'Die Buchhändlerin: Die Macht der Worte' - Seiten 275 - Ende

  • So, ich habe das Buch beendet. Und ehrlich gesagt weiss ich gar nicht, was ich alles dazu schreiben soll :-)


    Gerade in diesem letzten Abschnitt sind ganz viele Punkte drin, die mich zum Nachdenken bringen. Einmal der Generationenkonflikt der durch Doro so treffend dargestellt wird. Das Gespräch im Lesezirkel fand ich sehr beeindruckend, als Christa es schafft Doro vom Gehen abzuhalten und sich dann auch zeigt, dass sie alle eigentlich die gleichen Ziele haben, egal welche Generation. Da zeigt es sich, wie wichtig es ist im Gespräch zu bleiben und auch einfach mal zuzuhören. Man muss ja nicht immer die gleiche Meinung haben, aber man sollte schon versuchen andere Meinungen zu hören und vielleicht auch einmal drüber nachzudenken.


    Wobei ich mir auch gedacht habe, dass es doch nicht sein kann, dass eine Veränderung der gesellschaftlichen Umstände voraussetzt, dass es zuerst allen furchtbar schlecht gehen muss, bevor sich was tut. Hat nach dem zweiten WK ja nicht so richtig gut funktioniert. Nach dem ersten hat sich gesellschaftlich ja wirklich viel getan, nach dem zweiten wollten die meisten einfach nur genug zu Essen und ein Dach über dem Kopf. Ich finde das nicht schändlich.


    Ich muss mich mal mit meinem Onkel über diese Zeit unterhalten, der ist Jahrgang 49, mein Vater ist 14 Jahre älter. Ich habe keine Ahnung wie die beiden diese Zeit eigentlich erlebt haben. Ich bin ja erst 72 auf die Welt gekommen und an den RAF Terror habe ich tatsächlich keine Erinnerung.


    Gideon von Prinz' Geschichte hätte vielleicht schon früher für Entspannung gesorgt. Ich kann nun verstehen, warum er damals so gehandelt hat, wie er es tat. Das sind auch die Momente wo ich mir immer sage, dass ich nicht weiss, wie ich mich in so einer Situation verhalten hätte. Mir ist dann auch der Gedanke gekommen, was Christa denn eigentlich zu verzeihen hätte? Er hat ihr persönlich ja nichts getan und Martin hat wohl seinen Frieden gemacht. Ich fand es schön, dass er am Ende zwar zu früh aber zufrieden mit seinem Leben gehen konnte. Nicht jeder schafft es am Ende auf das Gute zurückblicken zu können und das Schlechte zu akzeptieren.


    Ines Abschließend muss ich sagen, dass die Dame der Zeit dein Buch nicht zu Ende gelesen haben kann. Christas Leben ist nicht miefig und das Buch ist es auch nicht. Ich habe schon lange kein Buch mehr gelesen, dass mich gut unterhalten hat und mir soviel zum Nachdenken gegeben hat. Ich bin froh, es gelesen zu haben und ich freue mich über diese Leserunde, in der man seine Gedanken austauschen kann. Da steckt soviel drin.

    Herzlichen Dank an dich, auch für die Begleitung der Leserunde!

  • Eine Sache ist mir noch durch den Kopf gegangen: Hat Gideon mit seinem Sohn nie über die eigene Geschichte gesprochen? Der war damals doch auch schon nicht mehr klein. Das hätte doch auch in der Familie Spannung rausnehmen können….

  • Ich muss sagen, so richtig wohl habe ich mich damit nicht gefühlt, allerdings ist mir auch keine bessere Lösung eingefallen. Gerade das verbrennen ist in doppelter Hinsicht ja eher schwierig. Einmal die Bücherverbrennung 33 und dann sind ja auch die KZ-Häftlinge am Ende nicht nur vergast, sondern auch verbrannt worden.


    Mir hätte es gefallen, wenn die Verstreuung der Asche nicht nur ein Diskussionsthema gewesen wäre, sondern wir auch als Leser dabei gewesen wären. Hätte mir ein besseres Gefühl des Abschlusses für mich mit dieser Geschichte gegeben.

  • Eine Sache ist mir noch durch den Kopf gegangen: Hat Gideon mit seinem Sohn nie über die eigene Geschichte gesprochen? Der war damals doch auch schon nicht mehr klein. Das hätte doch auch in der Familie Spannung rausnehmen können….

