'Das Geheimnis des blauen Skarabäus' - Seiten 292 - 348

  • War es damals nicht so, dass Schulden "Ehrenschulden" waren, die man als Gentlemen einfach zu bezahlen hat? Dass Angwin da für seinen langjährigen Freund einspringt, vor allem da er es sich leisten kann, ist für mich durchaus nachvollziehbar. Cleos anfänglicher Unmut darüber auch, aber da hat Angwin recht: ihm tut es nicht weh, für Cleo wäre es eine vielleicht lebenslange Aufgabe gewesen.

    Ich kenne nur den Spruch "Spielschulden sind Ehrenschulden" aber ich kann Deiner Argumentation folgen, dass er die für einen verstorbenen Freund übernimmt.

  • War es damals nicht so, dass Schulden "Ehrenschulden" waren, die man als Gentlemen einfach zu bezahlen hat? Dass Angwin da für seinen langjährigen Freund einspringt, vor allem da er es sich leisten kann, ist für mich durchaus nachvollziehbar. Cleos anfänglicher Unmut darüber auch, aber da hat Angwin recht: ihm tut es nicht weh, für Cleo wäre es eine vielleicht lebenslange Aufgabe gewesen.

    "Ehrenschulden" - das war genau meine Idee. Victor war Angwins Freund, sie verband gemeinsame Erlebnisse im Krieg. Das Verfahren (an anderer Stelle bereits erklärt), ein Erbe auszuschlagen, war nicht üblich, aber bis Cleo das alles hätte geregelt bekommen, wäre viel Zeit vergangen. Für Angwin war es keine große Summe, aber so schuf er für Cleo die Möglichkeit, mit allem abzuschließen. Inzwischen wusste Angwin ja, dass Cleo Viktor nicht geliebt hatte und dass ihre Ehe eine Art "Zweckgemeinschaft" gewesen war.

  • Was mich viel mehr erstaunt hat ist die Möglichkeit des plötzlichen Aufbruchs nach Ägypten. Klar, Cleo kann spontan weg, sie hält nichts, aber müsste sich Angwin nicht zunächst noch um sein Gut/das Haus/seine Mutter kümmern, bevor er eine so lange Reise (mit ungewisser Rückkehr) antritt?

    Bei Lady Charlotte besteht keine Lebensgefahr mehr, körperlich ist sie zwar geschwächt, aber gesund, durch Mirandas Tod ist sie physisch zwar am Ende, wird von der Pflegerin aber bestens betreut. Angwin kann nichts ausrichten, um der Mutter zu helfen. Sie lehnt seine diesbezüglichen Bemühungen ja ab.

    Tredennick Manor ist beim Verwalter in guten Händen. Früher war es keineswegs üblich, dass die Gutsherren sich selbst um ihre Besitztümer gekümmert haben. In der Regel überließen sie alles den entsprechenden Verwaltern. Manche Herren ließen sich oft Jahre auf ihren Gütern nicht blicken, viele Adlige hatten auch mehrere Besitztümer über ganz England verstreut.

    Zeitlich befinden wir uns gerade in einem Wandel. Durch den Krieg fehlen Männer, so mussten immer mehr Gutbesitzer sich selbst darum kümmern. Zuvor zeigte der Verwalter von Tredennick bereits, dass er den Besitz sehr gut leitet. So muss sich Angwin keine Sorgen machen.

  • Über Angwins Trauer erfahren wir tatsächlich nichts, allerdings ist er kein Mann der Gefühle, von daher habe ich da auch nichts vermisst.

    Nein, er zeigt seine Gefühle nicht offen, er ist distinguiert. So wurde er erzogen, das kann er nicht so einfach abstreifen. Cleo spürt aber, wie sehr Angwin der Tod der Schwester trifft und auch, dass sie stärker als Angwin ist. Für mich hätte es nicht gepasst, wenn Angwin plötzlich ein heulendes Elend geworden wäre ;-)

  • Ich habe auch schon den Eindruck, dass sie um Miranda sehr intensiv trauert, auch wenn es nicht seitenlang im Buch ausgewälzt wird (wofür ich dankbar bin, denn das würde für mich nicht zur Grundausrichtung des Buches passen).

