Osburg-Verlag, 2021
240 Seiten
Kurzbeschreibung:
Sommer 1914. In Janowitz, einem mittelböhmischen Schloss, treffen zwei prominente Autoren aufeinander: Rainer Maria Rilke, Lyriker und Romancier, und Karl Kraus, scharfzüngiger Herausgeber der Zeitschrift "Die Fackel". Die beiden kennen sich. Sie pflegen zueinander eine Haltung aus Respekt und Missgunst. Den Anlass dazu liefert ihnen Sidonie von Nádherný.
Sie ist schön, hochgebildet, weitgereist, sie will sich emanzipieren, was ihr in manchem gelingt, doch die Konventionen ihrer Herkunft kann sie nicht abstreifen. Die beiden Literaten werben um ihre Gunst. Kraus ist ihr heimlicher Geliebter, der sie auch heiraten möchte. Rilke erfährt davon. Eindringlich warnt er Sidonie vor der ehelichen Verbindung mit einem Juden, und sie hört auf ihn. Der Erste Weltkrieg bricht aus, von Rilke bejubelt, von Kraus radikal abgelehnt. Der schreibt darüber sein ausuferndes szenisches Werk "Die letzten Tage der Menschheit", Sidonie hilft ihm dabei. Sie lebt weiterhin mit ihm, die Beziehung zu Rilke gibt sie nicht auf. Ihr Verlöbnis mit dem italienischen Aristokraten Guicciardini hat sie bereits zu Kriegsbeginn beendet, ihre spätere Ehe mit dem Arzt Max Thun wird scheitern.
Rilke stirbt. Kraus stirbt. Es wird einsam um sie. Inständig widmet sie sich der Pflege ihres Parkgartens und den Nachlässen der beiden Dichter, bevor die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs und der nachfolgenden Machtübernahme durch die Kommunisten ihre Welt von Grund auf verändern.
Über den Autor:
Rolf Schneider, geboren 1932 in Chemnitz. Seit 1958 ist der studierte Germanist freischaffender Schriftsteller. Er schrieb erzählende Prosa, szenische Texte und Sachbücher. Seine Arbeiten wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. Wegen seiner Mitbeteiligung am Protest gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns schloss ihn 1979 der ostdeutsche Schriftstellerverband aus, was ihn veranlasste, ein Engagement an westdeutschen Theatern anzunehmen. Er erhielt mehrere Literaturpreise und Auszeichnungen.
Mein Eindruck:
Janowitz ist ein lesenswerter Roman, der mit literarischen Mitteln erzählt, es ist aber auch ein Stück Biografie.
Es geht um Sidonie von Nádherný, die 1914 in dem Schloss Vrchotovy Janovice bekannte Künstler und Schriftsteller empfängt, zum Beispiel den Dichter Rainer Maria Rilke, den sie bewundert. Eine Liebesbeziehung hat sie aber mit dem jüdischen Schriftsteller Karl Kraus, der die Zeitschrift Die Fackel herausgegeben hat.
Es sind 3 faszinierende Figuren,die der Autor auf lebendige Art porträtiert.
Dabei orientiert er sich natürlich an den historischen, biografischen Fakten. Dadurch wirken neben den erzählerischen Passagen viele Abschnitte wie ein biografisches Sachbuch. Aber die Kombination funktioniert als Gesamtheit.
Rolf Schneider wird sowohl Rilke lyrischen Ansprüchen als auch Karl Kraus satrisch-kritischen Kommentaren zum Geist der Zeit gerecht. Hinzu kommt Sidonie, deren Gefühlswelt am lebendigsten in dem Buch wird. Sie war eine leidenschaftliche und unabhängige Frau.
Das Buch zeigt eine schwierige Zeit, die von 2 Weltkriegen geprägt war.
Eine große Leistung eines Autors, der inzwischen 89 Jahre alt ist.
ASIN/ISBN: 3955102564 |