Die Krankenschwester - Kristian Corfixen

  • Seiten: 290

    Herausgeber: SAGA Egmont

    Erscheinungstermin: 17. Februar 2022

    ISBN: 978-3869749525



    Meine Meinung:


    Als Buchbotschafterin des SAGA Egmont Verlages darf ich dir in diesem Jahr die Bücher aus dem Bereich „Nervenkitzel aus Skandinavien“ vorstellen. Das erste Buch, das ich mir vorgenommen habe, war „Die Krankenschwester“ von Kristian Corfixen. Der Inhalt ist eine wahre Begebenheit und die Umsetzung des True Crime-Buches hat mich sehr überzeugt.


    Christina Aistrup Hansen, von der ich bis zu diesem Zeitpunkt noch nie etwas gehört hatte, war eine Krankenschwester im Bezirkskrankenhaus Nykøbing Falster. Sie iwarst total engagiert, sah sich Akten der Fälle, für die sie verantwortlich war, auch in ihrer Freizeit an. Sie kannte sich in einigen Bereichen ihres Arbeitsbereiches besonders gut aus, was sie zu einer wertvollen Mitarbeiterin machte. Auffallend war, dass sie aufblühte, wenn Menschen kurz vor dem Tod standen und sie alles gab um sie zu retten. Sie schien immer das Ruder in der Hand zu halten und in Extremsituationen war auf sie Verlass. Irgendwann kam einer Kollegin ihr Verhalten verdächtig vor und sie beobachtete Christina und zeigte sie letztendlich mit ziemlich viel Magengrimmen an, dass sie vermutete einen sogenannten Todesengel enttarnt zu haben.


    „Die Krankenschwester“ ist nicht der erste Bericht, den ich über die „Todesengel“ gelesen habe, allerdings der erste in Form eines Buches. Der Autor hat sich unglaublich viel Mühe gegeben, alle Seiten des Falls zu beleuchten ohne irgendwen zu verurteilen. Er hat über dreitausend Seiten Material über den Fall gelesen und mit über fünfzig Personen gesprochen, was man dem Buch auch anmerkt. Es ist sehr detailliert geschildert und die Patienten, die in dem Fall eine große Rolle spielen, wurden ebenfalls rundherum beleuchtet: Herkunft, Leben, Ursache des Krankenhausaufenthalts, Ablauf des Vorfalls etc. Sogar Christina und auch ihre Eltern hat Kristian Corfixen interviewt und deren Gedanken, soweit sie sie geteilt haben, sachlich wieder gegeben.


    Teilweise war mir der Inhalt zu spezifisch, obwohl der Autor alle Zusammenhänge verständlich erklärt hat. Nach der Lektüre dachte ich, dass ich auch fast Experte für diese Art der Medikamente sein könnte. Obwohl der Inhalt eigentlich nur eine sachliche Wiedergabe der Geschehnisse bis nach dem Prozess ist, fand ich es unglaublich spannend.


    Wenn du True Crime magst und keine Scheu vor sachlicher Berichterstattung hast, die manchmal aufgrund der fachspezifischen Inhalte auch trocken sein kann, solltest du es auf jeden Fall mit „Die Krankenschwester“ versuchen.


    ASIN/ISBN: 3869749520

  • Im Krankenhaus Nykøbing Falster in Dänemark gibt es immer wieder unerwartete Notfälle in der Notaufnahme, wo die Krankenschwester Christina Aistrup Hansen arbeitet. Zuvor (2012) arbeitete sie auf einer anderen Station, wo es ebenfalls unerwartete Notfälle mit Todesfolge gab. In den Patienten kann teilweise Morphin und/oder Stesolid festgestellt werden, obwohl dies nicht verordnet war. Pernille Larsen, eine Kollegin von Christina und ihr Freund, der Oberarzt Niels gehen 2015 schließlich zur Polizei und Christina wird verhaftet. Sie wird wegen 4fach versuchtem Mord zu 12 Jahren Gefängnis verurteilt und bestreitet bis heute ihre Unschuld.

    Das Cover des (Hör-)Buches ist absolut passend und gefällt mir gut.

    Der Sprecher gefällt mir gut, auch wenn etwas nervt, dass er manchmal "-en" übertrieben deutlich und lang ausspricht, während er andere Male das "e" mehr verschluckt. Ansonsten hat er eine angenehme Stimmfarbe und ein Sprechtempo, dem man sehr gut folgen kann.