    Da mich die Beichte vom alten von Prinz sehr überrascht hat, habe ich mich gefragt, warum denn die Mutter nicht bei Jago und Christa um mehr Verständnis geworben hat für ihren Mann. Warum sie nicht von ihrer jüdischen Vergangenheit und der Rettung der jüdischen Verwalterfamilie gesprochen hat. Warum Jago, der ja schon ein großes Kind war, nicht mehr Zusammenhänge erkannt hat, noch dazu, wo sie ja in der kleinen Verwalterwohnung gelebt haben. Das muss ihm doch seltsam vorgekommen sein. :/ Mir kam diese Wendung fast etwas zuuu unverhofft. Mir wäre es vielleicht tatsächlich "lieber" gewesen, wenn von Prinz ein "einfacher" Mitläufer geblieben wäre. (Das sind natürlich reine Leserinnen-Gedanken. Schließlich hat die Autorin alles Recht ihre Geschichte so zu schreiben wie sie es möchte. ;))


    Jetzt kann Christa sich aber mit dem Mann und seinem Verhalten besser abfinden und akzeptieren, dass er ein von den Kinder geliebter Opa ist. Da hätte ich eigentlich schon merken müssen, wo die Reise hingeht, denn dass er Viola auch als seine Enkeltochter voll und ganz akzeptiert hat mich positiv überrascht.


    Das mit den Soldatenfamilien über Generationen das kenne ich so ja nur noch aus amerikanischen Filmen.


    Jagos Verhalten hat mich manchmal etwas in Rage gebracht, da er in Auseinandersetzungen mit dem Vater nie Christa zu Hilfe kam. Wir hatte so eine Konstellation tatsächlich auch in der Familie. Mein Schwiegervater war da das Problem. Und mein Mann und ich waren immer eine Einheit. Das war uns beiden sehr wichtig. Nachdem wir den Kontakt zu ihm ganz abgebrochen hatten, habe ich immer zu meinem Mann gesagt, dass er sich gerne mit ihm treffen und aussprechen könne, aber für mich wäre das Thema erledigt. War es für ihn aber auch. Wäre aber auch okay für mich gewesen, wenn er sich mit ihm irgendwie arrangiert hätte. Eben weil es halt der Vater ist. (Familie kann man sich nicht aussuchen.)

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Ninni Schulman - Den Tod belauscht man nicht

    Hanna Caspian - Im Takt der Freiheit


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Gerade in diesem letzten Abschnitt sind ganz viele Punkte drin, die mich zum Nachdenken bringen.

    Das stimmt. Mich hat sehr begeistert, wie hier die Menschen, die Politik, der Generationenkonflikt, die Aufarbeitung mit der NS-Zeit reflektiert werden. Ich finde, so intensiv hast du das noch in keinem deiner Bücher gemacht, liebe Ines. Fand ich toll. :anbet


    Ich muss mich mal mit meinem Onkel über diese Zeit unterhalten, der ist Jahrgang 49, mein Vater ist 14 Jahre älter. Ich habe keine Ahnung wie die beiden diese Zeit eigentlich erlebt haben. Ich bin ja erst 72 auf die Welt gekommen und an den RAF Terror habe ich tatsächlich keine Erinnerung.

    Bin Baujahr 65 und kann mich an die RAF Attentate sehr gut erinnern. Habe mich auch später noch ein wenig eingelesen, weil man als Kind ja vieles anders wahrnimmt.


    Doro und die Diskussionen mit ihr waren sehr bereichernd für diese Geschichte.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Ninni Schulman - Den Tod belauscht man nicht

    Hanna Caspian - Im Takt der Freiheit


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

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  • Abschließend muss ich sagen, dass die Dame der Zeit dein Buch nicht zu Ende gelesen haben kann. Christas Leben ist nicht miefig und das Buch ist es auch nicht. Ich habe schon lange kein Buch mehr gelesen, dass mich gut unterhalten hat und mir soviel zum Nachdenken gegeben hat. Ich bin froh, es gelesen zu haben und ich freue mich über diese Leserunde, in der man seine Gedanken austauschen kann. Da steckt soviel drin.

    :write

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Ninni Schulman - Den Tod belauscht man nicht

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    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Liebe Hollyhollunder und ihr anderen liebe Eulen,

    Ich überlege gerade, wie wohl ein Buch ankommt, das von 35jähriger Tochter und 60jähriger Mutter in der Gegenwart handelt und die noch immer herrschende Ungleichbehandlung von Frauen thematisiert, dazu Körperscham, Erschöpfung und das Altern behandelt. Würde euch so etwas interessieren? Was für ein Handlungsfanden wäre denkbar?