    Dankeschön, das ist von mir so gewollt. Noch in Ägypten muss Cleo handeln, da bleibt kaum Zeit für Trauer, auf dem Schiff möchte sie mit niemanden Kontakt haben (auch ein Zeichen der Trauer), und auf S. 318 wird Cleo von ihren Gefühlen überwältigt. Da sie aber schon mehrere geliebte Menschen verloren hat, ist Cleo zwar nicht abgeklärt, bricht aber auch nicht zusammen.

    Früher waren die Menschen mit viel mehr Todesfällen in den Familien und bei den Freunden konfrontiert als heute. Da gehörte der Tod zum Leben, auch wenn er für einige Menschen viel zu früh kam. Für eine Menge Krankheiten gab es keine Heilung und/oder Operationen. Eine Blinddarmentzündung konnte tödlich verlaufen, weil es auch gar nicht so viele ausgebildeten Ärzte und Krankenhäuser gab. Künstliche Herzklappen, Stens, Ballondilatationen gab es keine - wer herzkrank war (auch in jungen Jahren), konnte schon mal sein Testament machen.

    Ärztlich verordnete Kuren, Rehabilitationen gab es natürlich auch keine. Nur die Reichen konnten sich sogenannte "Badekuren" leisten, die jedoch mehr dem Vergnügen, als einer wirkliche Genesung dienten.

    In den nur 100 Jahren hat sich auch im medizinischen Bereich unheimlich viel positiv verändert.

  • Bei Lady Charlotte besteht keine Lebensgefahr mehr, körperlich ist sie zwar geschwächt, aber gesund, durch Mirandas Tod ist sie physisch zwar am Ende, wird von der Pflegerin aber bestens betreut. Angwin kann nichts ausrichten, um der Mutter zu helfen. Sie lehnt seine diesbezüglichen Bemühungen ja ab.

    Tredennick Manor ist beim Verwalter in guten Händen.

    Kommt ja auch zu Beginn des nächsten Kapitels so zur Sprache. Ich war einfach nur zu ungeduldig ;).


    Danke auch für die ausführliche Erläuterung zu den Todesfällen in frühreifer Zeit. Ich glaube, wir vergessen heute viel zu oft, dass gute ärztliche Versorgung noch gar nicht so lange „normal“ ist. Und du hast recht: natürlich ist dadurch das Verhältnis zum Tod ein anderer.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Mirandas Tod hat mich auch geschockt. Das Buch entwickelt sich irgendwie anders als erwartet. Ich hatte sehr gehofft, dass Cleo Miranda helfen kann und beide wieder zusammen wachsen. Cleos Trauer finde ich schon spürbar, mehr muss ich dazu nicht lesen.


    Angwin ist mir inzwischen sympathischer geworden. Vernünftiger von Cleo wäre es gewesen, den Antrag anzunehmen. Sie mag ihn, wäre versorgt, er lässt ihr mehr Freiheiten als damals üblich und in ihrer Situation wird Liebe überbewertet... Und er trauert halt auf seine Weise um seine Schwester. In den Wochen der Überführung sind wir ja nicht bei ihm. Zumal nicht jeder so ein gefühlsduseliger Mensch ist und öffentlich trauert. Ich bin da auch mehr wie Angwin.


    Mal schauen was uns Dillon noch beschert - bisher bin ich mit dem noch nicht warm geworden. Aber wir sehen ihn ja bald wieder.

    “You can find magic wherever you look. Sit back and relax all you need is a book." ― Dr. Seuss

  • Und er trauert halt auf seine Weise um seine Schwester. In den Wochen der Überführung sind wir ja nicht bei ihm. Zumal nicht jeder so ein gefühlsduseliger Mensch ist und öffentlich trauert.

    Wir befinden uns ja auch in einer Zeit, in der Männer keine solchen Gefühle zeigen und nicht weinen durften, gerade nicht Adlige, sonst wären sie Weicheier gewesen - wobei es den Ausdruck damals wohl noch nicht gab ;-).

