"Die Uhrmacher der Königin", von Ralf H. Dorweiler

  • Meine Rezension zu:

    „Die Uhrmacher der Königin“, von Ralf H. Dorweiler



    gelesen als: Vorabexemplar für Rezensionen, Format eBook, lübbe Verlag,

    in der eBook-Fassung




    Erscheinungsdatum 28.01.2022




    Bekannte Formate:


    Taschenbuch mit 512 Seiten, ISBN 9783404185092


    eBook, ISBN: 9783751710046




    ACHTUNG: Könnte Spoiler enthalten!




    Zum Inhalt:

    Johannes und Ernst sind Brüder und Uhrmacher. Sie verlassen den heimatlichen Schwarzwald und ziehen nach London. Dort sind sie sich der großen beruflichen Gelegenheit bewusst, als sie den Auftrag erhalten, eine ganz besondere Uhr für Königin Victoria anzufertigen. Der Tag an dem sie diese Uhr überbringen wollen, wird jedoch zu einem Meilenstein, da die Brüder Zeugen eines Attentats an die Königin und ihren Mann Albert werden.





    Meine Rezension:

    Ich hatte von Anfang an das Gefühl, von Ralf H. Dorweiler mit auf die Reise genommen zu werden. Gleich zu Beginn wird die Handlung aus der kindlichen Sicht des noch sehr jungen Johannes erzählt. Dies erinnert ganz allgemein auch daran, dass Kinder die Welt oft anders wahrnehmen und ich habe diesen Einstieg, trotz seiner Handlungsdramatik, sehr genossen.

    Die Kapitel sind in der Regel nicht übermäßig lang. Der Autor zieht also die Handlung nicht in die Länge, sondern weiß durch einen flüssigen Erzählstil, auf den Punkt gebracht, Leser zu begeistern und zu jeder Zeit bei Laune zu halten.

    Alle Charaktere, die eine für die Story relevante Rolle spielen, sind sehr gut und realistisch beschrieben. Es gibt praktisch keine ultimativen und nur fehlerfreien Helden, sondern realistische Menschen, mit Schwächen und Stärken. Und gerade das macht das Buch auch so besonders, denn zu jeder Zeit hat man das Gefühl, Orte und Personen fast greifbar vor sich zu sehen. Man setzt sich mit Schwächen und Schicksalsschlägen auseinander, kann sich aber ebenso mit den Protagonisten freuen, mit ihnen bangen und hoffen.

    Besonders berührend empfand ich die Figur des Ernst. Durch scheinbar autistische Züge wird er lange Zeit verkannt, zeigt aber zunehmend welch wacher Geist und große Auffassungsgabe in ihm ruht.

    Geschichtlich ist der Roman auch auf reale Personen sehr empfindsam recherchiert. Dabei hat Ralf H. Dorweiler sehr behutsam vor allem auch einen Blick hinter die Kulissen des britischen Königshauses geworfen und sehr gewissenhaft vor allem Kenntnisse aus persönlichen Korrespondenzen zwischen Queen Victoria und ihrem Ehemann Albert von Sachsen-Coburg einzubauen gewusst, um ein berührendes und menschliches Bild der Königsfamilie zu zeichnen.

    Interessant fand ich, wie es im Verlauf der Geschichte auch immer wieder mal zu Rollentausch zu kommen scheint. Empfindet man im einen Moment für einen Protagonisten großes Mitgefühl, während man anerkennend den anderen betrachtet, kann dies sehr schnell wechseln. Das allein ist bereits unglaublich faszinierend.

    Man lernt viel über das Uhrmacherhandwerk, jedoch nicht erschlagend und lang, sondern wie beiläufig, oft in kleinen Zusammenfassungen zwischen den Kapiteln. Als optisches Highlight beginnt jedes Kapitel übrigens mit dem Zifferblatt einer alten Uhr.

    Oft wechseln die Handlungsstränge, die ihre Verknüpfungen erst später preisgeben, von Kapitel zu Kapitel und führen an verschiedene Orte, zu unterschiedlichen Personen. Aber dies geschieht in keinem Fall verwirrend, sondern ist klar und gut strukturiert. Ich hatte nie das Gefühl irgendwo nicht zu wissen, wo ich gerade bin.

