Aber man könnte die Reihe ja fortsetzen und fragen, was hat seinen Vater dazu gebracht, ihn zu missbrauchen. Wird da nicht wieder beim Täter entschuldigt, er konnte ja nicht anders, da er ja diese Erfahrung des Missbrauchs schon gemacht hat? Ist denn nicht jeder irgendwann für seine Handlungen verantwortlich, kann man immer alles mit der Vergangenheit entschuldigen? Dann wäre ja oft auch die Täter der Naziherrschaft mit irgendwelchen psychischen Schäden und Kindheitstraumen zu entschuldigen?
Es geht dabei nicht um das Entschuldigen einer Tat, sondern um das Verstehen. Die meisten Menschen, die Schreckliches in der Kindheit erlebt haben, werden keine Täter.
Ich habe ja lange auch in der Forensischen Psychiatrie als Ärztin gearbeitet. Für seine Taten ist jeder selbst verantwortlich. Krankheit entschuldigt auch kein schlechtes Benehmen oder Straftaten.
Aber es ist wichtig, Ursachen zu erforschen. Für die direkt betroffenen Menschen bringt es nichts mehr. Aber für spätere Generationen in der Prävention. Falls Viktors Vater schon missbraucht worden ist, hätte man die Spirale vielleicht damals schon durchbrechen können, wenn er Hilfe bekommen hätte. Dann wären seine Kinder verschont geblieben. Darum geht es letztlich bei der Aufdröselung solcher Muster. Täter-Opfer-Ketten zu durchbrechen.
Zum Thema Manipulation - wenn jemand anfällig für so etwas ist, weil man ihm genau das einredet, was er selbst ohnehin gern täte, kann das schnell gehen. Viktor war wahnsinnig gekränkt und hatte auch Angst, weil Juliane sich erinnern konnte. Das hat Weiß ausgenutzt - narzisstische Kränkung in Verbindung mit Angst kann zu gruseligen Taten führen.