Die Enkelin – Bernhard Schlink

  • Diogenes, 2021

    Hörbuch

    8 CD , 9 Std. 35 Min.

    Ungekürzt gelesen von Nina Petri und Hanns Zischler


    Kurzbeschreibung:

    Birgit ist zu Kaspar in den Westen geflohen, für die Liebe und die Freiheit. Erst nach ihrem Tod entdeckt er, welchen Preis sie dafür bezahlt hat. Er spürt ihrem Geheimnis nach, begegnet im Osten den Menschen, die für sie zählten, erlebt ihre Bedrückung und ihren Eigensinn. Seine Suche führt ihn zu einer völkischen Gemeinschaft auf dem Land – und zu einem jungen Mädchen, das in ihm den Großvater und in dem er die Enkelin sieht. Ihre Welten könnten nicht fremder sein. Er ringt um sie.


    Über den Autor:

    Bernhard Schlink, geboren 1944 bei Bielefeld, ist Jurist und lebt in Berlin und New York. Der 1995 erschienene Roman ›Der Vorleser‹, 2009 von Stephen Daldry unter dem Titel ›The Reader‹ verfilmt, in über 50 Sprachen übersetzt und mit nationalen und internationalen Preisen ausgezeichnet, begründete seinen schriftstellerischen Weltruhm.


    Über die Sprecher:

    Hanns Zischler ist Schauspieler, Regisseur, Hörspielsprecher, Übersetzer und Essayist. Er lebt seit 1968 in Berlin.

    Nina Petri spielte in vielen erfolgreichen Kino- und TV-Produktionen und erhielt für ihre Leistungen u. a. den Bayerischen und Deutschen Filmpreis. Ihre Stimme hat eine große Bandbreite, die Krimis ebenso lebendig werden lässt wie Romane und Biografien.


    Mein Eindruck:

    Die Geschichte eines Mannes, der nach dem Tod seiner Frau dessen Tochter trifft, die sie vor vielen Jahren zur Adoption freigegeben hatte. Und er lernt die junge Enkelin Sigrun kennen.

    Leider ist die Familie politisch rechts und auch das Mädchen wurde mit diesen verdrehten Ansichten aufgezogen. Doch Kaspar merkt, dass das Mädchen einen guten Kern hat und bemüht sich sehr um sie. Er bringt ihr Bücher, Musik und Kultur nahe und führt zahlreiche Gespräche auch über die deutsche Vergangenheit mit ihr. Der im Klappentext enthaltene Satz „er ringt um sie“ ist zutreffend. Doch das wird nicht einfach.


    Bernhard Schlink hat seinen Ton und er schreibt ruhig, fast bedächtig, aber konzentriert.


    Das Hörbuch hat 2 Sprecher vom Feinsten. Hanns Zischler liest den Plot um Kaspar und Nina Petri den Abschnitt mit Birgits Bericht im ersten Teil. Besser kann ein Hörbuch nicht besetzt sein.



    ASIN/ISBN: 3257804393

  • Familien und Ideologien

    Familie kann man sich nicht aussuchen. Und dennoch heißt es: Blut ist dicker als Wasser. In Bernhard Schlinks ruhig und eindringlich erzählten Roman geht es um Familienbande und Verbindungen vor dem Hintergrund deutscher Teilung und Zeitgeschichte, um Loyalitäten und Liebe.

    Aus Liebe zu Kaspar, dem Studenten aus dem Westen, hat Birgit einst die DDR verlassen, auf abenteuerlichem Weg. Die Ost-West-Romanze endete glücklich und auch wieder nicht. Denn Kaspar, der für Birgit sein Studium aufgab und Buchhändler wurde und die Studentin aus der DDR heirateten zwar, liebten einander, doch für Birgit reichte das wohl nicht aus. Immer wieder bricht sie aus dem Alltag aus - ein anderes Studium, eine neue Ausbildung, eine zweite, eine Auszeit im Ashram. Sie kommt immer wieder zurück, aber sie trinkt viel, zu viel. Als Kaspar sie, beide sind mittlerweile in ihren 70-ern, eines Tages tot in der Badewanne findet, kommt zur Trauer die unbeantwortete Frage: War es ein Unfall oder ein Suizid?