    Die Geschichte, die zusätzlich noch einen großen, zu vielen kleineren Spannungsbögen hat, mutet fast (teilweise) wie eine Lebensgeschichte an, da sie von der Kindheit bis ins Erwachsenenalter Entwicklungen zeigt. Man begleitet also, sieht die Entwicklung und – wie im richtigen Leben – weiß nicht, ob und wie sich die Figuren möglicherweise noch verändern.

    Es ist also kein berechenbarer Roman, sondern ein Lesegenuss mit immer wieder auch kleinen Überraschungen.



    Mein Fazit:

    Ich kann „Die Uhrmacher der Königin“ von Ralf H. Dorweiler nur absolut empfehlen!

    Ein sehr natürlicher und nicht wild aufgebauschter Roman, der wunderbar mitzunehmen versteht und in dem Figuren wirklich menschlich sind. Kleine und große Spannungsbögen, sowie ansprechende Wechsel der Handlungsorte und ihrer Figuren, die miteinander verknüpft sind, lassen an keiner Stelle Langeweile aufkommen. Dabei immer auch das Bewusstsein, dass hier wirklich hervorragend und bis in kleinste Details recherchiert wurde.

    Für mich ein klares Highlight unter den historischen Romanen. ⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️




  • Kämpfernaturen suchen ihr Glück in London


    Buchmeinung zu Ralf H. Dorweiler – Die Uhrmacher der Königin


    „Die Uhrmacher der Königin“ ist ein Historischer Roman von Ralf H. Dorweiler, der 2022 bei Lübbe erschienen ist.


    Zum Autor:

    Ralf H. Dorweiler hat viele Jahre in der Nähe des Rheins gelebt. Aufgewachsen ist er an der Loreley, zum Studium der Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft zog es ihn nach Köln. Nach vielen Jahren im Südschwarzwald, wo er als Redakteur bei einer Tageszeitung arbeitete, ist er nun nach Bad Pyrmont in Norddeutschland gezogen. Ralf H. Dorweiler ist verheiratet und Vater eines Sohnes.

    Inhalt:

    Über einen Zeitraum von rund 20 Jahren schildert der Autor vorwiegend Episoden aus dem Leben der fiktiven Figuren Johannes und Ernst Faller aus dem Schwarzwald und der Engländerin Sophia Carpenter. Nach diversen Schicksalsschlägen zieht es alle drei nach London, in der Hoffnung dort ihr Glück zu finden. Dort werden sie in Geschehnisse um ein Attentat auf Queen Viktoria verwickelt.


    Meine Meinung:

    Gemeinsam ist den vier Hauptfiguren Queen Viktoria, Sophia Carpenter, Johannes und Ernst Faller ihre Kämpfernatur. Sie lassen sich durch diverse Widrigkeiten und Schicksalsschläge nicht entmutigen und gehen ihren Weg. Dies macht alle vier Figuren sympathisch, auch oder gerade weil sie mit einigen Grautönen gezeichnet sind. Als verbindendes Element nutzt der Autor die Uhrmacherei, über die er etliche Informationen liefert. Die Episoden zeigen die Beschwerlichkeit des Lebens zur damaligen Zeit. Sowohl im Schwarzwald als auch in London prägen Schwierigkeiten das tägliche Leben. Dadurch wirkt die Schilderung sehr authentisch, ohne jedoch zu langweilen. Zwischen Sophia und Johannes entwickelt sich eine romantische Beziehung, die die beiden in das Umfeld eines Attentats auf Queen Viktoria bringt. Die Handlung wird dramatisch und sehr spannend. Das Ende hat mir sehr gefallen, weil es nicht nur eitel Sonnenschein liefert.

