Es gibt Bücher, die liest man einmal und vergisst sie. Es gibt Bücher, die bleiben nach einmaliger Lektüre in angenehmer Erinnerung, aber man hat kein echtes Bedürfnis, sie nochmal zu lesen. Und es gibt Bücher, die haben einem richtig gut gefallen, und nimmt man sie nochmal in die Hand, bleibt man wieder dran hängen!
Genau so ein Buch ist Iris Kammerers "Der Tribun": Ich habs gelesen und war fasziniert, hab Familie, Freunden und Kollegen davon erzählt und zwei verschenkt. Dann haben wir uns drüber unterhalten, ich wollte eigentlich nur eine Szene nachlesen - und schwupps - hing ich wieder drin und musste es zuende lesen!
Bei dieser zweiten Runde hab ich gemerkt, wieviele Ebenen sich in der Geschichte verbergen. Auf den ersten Blick ist es eine spannende Handlung mit dem I-Tüpfelchen einer unmöglichen Liebe. Aber im Vordergrund steht nicht die Liebesgeschichte, wie der Klappentext ein bisschen suggeriert, sondern Cinnas persönliche Entwicklung vom von sich selbst eingenommenen römischen Adelsspross zum verantwortungsbewussten Menschen - ohne dass dabei grundsätzliche Charakterzüge geopfert werden. Daneben geht es um grundlegende ethische Werte: Respekt, Freundschaft, Humanität. Dabei kommt die Autorin ganz ohne erhobenen Zeigefinger aus.
Eine fachkundige Freundin, der ich das Buch geschenkt habe, war restlos entzückt von den vielen versteckten Zitaten aus der Literatur, während mir ein paar Zitate aus heutigen Büchern und Filmen aufgefallen sind. Und hinter alldem steckt eine Detailkenntnis, die der Autorin eine schlafwandlerische Sicherheit beim Erzählen erlaubt: alles fließt völlig selbstverständlich ein, nichts muss lang erklärt werden. Sie verfällt auch nicht darauf, irgendwelche mystischen Elemente heranzuziehen, sondern geht sogar mit dem Thema Religion äußerst pragmatisch um.
Gleichzeitig verleitet die "einseitige" Sicht fast unmerklich zur intensiven Auseinandersetzung mit Cinnas Umgebung und seiner sich wandelnden Ansichten: Mal stimmt man ihm zu, mal schüttelt man den Kopf und wünscht sich, er sei etwas überlegter, aber das liegt eben auch am Alter. Man beobachtet mit ihm die Umgebung und seine Reaktionen, man erfährt mit ihm, was zur Schlacht im Teutoburger Wald geführt hat, wie die politischen Verhältnisse liegen, hört von Allianzen und Rivalitäten, und fürchtet angesichts der für Cinna unübersichtlichen Situation um dessen Zukunft, obwohl allein schon der Hinweis auf die Fortsetzung von vornherein klar gestellt hat, dass er überleben und freikommen wird - eben eben: Wie?
Nein, mehr wird nicht verraten - lest selbst!
Fazit: Das bislang beste Buch zum Thema "Römer und Germanen"! :anbet: