Der Flug des Raben
Richard Wagamese
Karl Blessing Verlag (18. Oktober 2021)
Gebundene Ausgabe : 304 Seiten
ISBN-13 : 978-3896677181
Originaltitel : Keeper'n Me
Übersetzer: Ingo Herzke
Der Autor (von Amazon)
Richard Wagamese, geboren 1955 im Nordwesten Ontarios, gehört zu den bedeutendsten Schriftstellern Kanadas und indigenen Stimmen der First Nations. Er veröffentlichte 15 Bücher, für die er vielfach ausgezeichnet wurde, u.a. mit dem Publikumspreis des Canada-Reads-Programms des staatlichen Rundfunks für den Roman "Der gefrorene Himmel", dessen von Clint Eastwood produzierte Verfilmung ebenfalls preisgekrönt wurde. Als Kind von seinen Eltern getrennt, aufgewachsen in Heimen und bei Pflegefamilien, die ihm eine Beziehung zu seinen indigenen Wurzeln verboten, wurde Wagamese erst im Alter von 23 Jahren wieder mit seiner Familie vereint. Er ließ sich in Kamloops, British Columbia, nieder, wo ihm später von der Thompson Rivers University die Ehrendoktorwürde verliehen wurde. Richard Wagamese verstarb im Jahr 2017.
Inhalt (von Amazon)
Garnet Raven ist drei Jahre alt, als er seinem Zuhause in einem Ojibway-Reservat entrissen und von den Behörden in Obhut genommen wird. Er wächst in verschiedenen Pflegefamilien auf, bis er als Teenager die erstbeste Möglichkeit nutzt, um sich aus dem Staub zu machen. Er flieht in die Großstadt, gerät auf die schiefe Bahn und landet schließlich im Gefängnis. Zu seiner großen Überraschung erhält er dort einen Brief seiner längst vergessenen Ursprungsfamilie.
Als er nach seiner Entlassung ins Reservat seiner frühesten Kindheit zurückkehrt und beschließt, dort zu bleiben, bis er neue Pläne für seine Zukunft entwickelt hat, ändert sich sein Leben von Grund auf: Keeper, ein Freund seines Großvaters und der letzte Hüter der Weisheit der Ojibway, macht ihn mit den Traditionen und Riten seines Stammes vertraut. Garnet entdeckt nach und nach die Bedeutung des Ortes, seine Herkunft und sich selbst.
Meine Meinung
Gefunden habe ich dieses Buch auf dem „Kanada Spezialtisch“ meiner Buchhandlung, den diese anlässlich der Frankfurter Buchmesse und des Gastlands Kanada aufgebaut hatte.
Das Besondere an diesem Buch sind einmal die beiden unterschiedlichen Erzählerstimmen. Der junge Garnet und Keeper, den er erst bei seiner Rückkehr ins Reservat kennenlernt, der aber von Anfang an seine Kommentare abgibt.
Garnet ist in seiner Zerrissenheit und Heimatlosigkeit sehr eindringlich und glaubwürdig dargestellt. Nichts ist pathetisch oder übertrieben. Seine freudlose Kindheit berichtet er, als sei es die eines Fremden. Seine Veränderung beginnt, als er von der Familie eines Freundes herzlich aufgenommen wird.
Gefühle beschreibt Garnet erst wirklich, als er zu seiner Ursprungsfamilie zurückkehrt. Hier zeigt sich, was für ein großartiger Erzähler Wagamese ist. Großartig ist, wie er die Emotionen Garnets und seiner Familie mit ihrem Erleben in der wilden und einsamen Natur verknüpft.
Hier ist alles lebendig, hat alles eine Geschichte, die auch die Menschen angeht.
Keeper ist derjenige, der die Traditionen am Leben erhält, der Garnet unterrichtet und ihm zeigt, welche Wege es gibt, die er gehen kann.
Erzählt wird hier von den Traditionen der Ojibway, von den Ungerechtigkeiten und Übergriffen der weißen Eroberer, Massakern, Landraub, der Abschiebung der indigenen Bevölkerung in Reservate, aber auch von Überlebenswillen, Freundschaft und Zusammenhalt.
Ich bin nicht sicher, ob das von Wagamese beschriebene Ende der Geschichte nicht allzu optimistisch ist, da es aber vieles offen lässt, kann das jede LeserIn selber entscheiden. Und schließlich ist es ein Roman.
Eine sehr lohnende Lektüre.
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ASIN/ISBN: 3896677187 |
vev hat gerade darauf hingewiesen, dass das Buch unter dem Titel "Hüter der Trommel" wohl schon 1997 erschienen ist.