Lest ihr Erfahrungsberichte?

  • Mich interessieren, bedingt auch durch meinen Beruf, unter anderem Erfahrungsberichte. Habe davon einige in meinem Regal stehen.


    1979 kam in der ehem. DDR der Roman "Rückkehr ins Leben" von Wilhelm und Elfriede Thom raus. Damit begann meine Bekanntschaft mit Erfahrungen über verschieden Problematiken in Buchform. Damals habe ich mich über die Fortsetzung, die 1988 in die Buchhandlungen kam, sehr gefreut. Diese Geschichte kam sehr überzeugend und motivierend herüber. Da dachte man bei kleineren Problemen: "Ach, was solls, der wilhelm hat es doch viel schwerer als du". Die Bücheres stellten die Motivation und auch den Überlebenswillen eines großartigen Menschen dar und zeigten, wie ich glaube, zum ersten Mal direkt die Problematik des Umgangs mit Behinderungen.


    Nun habe ich immer wieder Bücher der Reihe Erfahrungen des Bastei Lübbe Verlages gelesen. Einige davon sind "Die Opfer des Inzests", "Ich war zwölf" oder "Mein Kind - ein menschlicher Schutzschild". Diese Berichte sind gut geschrieben, aber in manchen Büchern habe ich Zweifel an der Echtheit der Berichte. So fand ich das Buch "Draussen" von Ursula Burkowski etwas übertrieben, obwohl es ebenso gut geschrieben ist.


    Was haltet Ihr von Erfahrungsberichten?

  • Hmmm, eigentlich eher weniger. Faellt fuer mich auch mehr unter non-fiction, was ich eh selten lese. Es muss schon etwas gaaaaanz besonderes sein, wo man einfach nicht dran vorbei kann.


    Das einzige in der Richtung, was ich in den letzten Jahren gelesen hab, war Romeo Dallaire "Handschlag mit dem Teufel" ueber seine Erfahrungen als UN General waehrend des Voelkermords in Ruanda. Ein Buch, das wirklich jeder gelesen haben sollte - auch wenn Dallaire als Militaerexperte eigentlich kein sonderlich begabter Schriftsteller ist, was man dem Buch auch anmerkt:


    https://www.buechereule.de/wbb/thread/9283


    Und ein wenig denke ich, das kann sicherlich oefter bei solchen Erfahrungsberichten passieren, dass der Autor wegen der Thematik, die ihn/sie persoenlich betrifft schreibt. Die Sprache, der Umgang damit, das Erzaehlen als Kunst geraten dabei leichter in den Hintergrund.

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich

  • Ich lese eigentlich eher selten solche Berichte. Ein Buch, welches mich aber super fasziniert hat war Ich war RF von Tina Österreich. Das war wirklich super klasse und eindrucksvoll geschrieben. Das habe ich sogar schon mehrmals gelesen...


    Es handelt von einer Familie mit zwei Kindern die aus der DDR fliehen wollen und dabei gefasst werden. Der Bericht ist aus der Sicht der Mutter geschrieben, die ins Frauengefängnis kommt. Wie sie die Zeit dort erlebt, immer in der Hoffnung was von ihrem Mann oder den Kindern zu hören ist schon ziemlich krass. Ein wirklich sehr gutes Buch...

    "Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen, der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig."

    - Ernst Reinhold Hauschka

    Zitat

  • Das einzige was ich in die Richtung gelesen habe, sind die Bücher von Günther Wallraff. Man kann sie glaub ich schon dazu zählen, obwohl er sich ja bewusst in solche Situationen gibt. Er erlebt ja praktisch die Abgründe der Menschheit in geballter Form.
    Ich glaub, ich könnte solche Berichte gar nicht unbedingt lesen, weil mich sowas immer total fertig macht. Über den Romeo Dallaire hab ich mal einen Bericht gesehen und das hat mich schon arg mitgenommen. Wenn ich das Buch lesen würde, könnt ich wahrscheinlich für nichts garantieren. Solche Berichte sind glaub ich das einzige, was mich richtig arg wütend machen kann. Es gibt nichts schlimmeres als Ohnmacht!

