The Winter Travelers - Don J. Snyder

  • „Die Dinge wurden kompliziert. Für uns beide, und vielleicht sind die besten Dinge, wie wir im Leben tun, die, deren wir niemals sicher waren.“ (Seite 168)*


    208 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag

    Verlag: Downeast / Maine

    ISBN-10: 0-89272-922-8

    ISBN-13: 978-0-89272-922-7



    Zum Inhalt (eigene Angabe)


    Charlie Andrews war ein überaus erfolgreicher Broker an der Wall Street. Bis er einige falsche Entscheidungen traf - und alles verlor, zig Millionen Dollar seiner Kunden hatten sich in Luft aufgelöst. Arbeitslos und pleite will er seinem Leben ein Ende setzen, indem er sich aus dem 22. Stockwerk des Waldorf Astoria stürzt.

    Sally Cooper lebt auf der Straße. Eines Abends beobachtet sie, wie einem älteren Mann das Mobiltelefon beim Einsteigen in einen Bus aus der Tasche fällt. Sie hebt es auf, um es ihm zurückzugeben - da klingelt es. Es ist Charlie Andrews, der seinem Vater mitteilen will, daß er nun sterben wird.

    Sally verwickelt ihn in ein Gespräch und es gelingt ihr tatsächlich, ihn vom Selbstmord abzuhalten. Schließlich willigt Charlie ein, Sally nach Californien zu ihrem Verlobten zu begleiten. Mit dem Zug beginnen sie die Reise durch die Nacht. Doch dann explodiert der Himmel - Raum und Zeit verlieren ihre Grenzen und Charlie ist auf einer Reise, die sein Leben völlig auf den Kopf stellen wird.



    Über den Autor


    Snyder wurde 1950 in Pennsylvania geboren und ist in Maine aufgewachsen, wo er mit seiner Frau heute noch lebt. Das Paar hat vier erwachsene Kinder.


    Informationen im Internet:

    - Die Webseite des Autors (in englischer Sprache)

    - der englische wikipedia-Artikel über den Autor


    Meine Meinung


    Es ist zwar schon einige Jahre her, daß ich „Fallen Angel“ vom gleichen Autor gelesen habe, doch die Stimmung des Buches und einige Szenen habe ich immer noch so präsent, als hätte ich das Buch erst gestern ausgelesen. Ich bin mir ziemlich sicher, daß es mir mit diesem Roman in einigen Jahren genauso ergehen wird. Auch hier hat Don J. Snyder eine ganz eigene Stimmung erzeugt; oder, wie ich über die „Fallen Angels“ schrieb: „Über dem Buch liegt eine leise Melancholie, eine Sehnsucht nach etwas Verlorenem, Undefinierbaren.“


    Dabei fängt die Erzählung zwar handlungsmäßig durchaus spektakulär (Charlie mietet sich im Waldorf Astoria ein, um sich im 22. Stockwerk aus dem Fenster zu stürzen), aber dennoch recht nüchtern an. Bald jedoch gibt es erste Anzeichen, daß möglicherweise nicht alles so ist, wie es auf den ersten Blick scheint. Und so, wie Charlie sich immer mehr zu Sally hingezogen fühlt, so wird der Leser immer tiefer in die Winterwelt New Yorks hineingezogen, in einen Zug, der von Penn Station in Richtung California abfährt. Einen Zug, der möglicherweise niemals dort ankommen wird.


    Das Buch hat „nur“ rund zweihundert Seiten, aber was hat der Autor nicht in diese Seiten hineingepackt! Über weite Strecken ist man als Leser genau so irritiert wie Charlie, weiß man nicht, ob es Phantasie oder Realität ist, ob man in einem Traum - oder gar in einem Alptraum gefangen ist. Die Grenzen von Raum und Zeit verwischen sich und stellen Rationalität wie auch das eigene Leben, die eigenen Zielsetzungen mehr und mehr infrage.


    Mehrfach taucht der Hinweis auf, daß man das wahre Leben verpaßt und ein fremdes lebt. So mysteriös dies auch scheinen mag, irgendetwas scheint doch dran zu sein. Unwillkürlich fragt man sich als Leser, ob das etwa auch fürs eigene Leben gelten mag?


    Immer wieder taucht der Faktor Zeit auf. Das Leben, das manchmal kurz erscheint und doch viele Jahre dauert. Doch rückblickend, am Ende angelangt, welche Momente bleiben hängen, sind auch dann noch wichtig, haben unser Leben bestimmt?


    Am Ende hat ein Zug seinen Bestimmungsbahnhof erreicht, doch ob dies der selbe Zug ist, der einstens in Penn Station abgefahren ist, sei hier dahingestellt. Und so, wie von „Fallen Angel“ sich genau diese unauslöschlich in mein Gedächtnis eingebrannt haben, ist es hier der Zug, der anscheinend zu einer Reise nach Nirgendwo abfährt, Raum und Zeit durcheilt, um am Ende alles zu einem Gesamtbild zu fügen, von dem man zu Beginn keine Ahnung haben konnte.



    Mein Fazit


    Eher ein Winter- denn ein Weihnachtsbuch, erzählt der Autor mit leichter Melancholie die Geschichte der Begegnung zwischen dem lebensmüden Charlie und der obdachlosen Sally. Zusammen begeben sie sich auf eine Reise, die beide nachhaltig verändern wird. Eine tiefgründige Erzählung die auf jeden Fall mehrfach gelesen werden sollte.



    Originaltext:

    * = „Things got complicated. For both of us, and maybe the best things we end up doing in life are things we were never certain of.“


    ASIN/ISBN: 0892729228

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")