  • Liebe Hollyhollunder und ihr anderen liebe Eulen,

    Ich überlege gerade, wie wohl ein Buch ankommt, das von 35jähriger Tochter und 60jähriger Mutter in der Gegenwart handelt und die noch immer herrschende Ungleichbehandlung von Frauen thematisiert, dazu Körperscham, Erschöpfung und das Altern behandelt. Würde euch so etwas interessieren? Was für ein Handlungsfanden wäre denkbar?

    Liebe Ines, für mich wäre wohl ausschlaggebend, ob mich das Buch interessiert, wie die Rahmenhandlung läuft. Also hier ist es ja z.B. der Buchhandel und das Schreiben das neben dem Frauenthema spannend war. Oder ich lese eine Histo-Reihe, in der eine Einrichtung für psychisch Erkrankte eine Rolle spielt.


    Also ich suche z.B. im Augenblick nach Büchern, in denen Politikerinnen eine Rolle spielen. Z.B. interessiert mich sehr der Kampf der ersten Politikerinnen und auch der Politikerinnen akutell und ihr Kampf in einem immer noch sehr männlichen Machtapparat.


    Körperscham, Erschöpfung und Altern.... das alleine reist mich noch nicht vom Hocker. Hab ich ja teilweise selbst zuhause.:grin Wobei ich ja eigentlich alle deine Bücher lese. ;) By the way.... Ich habe gerade dein nächstes Buch entdeckt und bin schwer interessiert an einer Leserunde mit dir. Was hälst du davon? 8o

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Ninni Schulman - Den Tod belauscht man nicht

    Hanna Caspian - Im Takt der Freiheit


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    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Ich habe eben das Buch beendet und zugeklappt... Abgesehen davon, dass mich das Buch sooo gefesselt hat, dass ich heute unbedingt noch den Schluss lesen musste, waren aber so viele Ereignisse im letzten Leseabschnitt, dass ich erstmal meine Gedanken sortieren muss!

    Ich glaube, jetzt würde es nur ein fürchterliches "Rumgestammel " geben, also lasse ich es erstmal bis morgen sacken und schreibe meine Gedanken morgen...

    Guts Nächtle (obwohl ich aus Norddeutschland komme, gefällt mir dieser Gute-Nacht-Gruß gut!)!

  • Hallo, liebe Eulen!

    Hollyhollunder, meinst Du "Monsieur Jammet und der Traum vom Grandhotel"? Das habe ich gerade fertig geschrieben und warte nun gespannt auf die Meinung der Lektorin. Und ja, ich mache gern eine Leserunde damit.

    Ja, das meine ich. Das habe ich gestern entdeckt. Dann werden wir das doch gleich mal ins Auge fassen. Liebe Wolke , ich hoffe, du hörst hier mit. :grin

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Ninni Schulman - Den Tod belauscht man nicht

    Hanna Caspian - Im Takt der Freiheit


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Leider finde ic jetzt erst die Zeit, meine Gedanken zum letzten Leseabschnitt zu formulieren...

    Mir ist dieser Abschnitt ziemlich nahegegangen, weil er so ganz langsam eine Zeit berührt hat, die ich selbst schon miterlebt habe, nicht aktiv, aber mit eigenen Erinnerungen, z.B. weiß ich noch, dass ich ganz entsetzt über den Tod von Benno Ohnesorg war, wie man so als Kind entsetzt sein kann... Ich weiß noch, dass ich mit meiner Mutter darüber gesprochen habe, aber damals nicht so richtige Antworten bekommen habe - ob es an meiner Mutter lag, die eher der "Goldenen-Blatt-Fraktion" (z.B. Kleidung, Frisur und Aussehen von Farah Diba, der Frau des Schahs) zuzuordnen ist oder ob ich das ganze einfach noch nicht verstehen konnte, weiß ich natürlich jetzt nicht mehr.... Die Proteste gegen Springer, das Attentat auf Rudi Dutschke - das hat alles schon mein "Erwachsenen-Werden" begleitet. Die Kaufhaus-Brände habe ich erst später mitbekommen, bzw. dann erst als Beginn der RAF eingeordnet...

    Das "Geständnis" von Gideon von Prinz hat mich versöhnlich gestimmt, aber ich habe mich etwas darüber gewundert, dass die Vorgeschichte anscheinend nicht in der Familie bekannt war, dass Jago sie auch nicht kannte - oder dass seine Mutter nichts darüber erzählt hat! Und gerade mit dieser "Vorgeschichte" warum hatte er die Bilder von Buchenwald im Flur hängen? Aber wie schon gesagt: es hat mir Jagos Vater "menschlicher" und näher gebracht. Er hatte schon bei mir einen Pluspunkt bekommen, dass er Viola als seine Enkeltochter akzeptiert, die Geschichte mit dem Namen hatte ich seinem "Standesdünkel" zugeschrieben: der Name "von Prinz" ist doch etwas wert in der Welt... (ich habe an der Stelle schmunzeln müssen, wo ihn sogar Christa bewusst benutzt, um zukünftige Kunden zu gewinnen...)

    Martins Tod fand ich traurig, aber er hatte seinen Frieden geschlossen, so habe ich es zumindest empfunden, er hat seine Angelegenheiten geregelt und konnte dadurch friedlich einschlafen.

    Und auch Christa hat ihren Frieden mit sich und der Welt gemacht, ich hoffe für sie, dass sie ihren weiteren Weg macht, vielleicht findet sie ja noch eine Möglichkeit, noch ein neues Thema für ihre Dissertation - aber vielleicht auch nicht, für ihr Selbstbewusstsein hat sie es jedenfalls nicht mehr nötig...

    Mir hat das Buch jedenfalls sehr gut gefallen, mir hat es auch viel Stoff zum Nachdenken gegeben. Ich finde, es sticht auch etwas aus den üblichen Bücher über die "Wirtschaftswunder-Geschichten", die Freiheiten der Frauen (?) in den 50-/60-Jahren heraus, da es anhand von Christa auch die Zerrissenheit dieser Frauengeneration zwischen den gesellschaftlichen Zwängen ("oh Gott, was werden die Leute sagen?") und den eigenen Wünschen, Hoffnungen, Ängsten und Bedürfnissen beschreibt. Auch sie haben sich ihre Stellung mühsam erkämpfen müssen und letztendlich profitieren wir alle noch heute davon...

    Ich muss es einfach noch etwas sacken lassen, dann kann ich meine Rezension schreiben!

  • Einmal der Generationenkonflikt der durch Doro so treffend dargestellt wird.

    Das war wunderbar und sehr nachvollziehbar herausgearbeitet!

    Da zeigt es sich, wie wichtig es ist im Gespräch zu bleiben und auch einfach mal zuzuhören. Man muss ja nicht immer die gleiche Meinung haben, aber man sollte schon versuchen andere Meinungen zu hören und vielleicht auch einmal drüber nachzudenken.

    Ja, das stimmt, das denke ich häufig, wenn ich mir irgendwelche Diskussionen im Fernsehen ansehe: es ist eher ein "Schlagabtausch", jeder vertritt seine eigene Meinung und dann ist gut (oder nicht gut - Ende...)

    Gideon von Prinz' Geschichte hätte vielleicht schon früher für Entspannung gesorgt

    Ja, vielleicht... Aber vielleicht sollte auch Gideon von Prinz eine Art "Gegenpol", "Gegenentwurf" darstellen...

  • Wie hast Du/habt ihr die Bücher Bücherverbrennung gefunden? Ich habe lange an dieser Szene gesessen

    Da hatte ich ja schon im entsprechenden Abschnitt darauf geantwortet: mir hat die Aktion ziemliche Bauchschmerzen bereitet, aber etwas besseres (um die Öffentlichkeit herzustellen) ist mir auch nicht eingefallen...

  • Ich muss sagen, so richtig wohl habe ich mich damit nicht gefühlt, allerdings ist mir auch keine bessere Lösung eingefallen. Gerade das verbrennen ist in doppelter Hinsicht ja eher schwierig. Einmal die Bücherverbrennung 33 und dann sind ja auch die KZ-Häftlinge am Ende nicht nur vergast, sondern auch verbrannt worden

    Ja, das war auch mein Gefühl!

  • Gespräche der Art "Was genau hast Du während des Krieges getan" waren nicht üblich damals

    Das war ein ganz dickes Tabu damals...

    Würde euch so etwas interessieren? Was für ein Handlungsfanden wäre denkbar?

    In welchem Zeitraum sollte den die Handlung angesetzt sein? So ganz spontan würde ich sagen: weiß ich nicht, es käme für mich auf das "Drumherum" an...