Berlin Verlag
Gebundene Ausgabe: 304 Seiten
Originaltitel: Desertion
übersetzt
von Stefanie Schaffer-de Vries
Kurzbeschreibung:
Afrika, frühe fünfziger Jahre: Der ganze Kontinent wird von Aufständen gegen die koloniale Fremdherrschaft erschüttert. Inmitten dieser politischen Umwälzungen wachsen in Sansibar die Geschwister Amin, Rashid und Farida auf. Amin verliebt sich in die einige Jahre ältere Jamila, und es beginnt, zunächst heimlich, eine große, leidenschaftliche Liebesbeziehung, die aber schon bald am Widerstand seiner Familie und an den gesellschaftlichen Zwängen zu zerbrechen droht. Denn um die geheimnisvolle Jamila ranken sich allerlei Gerüchte: schon einmal sei sie verheiratet gewesen, ihr Mann habe sie verstoßen, ein Fluch liege auf ihrer Familie. Im Strudel der Revolution müssen die drei Geschwister voneinander Abschied nehmen. Rashid geht nach Europa, es werden Jahrzehnte vergehen, bis er seine Familie wiedersieht. Doch das tragische Schicksal seines älteren Bruders lässt Rashid auch im fernen Europa nicht los, und er begibt sich auf eine Spurensuche, die ihn tief in die afrikanische Kolonialgeschichte führt - und schließlich das Geheimnis um Jamilas Familie lüften lässt: Auch ihre Großmutter hatte einst für eine verbotene Liebe alles riskiert ...
Über den Autor:
Abdulrazak Gurnah (geb. 1948 im Sultanat Sansibar) wurde 2021 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. Er hat bislang zehn Romane veröffentlicht, darunter »Paradise« (1994; dt. »Das verlorene Paradies«; nominiert für den Booker Prize), »Admiring Silence« (1996; »Donnernde Stille«), »By the Sea« (2001; »Ferne Gestade«; nominiert für den Booker Prize und den Los Angeles Times Book Award), »Desertion« (2006; »Die Abtrünnigen«; nominiert für den Commonwealth Writers' Prize) und »Afterlives« (2020; »Nachleben«; nominiert für den Walter Scott Prize und den Orwell Prize for Fiction). Gurnah ist Professor emeritus für englische und postkoloniale Literatur an der University of Kent. Er lebt in Canterbury.
Mein Eindruck:
Für einen Batzen gelang es mir, dieses rare Buch aus dem Jahr 2005 zu erwerben.
Der Roman handelt an der afrikanischen Ostküste um der Jahrhundertwende in der Kolonialzeit.
Der indischstämmige Krämer Hassanali findet einen verletzten Engländer namens Martin Pearce und nimmt ihn mit zu sich und seiner Schwester Rehana.
Zunächst war ich verwirrt, dass der Klappentext nichts der anfänglichen Handlung zu tun hat. Das kommt erst später.
Es gibt schließlich einen Bruch in der Handlung, als eine bisher noch nicht aufgetauchte Erzählstimme darüber reflektiert, wie aus Rehana und Pearce ein Paar wurde. Durchaus ein Tabubruch 1899.
Dann wird die Geschichte in Teil 2 ca. 50 Jahre später zu den Geschwistern Amin, Rashid und Farida in Sansibar geführt. Da passiert auch die Liebesgeschichte zwischen Amin und Jamila. Rashids Weg hingegen führt nach England.
Solche literarischen Kniffe wie diese Teilung der Handlung und Perspektivwechsel finde ich interessant, wenn sie wie hier gelingen.
Abdulrazak Gurnah findet teilweise hervorragende Formulierungen, dadurch wird es zu einem guten Stil. Ich schätze auch seine feinfühlige Figurenführung und natürlich schwingt viel von Kolonialgeschichte und Exil mit.
Ein geschickt gemachtes, gutes Buch!
ASIN/ISBN: 3827005787 |