  • Ich glaube, dass alle drei Morde/Todesfälle/Verschwinden zusammen hängen, aber wie?
    Der Tod von Miranda hat mich sehr erschüttert, obwohl ich sie nicht besonders mochte, vor allem nicht zum Ende hin. Dieses „Schätzchen“ ist fürchterlich überheblich.


    Ich hätte nicht erwartet, dass Angwin Cleo einen Job als seine Assistenz anbietet, aber ich glaube, das ist genau das richtige für Cleo. Ich war sehr auf Howard Carter gespannt. Bisher ist er nicht besonders sympathisch.


    Mich verwirrt, dass Dillon so tut als hätte er Cleo nicht gesehen und sie dann Carter empfiehlt. Wie passt denn das zusammen?

  • Ich war sehr auf Howard Carter gespannt. Bisher ist er nicht besonders sympathisch.

    Über Howard Carter gibt es viel Informationsmaterial, Bücher und auch Filmaufnahmen. Allgemein wird er zwar als genial, aber wenig menschenfreundlich geschildert. Ich glaube, heute würde man einen Mann wie Carter als Egomane bezeichnen, denn es heißt, er ließe keine andere Meinung als seine eigene gelten. Arbeiten tat er liebsten allein, abgesehen von denen, die er für seine Arbeit brauchte. Carter hatte keine Freunde, war nie verheiratet und hatte keine Kinder, und bei seiner Beerdigung waren nur sehr wenige Personen anwesend.

  • Diesen Abschnitt habe ich ja gestern erst zu Ende gelesen und auch schon eure ganzen Kommentare dazu. :) Mir gefällt das Buch nach wie vor sehr und ich bin schon richtig gespannt auf den letzten Abschnitt und auf die Auflösung aller Zusammenhänge.


    Für Cleo freue ich mich irgendwie, dass sie doch bei Angwin unterkommen konnte und so ihrer Leidenschaft nachgehen darf. Ich glaube, sie findet sich in ihrem Leben als Witwe ganz gut zurecht und braucht auch keinen Mann, um ihr Leben zu gestalten. Natürlich wäre es schön, wenn es da jemanden "fürs Herz" gäbe, aber das war in dieser Zeit ja sowieso die Ausnahme, denke ich. Es hätte mich auch nicht gewundert, wenn Cleo direkt im Museum bei Mr. Morgan geblieben wäre - aber dann wäre sie mit Sicherheit niemals in den Genuss gekommen, noch mal in das Tal der Könige zu reisen und der Entdeckung des Grabes von Tutenchamun beizuwohnen (hier denke ich ganz bestimmt, dass das Thema im nächsten Abschnitt wird).


    Dillon ist mir schon sehr suspekt. Nun soll er Carter auf Angwin und Cleo aufmerksam gemacht haben. Seine Einschätzung ist sicherlich richtig, sie können Carter schon eine Hilfe sein, vor allem mit der Leidenschaft, die sie mitbringen - ganz ohne den Anspruch einer persönlichen Bereicherung. Aber was bezweckt Dillon damit? Möchte er Angwin und Cleo nur wieder nach Ägypten locken? So richtig werde ich aus ihm nicht schlau.


    Carter ist wahrlich kein Menschenfreund. Aber er brennt für seine Sache. Wahrscheinlich ist das auch das Geheimnis für sein langes Dranbleiben: Dass er sich eben nicht von anderen Dingen ablenken lässt, nicht mal von Freundschaften. Andere hätten dieses Durchhaltevermögen vielleicht nicht an den Tag gelegt. Man muss wohl ein wenig Eigenbrödler sein (so ähnlich war es bei Cleos Vater ja auch, ihm war Ägypten schon ein Stück weit wichtiger als seine Familie zu Hause in England).