    Die Geschichte wird aus mehreren Perspektiven erzählt, meist von den Ich-Erzählern Johannes und Sophia. So bekommt man einen ausgezeichneten Blick auf ihre Sicht der Dinge und ihre Gefühle. Es gibt verschiedene Nebenhandlungen mit Figuren, die andere Aspekte des damaligen Lebens einbringen. Insgesamt ist es ein komplexer Mix, der mich jederzeit gut unterhalten hat.


    Fazit:

    Dieser historische Roman liefert ein anschauliches Bild des Lebens zu jener Zeit, das mit einem ordentlichen Schuss Spannung und Romantik serviert wird. Mich hat das Werk sehr gut unterhalten und deshalb bewerte ich es mit fünf von fünf Sternen (90 von 100 Punkten) und spreche eine Leseempfehlung aus.


    ASIN/ISBN: B092VNSLD7

    :lesend Hanna Caspian - Im Takt der Freiheit, Agatha Christie - Miss Marple (Kurzgeschichten von 12 erfolgreichen Autorinnen der Jetztzeit mit Miss Marple), Michael Peinkofer - Die steinerne Krone

  • Wie viele andere Schwarzwälder Bauernfamilien verdient sich auch die Familie Faller ein Zubrot durch den Bau von Holzuhren. Ernst, der jüngste, 1824 geborene Sohn, hat ein besonderes Talent für den Uhrenbau, und so wandert er eines Tages mit seinem Bruder Johannes ins „Uhrenland“, nach London aus.


    Sophia Carpenter fällt auf einen Betrüger herein, der sie mit hohen Schulden zurücklässt, die sie glücklicherweise abarbeiten kann. Auch sie macht sich eines Tages nach London auf, wo sie nicht nur die Gebrüder Faller trifft, sondern auch die junge Queen Victoria, sowie die Gebrüder Winterhalter, bekannte Maler, die ebenfalls aus dem Schwarzwald stammen, und von der Königin an den Hof eingeladen wurden.


    Leider nimmt der Klappentext schon viel zu viel vorweg, am besten wäre, man liest ihn erst gar nicht und lässt sich überraschen. Auch sonst lässt mich der Roman zwiegespalten zurück. Das Thema ist interessant, und wie der Autor das Leben seiner fiktiven Charaktere mit dem historischer Persönlichkeiten verwebt, ist gelungen. Wer historische Persönlichkeit ist, kann man übrigens dem Personenverzeichnis entnehmen, das dem Roman vorangestellt ist. Mir hat auch gut gefallen, dass man tatsächlich viel über den Uhrenbau erfährt, und dass die einzelne Teile des Romans nach Uhrteilen wie Antrieb oder Unruh benannt sind, und die Namen auch ganz gut zum jeweiligen Geschehen passen.


    Leider ist der Roman lange Zeit sehr langatmig, da wird ausführlich Ernsts und Johannes Kindheit und Jugend erzählt, und erst ab etwa der Mitte hat es der Roman dann geschafft, mich etwas mehr zu packen. Gestört hat mich auch, dass er zu Beginn fast wirkte, als sei er für Kinder geschrieben, sehr einfach, und eben aus Sicht von Kindern.


    Die Charaktere sind recht gut gezeichnet, erzählt wird vorwiegend aus der Sicht Johannes‘ beziehungsweise Sophias. Dadurch wird das Leben der Uhrmacher nicht nur im Schwarzwald sondern auch in London, so wie auch das Umfeld der Königin lebendig.


    Über das Ende kann man sicher streiten, aber mich machte es unzufrieden, obwohl ich normalerweise keine Probleme habe mit unerwarteten Enden beziehungsweise Enden, die meine Erwartungen nicht erfüllen. Diese hallt nach, aber eher negativ.


    Ralf H. Dorweiler konnte mich mit anderen Werken schnell packen, hier ist ihm das nicht gelungen, der Roman ist mir in weiten Teilen zu langatmig erzählt. Interessant ist die Thematik des Uhrenbaus, die gut ausgearbeitet wurde. Auch die Einbindung historischer Persönlichkeiten hat mir gefallen. So hinterlässt mich der Roman zwiegespalten. Dennoch gibt es sicher viele Genrefans, dem er gefallen könnte.