    Das Buch wurde von einem Journalisten geschrieben, der mit allen Beteiligten, die mit ihm sprechen wollten, gesprochen und daher auch gründlich in diesem True-Crime-Fall recherchiert hat. Und doch sind ihm meiner Meinung nach einige Fehler passiert, wovon ein paar davon möglicherweise auch der Übersetzerin anzulasten sind. Ich möchte hier nur ein paar aufzählen:

    - Infektionslösung statt Infusionslösung

    - Millimeter-Spritze statt Milliliter-Spritze

    - Laut dem Buch ist Morphin-Höchstdosis 2,5 mg - bei Erwachsenen sind zumindest in Österreich aber Dosen von 5 - 10 mg bei Erwachsenen i.v. "normal".

    - V.a. zu Beginn werden Stesolid und Benzodiazepine gleichgestelllt.

    Zudem gibt es dann einiges was ich nicht verstehe, aber möglicherweise gibt es in Dänemark ein sehr lasches Suchtgiftgesetz. Besser gesagt dürfte es laut dem Buch gar keines geben bzw. gegeben haben, denn dass der Rest einer aufgebrochenen Ampulle einfach in den Ausguss geleert wird und es scheinbar keine Dokumentation in einem Suchtgiftheft oder ähnlichem gibt, ist für mich unvorstellbar und grob fahrlässig.

    Zudem scheint auch unvorstellbar, dass es (überhaupt im Nachhinein) viele wussten, aber nur wenige etwas gesagt haben. Es gab zwar einige, die schon auf Christinas vorheriger Station gegenüber der Stationsleitung den Verdacht äußerten - es ermittelte sogar die Polizei - aber die Stationsleitung reagierte nicht. Genauso wenig wie die Intensivstation, die die Medikamente im Blut feststellten und höchstens Witze machten. Die Oberschwester und die Krankenhausleitung reagierten gar nicht. Die Stationsleitung wurde des übrigen dafür auch belangt.

    Und dass z.B. Ex-Kollege Peter erst Jahre später bei der Polizei aussagte, dass er Christina mit einer Spritze in ein bestimmtes Zimmer gehen ah, bei den damaligen Ermittlungen aber nicht mutet komisch an, wobei dies ein wichtiges Indiz in den Verhandlungen war.

    Es gibt aber auch Leute und KollegInnen, die an Christinas Unschuld glauben. Es war ein reiner Indizienprozess, in dem sich Christina aber auch in einige Widersprüche reinredete - v.a. aber wegen Medikamentendiebstahl und bezüglich einer Schlafmittelgabe an ihre Tochter und andere private Sachen. Durch diese Widersprüche bzw. offensichtliche Lügen wird man natürlich den Indizien glauben, dass Christina schuldig ist; auf der anderen Seite gibt es aber auch andere Theorien und es wurde meiner Meinung nach doch eher einseitig ermittelt, denn Christina argumentiert, dass sie halt immer zu den Notfällen kam. Auf der anderen Seite hatte sie in der Notaufnahme auch viele Nachtdienste mit Pernille. Theoretisch könnte also auch Pernille die Täterin sein.

    Unglaublich auch, dass in ihrem letzten Nachtdienst 3 Leute überraschend starben und eine in letzter Sekunde gerettet werden konnte.

    Wenn man an Christinas Schuld glaubt, ist es wahrscheinlich dass sie weit mehr als diese Personen getötet bzw. gefährdet hat und es müssten viel mehr sein. Nachzuweisen war hier allerdings nichts mehr.

    Am Ende wird der Wunsch von Niels und Pernille ausgesprochen, dass ein Konzept hergehört, um solche Morde in Zukunft zu verhindern. Da reden sie z.B. von Überwachungskameras etc. - realistisch und wirklich umsetzbar ist dies aber nicht und das weltweit, denn es gibt ja weltweit Fälle, wo Pflegepersonal oder Ärzte Patienten getötet haben.

    Dieser Fall war mir zuvor nicht bekannt und ich fand ihn spannend und interessant gemacht, da auch der Autor eher neutral bezüglich der Schuldfrage bleibt, auch wenn er doch eher zu Christinas Schuld tendiert.

    Dass der Fall chronologisch erzählt wurde, gefiel mir ebenfalls ausgezeichnet.

    Fazit: Interessanter True-Crime-Fall, der aber doch auch Fehler aufweist. 4 von 5 Sternen