Bonobo Moussaka - Adeline Dieudonné

  • Dtv, 2021

    112 Seiten


    Kurzbeschreibung:

    Warum hat sie diese Einladung bloß angenommen? Weihnachten ist ja bekanntermaßen das Fest der Familie. Daher nimmt sie ihre beiden Kinder mit zu ihrem Cousin, der die alleinerziehende Mutter großmütig eingeladen hat, sich mit seiner Musterfamilie und der Familie eines befreundeten Bankers an den üppig gedeckten Tisch zu setzen. Ein Essen in seliger Eintracht im Glanz des Weihnachtsbaumes? Nicht ganz... Denn lauscht man dieser jungen Frau von heute, offenbart sich, was sie angesichts der virulenten Themen unserer Gesellschaft fühlt und denkt. Doch sie wird sich nicht unterkriegen lassen. Schließlich hat sie zwei Kinder in diese Welt gesetzt und wird alles dafür tun, dass sie eine Zukunft haben.


    Über die Autorin:

    Adeline Dieudonné, 1982 in Brüssel geboren, wo sie mit ihren beiden Töchtern auch heute wieder lebt, ist von Beruf Schauspielerin. Nach mehreren preisgekrönten Erzählungen und einem erfolgreichen One-Woman-Theaterstück hat ›Das wirkliche Leben‹ die Herzen der französischsprachigen Leser im Sturm erobert: Das grandiose Romandebüt stand monatelang auf der französischen Bestsellerliste, wurde mit 14 (!) Literaturpreisen ausgezeichnet und wird in 20 Sprachen übersetzt.


    Über die Übersetzerin:

    Sina de Malafosse, geboren 1984, lebt als Übersetzerin und Lektorin in Toulouse. Sie übersetzt u. a. Pauline Delabroy-Allard, Jean-Paul Didierlaurent und Victor Jestin.

    Mein Eindruck:

    Ein gediegener Text, aber originell. Die Hauptfigur erzählt ihre Gedanken, es geht um einen bestimmten Moment.


    Ein kurzes Buch, das eine Familienfeier zeigt, bei der Icherzählerin die Familienmitglieder genau und still beobachtet.


    Der Text ist kurz, nicht einmal 100 Seiten. Was soll man dann zu dem langen Nachwort sagen, das ich nicht besonders gut fand.

    Adeline Dieudonnes Geschichte alleine hätte mir auch gereicht, denn die nimmt mich mehr gefangen als das Nachwort.



    ASIN/ISBN: 342328286X

  • Das Buch wurde mir von meinen beiden Lieblings-Bibliothekarinnen dringend empfohlen, sonst hätte ich sowohl Cover als auch Titel wohl eher ignoriert.

    Aber es hat sich gelohnt!

    Die Hauptperson ist zum Weihnachtsessen bei ihrem Cousin mit Familie eingeladen. Außerdem kommt einer weitere befreundete Familie des Cousins. Die Hauptpperson schildert sehr grob den Ablauf des Tischgesprächs und vorallem die Gedanken, die ihr zu ihrer Tischgesellschaft, ihrer eigenen Jugendzeit und zur Gesellschaft allgemein in den Sinn kommen.

    Das alles sehr kurz, aber sehr treffend, eigenwillig und ungewöhnlich, aber interessant.

    Eigentlich ist es eher eine Kurzgeschichte, denn die 94 Seiten enthalten meistens nur wenige kurze Sätze, immer durch Absätze getrennt.

    Es folgt ein langes Nachwort von Nike van Dinther, das ich nur quer gelesen habe.

  • Adeline Dieudonné: Bonobo Moussaka, mit einem Nachwort von Nike van Dinther, OT: Bonobo Moussaka, aus dem Französischen von Sina de Malafosse, München 2021, dtv Verlagsgesellschaft, ISBN 978-3-423-28286-4, Hardcover, 111 Seiten, Format: 11,9 x 1,5 x 17,5 cm, Buch: EUR 10,00 (D), EUR 10,30 (A), Kindle: EUR 6,99. Auch als Hörbuch lieferbar.


    „Philippe sagt, dass fünfmal Obst und Gemüse am Tag nur eine Mode der Ökoschw*chteln sei, die von der Vegetarierlobby manipuliert würden. […] Ein richtiger kleiner Kerl wie Gabriel brauche einfach seine 400 Gramm Fleisch am Tag. Aus diesem Grund ist Gabriel ein hyperaktiver kleiner Rollmops auf Ritalin.“ (Seite 56)


    Ich weiß gar nicht, wie und warum dieses Büchlein in meinen Besitz gelangt ist. Vielleicht habe ich es wegen der Bonobos im Titel angefordert. Oder es war ein Geschenk.


    Kurz und von exquisiter Bosheit


    Überrascht war ich davon, wie „luftig“ der Text gesetzt ist. Jeder Satz ist ein eigener Absatz. Stellenweise sehen die Seiten aus wie ein Gedicht. Dann habe ich gelesen, dass BONOBO MOUSSAKA auch – oder eigentlich? – ein Theaterstück ist. Eine One-Woman-Show, in der Adeline Dieudonné mit sarkastischem Witz am Beispiel einer Weihnachtsfeier die Probleme der Gegenwart seziert. Oh, das kann ich mir gut auf der Bühne vorstellen! In der Geschichte hat‘s schon ein paar exquisite Bosheiten! Ich würde das gern mal sehen.


