Rowohlt, 2022
144 Seiten
Kurzbeschreibung:
Dieses Buch hält Träume aus fünfundzwanzig Jahren fest, geträumt und aufgeschrieben von Martin Walser, zu Bildern gemacht, auf Bildern inszeniert von Cornelia Schleime.
Und es ist wie so oft: Der Träumer kann fliegen, im Handumdrehn kommt er von einem Ort zum nächsten, er macht sich lächerlich und muss erkennen, dass er, während er sich lächerlich macht, gerade auf einer Bühne steht, vor Zuschauern ... Und so berichtet der Schriftsteller von Witz und Schrecken, Peinlichkeit und Rettung in seinen Träumen, und die Malerin folgt ihm kongenial.
Natürlich taucht Unbekanntes auf, der Selbstkostenpreis Gottes zum Beispiel. Oder gefiederte Hunde. Oder Wörter wie branghementique, die es nicht gibt, oder Kinder, die mit Krawatten auf die Welt kommen. Aber auch Bekanntes und Bekannte haben ihren Auftritt, die Stadt Wasserburg vor allem, dann auch Thomas Mann und Rudolf Augstein und Pete Sampras. Oder Maria Stuart, Edgar Selge und Jürgen Habermas. Und die bekannte unbekannte Schönheit, naheliegenderweise. Immer wieder.
Über den Autor:
Martin Walser, 1927 in Wasserburg geboren, lebt in Überlingen am Bodensee. Für sein literarisches Werk erhielt er zahlreiche Preise, darunter 1981 den Georg-Büchner-Preis, 1998 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und 2015 den Internationalen Friedrich-Nietzsche-Preis. Außerdem wurde er mit dem Orden «Pour le Mérite» ausgezeichnet und zum «Officier de l’Ordre des Arts et des Lettres» ernannt.
Über die Illustratorin:
Cornelia Schleime, geb. 1953 in Berlin, lebt ebenda und im Ruppiner Land. Seit 1984 hatte sie über einhundert Einzelausstellungen im In- und Ausland. Für ihr Werk erhielt sie u. a. den Gabriele-Münter-Preis (2003) und den Hannah-Höch-Preis (2016). Zuletzt erschienen: «Ein Wimpernschlag: …» 2016, «Ich beiß doch nicht auf Granit!» 2019 und «An den Ufern ferner Zungen« 2022.
Mein Eindruck:
Aus Anlaß des 95.Geburtstags Walsers stelle ich hier sein neues Buch vor. Ein Traumbuch. Beim lesen meint man Walsers stimme zu hören, die seinen spezifischen Sound ausmacht.
Ich denke, jeder könnte ein Buch seiner realistischen wie verrückten Träume schreiben, aber man muss berühmt sein, damit es andere lesen wollen.
Martin Walser lehnt Interpretationen und Analyse seiner Träume ab. Das muss auch nicht sein, denn immerhin sind viele der Texte sprachlich fein verfasst, wirken fast wie Aphorismen. Wer Walsers Messmer-Bücher mochte, ist hier vielleicht auch nicht falsch.
In Walsers Träumen tauchen viele Gestalten des deutschen Literaturbetriebs auf, zum Beispiel Uwe Johnson, Habermas, Siegfried Unseld, Peter Hamm, Arnold Stadler und natürlich Marcel Reich-Ranicki.
Das hat oft seinen Witz.
Wir sind bei Walser, also wird auch das sexuelle nicht ausgespart. Einen gewissen Ekelfaktor bietet das.
Wirkungsvoll halte ich die von Kafkas Prozess beeinflussten Träume.
Das Buch trägt den Untertitel Postkarten aus dem Schlaf. Es ist durchzogen von postkartenformatigen Bilder der Malerin Cornelia Schleime. Sie nimmt latent Bezug auf die texte, bleibt aber rätselhaft und hat ihre eigenständige Wirkung.
Die Texte sind vermutlich überwiegend schon älter, schließlich spricht der Verlag von Träumen aus 25 Jahren. Sie stammen wahrscheinlich aus Walsers Tagebüchern.
Auswahl und Anordnung der Texte erfolgte von Alexander Fest, den man dafür ausrücklich würdigen soll.
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ASIN/ISBN: 3498003194 |