn er war Direktor eines Gymnasiums und hochangesehen. Vielleicht ist nach rund vier Jahrzehnten auch meine Erinnerung lückenhaft bis möglicherweise falsch, aber so, wie ich es geschrieben habe, ist es in meiner Erinnerung geblieben.


    (Nochmals) Vielleicht weiß KarinS ja mehr dazu?

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Was mir immer wieder aufgefallen ist, ist der Hinweis, daß bei der und der Handlung Leah zurückbeordert werden würde. Mir war nicht bewußt, daß die Jugendlichen auch beim Rumspringa dermaßen unter Kontrolle standen bzw. stehen. Ist das heute auch noch so? Ich hatte es so im Kopf, daß die da mehr oder weniger (mit Einschränkungen) tun und lassen können, was sie wollen, und sich dann eben für eine Lebensform entscheiden müssen. Gleichfalls war ich irritiert, daß sie die Genehmigung der Eltern fürs Rumspringa benötigte. Ist das heute auch noch so? Immerhin äußert sich der Bischof sehr vernünftig dazu (vgl. S. 28).

    Heute ist es wohl so, dass sie mehr Freiheit haben. 1917 durften die Jugendlichen generell weniger als heute. Besonders die Mädchen, junge Männer wurden ja auf "Tour" nach Europa geschickt.
    Was man aber nicht vergessen darf, die jungen Leute ( damals und heute) sind nicht volljährig, also müssen die Eltern mit der Rumpsringa einverstanden sein.



    Zitat

    „Die jungen Leute heutzutage wissen gar nicht mehr, was das ist. Keine Manieren. Aber ich sage Ihnen, das liegt an den Eltern. Die verwöhnen ihre Kinder zu sehr. Ich musste noch jeden Tag auf dem Feld arbeiten. Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Und heute? Gucken Sie sich die jungen Menschen an. Die wissen gar nicht mehr, was Arbeit ist. Finden Sie nicht auch?“

    Das habe ich wirklich erlebt. Ich habe ein paar Jahre bei uns im Ort in einem Schreibwaren/Buch/Zeitungs/Lottolädchen gearbeitet, da gab es wirklich Originale ( auch die schwerhörige Dame hat ein lebendes Vorbild, allerdings war das ein Mann). Diese Dame hat sich wirkliche jedes Mal bei mir über die Jugend von heute beschwert ( und das 2010), dass sie alle faul sind, keiner mehr arbeiten will, usw.



    Zitat

    In dem Zusammenhang konnte ich Joshuas Äußerungen nach seiner Rückkehr, was man braucht und was nicht, gut nachvollziehen. Ein Nachdenken genau darüber wäre heute mehr als sinnvoll; vielleicht (und ich hätte vor dem 24. Februar 2022 nie im Leben gedacht, daß ich so etwas einmal von mir geben würde) wird so ein Denken bald noch überlebenswichtig


    Ja, ich denke auch, dass man manches hinterfragen kann und muss.


    Zitat

    Ein paar Mal mußte ich aber dann doch nachdenken bzw. habe gestutzt. Eli Weaver. Lebt der immer noch? War der nicht schon im ersten Band als Miesepeter dabei? Aber das geht doch nicht - seither ist zu viel Zeit vergangen. Oder hieß der damals anders? Oder heißt ein späterer Mensch wieder so (was bei den Amisch mit den begrenzten „Namensvorräten“ ja auch möglich ist).

    Das ist tatäschlich der Namensgebung der Amisch geschuldet. Der erste Sohn wird nach dem Großvater väterlicherseits benannt, der zwei nach dem Großvater mütterlicherseits und bei den Mädchen ist es ähnlich, deshalb gibt es immer wieder die gleichen Namen. Darum gibt es bei den Amisch viele Spitznamen, die sich auf Egenschaften beziehen: Black Sam ist dunkelhaarig, Skinny David ist dünn.

    Oder man spricht von Samuel Lapps David - gemeint ist David, der Sohn von Samuel Lapp, denn es gibt bestimmt auch noch einen Bruder von Samuel, Caleb Lapp, der seinen Sohn auch nach dem Großvater benannt hat. Das wäre dann Caleb Lapps David.

    Bei den Hochleitners habe ich das vermieden, sonst hätte es in jedem Buch einen Daniel und eine Rebekka gegeben.