    Abb.: © dtv Verlagsgesellschaft


    Darum geht’s: Eine allein erziehende Schauspielerin, 36, ist mitsamt ihren Kindern bei ihrem Cousin Martin zum Weihnachtsessen eingeladen. Weitere Gäste: ein befreundetes Ehepaar mit ihren vier Söhnen.


    So gehässig, wie die Schauspielerin ihre wohlhabend-spießige Verwandtschaft und deren repräsentatives Haus am Stadtrand beschreibt, fragt man sich, warum sie da überhaupt hingegangen ist. Die Antwort liefert sie uns prompt: Geschäftsführer Martin, den sie mit einem treudoofen Labrador vergleicht, ist – neben ihren Kindern – ihr einziger noch lebender Verwandter. Seine Frau, die Notarfachangestellte Françoise, kommt bei ihr auch nicht gut weg. Diese Langweilerin lebt mit ihrem faden Labrador-Gatten doch nur in einer Zweckgemeinschaft - meint jedenfalls die Schauspielerin.


    Ein geselliger Abend entgleist


    Da ist der weitere Gast, der Banker Philippe, schon ein anderes Kaliber. Ein klassisches Alphamännchen, mit einem Trophy-Wife, das keine eigene Meinung hat. Und mit vier ausgesprochen ungezogenen Söhnen. Wenn Martin ein Labrador ist, dann ist Philippe ein Rottweiler, stets bereit, den anderen an die Gurgel zu gehen. Da muss man permanent auf der Hut sein.


    Philippe wäre ja ganz interessant – wenn er nur nicht ständig so dummes Zeug labern würde! Ob Sparpolitik, Zuwanderung, die Klimakatastrophe oder die ungleiche Verteilung der Ressourcen: zu allem hat Philippe eine nicht ganz durchdachte populistische Meinung.


    Philipp erzählt Unsinn …


    Die Schauspielerin gibt sich alle Mühe, nicht mit ihm zu diskutieren. Lieber lässt sie ihre Gedanken abschweifen … in ihre Kindheit und Jugend … zu ihrer schönen aber flatterhaften und egozentrischen Mutter … zum Exfreund, der hauptberuflich ein Troll war. Echt, wirklich! Und im Zuge dieser Erinnerungen erfahren wir auch, was es mit dem Bonobo-Moussaka auf sich hat. Nein, keine Sorge: Niemand hat hier Menschenaffen zu einem Hackfleischgericht verarbeitet!


    … die Schauspielerin widerspricht nur im Geist


    Sie hört Philippes Geschwätz zwar nur mit halbem Ohr zu, zerpflückt im Geiste aber jede seiner Aussagen. Und das macht sie sehr gekonnt. Man könnte laut loslachen – wenn es nicht so erschreckend wäre, dass Leute mit Philippes Ansichten an den Schaltstellen der Macht sitzen.


    Wenn man genau hinschaut, ist dieser Rottweiler-Philippe doch ein ziemlicher D*pp.



    Am Ende dieses denkwürdigen Abends hat die Schauspielerin das Bedürfnis, sich bei ihren Kindern zu entschuldigen – dafür, dass sie sie in eine Welt gesetzt hat, in der rücksichtslose Hohlköpfe wie Philippe das Sagen haben. Die Kids hätten eine bessere Zukunft verdient.


    Wenn man sich das nur merken könnte!


    Ja, so ein aus dem Ruder laufendes gesellschaftliches Ereignis ist schon sehr amüsant – solange man, wie wir Leser:innen hier, unbeteiligter Zuschauer ist! 😉 Gemeinheiten mit Sinn und Verstand … das hat mir gut gefallen. Ich wünschte, ich könnte mir die Argumentationsketten der Schauspielerin merken, denn damit könnte ich selbst den einen oder anderen Dummschwätzer zerlegen. Das, was Philippe an Phrasen von sich gibt, kriegt man in der realen Welt oft genug zu hören.


    Das Nachwort hätt’s jetzt nicht gebraucht


    Das hochgelobte Nachwort von Nike van Dinther hat mir keinen großen Erkenntniszuwachs verschafft. Ich gestehe, dass ich erst googeln musste, wer die Dame ist.


    Frau van Dinther macht sich in einer wunderschönen Sprache kluge Gedanken zu Adeline Dieudonnés Roman. Aber ich bin mir nicht ganz sicher, ob das an dieser Stelle wirklich nötig ist. Ich als Leserin mag nicht so intelligent und wortgewaltig sein wie sie, aber ich brauche eigentlich niemanden, der mir die vorliegende Geschichte interpretiert. Denken kann ich selbst.


    Die Autorin


    Adeline Dieudonné, geboren 1982, lebt mit ihren Töchtern in Brüssel. Nach mehreren preisgekrönten Erzählungen und einem erfolgreichen One-Woman-Theaterstück entwickelte sich ihr Romandebüt ›Das wirkliche Leben‹ zu einem großen internationalen Bestseller. Sie wurde mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet und in über zwanzig Sprachen übersetzt. Seitdem erschienen bei dtv der Text ›Bonobo Moussaka‹ sowie der Roman ›23 Uhr 12‹.


    Die Übersetzerin


    Sina de Malafosse, geboren 1984, lebt als Übersetzerin und Lektorin in Toulouse. Sie übersetzt u. a. Pauline Delabroy-Allard, Jean-Paul Didierlaurent und Victor Jestin.


    ASIN/ISBN: 342328286X

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner