Luise und ihr Traum vom Gestern - Angelika Godau

  • Angelika Godau: Luise und ihr Traum vom Gestern. Roman. Überarbeitete Neuauflage des 2015 im Gmeiner Verlag erschienenen Romans GRANNY, EIN MORD UND ICH, Zweibrücken 2021, independently published, ISBN 979-8-77020960-0, Softcover, 320 Seiten, Format: 12,7 x 1,85 x 20,32 cm, Buch: EUR 7,99, Kindle: EUR 2,99.


    Oft ist es sinnvoll, vorab etwas über ein Buch zu wissen, damit man keine falschen Erwartungen hegt. LUISE UND IHR TRAUM VOM GESTERN ist nicht eindeutig einem Genre zuzuordnen. Hier verbinden sich Fantasy-Elemente (Zeitreise) mit denen eines historischen Liebesromans und eines handfesten Krimis zu einer unterhaltsamen Mischung. Ein Hauch Kultur-Clash-Komödie ist auch noch dabei, denn natürlich geht es nicht ohne Missverständnisse und Irritationen ab, wenn ein Dienstmädchen aus dem 19. Jahrhundert bei einer allein erziehenden Zeitungsredakteurin im 21. Jahrhundert aufschlägt. Doch der Reihe nach!


    Ein ungebetener Gast

    Heidelberg, 2019: Sabrina Wagner, 25, ist geschieden und Mutter von Isi (4) und Lasse (3). Sie ist völlig von den Socken, als eines Sonntag Morgens in ihrem antiken roten Sessel dessen angebliche Vorbesitzerin sitzt. Die altmodisch gewandete junge Frau stellt sich ihr als Luise Klewe vor, Jahrgang 1868, und behauptet, Sabrinas Ururgroßmutter zu sein. Sabrinas Reaktion: Träume ich? Spinne ich oder spinnt diese müffelnde Lady in Black? Ist sie eine Einbrecherin – oder eine Ausbrecherin aus der Psychiatrie?


    Luise, die sich selbst nicht erklären kann, wie sie in die Wohnung ihrer Nachfahrin gekommen ist, hat das Tagebuch ihres kürzlich verstorbenen Geliebten bei sich und bittet Sabrina um Hilfe. Sie soll mit den Methoden von heute herausfinden, wer 1895 Otto von Wolfgram, den Kabinettsminister des Fürsten zur Lippe vergiftet hat. Er war ihr Dienstherr, heimlicher Lebensgefährte und Vater ihres Sohnes.


    Ein 120 Jahre alter Mordfall

    Dass der ungebetene „Verwandtenbesuch“ wirklich nicht von dieser Welt ist, wird Sabrina erst klar, als sie feststellt dass nur sie „Granny“ Luise sehen kann.

    Am besten wird sein, Sabrina tut ihr den Gefallen und sucht den Mörder des Ministers. Dann springt Luise hoffentlich wieder zurück in ihre eigene Zeit und sie hat ihre Ruhe.


    Internet und Archivmaterial geben nicht viel her und Luise erzählt hauptsächlich von ihrer Beziehung zu Otto. Sabrina setzt ihre Hoffnungen in dessen Tagebuch. Luise hat es erst vor kurzem bekommen und noch nicht gewagt, hineinzusehen. Problem: Sie braucht eine Brille und kann es deswegen nicht lesen und Sabrina kann die Kurrentschrift nicht entziffern. Also muss sie wohl ihre Mutter hinzuziehen, die diese Kunst beherrscht. Aber was wird Mam sagen, wenn sie zum Treffen einen Geist mitbringt? Womöglich lässt sie ihre Tochter auf der Stelle einweisen! So schlimm kommt’s zum Glück nicht.


    Werte von gestern und heute

    Anhand des Tagebuchs und „Granny“ Luises Erzählungen kommt nach und nach eine berührende und tragische Liebesgeschichte ans Licht. Und Sabrina findet tatsächlich so etwas wie ein Mordmotiv. Kann sie den „Fall Otto von Wolfgram“ nach über 120 Jahren noch aufklären? Gibt es überhaupt einen Fall oder bildet Luise sich in ihrem Kummer nur ein, der Tod ihres Liebsten müsse eine gewaltsame Ursache haben?


    Das ist der ernste Teil. Lustig wird’s immer dann, wenn die Normen und Vorstellungen der verschiedenen Jahrhunderte aufeinanderprallen. Luise und ihre Nachfahrinnen sind sich in rein gar nichts einig, ganz egal, ob es um Mode, Sprache oder Hygiene geht, um Anstand, Moral oder Kindererziehung, Religion, Politik oder die Rolle der Frau. Ich halte das für sehr realistisch. Genau so wäre es, wenn man mit den Werten, die man verinnerlicht hat, plötzlich mit einer Gesellschaft konfrontiert würde, die 120 Jahre weit weg ist.


    Spannend, amüsant und informativ

    Besonders sensibel gehen Mutter und Tochter ja nicht mit ihrer Vorfahrin um. Sie beurteilen sämtliche Geschehnisse gnadenlos nach den Maßstäben von heute. Aber Luise hat schon Schlimmeres erlebt als trampelige Verwandte und nimmt das nicht sonderlich krumm. In Sachen Diplomatie und vornehmer Zurückhaltung kommen wir „Leute von heute“ hier nicht sehr gut weg.


    Gestolpert bin ich über ein paar Kleinigkeiten.



    Ich fand die Geschichte spannend und amüsant, und ein bisschen etwas gelernt habe ich auch noch. Und ich freue mich schon auf ein Wiedersehen mit den Damen. Es gibt nämlich weitere Bände.


    Die Autorin

    Angelika Godau, geboren in Oberbayern, hat in verschiedenen Regionen Deutschlands gelebt und fast 10 Jahre lang in der Türkei. Sie hat als Journalistin gearbeitet, Psychologie studiert und in Mannheim eine eigene Praxis betrieben. Heute lebt sie mit ihrem Mann, zwei Hunden und einer Katze in Zweibrücken, schreibt Bücher und engagiert sich im Tierschutz.


    ASIN/ISBN: B09M5B81J1

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner