Unter dem Schnee , von Katrin Burseg

  • Unter dem Schnee, von Katrin Burseg


    Cover:

    Wunderschön und sehr passend zur Geschichte.


    Inhalt:

    Ende Dezember 1978. Die Familie ist zusammengekommen um Luise von Schwan, die fünfzig Jahre das Familienunternehmen geführt hat, zu beerdigen.

    Kurz bevor der Schneesturm das Gut endgültig von der Außenwelt abschneidet, bringt der Priester noch eine junge Frau aus Frankreich aufs Gut, die von sich sagt, die Tochter von Luise und einem französischen Zwangsarbeiter, zu sein.

    Dann wird die Familie eingeschneit. Fünf Tage in denen jedes Familienmitglied mit verborgenen Wahrheiten konfrontiert wird. Seinen eigenen und denen der anderen.


    Meine Meinung:

    Ein unglaublich atmosphärischer Roman.

    Der Schreibstil ist sehr feinfühlig, überaus emotional und so ergreifend, dass ich mir jede Person so genau vorstellen kann als würde sie direkt vor mir stehen. Jeder ist in meinem Kopfkino direkt präsent.

    Die Geschichte wird uns im Wechsel aus der Perspektive der Hauptpersonen erzählt, deshalb können wir uns so gut in jeden hinein versetzen, dabei ist es ein laufender Fluss und nichts kommt ins stocken.

    Eine perfekte Mischung aus Chaos im Jetzt und Hier, wegen dem Sturm und der vielen Familiengeheimnissen, die sich langsam aufdröseln und der Rückblicke in denen wir die historische Vergangenheit der Personen kennen lernen.

    Jeder in der Familie hat seine Eigenheiten, seinen Platz, sein Leben und sein trauriges Geheimnis, das jeder so tief in sich vergraben hatte um es zu vergessen. So unendlich ergreifend.

    Jeder bereitetet ein großes Schweigen/Vergessen über sich und sein Leben, und jetzt bricht es bei allen durch und alles kommt an die Oberfläche. Die jahrelangen unterdrücken Schmerzen und das Leiden kommen an Licht.

    Und immer wieder, bis zum Schluss, gibt es neue Wendungen, neue Geheimnisse.


    Autorin:

    Katrin Burseg, geboren 1971 in Hamburg, studierte Kunstgeschichte und Literatur in Kiel, bevor sie als Journalistin und Autorin arbeitete. Als Kind erlebte sie die Schneekatastrophe im Jahrhundertwinter 1978/1979, mit ihrer Familie war sie mehrere Tage lang eingeschneit.


    Mein Fazit:

    Ein sehr gut gelungener Roman. Sehr viele Familiengeheimnisse, Rückblicke in die Nazizeit und die Vertreibung aus dem Osten. Auch das Schicksal der Zwangsarbeiter bekommt seinen Raum.

    Alles ist sehr einfühlsam und voller Emotionen erzählt.

    Von mir volle Punktzahl und 5 Sterne.

    ASIN/ISBN: 3453292227

    Edit: ISBN ausgetauscht, damit dias Cover angezeigt wird. Gruß Herr Palomar

  • Katrin Burseg: Unter dem Schnee. Roman, München 2021, Diana Verlag, ISBN 978-3-453-29222-2, Klappenbroschur, 399 Seiten, Format: 13,6 x 3,5 x 20,7 cm, Buch: EUR 18,00 (D), EUR 18,50 (A), Kindle: EUR 13,99, auch als Hörbuch lieferbar.


    „Luise hatte sich in ihr Pflichtbewusstsein, in die Arbeit geflüchtet. [...] Kein Wort von Fritz, von dem man nicht wusste, wo er abgeblieben war. Kein Wort über Wolf, von dem man auch noch nichts gehört hatte. Kein Wort dazu, wie Luise das alles schaffte. Und so richteten sie sich alle ein in der Sprachlosigkeit.“ (Seite 363)


    Schloss Schwanenholz, Schleswig-Holstein, Ende Dezember 1978Es ist schon ein wenig makaber: 50 Jahre lang hat Gräfin Luise von Schwan (78) die Baumschule auf ihrem Gut an der Ostsee geleitet. Jetzt ist sie verstorben. Trauergäste aus nah und fern sitzen in der Kirche, doch aus dem Begräbnis wird nichts: Ein Schneesturm zieht auf, der geschmückte Weihnachtsbaum der Gemeinde fällt auf den Sarg und auf den Pfarrer. Ende der Zeremonie. Die Beerdigung wird erst einmal vertagt.


    Die Trauergäste sind eingeschneit

    Seufzend überschlägt Köchin Isa Wollin, ob sie es schafft, die Gäste, die auf dem Gut einquartiert werden, länger als geplant zu verköstigen. Klementine von Rüstow, Luises jüngere und etwas labile Schwester ist unter den Gästen sowie ihr Sohn Carl und dessen hochschwangere Ehefrau Anette. Klementines jüngerer Sohn Johann wohnt mit Tochter Carolin (15) ohnehin dort. Frau hat er keine. Die hat ihn verlassen, als Carolin noch ein Baby war. Nicht als Übernachtungsgast eingeplant war die Journalistin Sibylle Meister, eine Vertraute Luises, und Niklas, Carolins Freund. Die können bei diesem Sauwetter unmöglich nach Hause fahren.


    Geheimnis mit Sprengkraft

    Als alle schon beim Essen sitzen, bringt Pastor Siebeling noch einen Überraschungsgast vorbei: Aimee Caroux (30+), eine Fotografin aus Arles/Südfrankreich. Die ist froh, nun doch nicht zu spät zu Luises Beerdigung zu kommen. Über ihre Verbindung zur Gräfin äußert sie sich zunächst kryptisch. Sie weiß erstaunlich viel über die Familie von Schwan und lässt irgendwann dann doch die Bombe platzen:


    Die Reaktionen auf diese Eröffnung sind unterschiedlich. Luises Schwester bestreitet alles. Carl und Johann, Luises Nachfolger auf dem Gut, sind sprachlos. Was bedeutet das für sie? Müssen sie ihr Erbe nun mit der französischen Cousine teilen? Oder haben Aimees Ansprüche, wenn sie wirklich Luises leibliche Tochter ist, vielleicht sogar Vorrang?


    Bewältigen oder beschönigen?

    Unter normalen Umständen würden Carl und Anette jetzt empört heimfahren und auch Aimee würde vor dieser feindseligen Atmosphäre schnellstmöglich wieder zurück nach Arles flüchten. Doch die Umstände sind nicht normal. Der Schneesturm tobt, die Leute auf dem Gut sind meterhoch eingeschneit und werden das auch die nächsten fünf Tage noch sein. Die Telefonleitungen sind tot, der Strom ist ausgefallen. Ohne Ausweichmöglichkeit hocken die gegnerischen Parteien nun aufeinander und müssen irgendwie mit der Situation klarkommen.


    Traumatische Erinnerungen

    Die alten Geschichten und die eisigen Temperaturen legen bei Klementine und Carl lange verdrängte Erinnerungen an die Flucht aus Pommern und weitere Familiendramen frei. Was sich schon in der Kurzfassung traumatisch anhört: Tochter/Schwester auf dem Treck in den Westen erfroren, Sohn/Neffe/Cousin im Krieg vermisst, entpuppt sich beim detailreichen Rückblick als der blanke Horror.


    Johann und Sibylle schnappen sich den Trecker und wollen sich damit ins wenige Kilometer entfernte Dorf durchschlagen um Hilfe zu holen – und bei der Gelegenheit vielleicht auch kurz beim Pfarrer ins Taufverzeichnis zu schauen, ob sich da nicht ein Hinweis auf Aimee und ihre Abstammung findet. Doch sie kommen nicht wieder.


    Gefährlicher Weg ins Dorf

    Ausgerechnet jetzt setzen bei Carls Frau die Wehen ein. Carl macht sich mit Niklas, dem Freund seiner Nichte Carolin auf den gefährlichen Weg ins Dorf, um einen Arzt zu holen. Nicht ohne der Nichte, die sich um ihren Vater da draußen sorgt, zuvor noch schnell ein weiteres schreckliches Familiengeheimnis vor den Latz zu knallen.


    Was damals wirklich geschah ...

    Nur eine Person weiß genau, was während des Krieges auf Gut Schwanenholz geschehen ist: die herrlich pragmatische Köchin Isa, die als Tochter einer Bediensteten dort aufgewachsen ist. Doch sie hat damals versprochen zu schweigen und daran hält sie sich eisern.


    Es ist natürlich hart, wenn in einer so klaustrophobischen Situation auf einmal sämtliche Lebenslügen und Geheimnisse einer ganzen Sippe auf den Tisch kommen. Und weil man nicht ausweichen kann, muss man sich nun endlich den alten Rivalitäten und tief sitzenden Schuldgefühlen stellen. Mehr als einmal steht die Frage im Raum, ob die Wahrheit in jedem Fall besser sei als eine gnädige Lüge.


    Jedes der kurzen Kapitel wird aus der Sicht eines anderen Angehörigen/Mitarbeiters der verstorbenen Gräfin erzählt. (Der hilfreiche Stammbaum der Familie von Schwan versteckt sich auf Seite 393!) Nach und nach erfahren wir, was sich vor Jahrzehnten alles ereignet hat und wie sich das bis in die Gegenwart auswirkt. Die Situation der Eingeschneiten und ihre hilflosen Rettungsversuche sind ein weiteres Spannungselement.


