Geschwätz
Im Nachwort zu diesem abschließenden Band der „Ströme“-Trilogie schreibt John Scalzi sinngemäß, dass er die Leute im Verlag mit der Arbeit an diesem Text ganz schön auf Trab gehalten hat, weil er spät dran war und viele Termine hat sausen lassen. Zwischen den Zeilen dieser Erläuterung steht: „Leute, ich hatte auf dieses Buch einfach überhaupt keinen Bock mehr und habe es deshalb in letzter Minute heruntergerotzt.“ Denn genau diesen Eindruck erweckt „Schicksal“.
Die Interdependenz, also diese Anordnung von Sternensystemen, die durch die wurmlochartigen „Ströme“ verbunden sind, wird auseinanderfallen, weil die Ströme kollabieren, weshalb es in absehbarer Zeit keine Verbindung zwischen den einzelnen Systemen mehr geben wird. Aber die diversen Planeten, die meistens unterirdisch bewohnt oder von Habitaten umgeben sind, können ohne einander nicht überleben, weil die Gilden Monopole auf bestimmte Produkte haben, die auf anderen Planeten nicht hergestellt werden können oder dürfen. Einzig der Planet „Ende“ wäre ohne äußere Hilfe von Menschen bewohnbar, aber er ist weit weg und umkämpft, außerdem böte er nicht genug Raum für die vielen Milliarden Interdependenz-Bewohner. Die man ja auch noch dorthin bringen müsste, bevor die Verbindungen gekappt sind, wofür die existierenden Möglichkeiten nicht einmal annähernd ausreichten. Die adligen Häuser, die die Gilden besitzen, planen deshalb einen Aufstand gegen die Imperatox Grayland II, von deren Aufstieg die ersten zwei Bände erzählt haben, und sie haben vor, nur sich selbst nach „Ende“ zu retten, und den Rest der Menschheit verrecken zu lassen.
„Schicksal“ hat das gleiche Schicksal ereilt, unter dem auch das Ende der „Krieg der Klone“-Trilogie litt, die so furios begonnen hatte, um umso elender abzuschmieren. Scalzi verschießt sein spärliches Pulver sozusagen traditionell im ersten Band und versteigert sich dann in endlose, quälende und nur scheinbar lustige Dialoge, um von der Handlungs- und Ideenarmut der Story abzulenken. „Das Imperium der Ströme“ mit seiner mittelalterlich anmutenden Adaption terraner Gesellschaftsstrukturen bietet nämlich abseits der Grundidee nichts Visionäres und Innovatives. Also erleben wir im dritten Band eine monarchistische Soap-Opera, irgendwas zwischen „Downton Abbey“ und „The Crown“, nur eben in ferner Zukunft und im fernen Weltall, aber ebenso langweilig. Es gibt Intrigen, Attacken, Bluffs und Schurkereien, aber in sehr überschaubarem Maß, dazu eher uninteressantes, oft sogar nervtötendes Personal und homöopathischen Witz. Und dann endet die ganze Geschichte auch noch so haarsträubend (aber wenigstens abrupt), dass man sich über jede einzelne der insgesamt gut tausend „Imperium der Ströme“-Seiten nur ärgern kann.
John Scalzi lebt immer noch - und nach allem, was man so hört, recht gut - vom überraschenden Erfolg seines Erstlings, aber was mich anbetrifft, war es das jetzt. Es gibt zwar leider nicht sehr viele SF-Autoren, die wirklich spannende und interessante Geschichten gut erzählen, aber ich lese lieber zum fünften Mal den „Armageddon“-Zyklus von Peter F. Hamilton, als auch nur noch eine einzige Zeile aus der Feder von Scalzi, der das Schreiben offenbar inzwischen zu langweilig findet, um mehr Mühe als unbedingt nötig zu investieren.
ASIN/ISBN: 3596700949 |
Zur Rezension der ersten beiden Bände: John Scalzi: Kollaps/Verrat (Band 1 und 2 der "Das Imperium der Ströme"-Reihe)