  • Ralf H. Dorweiler konnte mich mit anderen Werken schnell packen, hier ist ihm das nicht gelungen, der Roman ist mir in weiten Teilen zu langatmig erzählt. Interessant ist die Thematik des Uhrenbaus, die gut ausgearbeitet wurde. Auch die Einbindung historischer Persönlichkeiten hat mir gefallen. So hinterlässt mich der Roman zwiegespalten. Dennoch gibt es sicher viele Genrefans, dem er gefallen könnte.


    Oh, wie schade, mir hatte er gut gefallen :S

  • Spannend, authentisch und einfach nur empfehlenswert!

    Mit „Die Uhrmacher der Königin“ hat es der sympathische Autor Ralf H. Dorweiler geschafft, mir ein wunderbares Monatshighlight zu bescheren. Wie schon in zwei seinen vorherigen Büchern „Die Geheimnisse des Glasbläsers“ und „Der Pakt der Flößer“ – die ich übrigens beide geliebt habe - beginnt die Reise im dunklen Schwarzwald. Der Autor versteht sich hervorragend darauf, den Leser gleich mit in die Geschichte einzubinden, indem er ein solch authentisches Bild der damaligen Zeit zeichnet, dass man meinen könnte, den Tannenduft zu riechen, die schlagenden Äxte zu hören und die oft einfachen Mahlzeiten zu schmecken. Es war bei Gott keine einfache Zeit zu Anfang des 19. Jahrhunderts, in dem die Eltern sich oft schwertaten, ihre Kinderschar satt zu kriegen. So geht es dann auch den Fallers, einer für die damalige Zeit typischen Familie, die mit sich mit Holzfällen und Uhrenbau über Wasser hält. Doch dann geschieht ein schwerer Unfall im Wald, der alle Pläne zunichte. Der Vater verfällt dem Alkohol und so bleibt den Söhnen Johann und Ernst letztendlich nur die Flucht ins „Uhrenland“ nach London, das sie schließlich auf beschwerlichem Wege erreichen. Das wenige Geld ist durch ein einen tragischen Vorfall während der Reise noch knapper geworden und für die Brüder heißt es Zähne zusammenbeißen, wenn sie es schaffen wollen.

    In einem gleichzeitig in London spielenden Erzählstrang lernen wir die junge Sophia Carpenter kennen. Auch sie kommt aus einfachen Verhältnissen und ist mit ihrer alleinerziehenden Mutter groß geworden, die ihr außer ihrer Liebe wenig geben kann. Als die Mutter schließlich schwer erkrankt, greift Sophia in ihrer Verzweiflung nach jedem Strohhalm, was sie teuer zu stehen kommen soll. Was habe ich mitgelitten und -gefiebert und fühlte mich direkt hineinversetzt in die Straßen Londons, die keine Gnade kennen.

    Nicht eine Minute habe ich mich beim Lesen dieses spannenden Romans gelangweilt – im Gegenteil, ich konnte das Buch nur mit Mühe aus der Hand legen und fieberte jedem neuen Kapitel entgegen. En passant lernte ich auch äußerst interessante Details zum Thema Uhrenhandwerk und durfte – neben der Königin Victoria – auch weitere interessante Personen der Geschichte kennenlernen. Die Mischung aus Fiktion und Wahrheit animierte mich nebenbei auch dazu, das Internet weiteren Details der Zeit zu durchforsten. Die vier Hauptprotagonisten Johann, Ernst, Sophia und Jennifer sind sehr detailliert und realistisch gezeichnet und es war mir eine Freude, Zeit mit ihnen verbringen zu dürfen. Die Mischung aus tragischen, aber auch glücklichen Momenten ist überaus gut gelungen. Die Teilnahme an einer lebhaften Leserunde rundete das Leseerlebnis harmonisch ab. Von mir gibt es deshalb nicht nur eine absolut verdiente Leseempfehlung, sondern mit fünf funkelnden Sternen auch die absolute Bestnote! Ich freue mich heute schon auf weitere Werke aus der Feder dieses begabten Autors.