    Packend und beklemmend

    An den Wintereinbruch zu Silvester 78 erinnere ich mich, wobei er bei uns im Süden nicht so dramatisch war wie im Norden Deutschlands. Vor ein paar Jahren erst habe ich mir zu diesem Thema eine halbe Nacht mit TV-Dokumentationen um die Ohren geschlagen. Mir war die Situation sehr präsent und ich konnte den von Schwans einigermaßen nachfühlen, wie sie da im Halbdunkeln sitzen und sich mit angstbesetzten Themen auseinandersetzen müssen. Gut, manches in der Geschichte hätte man vielleicht ein wenig straffen können, aber ich fand’s packend.


    Die Autorin

    Katrin Burseg, geboren 1971 in Hamburg, studierte Kunstgeschichte und Literatur in Kiel, bevor sie als Journalistin und Autorin arbeitete. Sie wuchs in einem mehr als hundert Jahre alten Bauernhaus in Schleswig-Holstein auf. Als Kind erlebte sie die Schneekatastrophe im Jahrhundertwinter 1978/1979, mit ihrer Familie war sie mehrere Tage lang eingeschneit. Diese Erinnerung inspirierte sie zu ihrem Roman »Unter dem Schnee«.


    ASIN/ISBN: 3453292227

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Über die Autorin (Amazon)

    Katrin Burseg, geboren 1971 in Hamburg, studierte Kunstgeschichte und Literatur in Kiel, bevor sie als Journalistin und Autorin arbeitete. Sie wuchs in einem mehr als hundert Jahre alten Bauernhaus in Schleswig-Holstein auf. Als Kind erlebte sie die Schneekatastrophe im Jahrhundertwinter 1978/1979, mit ihrer Familie war sie mehrere Tage lang eingeschneit. Diese Erinnerung inspirierte sie zu ihrem Roman »Unter dem Schnee«.


    Produktinformation (Amazon)

    Herausgeber ‏ : ‎ Diana Verlag; Originalausgabe Edition (4. Oktober 2021)

    Sprache ‏ : ‎ Deutsch

    Broschiert ‏ : ‎ 400 Seiten

    ISBN-10 ‏ : ‎ 3453292227

    ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3453292222


    Irgendwann kommt alles ans Licht

    Ende Dezember 1978 auf Gut Schwanenholz. Gräfin Luise von Schwan, die 50 Jahre die Baumschule auf dem gut an der Ostsee geführt hat, ist gestorben und soll beerdigt werden. Doch ein heftiger Schneesturm fegt über das Land und verhindert dies. Und dann trifft noch ein ungebetener Gast aus Frankreich ein und das Anwesen wird von der Außenwelt abgeschnitten. Der Gast behauptet, Luises Tochter zu sein. Hat Luise während des zweiten Weltkrieges tatsächlich Zwangsarbeiter ausgebeutet? In den fünf Tagen in welchen die Bewohner von der Welt abgeschnitten sind, wird die Familie mit Wahrheiten konfrontiert und das jahrelange Schweigen beendet.


    Meine Meinung

    Soweit ich weiß ist dies das erste Buch, das ich von dieser Autorin gelesen habe. Der Klappentext hörte sich gut an und über Familiengeheimnisse, lese ich sowieso sehr gern. Auch ließ sich dieses Buch, dank des unkomplizierten Schreibstils der Autorin, der keine Unklarheiten im Text zuließ, sehr gut lesen. Nichts störte meinen Lesefluss. In der Geschichte war ich auch schnell drinnen, konnte mich auch gut in die Protagonisten hineinversetzen. Auch war das Buch schon sehr interessant geschrieben, jedoch fehlte es mir an Spannung, zumindest bis zu dem Augenblick, als die Bombe hochging, sprich bis Aimee damit herausrückte, dass sie Luises Tochter sei. Zunächst wollte dies keiner glauben, nur eine Person im Haus wusste das sicher. Und die schwieg – vorerst. Was auf diesem Gut alles in diesen Tagen geschah und welche Ereignisse der Vergangenheit dabei aufgearbeitet wurden, das muss der geneigte Leser selbst lesen. Es kam da so einiges ans Tageslicht, denn fast jeder der Anwesenden hatte irgendwie Dreck am Stecken. Der eine mehr, der andere weniger. Das Buch schweift in seinem Verlauf immer mal wieder in die Vergangenheit ab. Allerdings würde ich jetzt nicht unbedingt von zwei Handlungssträngen sprechen. Doch immer mal wieder erfährt man etwas aus der Vergangenheit der Protagonisten. So eben auch aus dem zweiten Weltkrieg. Dies ist zwar nicht extra gekennzeichnet, aber man merkt es sofort, so dass mich das nicht störte. Trotz der geringen Spannung, besonders am Anfang des Buches, war es ganz gut und hat mich teilweise auch gefesselt und auch ganz gut unterhalten. Es war ein gemütliches Buch mit einigen wenigen Höhepunkten, das jedoch am Ende auch noch Fragen offenließ. Hier wäre ein Epilog angebracht gewesen. Da es mir jedoch noch ganz gut gefallen hat gebe ich mit viel gutem Willen noch vier von fünf Sternen bzw. acht von zehn Punkten.


    ASIN/ISBN: 3453292227