    Mirandas Tod ist auch seltsam. Dass es ein böses Ende mit Miranda nimmt, hatte ich ein bisschen geahnt. Dass sie allerdings ermordet wird, war dann doch eine Überraschung. Wobei ich mir den Verlauf genau so schon gut vorstellen kann, schließlich wurde im Buch schon öfter auf die Gefahren, gerade für alleinstehende Frauen, hingewiesen. Und ich finde es auch nachvollziehbar, dass seitens der Polizei nicht weiter nachgeforscht, sondern der Fall schnell zu den Akten gelegt wird. Vordergründig ist es zu offensichtlich, was passiert ist. Dass hier etwas nicht stimmt, bemerken wir als Leser, weil wir noch andere Hintergründe kennen. Ich bin auf die Auflösung des Ganzen nun umso mehr gespannt!

  • Carter ist wahrlich kein Menschenfreund. Aber er brennt für seine Sache. Wahrscheinlich ist das auch das Geheimnis für sein langes Dranbleiben: Dass er sich eben nicht von anderen Dingen ablenken lässt, nicht mal von Freundschaften. Andere hätten dieses Durchhaltevermögen vielleicht nicht an den Tag gelegt. Man muss wohl ein wenig Eigenbrödler sein (so ähnlich war es bei Cleos Vater ja auch, ihm war Ägypten schon ein Stück weit wichtiger als seine Familie zu Hause in England).

    An anderer Stelle schrieb ich es schon: Über Howard Carter gibt es viel Recherchematerial. Allgemein wird er als sehr eigen und anderen gegenüber wenig freundlich geschildert. Andere Meinungen als seine eigenen ließ er kaum gelten. Heute würde man ihn vielleicht als einen Egomanen bezeichnen, in seiner Arbeit war er hingegen genial! Er hatte keine Freunde, war nicht verheiratet, keine Kinder (überhaupt gibt es keine Hinweise auf eine Frau in seinem Leben), und bei seiner Beerdigung war nur eine Handvoll Menschen anwesend. Darunter die Tochter des Earls of Carnarvon.

  • Mirandas Tod ist auch seltsam. Dass es ein böses Ende mit Miranda nimmt, hatte ich ein bisschen geahnt. Dass sie allerdings ermordet wird, war dann doch eine Überraschung. Wobei ich mir den Verlauf genau so schon gut vorstellen kann, schließlich wurde im Buch schon öfter auf die Gefahren, gerade für alleinstehende Frauen, hingewiesen. Und ich finde es auch nachvollziehbar, dass seitens der Polizei nicht weiter nachgeforscht, sondern der Fall schnell zu den Akten gelegt wird.

    Eine junge, schöne Frau in einem Vietel, das Europäer meiden sollten ... Damals hieß es dann dazu: Selbst schuld ...

    Trotz der britischen Herrschaft in Ägypten folgte das Recht in großen Teilen doch den einheimischen Regeln und Vorstellungen. Die Briten hatten stets Angst, es könne zu einem Aufstand kommen, wenn sie sich zu sehr in die Gefplogenheiten der Ägypter einmischen. Der ja dann auch geschah, glücklicherweise unblutig, das ist aber ein anderes Thema und wird in dem Roman auch nur kurz erwähnt.

  • Der Tod von Miranda kam überraschend, half aber definitiv den Spannungsbogen noch einmal aufzubauen.

    Sicher wäre es vernünftig von Cleo gewesen den Heiratsantrag anzunehmen, aber sie beweist dadurch das sie ein starke, selbstbewußte Frau geworden ist und in welche Entwicklung sie durchgemacht hat. Die Wandlung des Kindes Cleo zu der jungen Frau die sie zu dem Zeitpunkt ist, mit all ihren Schicksalsschlägen.


    Aus Dillon werde ich nicht wirklich schlau, und trauen kann man ihm auch nicht. Wenn er Cleo zurück in Ägypten haben wollte wegen deren Armreifen, war das ein raffinierter Plan.


    Von der Story fand ich es gut gelöst, das Cleo zu einer Assistentin von Agwin wird.


    Dann wollen wir mal auf in den letzten Abschnitt, mal sehen wie sich alles auflöst.