    Als sich dann auch noch ein Verleger bei ihm meldet, erfährt er ganz Neues über seine Frau: Gedichte habe sie geschrieben, an einem Romanmanuskript gearbeitet, der Verleger würde die Arbeiten gerne veröffentlichen, lobt das besondere Talent Birgits. Für Kaspar, den Mann mit der Liebe zu Büchern, muss es sein, als ob er seine Frau noch einmal verliert: Birgit hat mit einem Fremden über ihre Arbeit an einem Buch gesprochen, aber nicht mit ihm. Auf der Suche nach Antworten durchsucht Kaspar, der Birgits Privatsphäre immer gewahrt hat, ihr Arbeitszimmer und stößt in der Tat auf ein Manuskript, dass ihm ein Geheimnis entschlüsselt, dass Birgit nie geteilt hat.

    Um in Birgits Interesse zu handeln und den Abschluss zu finden, den sie nicht geschafft hat, folgt Kaspar ihren Spuren vor der Flucht, findet die Freundin aus Jugendtagen, die Birgit zur Seite gestanden hatte, als diese noch vor der Flucht von einem anderen Mann schwanger war. Kaspar ist sicher, Birgit hätte ihre Tochte gesucht und auf eine Annäherung und Aussöhnung gehofft. Seine Suche führt den Mann, der Gedichte liebt, ausgerechnet in ein Siedlungsdorf von Rechtsextremisten und in die Familie der 14-jährigen Enkelin Birgits.

    Zwischen dem Mädchen und dem alten Mann ist fast von Anfang an eine Verbindung da, auch wenn die völkischen Parolen ihn schockieren. Kann er einen Weg finden, dem Mädchen einen Zugang zu einem anderen Denken zu zeigen, ohne dass die Verbindung sofort wieder abbricht? Kaspar entwickelt einen Plan, der das junge Mädchen zumindest zweitweise dem Einfluss ihrer Familie und Gemeinschaft entzieht.

    Haben junge Menschen, die in eine extremistische Gemeinschaft hineingeboren wurden und von frühester Kindheit an von deren Werten beeinflusst wurden, überhaupt eine Chance, ein eigenständiges Wertesystem zu entwickeln, oder wird das als Loyalitätsbruch gegenüber der Familie empfunden? Das ist eine der Fragen, die Schlink in diesem Roman umtreiben. Wie schon beim "Vorleser" geht es auch hier um Entscheidungen des Einzelnen und Verantwortung, um Werte, die je nach Perspektive ganz unterschiedlich beurteilt werden. Ein nachdenklich stimmendes und stimmiges Buch.

  • Der Schriftsteller Bernhard Schlink versteht es brillante Romane zu gestalten.

    Er konnte mich schon mit seinen vorigen Romanen begeistern.

    Sein neuester Roman „Die Enkelin“ zeugt von vielen verschiedenen Charakteren.

    Man erlebt einen Zeit der DDR Regierung, dann gibt es die Völkische Gemeinschaft.

    Bei allen wird besonders die Jugend vereinnahmt.

    1964 verliebt sich der Westdeutsche Kaspar in die ostdeutsche Birgit. Er verhilft ihr zur Flucht.

    Der Autor schildert genau die Empfindungen einer Frau, die sich minderwertig fühlt und wohl auch vom Umfeld so behandelt wird. Kaspar versucht alles um Birgit zu helfen, er verzichtet sogar auf sein Studium und wird Buchhändler.

    Birgit leidet an einer Schuld, an der sie zerbricht.

    Sie stirbt plötzlich und hinterlässt Kaspar Aufzeichnungen und forscht nach Hilfe. So kommt er plötzlich zu einer Stiefenkelin.

    Bernhard Schlink lässt den Leser alles genau mit erleben. Er schreibt mit Schwung, mit besonderer Eindringlichkeit.


    Dieser Roman hat mich wieder total gefangen genommen.