Peter F. Hamilton: Die Salvation-Trilogie: Befreiung · Verderben · Erlösung

  • Die Messlatte liegt wieder ein bisschen höher


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    Knapp 2.000 Seiten umfasst die jüngste Saga – im Englischen heißt das Tripel „Sequenz“ – aus der Feder des Großmeisters der intelligenten Space Opera. Ich habe gerade die letzte dieser vielen Seiten gelesen (und damit Hamiltons Gesamtwerk vollständig), und ich bin nachhaltig beeindruckt.


    Der Zyklus beginnt mit der Entdeckung eines außerirdischen Schiffs. Das passiert im Jahr 2204, die Menschheit hat sich im All ein wenig ausgedehnt, und ist dazu in der Lage, mit Hilfe kompliziert aufgebauter Portale innerhalb eines gewissen Radius‘ interstellare Distanzen zu überwinden. Die menschliche Gesellschaft ist eine, wie Hamilton das nennt, Post-Mangel-Gesellschaft, aber sie ist längst nicht frei von Konflikten. Doch das Schiff, das gefunden wird, kommt nicht von irgendwoher. Es ist die SALVATION OF LIFE (Erlösung des Lebens), die Olyix haben es gebaut – und den Namen nicht ohne Grund gewählt. Bei dieser Spezies, den Olyix, handelt es sich um die wahrscheinlich am weitesten entwickelte Lebensform der gesamten Galaxis. Aber das hält diese Aliens, die ewig leben und ihre facettenreiche biologische Existenz vollständig kontrollieren können, nicht davon ab, religiöse Fanatiker zu sein. Waffenstarrende religiöse Fanatiker. Wie sich nämlich herausstellt, sind die anfangs recht netten Außerirdischen darauf erpicht, alles intelligente Leben in der Galaxis mit Hilfe riesiger Archenschiffe einzusammeln, auf sehr drastische Weise zu „verpuppen“ und ihrem Gott anzubieten, der vermeintlich am Ende der Zeit wartet.


    Aber die Menschen auf der Erde sind wehrhaft. Unermüdlich wehrhaft.


    Das ist sozusagen der philosophische Überbau, der Beginn eines Teils der Handlung, die auf mehreren Welten und Zeitebenen angesiedelt ist. Zeit ist ein ganz wesentliches Element der Geschichte, die beispielsweise im zukünftigen London spielt, und aus der Sicht einer Jugendgang erzählt wird, dann aus der Perspektive von „Connexion“, der kommerziellen Betreiber jener Portale, die alle Distanzen vergessen lassen, außerdem spielt „Salvation“ auf Außenposten, in Habitaten, in Kolonien und später – sehr viel später, nämlich ungefähr zehntausend Jahre – dann im Zentrum der Galaxis. Man liest von Menschen und humanoiden Lebensformen in vielen Entwicklungsformen und -stufen, von coolen Individuen, Liebespaaren, Attentätern und Helden, von halborganischen Lebensformen und Korpuswesen, die ihr Ich aufgeteilt haben, man liest von fantastischen technischen Entwicklungen und Zukunftsentwürfen, aber eigentlich geht es auf all den vielen hundert Seiten um den Sinn und das Ziel des Seins. Um Freiheit.


    Und es gibt ganz schön viele Raumschlachten.


    Eine prächtige, vielschichtige, nicht immer leicht zu überblickende, sehr intensiv skizzierte Figurenschar führt durch die vielen Schauplätze und Epochen, einige Figuren überspannen tatsächlich die gesamte Handlung (wenn auch nicht immer im selben Körper), andere geben Impulse, aber niemand wird vergessen. „Salvation“ ist unglaublich komponiert, aber es ist vor allem von Klugheit, Wissen, Weitsicht, Optimismus, Kreativität und leidenschaftlicher Offenheit für Neues beherrscht. Peter F. Hamilton hat in das Abschiedsblog, das der großartige Iain Banks vor seinem eigenen Tod initiiert hat, sinngemäß geschrieben, dass es bei Science Fiction in der Hauptsache um Optimismus geht, und davon ist dieses mächtige, spannende, extrem unterhaltsame, kluge, anspruchsvolle, vielschichtige, moralische, emotionale, überraschende und vieles andere in den Schatten stellende Werk beherrscht. Hier geht es nicht einfach nur um ein paar ausgedachte technische Gadgets, um leicht veränderte Gesellschaftsformen, um ein paar Stellschrauben – nein, hier geht es wirklich um die Zukunft. Es geht um Körperlichkeit und die Bedeutung von Zeit, um die Plateau-Theorie, um Evolution, um Glauben, und um Individualität.


    Der „Salvation“-Zyklus ist - auch sprachlich - technischer als der „Void“-Zyklus oder die vielbändige „Commonwealth“-Saga, vor allem der dritte Band fordert die Konzentration ganz erheblich, aber man wird mit dem Gefühl belohnt, etwas erlebt und gelesen zu haben, das sich so anfühlt, als könne es wirklich so geschehen, obwohl es echt abgefahren ist.


    ASIN/ISBN: 3492705057
    ASIN/ISBN: 3492705154
    ASIN/ISBN: 3492705162

  • liest du eigentlich die "Exodus" Zeitschrift?

    Hin und wieder, aber ich schreibe lieber Kurzgeschichten anstatt sie zu lesen, und bei Science Fiction gilt das erst recht (da kann ein Buch eigentlich nie zu kurz sein). Aber ich gebe viel auf die Buchtipps der "exdodus"-Redaktion!