Die Diplomatin - Lucy Fricke

  • Friederike Andermann, kurz Fred, gilt als eine erfahrene Konsulin. Doch in Uruguay wird der deutschen Botschafterin eine vermisste Bloggerin zum Verhängnis. Deshalb wird sie ins politisch aufgeheizte Istanbul versetzt, ihrer bisher größte Herausforderung…


    „Die Diplomatin“ ist ein Roman von Lucy Fricke.


    Meine Meinung:

    Die Handlung spielt in Montevideo, Istanbul und Hamburg. Entsprechend besteht der Roman aus drei Teilen unterschiedlicher Länge, die wiederum etliche Kapitel umfassen. Die Geschichte erstreckt sich über mehrere Jahre. Der Aufbau ist plausibel und funktioniert gut.


    In sprachlicher Hinsicht hat mich der Roman absolut überzeugt. Der dialoglastige Schreibstil wirkt zunächst schnörkellos. Er konnte mich aber schnell mit seiner dichten Atmosphäre, gelungenen Sprachbildern und den teils lakonischen Zwischentönen begeistern. Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Fred.


    Die Protagonistin ist schon alleine aufgrund ihres Berufs ein interessanter Charakter. Mir gefällt gut, dass sie als authentische, eher reifere Person mit psychologischer Tiefe dargestellt wird. Auch die übrigen Figuren kommen glaubwürdig rüber.


    Besonders gereizt hat mich das kreative Thema, die Geschichte einer Botschafterin zu erzählen. Die Umsetzung zeugt von einer fundierten Recherche. Ich habe nicht nur gerne mehr über den Arbeitsalltag einer Diplomatin erfahren, sondern mochte auch die feministischen Aspekte, die in der Geschichte gut herausgearbeitet werden. Auch die vielen aktuellen Anknüpfungspunkte bezüglich der Politik sprechen für den Roman.


    Auf rund 250 Seiten kommt keinerlei Langeweile auf. Die Handlung wartet mit Verwicklungen und Hindernissen auf, ohne in punkto Dramatik über das Ziel hinauszuschießen.


    Das moderne, kunstvoll gestaltete Cover trifft genau meinen Geschmack, obwohl der inhaltliche Bezug nicht direkt gegeben ist. Der prägnante Titel passt hervorragend.


    Mein Fazit:

    Mit „Die Diplomatin“ hat Lucy Fricke einen empfehlenswerten Roman geschrieben, der sowohl auf der inhaltlichen als auch auf der sprachlichen Ebene keine Schwächen aufweist. Ein Buch, das Lust darauf macht, weitere Werke der Autorin zu entdecken.


    Ich vergebe 5 von 5 Sternen.


    ASIN/ISBN: 3546100050

  • Die Diplomatin ist sicher kein schlechter Roman, im Gegenteil. Lucy Fricke weiß, wie man schreibt. Dennoch reißt mich der Roman auch nicht zu Begeisterungsstürmen hin.

    Das liegt vor allen an der verhaltenen Erzählweise, die überwiegend auch durch die Protagonistin entsteht. Friederike „Fred“ Andermann ist eine erfahrene Konsulin, die von Montevideo in die Türkei versetzt wird. Dort gibt es keinen funktionierenden Rechtsstaat mehr, stattdessen werden Anklagen erbarmungslos gegen Oppositionelle oder auch Unschuldige erhoben. Das macht es Fred schwer, sich für Angeklagte mit deutschen Pass wirkungsvoll einzusetzen.

    Ob dieser Roman dieser Thematik gerecht wird, glaube ich aber fast auch nicht.

    Immerhin gibt es dann ein relativ spannenden Abschluß, der für mich das Buch dann doch überwiegend rettet.

  • Mir geht es ähnlich wie Herr Palomar .


    Ich finde der Roman „Die Diplomatin“ von Lucy Fricke wird in den Buchkritiken / -Rezensionen der Medien deutlich überbewertet. Zwar ist der Roman flüssig und leicht lesbar geschrieben, aufgrund der Erzählweise konnte er mich aber nicht begeistern.


    Der erste Teil des Romans, der die Vorgeschichte von Friederike Andermanns Versetzung von Montevideo nach Istanbul erzählt, strotzt nur so vor Klischees, was mich als Leserin einigermaßen verärgert hat. Ich war kurz davor, diesen Roman abzubrechen. Der zweite Teil des Romans, der in Istanbul spielt hat mich dann wieder ein wenig mit dem Buch versöhnt, weil die auch in diesem Teil zu findenden Klischees vor dem Hauptthema des Romans in den Hintergrund treten. Diesen Teil fand ich dann auch unterhaltsam, allerdings nicht spannend, auch wenn mir die Erzähltiefe sowohl in Bezug auf das Thema als auch die Ausarbeitung der Figuren deutlich gefehlt hat.


    Insofern gibt es von mir für dieses Leseerlebnis leider nur wohlwollende 5 von 10 Punkten.

  • Wir begleiten mit Fred eine erfahrene Diplomatin auf zwei Einsätze in Montevideo und Istanbul. Und dabei werden wir am Anfang direkt in ihren Alltag geworfen - und der besteht nicht aus Diplomatie, wie ich es mir vorstelle, sondern als Managerin für Schaufensterveranstaltungen, hier die Feier des 3. Oktobers. Das ändert sich, als eine Krise auftritt, und schnell wird klar, auch als Chefdiplomatin hat sie nicht die höchste Entscheidungsgewalt.


    In diesem Buch geht es viel um Gegensätze - repräsentative Veranstaltungen gegen polizeiliche Ermittlungen, Inhaftierte deutsche Staatsbürger, diplomatische Krisen. Freie Entscheidung gegen die Ausführung von durch die Zentrale vorgegebene Maßnahmen, Moral gegen Diplomatie, die Rolle von Frauen und Männern. Und natürlich - die Motivation und die Vorstellungen von Fred, warum sie sich den Job ausgesucht hat, und die Realität. Abgerundet wird das Buch dann mit einem sehr passenden Ende, was in der Leserunde bei allen gut angekommen ist.


    Mit einer gehörigen Prise Humor navigiert uns Lucy Fricke hier durch das Leben von Fred. Mit dem Standort Istanbul hat sie sich einen Schauplatz ausgesucht, der natürlich insbesondere auch aus Deutschland medial beobachtet wird. So schafft es der Roman meiner Meinung nach, einen etwas tieferen Einblick in Istanbul zu geben, ohne die Lage und die politischen Verwicklungen wirklich erklären zu wollen, da geht es nicht zu tief ins Detail. Das Bühnenbild hätte auch woanders sein können, mit Istanbul haben ich jedoch vorher ein Bild vor Augen, auf dem sie aufbauen kann, und auch marketingmäßig ist die Wahl Istanbul wahrscheinlich nicht die schlechteste. Ich finde die Tiefe, die Fricke wählt, für den Roman aber auch genau passend. Das Buch ist aus meiner Sicht geschrieben, um die Geschichte von Fred und ihren Problemen zu schildern, und nicht um die Lage der Türkei genau zu beleuchten.

    Insgesamt hat mir Die Dipliomatin von Lucy Fricke sehr gut gefallen. Trotz der vielen behandelten Themen lässt es sich durch die gekonnte Schreibe und den Humor sehr gut lesen.