  • Es kommt halt sehr stark darauf an, um welche Art von Erfahrung es sich handelt. "Hilfe, mein Hund hat mich vergewaltigt und meine Katze sah einfach nur zu" würde mich weniger ansprechen. Also, das was hier schon als "Betroffenheitslektüre" betitelt wird, erhöht mein Fluchttempo gewaltig.


    Bücher über Erfahrungen im Hinblick auf besondere Leistungen sprechen mich hingegen durchaus an. Besonders wenn es dabei um selbstquälerische Bergabenteuer geht.

  • hallo!


    ich liebe die bücher.aus der erfahrungenreihe von bastei habe ich gut 120 bücher daheim ;-)
    falls sich also jemand von einem trennen möchte kaufe ich es gerne ab sofern ich es nicht schon habe.
    bei den bastei-lübbe büchern denke ich schon das sie wahrheitsgetreu geschrieben sind.soweit ich weiß müssen die bücher auch belegt werden z.b durch befunde etc.

  • Batcat ,
    komisch so eine Betroffenheitsphase hatte ich auch mal. :grin


    Kommt halt ganz drauf an, wie derartige Erfahrungsberichte geschrieben sind. Heute reagiere ich etwas empfindlich auf zuviel Tränendrüsendrücken und bei Bastei Lübbe bin ich wohl vorurteilsbeladen.

  • Zitat

    Original von Idgie
    Batcat ,
    komisch so eine Betroffenheitsphase hatte ich auch mal. :grin


    Ja, gell... aber das geht vorbei. Man macht dann seine eigenen Erfahrungen (verschont aber seine Umwelt mit Berichten darüber) :-).


    Stimmt, die meisten dieser Ergüsse kamen bei Bastei Lübbe raus. *grins* Da gibt es nichts, was nicht schon jemand erlebt und darüber geschrieben hat.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Tatsächlich habe ich Erfahrungsberichte im Sinne der Beschreibung von Erlebten und Aufarbeiten einer bestimmten Krankheit, Sucht oder Trauma gemeint.
    Aber interessant sind natürlich auch Beschreibungen von Höchstleistungen , wie z.B. "In eisigen Höhen".
    Aber, wie bereits anfangs bemerkt, lese ich diese o. g. Bücher als Art Weiterbildung für meinen Beruf. Ich arbeite selbst mit Betroffenen.


    Schlimm finde ich dabei Übertreibungen, die wohl dazu dienen sollen, einen grusligen Schauer beim Leser hervorzurufen, also eine Art Sensationsliteratur.
    Diesen Eindruck gewann ich z. B. beim Lesen des Buches "Draussen". Da ich mit der Realität selbst konfrontiert war und vielen Themen aus anderen Büchern auch heute noch begegne, finde ich das Übertriebene einfach nur anmaßend. Da ich weiss, dass auch Betroffene diese Bücher, ja, besonders diese Bücher lesen, kommt es z. B. vor, dass nach Lesegenuss dieser Mensch sich zurückzieht und beginnt zu "schnippeln".
    Auch daran sollten ab und zu AutorenInnen denken.

  • ich habe einige erfahrungsberichte im bereich der "krankheitsbewältigung" gelesen.
    ich selber bin an multipler sklerose erkrankt und habe mich dementsprechend mit dem thema auseinander gesetzt.


    ich fand es für mich sehr hilfreich,.... :-)

    hier ein beispiel:

  • Ich lese gerne Erfahrungsberichte über Themen, die mich interessieren, z.B. problematische Kinder, Adoption etc. Aber auch "Abgefahren" von Claudia Metz und Klaus Schubert fand ich sehr interessant. Wir waren auch bei einem Vortrag von Klaus Schubert über ihre Erlebnisse. Kann man nur empfehlen!